Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Buch. Drittes Hauptstück.
1752. 4. Auszüge aus diesen Schriften finden sich in Mere. hist.
et pol
. 1753. T. I p.
217. und in Moser Versuch Th VI. S.
441. Ueber das Ende dieses Handels siehe den Vertrag von 1756
in Jenkinson collection T. III. p. 58.
§. 96.
3) Wenn die Justiz verweigert oder verkehrt verwaltet
worden.

Wenn hingegen dem Ausländer entweder die Justitz
förmlich verweigert, oder verfassungwidrig verzögert, oder
der Lauf des Processes und der Instanzen gehemmet, oder
erweißlich böslicher Weise das Recht auf eine Art gebeu-
get worden, deren Abstellung er von dem Oberherrn des
Richters nicht hoffen durfte, so muß er offenbar das Recht
haben, bey seinem Landesherrn Schutz zu suchen, und die-
ser ist nach vorgängiger Untersuchung ihm selbigen so an-
gedeyen zu lassen berechtiget, daß wenn glimpfliche Vor-
stellungen nicht anschlagen a) er zu Retorsionen, zu Repre-
salien und selbst zum Kriege zu schreiten befugt ist, um
den Staat zur Genugthuung wegen Verletzung so voll-
kommner Pflichten zu zwingen b).

a) Um den ehemahls der Ruhe zwischen Völkern so oft gefährli-
chen Represalien möglichst Einhalt zu thun, ist immer mehr
und mehr in den Verträgen festgesetzt, daß diese erst statt haben
sollen, nachdem gütliche Vorstellungen vergeblich gethan worden
und daher die Verweigerung der Justiz manifest ist.
b) Konnten aber die Gen. Staaten mit Grunde der Republik Ve-
nedig in der berüchtigten Streitsache der Herrn Chomel und
Jordan wider den venetianischen Residenten Cavalli eine Ver-
weigerung der Justiz vorwerfen, als sie 1785 wider dieselbe Re-
presalien beschlossen? S. die Schriften darüber in Hausens
Staatskunde von Holland
I. Stück S. 153. II. Stück S. 41.
Nouvelles extraordinaires 1785. n. 21. 22 s. (Niederelbisches) Hist.
pol. Magazin
B. I. S. 324. u. f.
§. 97.
Wirkung der Erkenntnisse außerhalb Landes.

Von der bisherigen Erörterung ist noch die Frage zu
unterscheiden, was ein in einem Lande gültig gesprochenes

Urtheil
Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
1752. 4. Auszuͤge aus dieſen Schriften finden ſich in Mere. hiſt.
et pol
. 1753. T. I p.
217. und in Moſer Verſuch Th VI. S.
441. Ueber das Ende dieſes Handels ſiehe den Vertrag von 1756
in Jenkinson collection T. III. p. 58.
§. 96.
3) Wenn die Juſtiz verweigert oder verkehrt verwaltet
worden.

Wenn hingegen dem Auslaͤnder entweder die Juſtitz
foͤrmlich verweigert, oder verfaſſungwidrig verzoͤgert, oder
der Lauf des Proceſſes und der Inſtanzen gehemmet, oder
erweißlich boͤslicher Weiſe das Recht auf eine Art gebeu-
get worden, deren Abſtellung er von dem Oberherrn des
Richters nicht hoffen durfte, ſo muß er offenbar das Recht
haben, bey ſeinem Landesherrn Schutz zu ſuchen, und die-
ſer iſt nach vorgaͤngiger Unterſuchung ihm ſelbigen ſo an-
gedeyen zu laſſen berechtiget, daß wenn glimpfliche Vor-
ſtellungen nicht anſchlagen a) er zu Retorſionen, zu Repre-
ſalien und ſelbſt zum Kriege zu ſchreiten befugt iſt, um
den Staat zur Genugthuung wegen Verletzung ſo voll-
kommner Pflichten zu zwingen b).

a) Um den ehemahls der Ruhe zwiſchen Voͤlkern ſo oft gefaͤhrli-
chen Repreſalien moͤglichſt Einhalt zu thun, iſt immer mehr
und mehr in den Vertraͤgen feſtgeſetzt, daß dieſe erſt ſtatt haben
ſollen, nachdem guͤtliche Vorſtellungen vergeblich gethan worden
und daher die Verweigerung der Juſtiz manifeſt iſt.
b) Konnten aber die Gen. Staaten mit Grunde der Republik Ve-
nedig in der beruͤchtigten Streitſache der Herrn Chomel und
Jordan wider den venetianiſchen Reſidenten Cavalli eine Ver-
weigerung der Juſtiz vorwerfen, als ſie 1785 wider dieſelbe Re-
preſalien beſchloſſen? S. die Schriften daruͤber in Hauſens
Staatskunde von Holland
I. Stuͤck S. 153. II. Stuͤck S. 41.
Nouvelles extraordinaires 1785. n. 21. 22 ſ. (Niederelbiſches) Hiſt.
pol. Magazin
B. I. S. 324. u. f.
§. 97.
Wirkung der Erkenntniſſe außerhalb Landes.

Von der bisherigen Eroͤrterung iſt noch die Frage zu
unterſcheiden, was ein in einem Lande guͤltig geſprochenes

Urtheil
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <note place="end" n="a)"><pb facs="#f0146" n="118"/><fw place="top" type="header">Drittes Buch. Drittes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</fw><lb/>
1752. 4. Auszu&#x0364;ge aus die&#x017F;en Schriften finden &#x017F;ich in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Mere. hi&#x017F;t.<lb/>
et pol</hi>. 1753. T. I p.</hi> 217. und in <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi> Ver&#x017F;uch</hi> Th <hi rendition="#aq">VI.</hi> S.<lb/>
441. Ueber das Ende die&#x017F;es Handels &#x017F;iehe den Vertrag von 1756<lb/>
in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Jenkinson</hi><hi rendition="#i">collection</hi> T. III. p.</hi> 58.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 96.<lb/><hi rendition="#fr">3) Wenn die Ju&#x017F;tiz verweigert oder verkehrt verwaltet<lb/>
worden.</hi></head><lb/>
            <p>Wenn hingegen dem Ausla&#x0364;nder entweder die Ju&#x017F;titz<lb/>
fo&#x0364;rmlich verweigert, oder verfa&#x017F;&#x017F;ungwidrig verzo&#x0364;gert, oder<lb/>
der Lauf des Proce&#x017F;&#x017F;es und der In&#x017F;tanzen gehemmet, oder<lb/>
erweißlich bo&#x0364;slicher Wei&#x017F;e das Recht auf eine Art gebeu-<lb/>
get worden, deren Ab&#x017F;tellung er von dem Oberherrn des<lb/>
Richters nicht hoffen durfte, &#x017F;o muß er offenbar das Recht<lb/>
haben, bey &#x017F;einem Landesherrn Schutz zu &#x017F;uchen, und die-<lb/>
&#x017F;er i&#x017F;t nach vorga&#x0364;ngiger Unter&#x017F;uchung ihm &#x017F;elbigen &#x017F;o an-<lb/>
gedeyen zu la&#x017F;&#x017F;en berechtiget, daß wenn glimpfliche Vor-<lb/>
&#x017F;tellungen nicht an&#x017F;chlagen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>) er zu Retor&#x017F;ionen, zu Repre-<lb/>
&#x017F;alien und &#x017F;elb&#x017F;t zum Kriege zu &#x017F;chreiten befugt i&#x017F;t, um<lb/>
den Staat zur Genugthuung wegen Verletzung &#x017F;o voll-<lb/>
kommner Pflichten zu zwingen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>).</p><lb/>
            <note place="end" n="a)">Um den ehemahls der Ruhe zwi&#x017F;chen Vo&#x0364;lkern &#x017F;o oft gefa&#x0364;hrli-<lb/>
chen Repre&#x017F;alien mo&#x0364;glich&#x017F;t Einhalt zu thun, i&#x017F;t immer mehr<lb/>
und mehr in den Vertra&#x0364;gen fe&#x017F;tge&#x017F;etzt, daß die&#x017F;e er&#x017F;t &#x017F;tatt haben<lb/>
&#x017F;ollen, nachdem gu&#x0364;tliche Vor&#x017F;tellungen vergeblich gethan worden<lb/>
und daher die Verweigerung der Ju&#x017F;tiz manife&#x017F;t i&#x017F;t.</note><lb/>
            <note place="end" n="b)">Konnten aber die Gen. Staaten mit Grunde der Republik Ve-<lb/>
nedig in der beru&#x0364;chtigten Streit&#x017F;ache der Herrn Chomel und<lb/>
Jordan wider den venetiani&#x017F;chen Re&#x017F;identen Cavalli eine Ver-<lb/>
weigerung der Ju&#x017F;tiz vorwerfen, als &#x017F;ie 1785 wider die&#x017F;elbe Re-<lb/>
pre&#x017F;alien be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en? S. die Schriften daru&#x0364;ber in <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Hau&#x017F;ens</hi><lb/>
Staatskunde von Holland</hi> <hi rendition="#aq">I.</hi> Stu&#x0364;ck S. 153. <hi rendition="#aq">II.</hi> Stu&#x0364;ck S. 41.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nouvelles extraordinaires</hi> 1785. n. 21. 22 &#x017F;.</hi> (Niederelbi&#x017F;ches) <hi rendition="#fr">Hi&#x017F;t.<lb/>
pol. Magazin</hi> B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 324. u. f.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 97.<lb/><hi rendition="#fr">Wirkung der Erkenntni&#x017F;&#x017F;e außerhalb Landes.</hi></head><lb/>
            <p>Von der bisherigen Ero&#x0364;rterung i&#x017F;t noch die Frage zu<lb/>
unter&#x017F;cheiden, was ein in einem Lande gu&#x0364;ltig ge&#x017F;prochenes<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Urtheil</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0146] Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. a⁾ 1752. 4. Auszuͤge aus dieſen Schriften finden ſich in Mere. hiſt. et pol. 1753. T. I p. 217. und in Moſer Verſuch Th VI. S. 441. Ueber das Ende dieſes Handels ſiehe den Vertrag von 1756 in Jenkinson collection T. III. p. 58. §. 96. 3) Wenn die Juſtiz verweigert oder verkehrt verwaltet worden. Wenn hingegen dem Auslaͤnder entweder die Juſtitz foͤrmlich verweigert, oder verfaſſungwidrig verzoͤgert, oder der Lauf des Proceſſes und der Inſtanzen gehemmet, oder erweißlich boͤslicher Weiſe das Recht auf eine Art gebeu- get worden, deren Abſtellung er von dem Oberherrn des Richters nicht hoffen durfte, ſo muß er offenbar das Recht haben, bey ſeinem Landesherrn Schutz zu ſuchen, und die- ſer iſt nach vorgaͤngiger Unterſuchung ihm ſelbigen ſo an- gedeyen zu laſſen berechtiget, daß wenn glimpfliche Vor- ſtellungen nicht anſchlagen a) er zu Retorſionen, zu Repre- ſalien und ſelbſt zum Kriege zu ſchreiten befugt iſt, um den Staat zur Genugthuung wegen Verletzung ſo voll- kommner Pflichten zu zwingen b). a⁾ Um den ehemahls der Ruhe zwiſchen Voͤlkern ſo oft gefaͤhrli- chen Repreſalien moͤglichſt Einhalt zu thun, iſt immer mehr und mehr in den Vertraͤgen feſtgeſetzt, daß dieſe erſt ſtatt haben ſollen, nachdem guͤtliche Vorſtellungen vergeblich gethan worden und daher die Verweigerung der Juſtiz manifeſt iſt. b⁾ Konnten aber die Gen. Staaten mit Grunde der Republik Ve- nedig in der beruͤchtigten Streitſache der Herrn Chomel und Jordan wider den venetianiſchen Reſidenten Cavalli eine Ver- weigerung der Juſtiz vorwerfen, als ſie 1785 wider dieſelbe Re- preſalien beſchloſſen? S. die Schriften daruͤber in Hauſens Staatskunde von Holland I. Stuͤck S. 153. II. Stuͤck S. 41. Nouvelles extraordinaires 1785. n. 21. 22 ſ. (Niederelbiſches) Hiſt. pol. Magazin B. I. S. 324. u. f. §. 97. Wirkung der Erkenntniſſe außerhalb Landes. Von der bisherigen Eroͤrterung iſt noch die Frage zu unterſcheiden, was ein in einem Lande guͤltig geſprochenes Urtheil

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/146
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/146>, abgerufen am 03.12.2024.