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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Drittes Buch. Drittes Hauptstück.
Vorzügen verknüpft werden, ist, wenigstens eine natürliche
Einrichtung. Daß auch ohne Ertheilung eines Amts, der
Regent durch Titel, Standeserhöhungen a) u. s. f. Ver-
dienste erwecken oder belohnen könne, ist zweckmäßig, und
sofern auch der Rang zu den persönlichen Vorzügen gezählt
wird, hat der Staat das Recht diesen für seine Untertha-
nen festzusetzen. Aber alle Anordnungen welche er desfalls
macht, würden nach dem strengen natürlichen Recht außer-
halb der Grenzen seines Gebiets gar keine Wirkung her-
vorbringen.

a) Bey aller Verschiedenheit des Ursprungs und der Klassen des
Adels in einzelnen Landen ist doch anzumerken, daß die mehre-
sten adelichen Würden welche jetzt zu dem hohen Adel gezählet
werden, ehemahls fast allgemein persönliche Staatsämter waren,
wie die der Herzoge, Margrafen, Grafen; in der Folge erblich
wurden, nach und nach das Amt erlosch, und nur die Würde
blieb, welche denn, so wie der niedere Adel, stuffenweise mehr
und mehr auch solchen ertheilet worden, auf die er nicht durch
die Geburt vererbet ward.
§. 85.
Wirkung derselben in fremden Landen.

Nach dem herkommlichen Völkerrecht a) hingegen
macht man 1) in Ansehung der Militair Chargen, deren
Stuffenfolge in aller christlichen Europäischen Staaten fast
gleich ist, keine Schwierigkeit einem fremden Officier nicht
nur den Titel der ihm in seinem Vaterlande beygelegt wor-
den, sondern auch die seinem Grade anklebende Präcedenz
und Ehrenbezeugungen angedeihen zu lassen, ohne daß selbst
der höhere oder niedrigere Rang seines Souverains b)
dabey anders, als höchstens in Ansehung völlig willkühr-
licher Ehrenbezeugungen, in Betracht gezogen wird. Eben
dies wird 2) auch in Ansehung aller übrigen Hof-Staats-
und Civil-Beamten und auch in Ansehung bloßer Titel und
Würden beobachtet c), nur daß in Ansehung der Präcedenz
in solchen Landen wo nicht der Rang der Civil-Beamten
nach dem Militair abgemessen ist, es nicht immer möglich

ist,

Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
Vorzuͤgen verknuͤpft werden, iſt, wenigſtens eine natuͤrliche
Einrichtung. Daß auch ohne Ertheilung eines Amts, der
Regent durch Titel, Standeserhoͤhungen a) u. ſ. f. Ver-
dienſte erwecken oder belohnen koͤnne, iſt zweckmaͤßig, und
ſofern auch der Rang zu den perſoͤnlichen Vorzuͤgen gezaͤhlt
wird, hat der Staat das Recht dieſen fuͤr ſeine Untertha-
nen feſtzuſetzen. Aber alle Anordnungen welche er desfalls
macht, wuͤrden nach dem ſtrengen natuͤrlichen Recht außer-
halb der Grenzen ſeines Gebiets gar keine Wirkung her-
vorbringen.

a) Bey aller Verſchiedenheit des Urſprungs und der Klaſſen des
Adels in einzelnen Landen iſt doch anzumerken, daß die mehre-
ſten adelichen Wuͤrden welche jetzt zu dem hohen Adel gezaͤhlet
werden, ehemahls faſt allgemein perſoͤnliche Staatsaͤmter waren,
wie die der Herzoge, Margrafen, Grafen; in der Folge erblich
wurden, nach und nach das Amt erloſch, und nur die Wuͤrde
blieb, welche denn, ſo wie der niedere Adel, ſtuffenweiſe mehr
und mehr auch ſolchen ertheilet worden, auf die er nicht durch
die Geburt vererbet ward.
§. 85.
Wirkung derſelben in fremden Landen.

Nach dem herkommlichen Voͤlkerrecht a) hingegen
macht man 1) in Anſehung der Militair Chargen, deren
Stuffenfolge in aller chriſtlichen Europaͤiſchen Staaten faſt
gleich iſt, keine Schwierigkeit einem fremden Officier nicht
nur den Titel der ihm in ſeinem Vaterlande beygelegt wor-
den, ſondern auch die ſeinem Grade anklebende Praͤcedenz
und Ehrenbezeugungen angedeihen zu laſſen, ohne daß ſelbſt
der hoͤhere oder niedrigere Rang ſeines Souverains b)
dabey anders, als hoͤchſtens in Anſehung voͤllig willkuͤhr-
licher Ehrenbezeugungen, in Betracht gezogen wird. Eben
dies wird 2) auch in Anſehung aller uͤbrigen Hof-Staats-
und Civil-Beamten und auch in Anſehung bloßer Titel und
Wuͤrden beobachtet c), nur daß in Anſehung der Praͤcedenz
in ſolchen Landen wo nicht der Rang der Civil-Beamten
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[106/0134] Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. Vorzuͤgen verknuͤpft werden, iſt, wenigſtens eine natuͤrliche Einrichtung. Daß auch ohne Ertheilung eines Amts, der Regent durch Titel, Standeserhoͤhungen a) u. ſ. f. Ver- dienſte erwecken oder belohnen koͤnne, iſt zweckmaͤßig, und ſofern auch der Rang zu den perſoͤnlichen Vorzuͤgen gezaͤhlt wird, hat der Staat das Recht dieſen fuͤr ſeine Untertha- nen feſtzuſetzen. Aber alle Anordnungen welche er desfalls macht, wuͤrden nach dem ſtrengen natuͤrlichen Recht außer- halb der Grenzen ſeines Gebiets gar keine Wirkung her- vorbringen. a⁾ Bey aller Verſchiedenheit des Urſprungs und der Klaſſen des Adels in einzelnen Landen iſt doch anzumerken, daß die mehre- ſten adelichen Wuͤrden welche jetzt zu dem hohen Adel gezaͤhlet werden, ehemahls faſt allgemein perſoͤnliche Staatsaͤmter waren, wie die der Herzoge, Margrafen, Grafen; in der Folge erblich wurden, nach und nach das Amt erloſch, und nur die Wuͤrde blieb, welche denn, ſo wie der niedere Adel, ſtuffenweiſe mehr und mehr auch ſolchen ertheilet worden, auf die er nicht durch die Geburt vererbet ward. §. 85. Wirkung derſelben in fremden Landen. Nach dem herkommlichen Voͤlkerrecht a) hingegen macht man 1) in Anſehung der Militair Chargen, deren Stuffenfolge in aller chriſtlichen Europaͤiſchen Staaten faſt gleich iſt, keine Schwierigkeit einem fremden Officier nicht nur den Titel der ihm in ſeinem Vaterlande beygelegt wor- den, ſondern auch die ſeinem Grade anklebende Praͤcedenz und Ehrenbezeugungen angedeihen zu laſſen, ohne daß ſelbſt der hoͤhere oder niedrigere Rang ſeines Souverains b) dabey anders, als hoͤchſtens in Anſehung voͤllig willkuͤhr- licher Ehrenbezeugungen, in Betracht gezogen wird. Eben dies wird 2) auch in Anſehung aller uͤbrigen Hof-Staats- und Civil-Beamten und auch in Anſehung bloßer Titel und Wuͤrden beobachtet c), nur daß in Anſehung der Praͤcedenz in ſolchen Landen wo nicht der Rang der Civil-Beamten nach dem Militair abgemeſſen iſt, es nicht immer moͤglich iſt,

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/134>, abgerufen am 21.11.2024.