die Jnsel Candia kam. Denn von dieser Zeit an haben die Ve- netianer die Handlung auf Alexandrien in Aegypten, auf festen Fuß gesetzet, und dadurch den Alleinkauf mit allen ostindischen Waaren erhalten, als welche durch das rothe Meer auf Suez, und sodann zu Lande nach Cairo, und Alexandrien gebracht wurden (§. 3.); und zwar um so mehr von der Zeit an, da sie zu Ende des 14 Jahrhunderts in der Schlacht bey Chiozza über ihre Mitbuhler um die levantische Handlung, die Genueser, einen vollkommenen Sieg erfochten hatten. Hierdurch ward die Stadt Venedig die Niederlage von aller europäischen Hand- lung mit der Türkey, Persien, der Tartarey, China und Ost- indien, als die über Venedig geschahe. Sie ist es auch bis zu dem Jahre 1487 geblieben, da durch der Portugiesen Entdeckung eines neuen Weges über das Vorgebirge der guten Hoffnung nach Ostindien, die ostindische Handlung von Venedig aus-, und nach Lissabon gieng (§. 30). Ohngeachtet nun hierdurch den Venetianern der wichtigste Theil ihrer Handlung entzogen ward; so ist gleichwol die Handlung, die sie bis anitzo treiben, noch immer eine der beträchtlichsten in ganz Europa, und nächst der Handlung der Genueser die größte in Jtalien. Sie erstrecket sich nach allen Ländern und vornehmen Handelsplätzen von Eu- ropa, und wird theils zur See, und theils zu Lande getrieben, wie dieses aus der Beschreibung der Handlung ihrer vornehm- sten Handelsstädte erhellen wird, die wir nunmehro vor uns nehmen wollen.
§. 35.
Venetiani- sche Han- delsstädte: 1) Venedig,
Venedig, der Sitz der Republik, ist auch das Haupt unter den venetianischen Handelsstädten. Von der Wechsel- handlung, die daselbst sehr beträchtlich ist, verdienet angemer- ket zu werden, daß die Proteste durch die Fanti oder Diener von dem Commerzcollegio geschehen, die hernach alle Wechsel, so sie protestiret haben, in ein öffentliches Buch notiren, da denn jeder Kaufmann frey hinzugehen und solches ansehen darf, wodurch viele Wechsel, die sonst mit Protest wieder zurück ge- hen sollten, von andern aus Freundschaft acceptiret und bezah- let werden. Die Waarenhandlung, so ebenfalls von sehr großer Wichtigkeit ist, geschieht zur See und zu Lande: (1) zur See handelt Venedig nach England, Holland, Hamburg, und Norwegen; ferner nach den Häfen des balthischen Meeres; ingleichen nach Lissabon; nach Cadix und andern spanischen Häfen; nach Frankreich vornehmlich über Marseille; nach Genua, Livorno, den Königreichen Neapel und Sicilien, An- cona im Kirchenstaate, Morea, der Levante, und den am adria- tischen Meere gelegenen Häfen von Albanien, Dalmatien, Croa- tien, Jstrien, und Krain; (2) zu Lande aber wird nach den mittägigen Ländern von Deutschland, und nach allen in dem obern Theile von Jtalien gelegenen Landschaften und Orten ge- handelt. Die Manufacturen der Stadt Venedig bestehen in Tüchern, besonders scharlachfarbenen, die wegen der Dauer- haftigkeit ihrer Farbe berühmt sind; in wollenen und seidenen
Zeugen,
3 Cap. Von der
die Jnſel Candia kam. Denn von dieſer Zeit an haben die Ve- netianer die Handlung auf Alexandrien in Aegypten, auf feſten Fuß geſetzet, und dadurch den Alleinkauf mit allen oſtindiſchen Waaren erhalten, als welche durch das rothe Meer auf Suez, und ſodann zu Lande nach Cairo, und Alexandrien gebracht wurden (§. 3.); und zwar um ſo mehr von der Zeit an, da ſie zu Ende des 14 Jahrhunderts in der Schlacht bey Chiozza uͤber ihre Mitbuhler um die levantiſche Handlung, die Genueſer, einen vollkommenen Sieg erfochten hatten. Hierdurch ward die Stadt Venedig die Niederlage von aller europaͤiſchen Hand- lung mit der Tuͤrkey, Perſien, der Tartarey, China und Oſt- indien, als die uͤber Venedig geſchahe. Sie iſt es auch bis zu dem Jahre 1487 geblieben, da durch der Portugieſen Entdeckung eines neuen Weges uͤber das Vorgebirge der guten Hoffnung nach Oſtindien, die oſtindiſche Handlung von Venedig aus-, und nach Liſſabon gieng (§. 30). Ohngeachtet nun hierdurch den Venetianern der wichtigſte Theil ihrer Handlung entzogen ward; ſo iſt gleichwol die Handlung, die ſie bis anitzo treiben, noch immer eine der betraͤchtlichſten in ganz Europa, und naͤchſt der Handlung der Genueſer die groͤßte in Jtalien. Sie erſtrecket ſich nach allen Laͤndern und vornehmen Handelsplaͤtzen von Eu- ropa, und wird theils zur See, und theils zu Lande getrieben, wie dieſes aus der Beſchreibung der Handlung ihrer vornehm- ſten Handelsſtaͤdte erhellen wird, die wir nunmehro vor uns nehmen wollen.
§. 35.
Venetiani- ſche Han- delsſtaͤdte: 1) Venedig,
Venedig, der Sitz der Republik, iſt auch das Haupt unter den venetianiſchen Handelsſtaͤdten. Von der Wechſel- handlung, die daſelbſt ſehr betraͤchtlich iſt, verdienet angemer- ket zu werden, daß die Proteſte durch die Fanti oder Diener von dem Commerzcollegio geſchehen, die hernach alle Wechſel, ſo ſie proteſtiret haben, in ein oͤffentliches Buch notiren, da denn jeder Kaufmann frey hinzugehen und ſolches anſehen darf, wodurch viele Wechſel, die ſonſt mit Proteſt wieder zuruͤck ge- hen ſollten, von andern aus Freundſchaft acceptiret und bezah- let werden. Die Waarenhandlung, ſo ebenfalls von ſehr großer Wichtigkeit iſt, geſchieht zur See und zu Lande: (1) zur See handelt Venedig nach England, Holland, Hamburg, und Norwegen; ferner nach den Haͤfen des balthiſchen Meeres; ingleichen nach Liſſabon; nach Cadix und andern ſpaniſchen Haͤfen; nach Frankreich vornehmlich uͤber Marſeille; nach Genua, Livorno, den Koͤnigreichen Neapel und Sicilien, An- cona im Kirchenſtaate, Morea, der Levante, und den am adria- tiſchen Meere gelegenen Haͤfen von Albanien, Dalmatien, Croa- tien, Jſtrien, und Krain; (2) zu Lande aber wird nach den mittaͤgigen Laͤndern von Deutſchland, und nach allen in dem obern Theile von Jtalien gelegenen Landſchaften und Orten ge- handelt. Die Manufacturen der Stadt Venedig beſtehen in Tuͤchern, beſonders ſcharlachfarbenen, die wegen der Dauer- haftigkeit ihrer Farbe beruͤhmt ſind; in wollenen und ſeidenen
Zeugen,
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0988"n="384"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">3 Cap. Von der</hi></fw><lb/>
die Jnſel Candia kam. Denn von dieſer Zeit an haben die Ve-<lb/>
netianer die Handlung auf Alexandrien in Aegypten, auf feſten<lb/>
Fuß geſetzet, und dadurch den Alleinkauf mit allen oſtindiſchen<lb/>
Waaren erhalten, als welche durch das rothe Meer auf Suez,<lb/>
und ſodann zu Lande nach Cairo, und Alexandrien gebracht<lb/>
wurden (§. 3.); und zwar um ſo mehr von der Zeit an, da ſie<lb/>
zu Ende des 14 Jahrhunderts in der Schlacht bey Chiozza uͤber<lb/>
ihre Mitbuhler um die levantiſche Handlung, die Genueſer,<lb/>
einen vollkommenen Sieg erfochten hatten. Hierdurch ward<lb/>
die Stadt Venedig die Niederlage von aller europaͤiſchen Hand-<lb/>
lung mit der Tuͤrkey, Perſien, der Tartarey, China und Oſt-<lb/>
indien, als die uͤber Venedig geſchahe. Sie iſt es auch bis zu<lb/>
dem Jahre 1487 geblieben, da durch der Portugieſen Entdeckung<lb/>
eines neuen Weges uͤber das Vorgebirge der guten Hoffnung<lb/>
nach Oſtindien, die oſtindiſche Handlung von Venedig aus-, und<lb/>
nach Liſſabon gieng (§. 30). Ohngeachtet nun hierdurch den<lb/>
Venetianern der wichtigſte Theil ihrer Handlung entzogen ward;<lb/>ſo iſt gleichwol die Handlung, die ſie bis anitzo treiben, noch<lb/>
immer eine der betraͤchtlichſten in ganz Europa, und naͤchſt der<lb/>
Handlung der Genueſer die groͤßte in Jtalien. Sie erſtrecket<lb/>ſich nach allen Laͤndern und vornehmen Handelsplaͤtzen von Eu-<lb/>
ropa, und wird theils zur See, und theils zu Lande getrieben,<lb/>
wie dieſes aus der Beſchreibung der Handlung ihrer vornehm-<lb/>ſten Handelsſtaͤdte erhellen wird, die wir nunmehro vor uns<lb/>
nehmen wollen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 35.</head><lb/><noteplace="left">Venetiani-<lb/>ſche Han-<lb/>
delsſtaͤdte:<lb/>
1) Venedig,</note><p><hirendition="#fr">Venedig,</hi> der Sitz der Republik, iſt auch das Haupt<lb/>
unter den venetianiſchen Handelsſtaͤdten. Von der <hirendition="#fr">Wechſel-<lb/>
handlung,</hi> die daſelbſt ſehr betraͤchtlich iſt, verdienet angemer-<lb/>
ket zu werden, daß die Proteſte durch die Fanti oder Diener<lb/>
von dem Commerzcollegio geſchehen, die hernach alle Wechſel,<lb/>ſo ſie proteſtiret haben, in ein oͤffentliches Buch notiren, da<lb/>
denn jeder Kaufmann frey hinzugehen und ſolches anſehen darf,<lb/>
wodurch viele Wechſel, die ſonſt mit Proteſt wieder zuruͤck ge-<lb/>
hen ſollten, von andern aus Freundſchaft acceptiret und bezah-<lb/>
let werden. Die <hirendition="#fr">Waarenhandlung,</hi>ſo ebenfalls von ſehr<lb/>
großer Wichtigkeit iſt, geſchieht zur See und zu Lande: (1) <hirendition="#fr">zur<lb/>
See</hi> handelt Venedig nach England, Holland, Hamburg, und<lb/>
Norwegen; ferner nach den Haͤfen des balthiſchen Meeres;<lb/>
ingleichen nach Liſſabon; nach Cadix und andern ſpaniſchen<lb/>
Haͤfen; nach Frankreich vornehmlich uͤber Marſeille; nach<lb/>
Genua, Livorno, den Koͤnigreichen Neapel und Sicilien, An-<lb/>
cona im Kirchenſtaate, Morea, der Levante, und den am adria-<lb/>
tiſchen Meere gelegenen Haͤfen von Albanien, Dalmatien, Croa-<lb/>
tien, Jſtrien, und Krain; (2) <hirendition="#fr">zu Lande</hi> aber wird nach den<lb/>
mittaͤgigen Laͤndern von Deutſchland, und nach allen in dem<lb/>
obern Theile von Jtalien gelegenen Landſchaften und Orten ge-<lb/>
handelt. Die <hirendition="#fr">Manufacturen</hi> der Stadt Venedig beſtehen in<lb/>
Tuͤchern, beſonders ſcharlachfarbenen, die wegen der Dauer-<lb/>
haftigkeit ihrer Farbe beruͤhmt ſind; in wollenen und ſeidenen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Zeugen,</fw><lb/></p></div></div></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[384/0988]
3 Cap. Von der
die Jnſel Candia kam. Denn von dieſer Zeit an haben die Ve-
netianer die Handlung auf Alexandrien in Aegypten, auf feſten
Fuß geſetzet, und dadurch den Alleinkauf mit allen oſtindiſchen
Waaren erhalten, als welche durch das rothe Meer auf Suez,
und ſodann zu Lande nach Cairo, und Alexandrien gebracht
wurden (§. 3.); und zwar um ſo mehr von der Zeit an, da ſie
zu Ende des 14 Jahrhunderts in der Schlacht bey Chiozza uͤber
ihre Mitbuhler um die levantiſche Handlung, die Genueſer,
einen vollkommenen Sieg erfochten hatten. Hierdurch ward
die Stadt Venedig die Niederlage von aller europaͤiſchen Hand-
lung mit der Tuͤrkey, Perſien, der Tartarey, China und Oſt-
indien, als die uͤber Venedig geſchahe. Sie iſt es auch bis zu
dem Jahre 1487 geblieben, da durch der Portugieſen Entdeckung
eines neuen Weges uͤber das Vorgebirge der guten Hoffnung
nach Oſtindien, die oſtindiſche Handlung von Venedig aus-, und
nach Liſſabon gieng (§. 30). Ohngeachtet nun hierdurch den
Venetianern der wichtigſte Theil ihrer Handlung entzogen ward;
ſo iſt gleichwol die Handlung, die ſie bis anitzo treiben, noch
immer eine der betraͤchtlichſten in ganz Europa, und naͤchſt der
Handlung der Genueſer die groͤßte in Jtalien. Sie erſtrecket
ſich nach allen Laͤndern und vornehmen Handelsplaͤtzen von Eu-
ropa, und wird theils zur See, und theils zu Lande getrieben,
wie dieſes aus der Beſchreibung der Handlung ihrer vornehm-
ſten Handelsſtaͤdte erhellen wird, die wir nunmehro vor uns
nehmen wollen.
§. 35.
Venedig, der Sitz der Republik, iſt auch das Haupt
unter den venetianiſchen Handelsſtaͤdten. Von der Wechſel-
handlung, die daſelbſt ſehr betraͤchtlich iſt, verdienet angemer-
ket zu werden, daß die Proteſte durch die Fanti oder Diener
von dem Commerzcollegio geſchehen, die hernach alle Wechſel,
ſo ſie proteſtiret haben, in ein oͤffentliches Buch notiren, da
denn jeder Kaufmann frey hinzugehen und ſolches anſehen darf,
wodurch viele Wechſel, die ſonſt mit Proteſt wieder zuruͤck ge-
hen ſollten, von andern aus Freundſchaft acceptiret und bezah-
let werden. Die Waarenhandlung, ſo ebenfalls von ſehr
großer Wichtigkeit iſt, geſchieht zur See und zu Lande: (1) zur
See handelt Venedig nach England, Holland, Hamburg, und
Norwegen; ferner nach den Haͤfen des balthiſchen Meeres;
ingleichen nach Liſſabon; nach Cadix und andern ſpaniſchen
Haͤfen; nach Frankreich vornehmlich uͤber Marſeille; nach
Genua, Livorno, den Koͤnigreichen Neapel und Sicilien, An-
cona im Kirchenſtaate, Morea, der Levante, und den am adria-
tiſchen Meere gelegenen Haͤfen von Albanien, Dalmatien, Croa-
tien, Jſtrien, und Krain; (2) zu Lande aber wird nach den
mittaͤgigen Laͤndern von Deutſchland, und nach allen in dem
obern Theile von Jtalien gelegenen Landſchaften und Orten ge-
handelt. Die Manufacturen der Stadt Venedig beſtehen in
Tuͤchern, beſonders ſcharlachfarbenen, die wegen der Dauer-
haftigkeit ihrer Farbe beruͤhmt ſind; in wollenen und ſeidenen
Zeugen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/988>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.