Das 2 Capitel. Von den Handels- Stapel- und Niederlagsstädten.
§. 577.
I.Eine Handelsstadt (§. 569.) heißt (1) überhaupt, und inI. Handels- stadt, oder Handels- platz. einer weitschweifigen Bedeutung, eine solche Stadt, wo vornehmlich wegen der daselbst wohnenden vielen Kaufleute, eine starke Handlung in Waaren, sowol zu Meß- und Jahr- marktszeiten, als außer solchen, getrieben wird; (2) insonder- heit aber, und in einer engern Bedeutung eine solche Stadt, wo, nebst dem Waarenhandel zugleich ein ansehnliches Geld- und Wechselnegoz getrieben wird: und diese letztere wird auch im vorzüglichen Verstande ein Handelsplatz, ingleichen ein Wech- selplatz genennet.
§. 578.
Dergleichen Handelsplätze sind 1) in Deutschland z. E.Verzeichniß einiger Han- delsplätze. Wien, Leipzig, Frankfurt am Mayn, Hamburg, Nürnberg etc. 2) in den Niederlanden z. E. Amsterdam und Antwerpen; 3) in England z. E. London; 4) in Frankreich z. E. Paris und Lion; 5) in Spanien z. E. Madrit und Cadix; 6) in Portugall z. E. Lissabon; 7) in Jtalien z. E. Venedig, Genua und Livor- no; 8) in Preußen z. E. Danzig und Königsberg; 9) in Schwe- den z. E. Stockholm; 10) in Dänemark z. E. Koppenhagen; u. s. w.
§. 579.
Das Recht einer rechten Handelsstadt, lat. Jus empo-Recht einer rechten Han- delsstadt. rii, besteht darinn, daß nach solchem die zum Verkaufe her- gebrachten Waaren nicht unmittelbar von den Fremden, son- dern von den Bürgern und Einwohnern gekaufet werden dür- fen, von welchen sie hernach die Fremden wieder zu kaufen haben.
§. 580.
Mehrentheils sind die Handelsstädte an der See, oder anSeen oder Flüsse, ob sie zur Hand- lungsstadt erforderlich? einem großen schiffreichen Flusse gelegen; es wird aber solches nicht schlechterdings zu einer Handelsstadt erfordert, indem eine dergleichen Stadt auch mitten im Lande und in einer Ebene gelegen seyn kann, wie wir solches an Leipzig und Nürnberg sehen, welche beyde weder an der See, noch an einem großen und schiffreichen Flusse liegen, sondern nur von kleinen Flüssen bewässert werden.
§. 581.
Zum Vortheile der Handelsstädte gereichet es, wenn sieVortheile der Han- delsstädte. 1) nicht sehr nahe beysammen liegen, und wenn sie 2) einander in der Macht gleich kommen. Denn liegen sie sehr nahe bey- sammen, so hindert eine die andere; ist aber eine schwächer als die andere, so muß sie der andern den Vortheil überlassen.
§. 582.
II. Eine Stapel- oder Niederlagsstadt (§. 569.) heißtII. Stapel- oder Nie- derlagsstadt, überhaupt eine solche Stadt, in welcher Kaufmannswaaren
ent-
(T) 4
3 Th. 2 Cap. Von Handels- Stapel- und ꝛc.
Das 2 Capitel. Von den Handels- Stapel- und Niederlagsſtaͤdten.
§. 577.
I.Eine Handelsſtadt (§. 569.) heißt (1) uͤberhaupt, und inI. Handels- ſtadt, oder Handels- platz. einer weitſchweifigen Bedeutung, eine ſolche Stadt, wo vornehmlich wegen der daſelbſt wohnenden vielen Kaufleute, eine ſtarke Handlung in Waaren, ſowol zu Meß- und Jahr- marktszeiten, als außer ſolchen, getrieben wird; (2) inſonder- heit aber, und in einer engern Bedeutung eine ſolche Stadt, wo, nebſt dem Waarenhandel zugleich ein anſehnliches Geld- und Wechſelnegoz getrieben wird: und dieſe letztere wird auch im vorzuͤglichen Verſtande ein Handelsplatz, ingleichen ein Wech- ſelplatz genennet.
§. 578.
Dergleichen Handelsplaͤtze ſind 1) in Deutſchland z. E.Verzeichniß einiger Han- delsplaͤtze. Wien, Leipzig, Frankfurt am Mayn, Hamburg, Nuͤrnberg ꝛc. 2) in den Niederlanden z. E. Amſterdam und Antwerpen; 3) in England z. E. London; 4) in Frankreich z. E. Paris und Lion; 5) in Spanien z. E. Madrit und Cadix; 6) in Portugall z. E. Liſſabon; 7) in Jtalien z. E. Venedig, Genua und Livor- no; 8) in Preußen z. E. Danzig und Koͤnigsberg; 9) in Schwe- den z. E. Stockholm; 10) in Daͤnemark z. E. Koppenhagen; u. ſ. w.
§. 579.
Das Recht einer rechten Handelsſtadt, lat. Jus empo-Recht einer rechten Han- delsſtadt. rii, beſteht darinn, daß nach ſolchem die zum Verkaufe her- gebrachten Waaren nicht unmittelbar von den Fremden, ſon- dern von den Buͤrgern und Einwohnern gekaufet werden duͤr- fen, von welchen ſie hernach die Fremden wieder zu kaufen haben.
§. 580.
Mehrentheils ſind die Handelsſtaͤdte an der See, oder anSeen oder Fluͤſſe, ob ſie zur Hand- lungsſtadt erfordeꝛlich? einem großen ſchiffreichen Fluſſe gelegen; es wird aber ſolches nicht ſchlechterdings zu einer Handelsſtadt erfordert, indem eine dergleichen Stadt auch mitten im Lande und in einer Ebene gelegen ſeyn kann, wie wir ſolches an Leipzig und Nuͤrnberg ſehen, welche beyde weder an der See, noch an einem großen und ſchiffreichen Fluſſe liegen, ſondern nur von kleinen Fluͤſſen bewaͤſſert werden.
§. 581.
Zum Vortheile der Handelsſtaͤdte gereichet es, wenn ſieVortheile der Han- delsſtaͤdte. 1) nicht ſehr nahe beyſammen liegen, und wenn ſie 2) einander in der Macht gleich kommen. Denn liegen ſie ſehr nahe bey- ſammen, ſo hindert eine die andere; iſt aber eine ſchwaͤcher als die andere, ſo muß ſie der andern den Vortheil uͤberlaſſen.
§. 582.
II. Eine Stapel- oder Niederlagsſtadt (§. 569.) heißtII. Stapel- oder Nie- derlagsſtadt, uͤberhaupt eine ſolche Stadt, in welcher Kaufmannswaaren
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3 Th. 2 Cap. Von Handels- Stapel- und ꝛc.
Das 2 Capitel.
Von den Handels- Stapel- und Niederlagsſtaͤdten.
§. 577.
I. Eine Handelsſtadt (§. 569.) heißt (1) uͤberhaupt, und in
einer weitſchweifigen Bedeutung, eine ſolche Stadt, wo
vornehmlich wegen der daſelbſt wohnenden vielen Kaufleute,
eine ſtarke Handlung in Waaren, ſowol zu Meß- und Jahr-
marktszeiten, als außer ſolchen, getrieben wird; (2) inſonder-
heit aber, und in einer engern Bedeutung eine ſolche Stadt, wo,
nebſt dem Waarenhandel zugleich ein anſehnliches Geld- und
Wechſelnegoz getrieben wird: und dieſe letztere wird auch im
vorzuͤglichen Verſtande ein Handelsplatz, ingleichen ein Wech-
ſelplatz genennet.
I. Handels-
ſtadt, oder
Handels-
platz.
§. 578.
Dergleichen Handelsplaͤtze ſind 1) in Deutſchland z. E.
Wien, Leipzig, Frankfurt am Mayn, Hamburg, Nuͤrnberg
ꝛc. 2) in den Niederlanden z. E. Amſterdam und Antwerpen;
3) in England z. E. London; 4) in Frankreich z. E. Paris und
Lion; 5) in Spanien z. E. Madrit und Cadix; 6) in Portugall
z. E. Liſſabon; 7) in Jtalien z. E. Venedig, Genua und Livor-
no; 8) in Preußen z. E. Danzig und Koͤnigsberg; 9) in Schwe-
den z. E. Stockholm; 10) in Daͤnemark z. E. Koppenhagen;
u. ſ. w.
Verzeichniß
einiger Han-
delsplaͤtze.
§. 579.
Das Recht einer rechten Handelsſtadt, lat. Jus empo-
rii, beſteht darinn, daß nach ſolchem die zum Verkaufe her-
gebrachten Waaren nicht unmittelbar von den Fremden, ſon-
dern von den Buͤrgern und Einwohnern gekaufet werden duͤr-
fen, von welchen ſie hernach die Fremden wieder zu kaufen haben.
Recht einer
rechten Han-
delsſtadt.
§. 580.
Mehrentheils ſind die Handelsſtaͤdte an der See, oder an
einem großen ſchiffreichen Fluſſe gelegen; es wird aber ſolches
nicht ſchlechterdings zu einer Handelsſtadt erfordert, indem eine
dergleichen Stadt auch mitten im Lande und in einer Ebene
gelegen ſeyn kann, wie wir ſolches an Leipzig und Nuͤrnberg
ſehen, welche beyde weder an der See, noch an einem großen
und ſchiffreichen Fluſſe liegen, ſondern nur von kleinen Fluͤſſen
bewaͤſſert werden.
Seen oder
Fluͤſſe, ob ſie
zur Hand-
lungsſtadt
erfordeꝛlich?
§. 581.
Zum Vortheile der Handelsſtaͤdte gereichet es, wenn ſie
1) nicht ſehr nahe beyſammen liegen, und wenn ſie 2) einander
in der Macht gleich kommen. Denn liegen ſie ſehr nahe bey-
ſammen, ſo hindert eine die andere; iſt aber eine ſchwaͤcher als
die andere, ſo muß ſie der andern den Vortheil uͤberlaſſen.
Vortheile
der Han-
delsſtaͤdte.
§. 582.
II. Eine Stapel- oder Niederlagsſtadt (§. 569.) heißt
uͤberhaupt eine ſolche Stadt, in welcher Kaufmannswaaren
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II. Stapel-
oder Nie-
derlagsſtadt,
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/899>, abgerufen am 23.11.2024.
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