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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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1 Th. 5 Cap. Vom Credite,
speculiren, wie sie die Christen betrügen mögen: und lasse man
sich das baare Geld, so sie etwann auf Rechnung der gekauften
Waare bezahlen, ja nicht reizen, ihnen darum große Summen
hinzugeben, weil über lang oder kurz der schuldige Ueberrest doch
im Stiche bleibt.

§. 94.
2) Creditha-
benden
Kaufmanns.

Hinwiederum hat ein Credithabender Kaufmann auch
seine Behutsamkeitsregeln zu merken und auszuüben. Selbige
sind unter andern folgende: 1) Er muß sich seines habenden Cre-
dits gehörig bedienen, das ist, er muß nicht so viel Geld und
Waare aufnehmen, als er bekommen kann; und dieses aus
mehr denn einer Ursache: a) damit er nicht, wenn die Börse
hiervon Kundschaft bekömmt, seinen Credit schmälere; b) weil
die Jnteressen der aufgenommenen Capitalien gewiß fortlaufen,
der Absatz der Waaren aber ungewiß; c) weil die auf Credit
ausgenommenen Waaren ihm allezeit höher zu stehen kommen,
als wenn er sie baar bezahlet; d) weil es leicht geschehen kann,
daß, wo nicht alle, doch viele seiner Gläubiger zu gewissen
Zeiten auf einmal rege werden, da er denn, wenn es mit der
Zahlung schwer hält, seinen Credit vollends ganz und gar ver-
liert; oder, um dieses zu vermeiden, genöthiget wird, ent-
weder die vorhandenen Waaren vor halbes Geld zu versetzen,
oder zu verkaufen, oder auch anderweit Gelder gegen hohe Jn-
teressen aufzunehmen, welches alles solche Dinge sind, die ihm
den Weg zum Bankerotte bahnen. 2) Er muß, wenn er ja ge-
nöthiget wird zu borgen, sich in Ansehung des Geldes zu den
am wenigsten eigennützigen Capitalisten; in Ansehung aber der
Waaren zu den raisonablesten Kaufleuten wenden, um nicht,
wenn er etwann ja nicht zur Zahlungszeit sogleich zahlen
könnte, so sehr gedränget oder mit hohen Jnteressen beschweret
zu werden. Jndessen hat ein Kaufmann gleichwol 3) alle äußer-
ste Bemühung anzuwenden, daß er zur gesetzten Zeit, auch wol
noch eher, aber durchaus nicht länger, die Zahlung seiner
Schuld wirklich möglich mache, indem dieses nicht nur seinen
Credit erhält, sondern ihn auch noch dazu vermehret, so, daß
er gleich wieder von neuem geborget bekommen kann: da hinge-
gen der geringste Aufschub der Zahlung ihn in bösen Ruf se-
tzet, und die gänzliche Wegerung der Zahlung seiner Schuld ihn
ohne Rettung zu verderben vermögend ist.

§. 95.
II. Schuld,
was sie sey?

II. Es heißt aber eine Schuld überhaupt alles dasje-
nige, was eine Person der andern zu zahlen oder zu leisten ver-
bunden ist.

§. 96.
Erforderli-
che Personen
zu einer
Schuld.

Solchemnach kommen bey einer jeden Schuld zwey Perso-
nen in Betrachtung: 1) die, welche etwas zu zahlen oder zu
leisten hat; und 2) die, welcher etwas zu zahlen oder zu leisten

ist.

1 Th. 5 Cap. Vom Credite,
ſpeculiren, wie ſie die Chriſten betruͤgen moͤgen: und laſſe man
ſich das baare Geld, ſo ſie etwann auf Rechnung der gekauften
Waare bezahlen, ja nicht reizen, ihnen darum große Summen
hinzugeben, weil uͤber lang oder kurz der ſchuldige Ueberreſt doch
im Stiche bleibt.

§. 94.
2) Creditha-
benden
Kaufmañs.

Hinwiederum hat ein Credithabender Kaufmann auch
ſeine Behutſamkeitsregeln zu merken und auszuuͤben. Selbige
ſind unter andern folgende: 1) Er muß ſich ſeines habenden Cre-
dits gehoͤrig bedienen, das iſt, er muß nicht ſo viel Geld und
Waare aufnehmen, als er bekommen kann; und dieſes aus
mehr denn einer Urſache: a) damit er nicht, wenn die Boͤrſe
hiervon Kundſchaft bekoͤmmt, ſeinen Credit ſchmaͤlere; b) weil
die Jntereſſen der aufgenommenen Capitalien gewiß fortlaufen,
der Abſatz der Waaren aber ungewiß; c) weil die auf Credit
ausgenommenen Waaren ihm allezeit hoͤher zu ſtehen kommen,
als wenn er ſie baar bezahlet; d) weil es leicht geſchehen kann,
daß, wo nicht alle, doch viele ſeiner Glaͤubiger zu gewiſſen
Zeiten auf einmal rege werden, da er denn, wenn es mit der
Zahlung ſchwer haͤlt, ſeinen Credit vollends ganz und gar ver-
liert; oder, um dieſes zu vermeiden, genoͤthiget wird, ent-
weder die vorhandenen Waaren vor halbes Geld zu verſetzen,
oder zu verkaufen, oder auch anderweit Gelder gegen hohe Jn-
tereſſen aufzunehmen, welches alles ſolche Dinge ſind, die ihm
den Weg zum Bankerotte bahnen. 2) Er muß, wenn er ja ge-
noͤthiget wird zu borgen, ſich in Anſehung des Geldes zu den
am wenigſten eigennuͤtzigen Capitaliſten; in Anſehung aber der
Waaren zu den raiſonableſten Kaufleuten wenden, um nicht,
wenn er etwann ja nicht zur Zahlungszeit ſogleich zahlen
koͤnnte, ſo ſehr gedraͤnget oder mit hohen Jntereſſen beſchweret
zu werden. Jndeſſen hat ein Kaufmann gleichwol 3) alle aͤußer-
ſte Bemuͤhung anzuwenden, daß er zur geſetzten Zeit, auch wol
noch eher, aber durchaus nicht laͤnger, die Zahlung ſeiner
Schuld wirklich moͤglich mache, indem dieſes nicht nur ſeinen
Credit erhaͤlt, ſondern ihn auch noch dazu vermehret, ſo, daß
er gleich wieder von neuem geborget bekommen kann: da hinge-
gen der geringſte Aufſchub der Zahlung ihn in boͤſen Ruf ſe-
tzet, und die gaͤnzliche Wegerung der Zahlung ſeiner Schuld ihn
ohne Rettung zu verderben vermoͤgend iſt.

§. 95.
II. Schuld,
was ſie ſey?

II. Es heißt aber eine Schuld uͤberhaupt alles dasje-
nige, was eine Perſon der andern zu zahlen oder zu leiſten ver-
bunden iſt.

§. 96.
Erforderli-
che Perſonen
zu einer
Schuld.

Solchemnach kommen bey einer jeden Schuld zwey Perſo-
nen in Betrachtung: 1) die, welche etwas zu zahlen oder zu
leiſten hat; und 2) die, welcher etwas zu zahlen oder zu leiſten

iſt.
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[74/0678] 1 Th. 5 Cap. Vom Credite, ſpeculiren, wie ſie die Chriſten betruͤgen moͤgen: und laſſe man ſich das baare Geld, ſo ſie etwann auf Rechnung der gekauften Waare bezahlen, ja nicht reizen, ihnen darum große Summen hinzugeben, weil uͤber lang oder kurz der ſchuldige Ueberreſt doch im Stiche bleibt. §. 94. Hinwiederum hat ein Credithabender Kaufmann auch ſeine Behutſamkeitsregeln zu merken und auszuuͤben. Selbige ſind unter andern folgende: 1) Er muß ſich ſeines habenden Cre- dits gehoͤrig bedienen, das iſt, er muß nicht ſo viel Geld und Waare aufnehmen, als er bekommen kann; und dieſes aus mehr denn einer Urſache: a) damit er nicht, wenn die Boͤrſe hiervon Kundſchaft bekoͤmmt, ſeinen Credit ſchmaͤlere; b) weil die Jntereſſen der aufgenommenen Capitalien gewiß fortlaufen, der Abſatz der Waaren aber ungewiß; c) weil die auf Credit ausgenommenen Waaren ihm allezeit hoͤher zu ſtehen kommen, als wenn er ſie baar bezahlet; d) weil es leicht geſchehen kann, daß, wo nicht alle, doch viele ſeiner Glaͤubiger zu gewiſſen Zeiten auf einmal rege werden, da er denn, wenn es mit der Zahlung ſchwer haͤlt, ſeinen Credit vollends ganz und gar ver- liert; oder, um dieſes zu vermeiden, genoͤthiget wird, ent- weder die vorhandenen Waaren vor halbes Geld zu verſetzen, oder zu verkaufen, oder auch anderweit Gelder gegen hohe Jn- tereſſen aufzunehmen, welches alles ſolche Dinge ſind, die ihm den Weg zum Bankerotte bahnen. 2) Er muß, wenn er ja ge- noͤthiget wird zu borgen, ſich in Anſehung des Geldes zu den am wenigſten eigennuͤtzigen Capitaliſten; in Anſehung aber der Waaren zu den raiſonableſten Kaufleuten wenden, um nicht, wenn er etwann ja nicht zur Zahlungszeit ſogleich zahlen koͤnnte, ſo ſehr gedraͤnget oder mit hohen Jntereſſen beſchweret zu werden. Jndeſſen hat ein Kaufmann gleichwol 3) alle aͤußer- ſte Bemuͤhung anzuwenden, daß er zur geſetzten Zeit, auch wol noch eher, aber durchaus nicht laͤnger, die Zahlung ſeiner Schuld wirklich moͤglich mache, indem dieſes nicht nur ſeinen Credit erhaͤlt, ſondern ihn auch noch dazu vermehret, ſo, daß er gleich wieder von neuem geborget bekommen kann: da hinge- gen der geringſte Aufſchub der Zahlung ihn in boͤſen Ruf ſe- tzet, und die gaͤnzliche Wegerung der Zahlung ſeiner Schuld ihn ohne Rettung zu verderben vermoͤgend iſt. §. 95. II. Es heißt aber eine Schuld uͤberhaupt alles dasje- nige, was eine Perſon der andern zu zahlen oder zu leiſten ver- bunden iſt. §. 96. Solchemnach kommen bey einer jeden Schuld zwey Perſo- nen in Betrachtung: 1) die, welche etwas zu zahlen oder zu leiſten hat; und 2) die, welcher etwas zu zahlen oder zu leiſten iſt.

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/678>, abgerufen am 21.12.2024.