Nach dem Beyspiele der Holländer haben die Engländer, un-Ursprung der engli- schen Hand- lung und Schifffahrt. ter der Königinn Elisabeth Schiffe nach Ostindien ge- scyickt (§. 31): und dieses veranlasset uns, nunmehro auf die Geschichte der englischen Handlung und Schifffahrt einen Blick zu thun. Wollen wir auf die alten Zeiten zurück sehen, so müssen wir zuerst der ältesten Kaufmannscompagnie in Eng- land Erwähnung thun, welche unter dem Namen: the Com- pagny Marchand of Adventurer, noch gegenwärtig bekannt ist. Diese wurde von dem Könige Eduard dem I, der von 1272 bis 1307 regieret hat, errichtet und privilegieret, daß sie die englische Wolle, welche man damals im Lande nicht zu verar- beiten wußte, aus dem Reiche führen und verkaufen sollte, (siehe den 176 §). Solcher Handel wurde mit den deutschen Hanse- städten unterhalten, welche ihr diese so vortreffliche Waare gern abnahmen, und dagegen die daraus in den Niederlanden ge- fertigten Tücher zurück gaben. Weiter hatte England damals bis zu dem Jahre 1404, seiner übrigen schönen Naturgaben un- geachtet, gar keinen Handel. Wie aber in solchem Jahre die Wollenmanufactur aus den Niederlanden nach England kam (§. 133): so fingen die Engländer allmählig an, mit denen von ihnen selbsten aus ihrer eigenen Wolle fabricirten Tüchern zu han- deln. Jedoch die Streitigkeiten um die Krone, so bis auf die Zeiten Heinrichs des VII fortdaureten, verhinderten, daß die Handlung und Schifffahrt in diesem Reiche nicht recht aufkom- men konnte. Ob nun wol unter dieses Königs Regierung un- gefähr um das Jahr 1499 der Anfang gemacht wurde, die Handlung in Ordnung zu bringen, und die Schifffahrt zu ver- breiten: so hatte doch solches keine Folge von Wichtigkeit, außer daß im Jahre 1526 unter Heinrich dem VIII, seinem Rach- folger, einige Engländer nach den canarischen Jnseln handelten. Dieses sein Nachfolger, Eduard der VI, aber, brachte die Eng- lische Handlung dadurch in die Höhe, daß er den fremden Kauf- leuten aus den Hansestädten, welche seit sehr vielen Jahren ei- ne Compagnie in England gehabt, und die ganze Handlung, sonderlich den Verkauf der englischen Tuche, an sich gezogen hat- ten, ihre Freyheiten nahm, derer sie sich durch Misbrauch verlustig gemacht haben sollten. Zu noch mehrerer Beförde- rung der Handlung ließ er, auf Angeben eines Portugiesen, 3 Schiffe ausrüsten, welche durch Norden einen neuen Weg nach Ostindien suchen sollten: die aber über Norwegen dergestalt ge- trennet wurden, daß das eine sobald wieder umkehrete, das andre einfrohr, und das dritte zwar nicht den gesuchten Weg, davor aber die Straße zur moscowitischen Handlung nach Archangel entdeckte, woselbst die englische Nation nach der Zeit
vor-
K. S. (J i)
engliſchen Handlung.
Das 8 Capitel. Von der engliſchen Handlung.
§. 160.
Nach dem Beyſpiele der Hollaͤnder haben die Englaͤnder, un-Urſprung der engli- ſchen Hand- lung und Schifffahrt. ter der Koͤniginn Eliſabeth Schiffe nach Oſtindien ge- ſcyickt (§. 31): und dieſes veranlaſſet uns, nunmehro auf die Geſchichte der engliſchen Handlung und Schifffahrt einen Blick zu thun. Wollen wir auf die alten Zeiten zuruͤck ſehen, ſo muͤſſen wir zuerſt der aͤlteſten Kaufmannscompagnie in Eng- land Erwaͤhnung thun, welche unter dem Namen: the Com- pagny Marchand of Adventurer, noch gegenwaͤrtig bekannt iſt. Dieſe wurde von dem Koͤnige Eduard dem I, der von 1272 bis 1307 regieret hat, errichtet und privilegieret, daß ſie die engliſche Wolle, welche man damals im Lande nicht zu verar- beiten wußte, aus dem Reiche fuͤhren und verkaufen ſollte, (ſiehe den 176 §). Solcher Handel wurde mit den deutſchen Hanſe- ſtaͤdten unterhalten, welche ihr dieſe ſo vortreffliche Waare gern abnahmen, und dagegen die daraus in den Niederlanden ge- fertigten Tuͤcher zuruͤck gaben. Weiter hatte England damals bis zu dem Jahre 1404, ſeiner uͤbrigen ſchoͤnen Naturgaben un- geachtet, gar keinen Handel. Wie aber in ſolchem Jahre die Wollenmanufactur aus den Niederlanden nach England kam (§. 133): ſo fingen die Englaͤnder allmaͤhlig an, mit denen von ihnen ſelbſten aus ihrer eigenen Wolle fabricirten Tuͤchern zu han- deln. Jedoch die Streitigkeiten um die Krone, ſo bis auf die Zeiten Heinrichs des VII fortdaureten, verhinderten, daß die Handlung und Schifffahrt in dieſem Reiche nicht recht aufkom- men konnte. Ob nun wol unter dieſes Koͤnigs Regierung un- gefaͤhr um das Jahr 1499 der Anfang gemacht wurde, die Handlung in Ordnung zu bringen, und die Schifffahrt zu ver- breiten: ſo hatte doch ſolches keine Folge von Wichtigkeit, außer daß im Jahre 1526 unter Heinrich dem VIII, ſeinem Rach- folger, einige Englaͤnder nach den canariſchen Jnſeln handelten. Dieſes ſein Nachfolger, Eduard der VI, aber, brachte die Eng- liſche Handlung dadurch in die Hoͤhe, daß er den fremden Kauf- leuten aus den Hanſeſtaͤdten, welche ſeit ſehr vielen Jahren ei- ne Compagnie in England gehabt, und die ganze Handlung, ſonderlich den Verkauf der engliſchen Tuche, an ſich gezogen hat- ten, ihre Freyheiten nahm, derer ſie ſich durch Misbrauch verluſtig gemacht haben ſollten. Zu noch mehrerer Befoͤrde- rung der Handlung ließ er, auf Angeben eines Portugieſen, 3 Schiffe ausruͤſten, welche durch Norden einen neuen Weg nach Oſtindien ſuchen ſollten: die aber uͤber Norwegen dergeſtalt ge- trennet wurden, daß das eine ſobald wieder umkehrete, das andre einfrohr, und das dritte zwar nicht den geſuchten Weg, davor aber die Straße zur moſcowitiſchen Handlung nach Archangel entdeckte, woſelbſt die engliſche Nation nach der Zeit
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engliſchen Handlung.
Das 8 Capitel.
Von der engliſchen Handlung.
§. 160.
Nach dem Beyſpiele der Hollaͤnder haben die Englaͤnder, un-
ter der Koͤniginn Eliſabeth Schiffe nach Oſtindien ge-
ſcyickt (§. 31): und dieſes veranlaſſet uns, nunmehro auf die
Geſchichte der engliſchen Handlung und Schifffahrt einen
Blick zu thun. Wollen wir auf die alten Zeiten zuruͤck ſehen,
ſo muͤſſen wir zuerſt der aͤlteſten Kaufmannscompagnie in Eng-
land Erwaͤhnung thun, welche unter dem Namen: the Com-
pagny Marchand of Adventurer, noch gegenwaͤrtig bekannt
iſt. Dieſe wurde von dem Koͤnige Eduard dem I, der von 1272
bis 1307 regieret hat, errichtet und privilegieret, daß ſie die
engliſche Wolle, welche man damals im Lande nicht zu verar-
beiten wußte, aus dem Reiche fuͤhren und verkaufen ſollte, (ſiehe
den 176 §). Solcher Handel wurde mit den deutſchen Hanſe-
ſtaͤdten unterhalten, welche ihr dieſe ſo vortreffliche Waare gern
abnahmen, und dagegen die daraus in den Niederlanden ge-
fertigten Tuͤcher zuruͤck gaben. Weiter hatte England damals
bis zu dem Jahre 1404, ſeiner uͤbrigen ſchoͤnen Naturgaben un-
geachtet, gar keinen Handel. Wie aber in ſolchem Jahre die
Wollenmanufactur aus den Niederlanden nach England kam
(§. 133): ſo fingen die Englaͤnder allmaͤhlig an, mit denen von
ihnen ſelbſten aus ihrer eigenen Wolle fabricirten Tuͤchern zu han-
deln. Jedoch die Streitigkeiten um die Krone, ſo bis auf die
Zeiten Heinrichs des VII fortdaureten, verhinderten, daß die
Handlung und Schifffahrt in dieſem Reiche nicht recht aufkom-
men konnte. Ob nun wol unter dieſes Koͤnigs Regierung un-
gefaͤhr um das Jahr 1499 der Anfang gemacht wurde, die
Handlung in Ordnung zu bringen, und die Schifffahrt zu ver-
breiten: ſo hatte doch ſolches keine Folge von Wichtigkeit,
außer daß im Jahre 1526 unter Heinrich dem VIII, ſeinem Rach-
folger, einige Englaͤnder nach den canariſchen Jnſeln handelten.
Dieſes ſein Nachfolger, Eduard der VI, aber, brachte die Eng-
liſche Handlung dadurch in die Hoͤhe, daß er den fremden Kauf-
leuten aus den Hanſeſtaͤdten, welche ſeit ſehr vielen Jahren ei-
ne Compagnie in England gehabt, und die ganze Handlung,
ſonderlich den Verkauf der engliſchen Tuche, an ſich gezogen hat-
ten, ihre Freyheiten nahm, derer ſie ſich durch Misbrauch
verluſtig gemacht haben ſollten. Zu noch mehrerer Befoͤrde-
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Schiffe ausruͤſten, welche durch Norden einen neuen Weg nach
Oſtindien ſuchen ſollten: die aber uͤber Norwegen dergeſtalt ge-
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andre einfrohr, und das dritte zwar nicht den geſuchten Weg,
davor aber die Straße zur moſcowitiſchen Handlung nach
Archangel entdeckte, woſelbſt die engliſche Nation nach der Zeit
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lung und
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/1101>, abgerufen am 21.11.2024.
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