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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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7 Cap. Von der niederländischen
geschickt; dieser aber machte durch seine Grausamkeit das Uebel
ärger. Mehr als hunderttausend Familien begaben sich in we-
nigen Monaten von da weg; die meisten Städte wurden wi-
der ihn in Harnisch gebracht; sieben ganze Provinzen vereinig-
ten sich 1579, kündigten 1581 dem Könige von Spanien den
Gehorsam auf, und machten sich zu einem freyen Staate, der
unter dem Namen der Republik Holland einem jeden sattsam
bekannt ist. Wie nun nachher 1584 die Stadt Antwerpen be-
lagert, und währender Belagerung die Schelde gesperret, auch
solche nach Eroberung der Stadt nicht wieder geöffnet ward,
weil der König von Spanien die Handlung der Stadt, die ihm
gar zu reich und mächtig vorkam, zu schwächen und in die an-
dern ihm unterthänig gebliebenen niederländischen Städte zu ver-
theilen gedachte: so bewirkte dieses den gänzlichen Verfall der
Handlung in dieser so berühmten Handelsstadt, und zugleich in
den sämtlichen spanischen Niederlanden. Denn die Kaufleute
aller derer Nationen, die nach Antwerpen gehandelt hatten,
nahmen anitzo ihren Weg nach Holland, oder den vereinigten
Niederlanden, und besonders nach Amsterdam, welche Stadt
nunmehro das ward, was Antwerpen vorhin war, nämlich die
reichste, größte und mächtigste Handelsstadt in ganz Europa,
ja das Magazin der Welt, wie sie es denn auch noch gegen-
wärtig ist. Selbst die Niederländer, welche die Härtigkeit des
spanischen Regiments nicht länger vertragen wollten, zogen aus
den spanischen Niederlanden: ein Drittel der Handwerker und
Kaufleute, welche in seidenen Zeugen, Strümpfen und derglei-
chen arbeiteten, oder damit handelten, ließen sich in England
nieder, weil sich daselbst noch niemand auf solche Fabriken gele-
get hatte; ein großer Antheil derselben aber flüchtete nach Leyden,
gleichwie die meisten und vornehmsten Leinwandshändler sich
zu Harlem setzten, ohne diejenigen zu rechnen, die sich nach Am-
sterdam begeben hatten.

§. 138.
Jtziger Zu-
stand der
Handlung
in den öster-
reichischen
Niederlan-
den.

Jndessen ist die Handlung in den spanischen, oder nun-
mehro österreichischen Niederlanden immer noch beträchtlich,
ob sie gleich den vorigen prächtigen Glanz, durch den so mäch-
tigen Anwachs der Handlung in den vereinigten Niederlanden,
verloren. Die bequeme Lage an der Nordsee sowol, als an
schiffbaren Flüssen, geben den Einwohnern dieses volkreichen
Landes Gelegenheit, ihre Handlung in der ganzen Welt zu treiben;
ihre eigene große Neigung zur Handlung unterstützen sie; und bey-
des, schöne Naturgaben, als insonderheit die vortrefflichsten Manu-
facturen, befördern sie: allein es haben die Holländer fast die
ganze Handlung der Niederländer, und gebrauchen sich derselben
mit aller Leichtigkeit, die sie sich nur wünschen können, theils
wegen der nahen Nachbarschaft, theils wegen der Flüsse und
Canäle, durch welche man leicht zu den vornehmsten Städten
kommen kann . Diese Handlung der Holländer nach den öster-
reichischen Niederlanden
wird vornehmlich in | den Städten
Antwerpen, Brüssel, Mecheln, Gent, Brügge, Dornick, Rys-

sel,

7 Cap. Von der niederlaͤndiſchen
geſchickt; dieſer aber machte durch ſeine Grauſamkeit das Uebel
aͤrger. Mehr als hunderttauſend Familien begaben ſich in we-
nigen Monaten von da weg; die meiſten Staͤdte wurden wi-
der ihn in Harniſch gebracht; ſieben ganze Provinzen vereinig-
ten ſich 1579, kuͤndigten 1581 dem Koͤnige von Spanien den
Gehorſam auf, und machten ſich zu einem freyen Staate, der
unter dem Namen der Republik Holland einem jeden ſattſam
bekannt iſt. Wie nun nachher 1584 die Stadt Antwerpen be-
lagert, und waͤhrender Belagerung die Schelde geſperret, auch
ſolche nach Eroberung der Stadt nicht wieder geoͤffnet ward,
weil der Koͤnig von Spanien die Handlung der Stadt, die ihm
gar zu reich und maͤchtig vorkam, zu ſchwaͤchen und in die an-
dern ihm unterthaͤnig gebliebenen niederlaͤndiſchen Staͤdte zu ver-
theilen gedachte: ſo bewirkte dieſes den gaͤnzlichen Verfall der
Handlung in dieſer ſo beruͤhmten Handelsſtadt, und zugleich in
den ſaͤmtlichen ſpaniſchen Niederlanden. Denn die Kaufleute
aller derer Nationen, die nach Antwerpen gehandelt hatten,
nahmen anitzo ihren Weg nach Holland, oder den vereinigten
Niederlanden, und beſonders nach Amſterdam, welche Stadt
nunmehro das ward, was Antwerpen vorhin war, naͤmlich die
reichſte, groͤßte und maͤchtigſte Handelsſtadt in ganz Europa,
ja das Magazin der Welt, wie ſie es denn auch noch gegen-
waͤrtig iſt. Selbſt die Niederlaͤnder, welche die Haͤrtigkeit des
ſpaniſchen Regiments nicht laͤnger vertragen wollten, zogen aus
den ſpaniſchen Niederlanden: ein Drittel der Handwerker und
Kaufleute, welche in ſeidenen Zeugen, Struͤmpfen und derglei-
chen arbeiteten, oder damit handelten, ließen ſich in England
nieder, weil ſich daſelbſt noch niemand auf ſolche Fabriken gele-
get hatte; ein großer Antheil derſelben aber fluͤchtete nach Leyden,
gleichwie die meiſten und vornehmſten Leinwandshaͤndler ſich
zu Harlem ſetzten, ohne diejenigen zu rechnen, die ſich nach Am-
ſterdam begeben hatten.

§. 138.
Jtziger Zu-
ſtand der
Handlung
in den oͤſter-
reichiſchen
Niederlan-
den.

Jndeſſen iſt die Handlung in den ſpaniſchen, oder nun-
mehro oͤſterreichiſchen Niederlanden immer noch betraͤchtlich,
ob ſie gleich den vorigen praͤchtigen Glanz, durch den ſo maͤch-
tigen Anwachs der Handlung in den vereinigten Niederlanden,
verloren. Die bequeme Lage an der Nordſee ſowol, als an
ſchiffbaren Fluͤſſen, geben den Einwohnern dieſes volkreichen
Landes Gelegenheit, ihre Handlung in der ganzen Welt zu treiben;
ihre eigene große Neigung zur Handlung unterſtuͤtzen ſie; und bey-
des, ſchoͤne Naturgaben, als inſonderheit die vortrefflichſten Manu-
facturen, befoͤrdern ſie: allein es haben die Hollaͤnder faſt die
ganze Handlung der Niederlaͤnder, und gebrauchen ſich derſelben
mit aller Leichtigkeit, die ſie ſich nur wuͤnſchen koͤnnen, theils
wegen der nahen Nachbarſchaft, theils wegen der Fluͤſſe und
Canaͤle, durch welche man leicht zu den vornehmſten Staͤdten
kom̃en kann . Dieſe Handlung der Hollaͤnder nach den oͤſter-
reichiſchen Niederlanden
wird vornehmlich in | den Staͤdten
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[474/1078] 7 Cap. Von der niederlaͤndiſchen geſchickt; dieſer aber machte durch ſeine Grauſamkeit das Uebel aͤrger. Mehr als hunderttauſend Familien begaben ſich in we- nigen Monaten von da weg; die meiſten Staͤdte wurden wi- der ihn in Harniſch gebracht; ſieben ganze Provinzen vereinig- ten ſich 1579, kuͤndigten 1581 dem Koͤnige von Spanien den Gehorſam auf, und machten ſich zu einem freyen Staate, der unter dem Namen der Republik Holland einem jeden ſattſam bekannt iſt. Wie nun nachher 1584 die Stadt Antwerpen be- lagert, und waͤhrender Belagerung die Schelde geſperret, auch ſolche nach Eroberung der Stadt nicht wieder geoͤffnet ward, weil der Koͤnig von Spanien die Handlung der Stadt, die ihm gar zu reich und maͤchtig vorkam, zu ſchwaͤchen und in die an- dern ihm unterthaͤnig gebliebenen niederlaͤndiſchen Staͤdte zu ver- theilen gedachte: ſo bewirkte dieſes den gaͤnzlichen Verfall der Handlung in dieſer ſo beruͤhmten Handelsſtadt, und zugleich in den ſaͤmtlichen ſpaniſchen Niederlanden. Denn die Kaufleute aller derer Nationen, die nach Antwerpen gehandelt hatten, nahmen anitzo ihren Weg nach Holland, oder den vereinigten Niederlanden, und beſonders nach Amſterdam, welche Stadt nunmehro das ward, was Antwerpen vorhin war, naͤmlich die reichſte, groͤßte und maͤchtigſte Handelsſtadt in ganz Europa, ja das Magazin der Welt, wie ſie es denn auch noch gegen- waͤrtig iſt. Selbſt die Niederlaͤnder, welche die Haͤrtigkeit des ſpaniſchen Regiments nicht laͤnger vertragen wollten, zogen aus den ſpaniſchen Niederlanden: ein Drittel der Handwerker und Kaufleute, welche in ſeidenen Zeugen, Struͤmpfen und derglei- chen arbeiteten, oder damit handelten, ließen ſich in England nieder, weil ſich daſelbſt noch niemand auf ſolche Fabriken gele- get hatte; ein großer Antheil derſelben aber fluͤchtete nach Leyden, gleichwie die meiſten und vornehmſten Leinwandshaͤndler ſich zu Harlem ſetzten, ohne diejenigen zu rechnen, die ſich nach Am- ſterdam begeben hatten. §. 138. Jndeſſen iſt die Handlung in den ſpaniſchen, oder nun- mehro oͤſterreichiſchen Niederlanden immer noch betraͤchtlich, ob ſie gleich den vorigen praͤchtigen Glanz, durch den ſo maͤch- tigen Anwachs der Handlung in den vereinigten Niederlanden, verloren. Die bequeme Lage an der Nordſee ſowol, als an ſchiffbaren Fluͤſſen, geben den Einwohnern dieſes volkreichen Landes Gelegenheit, ihre Handlung in der ganzen Welt zu treiben; ihre eigene große Neigung zur Handlung unterſtuͤtzen ſie; und bey- des, ſchoͤne Naturgaben, als inſonderheit die vortrefflichſten Manu- facturen, befoͤrdern ſie: allein es haben die Hollaͤnder faſt die ganze Handlung der Niederlaͤnder, und gebrauchen ſich derſelben mit aller Leichtigkeit, die ſie ſich nur wuͤnſchen koͤnnen, theils wegen der nahen Nachbarſchaft, theils wegen der Fluͤſſe und Canaͤle, durch welche man leicht zu den vornehmſten Staͤdten kom̃en kann . Dieſe Handlung der Hollaͤnder nach den oͤſter- reichiſchen Niederlanden wird vornehmlich in | den Staͤdten Antwerpen, Bruͤſſel, Mecheln, Gent, Bruͤgge, Dornick, Ryſ- ſel,

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/1078>, abgerufen am 21.11.2024.