sachete solches, daß die Lein- und Wollenweber, deren Anzahl unglaublich groß war, 1301 zu Gent einen gewaltigen Aufstand machten: indem nun hiernächst die in den Dörfern wohnenden Handwerksleute vor der Wuth des Krieges nicht sicher waren: so zogen ihrer viele nach Tirlemont und Löwen, und verbreite- ten sich von da nachher weiter durch die meisten Oerter in Brabant.
von da sich die Tuchma- nufactur nach Eng- u. Holland ver- breitet.
Allein die Herzoge von Brabant machten es nicht besser, denn die Grafen von Flandern, indem sie gleichfalls die Ma- nufacturen mit allerhand Auflagen druckten, und dadurch 1404 zu verschiedenen Aufständen in einigen brabantischen Orten Ge- legenheit gaben. Sonderlich waren die Tuchmacher zu Löwen so weit gegangen, daß sie sogar einige aus dem Rathe todtge- schlagen, welche dann, aus Furcht der Strafe, theils nach England, theils in die Grafschaft Holland flüchteten. Die nach England übergiengen, wurden der Engländer ihre ersten Lehrmeister im Tuchmachen; und unterrichteten sie, zum größten Nachtheile der niederländischen Handlung, wie sie ihre eigene Wolle verarbeiten könnten, daß sie mithin nicht mehr nöthig hätten, solche nach Flandern zu verkaufen, und statt der Zahlung Tücher zu nehmen: und dieses ist der Ursprung der so berühmten Wollenmanufacturen in England. Den bra- bantischen Tuchmachern, die sich nach Holland gewendet hat- ten, folgten ihrer viele aus Flandern nach, indem sie hier über- all wohl aufgenommen, und mit geringen Auflagen beleget wurden, weil die Holländer diese Manufactur gern bey sich be- halten wollten. Die vornehmsten| unter ihnen begaben sich nach Leyden, wo diese Manufactur auch noch im Flore ist.
§. 134.
2) nenerer Ast der nie- derländis. Handlung: der Herings- handel in Flandern.
Weil aber gleichwol in Flandern, Wilhelm Beukelin, ein berühmter Fischer, aus Biervliet gebürtig, 1386 die Art, die Heringe in Fässer und Tonnen einzusalzen, wie solches noch heu- tiges Tages gemacht wird, erdacht hatte: so war diese Einsal- tzung der Heringe, und der davon abhangende Fischfang, als eine neue Manufactur anzusehen, die um so viel mehr in Be- trachtung kömmt, da sie die Schifffahrt dieser Landschaft in gu- ten Stand setzete, vermittelst welcher Flandern sich noch bey seinem Flore erhielt, nachdem es so viele Tuchmacher verlo- ren (§. 133). Denn durch diesen| Anwuchs der Schifffahrt hat- te Flandern die schönste Gelegenheit, seinen Handel und seine Manufacturen noch einige Zeit zu unterhalten. Sluys und Brügge waren die beyden vornehmsten Städte, wo man anfangs den Heringshandel mit den Fremden trieb.
§. 135.
Steigen u. Fallen der Handlung zu Brügge.
Jnsonderheit hub Brügge das Haupt immer mehr em- por, und hatte fast die ganze Handlung der Niederlande hier ihren Sitz aufgeschlagen. Sie ward der Mittelpunct der Hand- lung der Europäer gegen Mittag und Mitternacht (§. 133). Die Hansestädte hatten bereits 1262 eines von ihren großen Con- toiren zu Brügge aufgerichtet; und nachmals haben auch die
Englän-
7 Cap. Von der niederlaͤndiſchen
ſachete ſolches, daß die Lein- und Wollenweber, deren Anzahl unglaublich groß war, 1301 zu Gent einen gewaltigen Aufſtand machten: indem nun hiernaͤchſt die in den Doͤrfern wohnenden Handwerksleute vor der Wuth des Krieges nicht ſicher waren: ſo zogen ihrer viele nach Tirlemont und Loͤwen, und verbreite- ten ſich von da nachher weiter durch die meiſten Oerter in Brabant.
von da ſich die Tuchma- nufactur nach Eng- u. Holland ver- breitet.
Allein die Herzoge von Brabant machten es nicht beſſer, denn die Grafen von Flandern, indem ſie gleichfalls die Ma- nufacturen mit allerhand Auflagen druckten, und dadurch 1404 zu verſchiedenen Aufſtaͤnden in einigen brabantiſchen Orten Ge- legenheit gaben. Sonderlich waren die Tuchmacher zu Loͤwen ſo weit gegangen, daß ſie ſogar einige aus dem Rathe todtge- ſchlagen, welche dann, aus Furcht der Strafe, theils nach England, theils in die Grafſchaft Holland fluͤchteten. Die nach England uͤbergiengen, wurden der Englaͤnder ihre erſten Lehrmeiſter im Tuchmachen; und unterrichteten ſie, zum groͤßten Nachtheile der niederlaͤndiſchen Handlung, wie ſie ihre eigene Wolle verarbeiten koͤnnten, daß ſie mithin nicht mehr noͤthig haͤtten, ſolche nach Flandern zu verkaufen, und ſtatt der Zahlung Tuͤcher zu nehmen: und dieſes iſt der Urſprung der ſo beruͤhmten Wollenmanufacturen in England. Den bra- bantiſchen Tuchmachern, die ſich nach Holland gewendet hat- ten, folgten ihrer viele aus Flandern nach, indem ſie hier uͤber- all wohl aufgenommen, und mit geringen Auflagen beleget wurden, weil die Hollaͤnder dieſe Manufactur gern bey ſich be- halten wollten. Die vornehmſten| unter ihnen begaben ſich nach Leyden, wo dieſe Manufactur auch noch im Flore iſt.
§. 134.
2) nenerer Aſt der nie- derlaͤndiſ. Handlung: der Herings- handel in Flandern.
Weil aber gleichwol in Flandern, Wilhelm Beukelin, ein beruͤhmter Fiſcher, aus Biervliet gebuͤrtig, 1386 die Art, die Heringe in Faͤſſer und Tonnen einzuſalzen, wie ſolches noch heu- tiges Tages gemacht wird, erdacht hatte: ſo war dieſe Einſal- tzung der Heringe, und der davon abhangende Fiſchfang, als eine neue Manufactur anzuſehen, die um ſo viel mehr in Be- trachtung koͤmmt, da ſie die Schifffahrt dieſer Landſchaft in gu- ten Stand ſetzete, vermittelſt welcher Flandern ſich noch bey ſeinem Flore erhielt, nachdem es ſo viele Tuchmacher verlo- ren (§. 133). Denn durch dieſen| Anwuchs der Schifffahrt hat- te Flandern die ſchoͤnſte Gelegenheit, ſeinen Handel und ſeine Manufacturen noch einige Zeit zu unterhalten. Sluys und Bruͤgge waren die beyden vornehmſten Staͤdte, wo man anfangs den Heringshandel mit den Fremden trieb.
§. 135.
Steigen u. Fallen der Handlung zu Bruͤgge.
Jnſonderheit hub Bruͤgge das Haupt immer mehr em- por, und hatte faſt die ganze Handlung der Niederlande hier ihren Sitz aufgeſchlagen. Sie ward der Mittelpunct der Hand- lung der Europaͤer gegen Mittag und Mitternacht (§. 133). Die Hanſeſtaͤdte hatten bereits 1262 eines von ihren großen Con- toiren zu Bruͤgge aufgerichtet; und nachmals haben auch die
Englaͤn-
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7 Cap. Von der niederlaͤndiſchen
ſachete ſolches, daß die Lein- und Wollenweber, deren Anzahl
unglaublich groß war, 1301 zu Gent einen gewaltigen Aufſtand
machten: indem nun hiernaͤchſt die in den Doͤrfern wohnenden
Handwerksleute vor der Wuth des Krieges nicht ſicher waren:
ſo zogen ihrer viele nach Tirlemont und Loͤwen, und verbreite-
ten ſich von da nachher weiter durch die meiſten Oerter in
Brabant.
Allein die Herzoge von Brabant machten es nicht beſſer,
denn die Grafen von Flandern, indem ſie gleichfalls die Ma-
nufacturen mit allerhand Auflagen druckten, und dadurch 1404
zu verſchiedenen Aufſtaͤnden in einigen brabantiſchen Orten Ge-
legenheit gaben. Sonderlich waren die Tuchmacher zu Loͤwen
ſo weit gegangen, daß ſie ſogar einige aus dem Rathe todtge-
ſchlagen, welche dann, aus Furcht der Strafe, theils nach
England, theils in die Grafſchaft Holland fluͤchteten. Die
nach England uͤbergiengen, wurden der Englaͤnder ihre erſten
Lehrmeiſter im Tuchmachen; und unterrichteten ſie, zum
groͤßten Nachtheile der niederlaͤndiſchen Handlung, wie ſie
ihre eigene Wolle verarbeiten koͤnnten, daß ſie mithin nicht mehr
noͤthig haͤtten, ſolche nach Flandern zu verkaufen, und ſtatt
der Zahlung Tuͤcher zu nehmen: und dieſes iſt der Urſprung
der ſo beruͤhmten Wollenmanufacturen in England. Den bra-
bantiſchen Tuchmachern, die ſich nach Holland gewendet hat-
ten, folgten ihrer viele aus Flandern nach, indem ſie hier uͤber-
all wohl aufgenommen, und mit geringen Auflagen beleget
wurden, weil die Hollaͤnder dieſe Manufactur gern bey ſich be-
halten wollten. Die vornehmſten| unter ihnen begaben ſich
nach Leyden, wo dieſe Manufactur auch noch im Flore iſt.
§. 134.
Weil aber gleichwol in Flandern, Wilhelm Beukelin, ein
beruͤhmter Fiſcher, aus Biervliet gebuͤrtig, 1386 die Art, die
Heringe in Faͤſſer und Tonnen einzuſalzen, wie ſolches noch heu-
tiges Tages gemacht wird, erdacht hatte: ſo war dieſe Einſal-
tzung der Heringe, und der davon abhangende Fiſchfang, als
eine neue Manufactur anzuſehen, die um ſo viel mehr in Be-
trachtung koͤmmt, da ſie die Schifffahrt dieſer Landſchaft in gu-
ten Stand ſetzete, vermittelſt welcher Flandern ſich noch bey
ſeinem Flore erhielt, nachdem es ſo viele Tuchmacher verlo-
ren (§. 133). Denn durch dieſen| Anwuchs der Schifffahrt hat-
te Flandern die ſchoͤnſte Gelegenheit, ſeinen Handel und ſeine
Manufacturen noch einige Zeit zu unterhalten. Sluys und
Bruͤgge waren die beyden vornehmſten Staͤdte, wo man anfangs
den Heringshandel mit den Fremden trieb.
§. 135.
Jnſonderheit hub Bruͤgge das Haupt immer mehr em-
por, und hatte faſt die ganze Handlung der Niederlande hier
ihren Sitz aufgeſchlagen. Sie ward der Mittelpunct der Hand-
lung der Europaͤer gegen Mittag und Mitternacht (§. 133). Die
Hanſeſtaͤdte hatten bereits 1262 eines von ihren großen Con-
toiren zu Bruͤgge aufgerichtet; und nachmals haben auch die
Englaͤn-
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/1076>, abgerufen am 21.12.2024.
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