schlechtem Ansehen: und sobald sie eine Summe Geldes gewon- nen, geben sie den Handel auf, suchen einen Titel, und stellen vornehme Herren vor. Man kann hierbey noch in unserer Akad. der Kaufl. den Artikel Spanien nachlesen.
Das 7 Capitel. Von der niederländischen und holländischen Handlung.
§. 133.
Wir kommen nunmehro zu denjenigen europäischen Völkern,1. Nieder- ländische Handlung: welche sich in dem dritten und letzten Zeitpuncte der Handlungsgeschichte, sonderlich mit ihrer Seehandlung in die entlegensten Länder hervorgethan haben, unter denen die Hol- länder die ersten sind (§. 31). Da aber die holländische Hand- lung ein Ast der niederländischen Handlung ist: so müssen wir uns nothwendig durch die Geschichte der niederländischen Handlung den Weg zu den Geschichten der holländischen Handlung bahnen.
Jnsgemein glaubt man, daß die Flanderer in den Nieder-1) Jhr Ur- sprung in Flandern durch die Tuch- und Leinwand- manufactur landen die ersten gewesen sind, welche allerhand Tuch und Lein- wand zu machen angefangen haben, wozu ihnen ihr eigenes Land den schönsten Flachs, und England die vortrefflichste Wolle hergegeben. Balduin, der jüngere Graf von Flandern, munterte die Arbeiter dadurch auf, daß er um das Jahr 960 in verschiedenen Städten seines Landes freye Märkte anlegte, welche hierauf die Nachbarn in Menge herbey zogen, so von den Flanderern ihre Manufacturwaaren häufig abholeten, als für deren Ausfuhre sie nichts zahlen durften. Die Tuch- und Leinwandfabriken vermehrten sich daher binnen einer Zeit von ohngefähr 300 Jahren auf eine erstaunliche Art, und die Handlung in Flandern stieg bis zu dem höchsten Flore. Hierzu nun trug, nebst dem blühenden Zustande der Tuch- und Lein- wandfabriken, die bequeme Lage der flandrischen Häfen zwischen Mittag und Mitternacht, ein großes bey. Denn weil die ge- gen Mittag wohnenden Europäer die Waaren der Völker gegen Mitternacht, und diese hinwiederum jener ihre Waaren nöthig hatten; gleichwol aber die Reisen von der Ostsee oder dem baltischen bis in das mittelländische Meer nicht nur sehr lang- wierig, sondern auch damals großen Beschwerlichkeiten unter- worfen waren: so veranlassete solches insonderheit die Kaufleute von Mittag und aus Norden, daß sie anfänglich zu Brügge Packhäuser anrichteten (siehe den 135 §.), als durch welches Mittel sie ihre Waaren gegen einander umsetzen, und dabey den halben Weg ersparen konnten.
Als aber nachmals die Grafen von Flandern die freyendie sich nach Brabant wendet, Jahrmärkte mit allerhand Auflagen beschwereten, um die Ko- sten des Krieges mit Frankreich bestreiten zu können, so verur-
sachete
(G g) 4
niederlaͤndiſchen u. hollaͤndiſchen Handlung.
ſchlechtem Anſehen: und ſobald ſie eine Summe Geldes gewon- nen, geben ſie den Handel auf, ſuchen einen Titel, und ſtellen vornehme Herren vor. Man kann hierbey noch in unſerer Akad. der Kaufl. den Artikel Spanien nachleſen.
Das 7 Capitel. Von der niederlaͤndiſchen und hollaͤndiſchen Handlung.
§. 133.
Wir kommen nunmehro zu denjenigen europaͤiſchen Voͤlkern,1. Nieder- laͤndiſche Handlung: welche ſich in dem dritten und letzten Zeitpuncte der Handlungsgeſchichte, ſonderlich mit ihrer Seehandlung in die entlegenſten Laͤnder hervorgethan haben, unter denen die Hol- laͤnder die erſten ſind (§. 31). Da aber die hollaͤndiſche Hand- lung ein Aſt der niederlaͤndiſchen Handlung iſt: ſo muͤſſen wir uns nothwendig durch die Geſchichte der niederlaͤndiſchen Handlung den Weg zu den Geſchichten der hollaͤndiſchen Handlung bahnen.
Jnsgemein glaubt man, daß die Flanderer in den Nieder-1) Jhr Ur- ſprung in Flandern durch die Tuch- und Leinwand- manufactur landen die erſten geweſen ſind, welche allerhand Tuch und Lein- wand zu machen angefangen haben, wozu ihnen ihr eigenes Land den ſchoͤnſten Flachs, und England die vortrefflichſte Wolle hergegeben. Balduin, der juͤngere Graf von Flandern, munterte die Arbeiter dadurch auf, daß er um das Jahr 960 in verſchiedenen Staͤdten ſeines Landes freye Maͤrkte anlegte, welche hierauf die Nachbarn in Menge herbey zogen, ſo von den Flanderern ihre Manufacturwaaren haͤufig abholeten, als fuͤr deren Ausfuhre ſie nichts zahlen durften. Die Tuch- und Leinwandfabriken vermehrten ſich daher binnen einer Zeit von ohngefaͤhr 300 Jahren auf eine erſtaunliche Art, und die Handlung in Flandern ſtieg bis zu dem hoͤchſten Flore. Hierzu nun trug, nebſt dem bluͤhenden Zuſtande der Tuch- und Lein- wandfabriken, die bequeme Lage der flandriſchen Haͤfen zwiſchen Mittag und Mitternacht, ein großes bey. Denn weil die ge- gen Mittag wohnenden Europaͤer die Waaren der Voͤlker gegen Mitternacht, und dieſe hinwiederum jener ihre Waaren noͤthig hatten; gleichwol aber die Reiſen von der Oſtſee oder dem baltiſchen bis in das mittellaͤndiſche Meer nicht nur ſehr lang- wierig, ſondern auch damals großen Beſchwerlichkeiten unter- worfen waren: ſo veranlaſſete ſolches inſonderheit die Kaufleute von Mittag und aus Norden, daß ſie anfaͤnglich zu Bruͤgge Packhaͤuſer anrichteten (ſiehe den 135 §.), als durch welches Mittel ſie ihre Waaren gegen einander umſetzen, und dabey den halben Weg erſparen konnten.
Als aber nachmals die Grafen von Flandern die freyendie ſich nach Brabant wendet, Jahrmaͤrkte mit allerhand Auflagen beſchwereten, um die Ko- ſten des Krieges mit Frankreich beſtreiten zu koͤnnen, ſo verur-
ſachete
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niederlaͤndiſchen u. hollaͤndiſchen Handlung.
ſchlechtem Anſehen: und ſobald ſie eine Summe Geldes gewon-
nen, geben ſie den Handel auf, ſuchen einen Titel, und ſtellen
vornehme Herren vor. Man kann hierbey noch in unſerer
Akad. der Kaufl. den Artikel Spanien nachleſen.
Das 7 Capitel.
Von der niederlaͤndiſchen und hollaͤndiſchen
Handlung.
§. 133.
Wir kommen nunmehro zu denjenigen europaͤiſchen Voͤlkern,
welche ſich in dem dritten und letzten Zeitpuncte der
Handlungsgeſchichte, ſonderlich mit ihrer Seehandlung in die
entlegenſten Laͤnder hervorgethan haben, unter denen die Hol-
laͤnder die erſten ſind (§. 31). Da aber die hollaͤndiſche Hand-
lung ein Aſt der niederlaͤndiſchen Handlung iſt: ſo muͤſſen wir
uns nothwendig durch die Geſchichte der niederlaͤndiſchen
Handlung den Weg zu den Geſchichten der hollaͤndiſchen
Handlung bahnen.
1. Nieder-
laͤndiſche
Handlung:
Jnsgemein glaubt man, daß die Flanderer in den Nieder-
landen die erſten geweſen ſind, welche allerhand Tuch und Lein-
wand zu machen angefangen haben, wozu ihnen ihr eigenes
Land den ſchoͤnſten Flachs, und England die vortrefflichſte
Wolle hergegeben. Balduin, der juͤngere Graf von Flandern,
munterte die Arbeiter dadurch auf, daß er um das Jahr 960
in verſchiedenen Staͤdten ſeines Landes freye Maͤrkte anlegte,
welche hierauf die Nachbarn in Menge herbey zogen, ſo von
den Flanderern ihre Manufacturwaaren haͤufig abholeten,
als fuͤr deren Ausfuhre ſie nichts zahlen durften. Die Tuch-
und Leinwandfabriken vermehrten ſich daher binnen einer Zeit
von ohngefaͤhr 300 Jahren auf eine erſtaunliche Art, und die
Handlung in Flandern ſtieg bis zu dem hoͤchſten Flore. Hierzu
nun trug, nebſt dem bluͤhenden Zuſtande der Tuch- und Lein-
wandfabriken, die bequeme Lage der flandriſchen Haͤfen zwiſchen
Mittag und Mitternacht, ein großes bey. Denn weil die ge-
gen Mittag wohnenden Europaͤer die Waaren der Voͤlker gegen
Mitternacht, und dieſe hinwiederum jener ihre Waaren noͤthig
hatten; gleichwol aber die Reiſen von der Oſtſee oder dem
baltiſchen bis in das mittellaͤndiſche Meer nicht nur ſehr lang-
wierig, ſondern auch damals großen Beſchwerlichkeiten unter-
worfen waren: ſo veranlaſſete ſolches inſonderheit die Kaufleute
von Mittag und aus Norden, daß ſie anfaͤnglich zu Bruͤgge
Packhaͤuſer anrichteten (ſiehe den 135 §.), als durch welches
Mittel ſie ihre Waaren gegen einander umſetzen, und dabey den
halben Weg erſparen konnten.
1) Jhr Ur-
ſprung in
Flandern
durch die
Tuch- und
Leinwand-
manufactur
Als aber nachmals die Grafen von Flandern die freyen
Jahrmaͤrkte mit allerhand Auflagen beſchwereten, um die Ko-
ſten des Krieges mit Frankreich beſtreiten zu koͤnnen, ſo verur-
ſachete
die ſich nach
Brabant
wendet,
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/1075>, abgerufen am 21.11.2024.
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