So fehlet es auch den deutschen Köpfen nicht an Witz und Verstande, 3) die herrlichsten Manufacturen und Fabriken anzulegen, wie davon die überaus große Menge der wirklich vorhandenen ein unwidersprechliches | Zeugniß ablegen. Die ältesten Manufacturen in Deutschlaad sind ohnstreitig die Wollen- Leinen- Leder- Stahl- Meßing- Eisen- und Holzmanufacturen. Nach der Zeit haben die sogenannten Hugonotten noch viele neue Manufacturen aus Frankreich nach Deutschland mitge- bracht, welche ihren ersten und vornehmsten Sitz in Berlin er- halten haben. Endlich hat auch der deutsche Witz noch immer mehrere ersonnen, so, daß wenige Manufacturen gegenwärtig sind, die Deutschland nicht so gut als alle andere Länder ma- chen könnte. Augspurg und Nürnberg liefern die künstlichste Gold- und Silberarbeit, gleichwie in Verarbeitung anderer Metalle Deutschland keiner andern Nation nachstehen darf. So hat es auch die besten Bergleute, und weiß die gegrabenen Erzte und Mineralien auf mancherley Art zu nutzen, die andern Ländern ganz unbekannt sind. Es zeuget davon die blaue Farbe, die in dem meißnischen Erzgebirge gemacht, und durch die ganze Welt verführet wird; der Arsenik und Kobold; die mancher- ley Blechsorten; der Nürnberger Meßingwaaren; Sachsens Porzellän- und Glasarbeit u. s. w. die nebst den schönen Waaren der Leinwandfabriken, sonderlich in Schlesien, in der Oberlausitz etc. nach allen Theilen der Welt gehen. Ueber- haupt muß man der deutschen Nation die Gerechtigkeit wieder- fahren lassen, daß sie in der Vielheit der Manufacturen, auch in sinreicher Erfindung derselben, alle Nationen übertreffe.
§. 97.
4) Die vielen prächtigen deutschen Höfe.
Ferner kann man 4) die vielen großen und prächtigen Höfe mächtiger Prinzen in Deutschland, dergleichen in solcher Menge kein anderes Reich in Europa aufweisen kann, als eine Gelegenheitsursache, daß der deutsche Handel besonders mit ausländischen Waaren so hoch gestiegen, ansehen, indem selbi- ge wegen ihrer Pracht sich nicht an einheimischen Producten der Natur und Kunst begnügen, sondern auch durch den Besitz und Genuß fremder Waaren ihren Glanz mehr zu verherrli- chen suchen.
§. 98.
5) Duldung der Reli- gionen.
Eine andere Ursache des Flors der deutschen Handlung ist in den Reichsgrundgesetzen zu suchen, welche ausdrücklich ha- ben wollen, daß 5) Lutheraner, Reformirte, und Catholiken verträglich beysammen wohnen sollen. Ja die Billigkeit und Weisheit der meisten deutschen Fürsten geht so weit, daß sie auch andern Religionsverwandten einen ungestörten Aufenthalt in ihren Landen vergönnen.
§. 99.
6) Das Poft- wesen.
Gleichergestalt befördert 6) das vortrefflich eingerichtete Postwesen die Handlung nicht wenig, da man aller Orten be- queme Gelegenheit findet, mit Posten und Privatfuhrwerken
von
4 Cap. Von der
§. 96.
3) Menge der Manu- facturen.
So fehlet es auch den deutſchen Koͤpfen nicht an Witz und Verſtande, 3) die herrlichſten Manufacturen und Fabriken anzulegen, wie davon die uͤberaus große Menge der wirklich vorhandenen ein unwiderſprechliches | Zeugniß ablegen. Die aͤlteſten Manufacturen in Deutſchlaad ſind ohnſtreitig die Wollen- Leinen- Leder- Stahl- Meßing- Eiſen- und Holzmanufacturen. Nach der Zeit haben die ſogenannten Hugonotten noch viele neue Manufacturen aus Frankreich nach Deutſchland mitge- bracht, welche ihren erſten und vornehmſten Sitz in Berlin er- halten haben. Endlich hat auch der deutſche Witz noch immer mehrere erſonnen, ſo, daß wenige Manufacturen gegenwaͤrtig ſind, die Deutſchland nicht ſo gut als alle andere Laͤnder ma- chen koͤnnte. Augſpurg und Nuͤrnberg liefern die kuͤnſtlichſte Gold- und Silberarbeit, gleichwie in Verarbeitung anderer Metalle Deutſchland keiner andern Nation nachſtehen darf. So hat es auch die beſten Bergleute, und weiß die gegrabenen Erzte und Mineralien auf mancherley Art zu nutzen, die andern Laͤndern ganz unbekannt ſind. Es zeuget davon die blaue Farbe, die in dem meißniſchen Erzgebirge gemacht, und durch die ganze Welt verfuͤhret wird; der Arſenik und Kobold; die mancher- ley Blechſorten; der Nuͤrnberger Meßingwaaren; Sachſens Porzellaͤn- und Glasarbeit u. ſ. w. die nebſt den ſchoͤnen Waaren der Leinwandfabriken, ſonderlich in Schleſien, in der Oberlauſitz ꝛc. nach allen Theilen der Welt gehen. Ueber- haupt muß man der deutſchen Nation die Gerechtigkeit wieder- fahren laſſen, daß ſie in der Vielheit der Manufacturen, auch in ſinreicher Erfindung derſelben, alle Nationen uͤbertreffe.
§. 97.
4) Die vielen praͤchtigen deutſchen Hoͤfe.
Ferner kann man 4) die vielen großen und praͤchtigen Hoͤfe maͤchtiger Prinzen in Deutſchland, dergleichen in ſolcher Menge kein anderes Reich in Europa aufweiſen kann, als eine Gelegenheitsurſache, daß der deutſche Handel beſonders mit auslaͤndiſchen Waaren ſo hoch geſtiegen, anſehen, indem ſelbi- ge wegen ihrer Pracht ſich nicht an einheimiſchen Producten der Natur und Kunſt begnuͤgen, ſondern auch durch den Beſitz und Genuß fremder Waaren ihren Glanz mehr zu verherrli- chen ſuchen.
§. 98.
5) Duldung der Reli- gionen.
Eine andere Urſache des Flors der deutſchen Handlung iſt in den Reichsgrundgeſetzen zu ſuchen, welche ausdruͤcklich ha- ben wollen, daß 5) Lutheraner, Reformirte, und Catholiken vertraͤglich beyſammen wohnen ſollen. Ja die Billigkeit und Weisheit der meiſten deutſchen Fuͤrſten geht ſo weit, daß ſie auch andern Religionsverwandten einen ungeſtoͤrten Aufenthalt in ihren Landen vergoͤnnen.
§. 99.
6) Das Poft- weſen.
Gleichergeſtalt befoͤrdert 6) das vortrefflich eingerichtete Poſtweſen die Handlung nicht wenig, da man aller Orten be- queme Gelegenheit findet, mit Poſten und Privatfuhrwerken
von
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4 Cap. Von der
§. 96.
So fehlet es auch den deutſchen Koͤpfen nicht an Witz
und Verſtande, 3) die herrlichſten Manufacturen und Fabriken
anzulegen, wie davon die uͤberaus große Menge der wirklich
vorhandenen ein unwiderſprechliches | Zeugniß ablegen. Die
aͤlteſten Manufacturen in Deutſchlaad ſind ohnſtreitig die Wollen-
Leinen- Leder- Stahl- Meßing- Eiſen- und Holzmanufacturen.
Nach der Zeit haben die ſogenannten Hugonotten noch viele
neue Manufacturen aus Frankreich nach Deutſchland mitge-
bracht, welche ihren erſten und vornehmſten Sitz in Berlin er-
halten haben. Endlich hat auch der deutſche Witz noch immer
mehrere erſonnen, ſo, daß wenige Manufacturen gegenwaͤrtig
ſind, die Deutſchland nicht ſo gut als alle andere Laͤnder ma-
chen koͤnnte. Augſpurg und Nuͤrnberg liefern die kuͤnſtlichſte
Gold- und Silberarbeit, gleichwie in Verarbeitung anderer
Metalle Deutſchland keiner andern Nation nachſtehen darf.
So hat es auch die beſten Bergleute, und weiß die gegrabenen Erzte
und Mineralien auf mancherley Art zu nutzen, die andern Laͤndern
ganz unbekannt ſind. Es zeuget davon die blaue Farbe, die in
dem meißniſchen Erzgebirge gemacht, und durch die ganze
Welt verfuͤhret wird; der Arſenik und Kobold; die mancher-
ley Blechſorten; der Nuͤrnberger Meßingwaaren; Sachſens
Porzellaͤn- und Glasarbeit u. ſ. w. die nebſt den ſchoͤnen
Waaren der Leinwandfabriken, ſonderlich in Schleſien, in
der Oberlauſitz ꝛc. nach allen Theilen der Welt gehen. Ueber-
haupt muß man der deutſchen Nation die Gerechtigkeit wieder-
fahren laſſen, daß ſie in der Vielheit der Manufacturen, auch
in ſinreicher Erfindung derſelben, alle Nationen uͤbertreffe.
§. 97.
Ferner kann man 4) die vielen großen und praͤchtigen
Hoͤfe maͤchtiger Prinzen in Deutſchland, dergleichen in ſolcher
Menge kein anderes Reich in Europa aufweiſen kann, als eine
Gelegenheitsurſache, daß der deutſche Handel beſonders mit
auslaͤndiſchen Waaren ſo hoch geſtiegen, anſehen, indem ſelbi-
ge wegen ihrer Pracht ſich nicht an einheimiſchen Producten
der Natur und Kunſt begnuͤgen, ſondern auch durch den Beſitz
und Genuß fremder Waaren ihren Glanz mehr zu verherrli-
chen ſuchen.
§. 98.
Eine andere Urſache des Flors der deutſchen Handlung iſt
in den Reichsgrundgeſetzen zu ſuchen, welche ausdruͤcklich ha-
ben wollen, daß 5) Lutheraner, Reformirte, und Catholiken
vertraͤglich beyſammen wohnen ſollen. Ja die Billigkeit und
Weisheit der meiſten deutſchen Fuͤrſten geht ſo weit, daß ſie
auch andern Religionsverwandten einen ungeſtoͤrten Aufenthalt
in ihren Landen vergoͤnnen.
§. 99.
Gleichergeſtalt befoͤrdert 6) das vortrefflich eingerichtete
Poſtweſen die Handlung nicht wenig, da man aller Orten be-
queme Gelegenheit findet, mit Poſten und Privatfuhrwerken
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/1042>, abgerufen am 21.11.2024.
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