Wirst du, sage ich, in diesem Thon ohne Wi- der-Rede deines Gewissens zum Richter reden kön- nen, so ist dir die Zeugen-Wolcke Bürg, daß er dich nicht im Zorn anschnauben, sondern alsobald in seine Freude hinein weisen werde. Dann wer des HErrn Wort folget, und sagen darff: HErr! das hast du mir befohlen, z. Ex. daß ich dir glau- ben und meine Feinde lieben solle, und also stehets in deinem Reichs-Buch geschrieben, und hiernach habe ich mich in meiner Einfalt verhalten etc. So ists unmöglich, daß JEsus einen solchen armen Sünder wegwerffe, ehe müßte er sagen, er seye nicht werth, daß man ihm in brünstiger Liebe alles zu Gefallen thue, da er doch sich nicht verläugnen kan; ja wann ein Mensch tausend Hertzen hätte, und ihm alle, kein einiges ausgenommen, gantz aufopffer- te, so wäre es doch nichts vor einen solchen Herrn, wie JEsus ist.
§. 5.
Liebes Kind! Es ist im Gehorsam des Wil- lens Christi ein Vorschmack der seligen Ewigkeit; die Heilige Schrifft preiset auch keine andere Leute selig. Es kitzelt die Natur, und reitzet sie nachzu- fahren, wann sie höret, daß jemand wegen seiner Glücks- und andern Gaben gerühmet wird. Sie- he du aber auf die, welche der Heilige Geist rühmet und selig preiset, und sey nicht träge denen nachzu- eifern, welche durch Gedult und Glauben die Verheissung ererbet haben. Hebräer 6, 12. Die Heilige Schrifft rühmet nicht den La-
mech,
Cap. 5. Die fuͤuffte Quelle
Wirſt du, ſage ich, in dieſem Thon ohne Wi- der-Rede deines Gewiſſens zum Richter reden koͤn- nen, ſo iſt dir die Zeugen-Wolcke Buͤrg, daß er dich nicht im Zorn anſchnauben, ſondern alſobald in ſeine Freude hinein weiſen werde. Dann wer des HErrn Wort folget, und ſagen darff: HErr! das haſt du mir befohlen, z. Ex. daß ich dir glau- ben und meine Feinde lieben ſolle, und alſo ſtehets in deinem Reichs-Buch geſchrieben, und hiernach habe ich mich in meiner Einfalt verhalten ꝛc. So iſts unmoͤglich, daß JEſus einen ſolchen armen Suͤnder wegwerffe, ehe muͤßte er ſagen, er ſeye nicht werth, daß man ihm in bruͤnſtiger Liebe alles zu Gefallen thue, da er doch ſich nicht verlaͤugnen kan; ja wann ein Menſch tauſend Hertzen haͤtte, und ihm alle, kein einiges ausgenommen, gantz aufopffer- te, ſo waͤre es doch nichts vor einen ſolchen Herrn, wie JEſus iſt.
§. 5.
Liebes Kind! Es iſt im Gehorſam des Wil- lens Chriſti ein Vorſchmack der ſeligen Ewigkeit; die Heilige Schrifft preiſet auch keine andere Leute ſelig. Es kitzelt die Natur, und reitzet ſie nachzu- fahren, wann ſie hoͤret, daß jemand wegen ſeiner Gluͤcks- und andern Gaben geruͤhmet wird. Sie- he du aber auf die, welche der Heilige Geiſt ruͤhmet und ſelig preiſet, und ſey nicht traͤge denen nachzu- eifern, welche durch Gedult und Glauben die Verheiſſung ererbet haben. Hebraͤer 6, 12. Die Heilige Schrifft ruͤhmet nicht den La-
mech,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0314"n="296"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Cap. 5. Die fuͤuffte Quelle</hi></fw><lb/><p>Wirſt du, ſage ich, in dieſem Thon ohne Wi-<lb/>
der-Rede deines Gewiſſens zum Richter reden koͤn-<lb/>
nen, ſo iſt dir die Zeugen-Wolcke Buͤrg, daß er<lb/>
dich nicht im Zorn anſchnauben, ſondern alſobald<lb/>
in ſeine Freude hinein weiſen werde. Dann wer<lb/>
des HErrn Wort folget, und ſagen darff: HErr!<lb/>
das haſt du mir befohlen, z. Ex. daß ich dir glau-<lb/>
ben und meine Feinde lieben ſolle, und alſo ſtehets<lb/>
in deinem Reichs-Buch geſchrieben, und hiernach<lb/>
habe ich mich in meiner Einfalt verhalten ꝛc. So iſts<lb/>
unmoͤglich, daß JEſus einen ſolchen armen Suͤnder<lb/>
wegwerffe, ehe muͤßte er ſagen, er ſeye nicht werth,<lb/>
daß man ihm in bruͤnſtiger Liebe alles zu Gefallen<lb/>
thue, da er doch ſich nicht verlaͤugnen kan; ja<lb/>
wann ein Menſch tauſend Hertzen haͤtte, und ihm<lb/>
alle, kein einiges ausgenommen, gantz aufopffer-<lb/>
te, ſo waͤre es doch nichts vor einen ſolchen Herrn,<lb/>
wie JEſus iſt.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 5.</head><lb/><p>Liebes Kind! Es iſt im Gehorſam des Wil-<lb/>
lens Chriſti ein Vorſchmack der ſeligen Ewigkeit;<lb/>
die Heilige Schrifft preiſet auch keine andere Leute<lb/>ſelig. Es kitzelt die Natur, und reitzet ſie nachzu-<lb/>
fahren, wann ſie hoͤret, daß jemand wegen ſeiner<lb/>
Gluͤcks- und andern Gaben geruͤhmet wird. Sie-<lb/>
he du aber auf die, welche der Heilige Geiſt ruͤhmet<lb/>
und ſelig preiſet, und ſey nicht traͤge denen nachzu-<lb/>
eifern, welche <hirendition="#fr">durch Gedult und Glauben<lb/>
die Verheiſſung ererbet haben.</hi> Hebraͤer<lb/>
6, 12. Die Heilige Schrifft ruͤhmet nicht den La-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">mech,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[296/0314]
Cap. 5. Die fuͤuffte Quelle
Wirſt du, ſage ich, in dieſem Thon ohne Wi-
der-Rede deines Gewiſſens zum Richter reden koͤn-
nen, ſo iſt dir die Zeugen-Wolcke Buͤrg, daß er
dich nicht im Zorn anſchnauben, ſondern alſobald
in ſeine Freude hinein weiſen werde. Dann wer
des HErrn Wort folget, und ſagen darff: HErr!
das haſt du mir befohlen, z. Ex. daß ich dir glau-
ben und meine Feinde lieben ſolle, und alſo ſtehets
in deinem Reichs-Buch geſchrieben, und hiernach
habe ich mich in meiner Einfalt verhalten ꝛc. So iſts
unmoͤglich, daß JEſus einen ſolchen armen Suͤnder
wegwerffe, ehe muͤßte er ſagen, er ſeye nicht werth,
daß man ihm in bruͤnſtiger Liebe alles zu Gefallen
thue, da er doch ſich nicht verlaͤugnen kan; ja
wann ein Menſch tauſend Hertzen haͤtte, und ihm
alle, kein einiges ausgenommen, gantz aufopffer-
te, ſo waͤre es doch nichts vor einen ſolchen Herrn,
wie JEſus iſt.
§. 5.
Liebes Kind! Es iſt im Gehorſam des Wil-
lens Chriſti ein Vorſchmack der ſeligen Ewigkeit;
die Heilige Schrifft preiſet auch keine andere Leute
ſelig. Es kitzelt die Natur, und reitzet ſie nachzu-
fahren, wann ſie hoͤret, daß jemand wegen ſeiner
Gluͤcks- und andern Gaben geruͤhmet wird. Sie-
he du aber auf die, welche der Heilige Geiſt ruͤhmet
und ſelig preiſet, und ſey nicht traͤge denen nachzu-
eifern, welche durch Gedult und Glauben
die Verheiſſung ererbet haben. Hebraͤer
6, 12. Die Heilige Schrifft ruͤhmet nicht den La-
mech,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/314>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.