Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorbereitung.
noch hinten nach im Jammer verschmachten und kla-
gen müssest: "Ach, das Kleinod, die Crone, das
"Perlen lage vor meinen Augen, und ich konnte es
"haben, eben wie Paulus und Petrus: Warum
"habe ichs aber nicht? wie ist das zugegangen, daß
"es nicht mehr vorhanden und dis grosse Heyl mir
"entrücket worden, mithin ich den kräfftigen Ruf
"und Zug darzu nicht mehr fühle? ach, warum ha-
"be ichs nicht besser bedacht und von der mir nach-
"rufenden Stimme meines Hirten mich ab- und hin-
"gegen zu dem Seelen-Wolff zugekehret? in welch
"entsetzliches Elend hat mich meine Unachtsamkeit
"gestürtzet etc. etc."

§. 8.

Nimmst du also wahr, was des Schöpffers
und Seligmachers Vorhaben mit dir seye: so ist

II. Nöthig, daß du es nicht bey etwelcher Rüh-
rung, guter Bewegung, Thränen etc. bleiben lässest,
dir vieles darauf einbildest und denckest, welch ein
gottseliges Kind du seyest, mithin glaubest, es seye
nun alles richtig und geschehen, was geschehen solle.
O wie manches Kind hat sich in dergleichen süssen
Empfindungen gespiegelt, und von der Schlangen
hoffärtige Gedancken ins Hertz einspeyen lassen, so,
daß es dardurch sicher, und in des Teuffels Stricken
gefangen, ja gar zuletzt verhärtet worden durch Be-
trug der Sünden. Werde du denn über dem un-
säglichen Schaden anderer jungen Leuten witzig, da-
mit du nicht selber eine traurige Denck-Säule der un-
seligsten Thorheit werden müssest. Heische deinem
GOTT Beständigkeit; sintemalen nicht diejenige,
welche nur jucks-weise gute Bewegungen, und bloß

zu-
A 4

Vorbereitung.
noch hinten nach im Jammer verſchmachten und kla-
gen muͤſſeſt: „Ach, das Kleinod, die Crone, das
“Perlen lage vor meinen Augen, und ich konnte es
“haben, eben wie Paulus und Petrus: Warum
“habe ichs aber nicht? wie iſt das zugegangen, daß
“es nicht mehr vorhanden und dis groſſe Heyl mir
“entruͤcket worden, mithin ich den kraͤfftigen Ruf
“und Zug darzu nicht mehr fuͤhle? ach, warum ha-
“be ichs nicht beſſer bedacht und von der mir nach-
“rufenden Stimme meines Hirten mich ab- und hin-
“gegen zu dem Seelen-Wolff zugekehret? in welch
“entſetzliches Elend hat mich meine Unachtſamkeit
“geſtuͤrtzet ꝛc. ꝛc.‟

§. 8.

Nimmſt du alſo wahr, was des Schoͤpffers
und Seligmachers Vorhaben mit dir ſeye: ſo iſt

II. Noͤthig, daß du es nicht bey etwelcher Ruͤh-
rung, guter Bewegung, Thraͤnen ꝛc. bleiben laͤſſeſt,
dir vieles darauf einbildeſt und denckeſt, welch ein
gottſeliges Kind du ſeyeſt, mithin glaubeſt, es ſeye
nun alles richtig und geſchehen, was geſchehen ſolle.
O wie manches Kind hat ſich in dergleichen ſuͤſſen
Empfindungen geſpiegelt, und von der Schlangen
hoffaͤrtige Gedancken ins Hertz einſpeyen laſſen, ſo,
daß es dardurch ſicher, und in des Teuffels Stricken
gefangen, ja gar zuletzt verhaͤrtet worden durch Be-
trug der Suͤnden. Werde du denn uͤber dem un-
ſaͤglichen Schaden anderer jungen Leuten witzig, da-
mit du nicht ſelber eine traurige Denck-Saͤule der un-
ſeligſten Thorheit werden muͤſſeſt. Heiſche deinem
GOTT Beſtaͤndigkeit; ſintemalen nicht diejenige,
welche nur jucks-weiſe gute Bewegungen, und bloß

zu-
A 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0025" n="7"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorbereitung.</hi></fw><lb/>
noch hinten nach im Jammer ver&#x017F;chmachten und kla-<lb/>
gen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t: &#x201E;Ach, das Kleinod, die Crone, das<lb/>
&#x201C;Perlen lage vor meinen Augen, und ich konnte es<lb/>
&#x201C;haben, eben wie Paulus und Petrus: Warum<lb/>
&#x201C;habe ichs aber nicht? wie i&#x017F;t das zugegangen, daß<lb/>
&#x201C;es nicht mehr vorhanden und dis gro&#x017F;&#x017F;e Heyl mir<lb/>
&#x201C;entru&#x0364;cket worden, mithin ich den kra&#x0364;fftigen Ruf<lb/>
&#x201C;und Zug darzu nicht mehr fu&#x0364;hle? ach, warum ha-<lb/>
&#x201C;be ichs nicht be&#x017F;&#x017F;er bedacht und von der mir nach-<lb/>
&#x201C;rufenden Stimme meines Hirten mich ab- und hin-<lb/>
&#x201C;gegen zu dem Seelen-Wolff zugekehret? in welch<lb/>
&#x201C;ent&#x017F;etzliches Elend hat mich meine Unacht&#x017F;amkeit<lb/>
&#x201C;ge&#x017F;tu&#x0364;rtzet &#xA75B;c. &#xA75B;c.&#x201F;</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 8.</head><lb/>
          <p>Nimm&#x017F;t du al&#x017F;o wahr, was des Scho&#x0364;pffers<lb/>
und Seligmachers Vorhaben mit dir &#x017F;eye: &#x017F;o i&#x017F;t</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">II.</hi> No&#x0364;thig, daß du es nicht bey etwelcher Ru&#x0364;h-<lb/>
rung, guter Bewegung, Thra&#x0364;nen &#xA75B;c. bleiben la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t,<lb/>
dir vieles darauf einbilde&#x017F;t und dencke&#x017F;t, welch ein<lb/>
gott&#x017F;eliges Kind du &#x017F;eye&#x017F;t, mithin glaube&#x017F;t, es &#x017F;eye<lb/>
nun alles richtig und ge&#x017F;chehen, was ge&#x017F;chehen &#x017F;olle.<lb/>
O wie manches Kind hat &#x017F;ich in dergleichen &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Empfindungen ge&#x017F;piegelt, und von der Schlangen<lb/>
hoffa&#x0364;rtige Gedancken ins Hertz ein&#x017F;peyen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o,<lb/>
daß es dardurch &#x017F;icher, und in des Teuffels Stricken<lb/>
gefangen, ja gar zuletzt verha&#x0364;rtet worden durch Be-<lb/>
trug der Su&#x0364;nden. Werde du denn u&#x0364;ber dem un-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;glichen Schaden anderer jungen Leuten witzig, da-<lb/>
mit du nicht &#x017F;elber eine traurige Denck-Sa&#x0364;ule der un-<lb/>
&#x017F;elig&#x017F;ten Thorheit werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t. Hei&#x017F;che deinem<lb/>
GOTT Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit; &#x017F;intemalen nicht diejenige,<lb/>
welche nur jucks-wei&#x017F;e gute Bewegungen, und bloß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 4</fw><fw place="bottom" type="catch">zu-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0025] Vorbereitung. noch hinten nach im Jammer verſchmachten und kla- gen muͤſſeſt: „Ach, das Kleinod, die Crone, das “Perlen lage vor meinen Augen, und ich konnte es “haben, eben wie Paulus und Petrus: Warum “habe ichs aber nicht? wie iſt das zugegangen, daß “es nicht mehr vorhanden und dis groſſe Heyl mir “entruͤcket worden, mithin ich den kraͤfftigen Ruf “und Zug darzu nicht mehr fuͤhle? ach, warum ha- “be ichs nicht beſſer bedacht und von der mir nach- “rufenden Stimme meines Hirten mich ab- und hin- “gegen zu dem Seelen-Wolff zugekehret? in welch “entſetzliches Elend hat mich meine Unachtſamkeit “geſtuͤrtzet ꝛc. ꝛc.‟ §. 8. Nimmſt du alſo wahr, was des Schoͤpffers und Seligmachers Vorhaben mit dir ſeye: ſo iſt II. Noͤthig, daß du es nicht bey etwelcher Ruͤh- rung, guter Bewegung, Thraͤnen ꝛc. bleiben laͤſſeſt, dir vieles darauf einbildeſt und denckeſt, welch ein gottſeliges Kind du ſeyeſt, mithin glaubeſt, es ſeye nun alles richtig und geſchehen, was geſchehen ſolle. O wie manches Kind hat ſich in dergleichen ſuͤſſen Empfindungen geſpiegelt, und von der Schlangen hoffaͤrtige Gedancken ins Hertz einſpeyen laſſen, ſo, daß es dardurch ſicher, und in des Teuffels Stricken gefangen, ja gar zuletzt verhaͤrtet worden durch Be- trug der Suͤnden. Werde du denn uͤber dem un- ſaͤglichen Schaden anderer jungen Leuten witzig, da- mit du nicht ſelber eine traurige Denck-Saͤule der un- ſeligſten Thorheit werden muͤſſeſt. Heiſche deinem GOTT Beſtaͤndigkeit; ſintemalen nicht diejenige, welche nur jucks-weiſe gute Bewegungen, und bloß zu- A 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/25
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/25>, abgerufen am 21.11.2024.