Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Cap. 2. Von Begehungs-Sünden
§. 28.

Hast du aber Eltern, die am Reich GOt-
tes stockblind sind; so nimme nur folgendes in
Acht:

1) Erkenne die dir wiederfahrne hohe Gnade,
so du keinem sterblichen Menschen, auch so gar
nicht deinen leiblichen Eltern, sondern allein der
höchsten Majestät GOttes zu dancken hast, mit
Verwunderung und Dancksagung; und wache ge-
gen alle Versuchungen von innen und aussen ange-
legenlich, zumahlen da es zu thun ist um ein ewi-
ges Königreich; folge demnach dem himmlischen
Beruff, so daß nichts und niemand, nicht das
Panterthier, die Welt, noch Satan, der höllische
Löwe, noch deine eigene, obwohl theuer-geliebte
Eltern, dich davon abschrecken oder irre machen
können. Sollten dich auch deine Eltern deswegen
enterben wollen; so wisse daß dein GOtt dich zur
Crone der Ewigkeit beruffen, und es mithin tau-
sendmahl besser für dich seye, von den Eltern, als
aber von GOtt in dem Himmel enterbet zu wer-
den.

2) Wolltest du deinen Eltern zu gefallen in lau-
fichten Bettel-Kleidern oder Faden-nackend unter
vornehme Leute, ja gar vor den König gehen; an-
statt gesunder Speise Gifft und Gallen essen; den
Fürsten zum Zorn reitzen um eines Lumpen-Hunds
Gunst zu erhalten? Wolltest du deinen Eltern zu
lieb eine gantze Nacht an der rauhen Lufft im Schnee
stehen, da du köntest in einer warmen Stuben dich
aufhalten? Oder wolltest du um ihrentwillen dei-

ne
Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden
§. 28.

Haſt du aber Eltern, die am Reich GOt-
tes ſtockblind ſind; ſo nimme nur folgendes in
Acht:

1) Erkenne die dir wiederfahrne hohe Gnade,
ſo du keinem ſterblichen Menſchen, auch ſo gar
nicht deinen leiblichen Eltern, ſondern allein der
hoͤchſten Majeſtaͤt GOttes zu dancken haſt, mit
Verwunderung und Danckſagung; und wache ge-
gen alle Verſuchungen von innen und auſſen ange-
legenlich, zumahlen da es zu thun iſt um ein ewi-
ges Koͤnigreich; folge demnach dem himmliſchen
Beruff, ſo daß nichts und niemand, nicht das
Panterthier, die Welt, noch Satan, der hoͤlliſche
Loͤwe, noch deine eigene, obwohl theuer-geliebte
Eltern, dich davon abſchrecken oder irre machen
koͤnnen. Sollten dich auch deine Eltern deswegen
enterben wollen; ſo wiſſe daß dein GOtt dich zur
Crone der Ewigkeit beruffen, und es mithin tau-
ſendmahl beſſer fuͤr dich ſeye, von den Eltern, als
aber von GOtt in dem Himmel enterbet zu wer-
den.

2) Wollteſt du deinen Eltern zu gefallen in lau-
fichten Bettel-Kleidern oder Faden-nackend unter
vornehme Leute, ja gar vor den Koͤnig gehen; an-
ſtatt geſunder Speiſe Gifft und Gallen eſſen; den
Fuͤrſten zum Zorn reitzen um eines Lumpen-Hunds
Gunſt zu erhalten? Wollteſt du deinen Eltern zu
lieb eine gantze Nacht an der rauhen Lufft im Schnee
ſtehen, da du koͤnteſt in einer warmen Stuben dich
aufhalten? Oder wollteſt du um ihrentwillen dei-

ne
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0200" n="182"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Cap. 2. Von Begehungs-Su&#x0364;nden</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 28.</head><lb/>
            <p>Ha&#x017F;t du aber Eltern, die am Reich GOt-<lb/>
tes &#x017F;tockblind &#x017F;ind; &#x017F;o nimme nur folgendes in<lb/>
Acht:</p><lb/>
            <p>1) Erkenne die dir wiederfahrne hohe Gnade,<lb/>
&#x017F;o du keinem &#x017F;terblichen Men&#x017F;chen, auch &#x017F;o gar<lb/>
nicht deinen leiblichen Eltern, &#x017F;ondern allein der<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ten Maje&#x017F;ta&#x0364;t GOttes zu dancken ha&#x017F;t, mit<lb/>
Verwunderung und Danck&#x017F;agung; und wache ge-<lb/>
gen alle Ver&#x017F;uchungen von innen und au&#x017F;&#x017F;en ange-<lb/>
legenlich, zumahlen da es zu thun i&#x017F;t um ein ewi-<lb/>
ges Ko&#x0364;nigreich; folge demnach dem himmli&#x017F;chen<lb/>
Beruff, &#x017F;o daß nichts und niemand, nicht das<lb/>
Panterthier, die Welt, noch Satan, der ho&#x0364;lli&#x017F;che<lb/>
Lo&#x0364;we, noch deine eigene, obwohl theuer-geliebte<lb/>
Eltern, dich davon ab&#x017F;chrecken oder irre machen<lb/>
ko&#x0364;nnen. Sollten dich auch deine Eltern deswegen<lb/>
enterben wollen; &#x017F;o wi&#x017F;&#x017F;e daß dein GOtt dich zur<lb/>
Crone der Ewigkeit beruffen, und es mithin tau-<lb/>
&#x017F;endmahl be&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;r dich &#x017F;eye, von den Eltern, als<lb/>
aber von GOtt in dem Himmel enterbet zu wer-<lb/>
den.</p><lb/>
            <p>2) Wollte&#x017F;t du deinen Eltern zu gefallen in lau-<lb/>
fichten Bettel-Kleidern oder Faden-nackend unter<lb/>
vornehme Leute, ja gar vor den Ko&#x0364;nig gehen; an-<lb/>
&#x017F;tatt ge&#x017F;under Spei&#x017F;e Gifft und Gallen e&#x017F;&#x017F;en; den<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten zum Zorn reitzen um eines Lumpen-Hunds<lb/>
Gun&#x017F;t zu erhalten? Wollte&#x017F;t du deinen Eltern zu<lb/>
lieb eine gantze Nacht an der rauhen Lufft im Schnee<lb/>
&#x017F;tehen, da du ko&#x0364;nte&#x017F;t in einer warmen Stuben dich<lb/>
aufhalten? Oder wollte&#x017F;t du um ihrentwillen dei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ne</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0200] Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden §. 28. Haſt du aber Eltern, die am Reich GOt- tes ſtockblind ſind; ſo nimme nur folgendes in Acht: 1) Erkenne die dir wiederfahrne hohe Gnade, ſo du keinem ſterblichen Menſchen, auch ſo gar nicht deinen leiblichen Eltern, ſondern allein der hoͤchſten Majeſtaͤt GOttes zu dancken haſt, mit Verwunderung und Danckſagung; und wache ge- gen alle Verſuchungen von innen und auſſen ange- legenlich, zumahlen da es zu thun iſt um ein ewi- ges Koͤnigreich; folge demnach dem himmliſchen Beruff, ſo daß nichts und niemand, nicht das Panterthier, die Welt, noch Satan, der hoͤlliſche Loͤwe, noch deine eigene, obwohl theuer-geliebte Eltern, dich davon abſchrecken oder irre machen koͤnnen. Sollten dich auch deine Eltern deswegen enterben wollen; ſo wiſſe daß dein GOtt dich zur Crone der Ewigkeit beruffen, und es mithin tau- ſendmahl beſſer fuͤr dich ſeye, von den Eltern, als aber von GOtt in dem Himmel enterbet zu wer- den. 2) Wollteſt du deinen Eltern zu gefallen in lau- fichten Bettel-Kleidern oder Faden-nackend unter vornehme Leute, ja gar vor den Koͤnig gehen; an- ſtatt geſunder Speiſe Gifft und Gallen eſſen; den Fuͤrſten zum Zorn reitzen um eines Lumpen-Hunds Gunſt zu erhalten? Wollteſt du deinen Eltern zu lieb eine gantze Nacht an der rauhen Lufft im Schnee ſtehen, da du koͤnteſt in einer warmen Stuben dich aufhalten? Oder wollteſt du um ihrentwillen dei- ne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/200
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/200>, abgerufen am 30.12.2024.