Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Cap. 2. Von Begehungs-Sünden
§. 5.

So wird von den Eltern selbst an-
geflammet 1) Der Wollust-Sinn.
Wann die Kinder in Essen und Trin-
cken zum Uberfluß und zur Delicatesse
verleitet, zu sündlichen üppigen Gesell-
schafften und zu weltlichen Spiel-Gela-
gen mitgenommen/ zum Müßiggang
gewöhnet und auf unzehliche Art ver-
zärtelt und verzogen werden.

Und ach, die Wollust-Teuffel/ so die Lust
im Fleisch entzünden, und die Jugend Antichri-
stisch und Heydnisch machen, stürmen nicht nur in
denen Städten auf den Gassen und in den Häu-
sern herum; sondern durchlauffen auch die Dör-
fer und Strassen auf dem Land/
mit ent-
setzlichem Gerassel; zumahlen an denen Sonn-
und Feyertagen/
an welchen man Dinge be-
gehet, deren man sich auch an denen Werck-Tagen
ins Hertz hinein schämen sollte. Dann da muß
man sehen lauter Narrentheidungen treiben, lachen,
kegeln, spielen, fressen, sauffen und andern unnü-
tzen Zeitverderb nach des Satans Wunsch und
so, wie ers am liebsten siehet, begehen; eben als ob
man nicht so fast unsers Hochgepriesenen Hey-
lands Auferstehungs- und Sieges-Fest über Sün-
de, Welt und Teuffel, als aber Beelzebubs
Triumphs-Fest
feyerte. Und diß ist desto läp-
pischer und unleidlicher an das Land-Volck/
das ja an denen sechs Werck-Tagen genug Leibes-
Ubung hätte; mithin ihme besser anstünde, an de-

nen
Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden
§. 5.

So wird von den Eltern ſelbſt an-
geflammet 1) Der Wolluſt-Sinn.
Wann die Kinder in Eſſen und Trin-
cken zum Uberfluß und zur Delicateſſe
verleitet, zu ſuͤndlichen uͤppigen Geſell-
ſchafften und zu weltlichen Spiel-Gela-
gen mitgenommen/ zum Muͤßiggang
gewoͤhnet und auf unzehliche Art ver-
zaͤrtelt und verzogen werden.

Und ach, die Wolluſt-Teuffel/ ſo die Luſt
im Fleiſch entzuͤnden, und die Jugend Antichri-
ſtiſch und Heydniſch machen, ſtuͤrmen nicht nur in
denen Staͤdten auf den Gaſſen und in den Haͤu-
ſern herum; ſondern durchlauffen auch die Doͤr-
fer und Straſſen auf dem Land/
mit ent-
ſetzlichem Geraſſel; zumahlen an denen Sonn-
und Feyertagen/
an welchen man Dinge be-
gehet, deren man ſich auch an denen Werck-Tagen
ins Hertz hinein ſchaͤmen ſollte. Dann da muß
man ſehen lauter Narrentheidungen treiben, lachen,
kegeln, ſpielen, freſſen, ſauffen und andern unnuͤ-
tzen Zeitverderb nach des Satans Wunſch und
ſo, wie ers am liebſten ſiehet, begehen; eben als ob
man nicht ſo faſt unſers Hochgeprieſenen Hey-
lands Auferſtehungs- und Sieges-Feſt uͤber Suͤn-
de, Welt und Teuffel, als aber Beelzebubs
Triumphs-Feſt
feyerte. Und diß iſt deſto laͤp-
piſcher und unleidlicher an das Land-Volck/
das ja an denen ſechs Werck-Tagen genug Leibes-
Ubung haͤtte; mithin ihme beſſer anſtuͤnde, an de-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0162" n="144"/>
          <fw place="top" type="header">Cap. 2. Von Begehungs-Su&#x0364;nden</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 5.</head><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">So wird von den Eltern &#x017F;elb&#x017F;t an-<lb/>
geflammet 1) Der Wollu&#x017F;t-Sinn.<lb/>
Wann die Kinder in E&#x017F;&#x017F;en und Trin-<lb/>
cken zum Uberfluß und zur Delicate&#x017F;&#x017F;e<lb/>
verleitet, zu &#x017F;u&#x0364;ndlichen u&#x0364;ppigen Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chafften und zu weltlichen Spiel-Gela-<lb/>
gen mitgenommen/ zum Mu&#x0364;ßiggang<lb/>
gewo&#x0364;hnet und auf unzehliche Art ver-<lb/>
za&#x0364;rtelt und verzogen werden.</hi> </p><lb/>
            <p>Und ach, <hi rendition="#fr">die Wollu&#x017F;t-Teuffel/</hi> &#x017F;o die Lu&#x017F;t<lb/>
im Flei&#x017F;ch entzu&#x0364;nden, und die Jugend Antichri-<lb/>
&#x017F;ti&#x017F;ch und Heydni&#x017F;ch machen, &#x017F;tu&#x0364;rmen nicht nur in<lb/>
denen Sta&#x0364;dten auf den Ga&#x017F;&#x017F;en und in den Ha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;ern herum; &#x017F;ondern durchlauffen auch <hi rendition="#fr">die Do&#x0364;r-<lb/>
fer und Stra&#x017F;&#x017F;en auf dem Land/</hi> mit ent-<lb/>
&#x017F;etzlichem Gera&#x017F;&#x017F;el; zumahlen an denen <hi rendition="#fr">Sonn-<lb/>
und Feyertagen/</hi> an welchen man Dinge be-<lb/>
gehet, deren man &#x017F;ich auch an denen Werck-Tagen<lb/>
ins Hertz hinein &#x017F;cha&#x0364;men &#x017F;ollte. Dann da muß<lb/>
man &#x017F;ehen lauter Narrentheidungen treiben, lachen,<lb/>
kegeln, &#x017F;pielen, fre&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;auffen und andern unnu&#x0364;-<lb/>
tzen Zeitverderb nach des Satans Wun&#x017F;ch und<lb/>
&#x017F;o, wie ers am lieb&#x017F;ten &#x017F;iehet, begehen; eben als ob<lb/>
man nicht &#x017F;o fa&#x017F;t un&#x017F;ers Hochgeprie&#x017F;enen Hey-<lb/>
lands Aufer&#x017F;tehungs- und Sieges-Fe&#x017F;t u&#x0364;ber Su&#x0364;n-<lb/>
de, Welt und Teuffel, als aber <hi rendition="#fr">Beelzebubs<lb/>
Triumphs-Fe&#x017F;t</hi> feyerte. Und diß i&#x017F;t de&#x017F;to la&#x0364;p-<lb/>
pi&#x017F;cher und unleidlicher an das <hi rendition="#fr">Land-Volck/</hi><lb/>
das ja an denen &#x017F;echs Werck-Tagen genug Leibes-<lb/>
Ubung ha&#x0364;tte; mithin ihme be&#x017F;&#x017F;er an&#x017F;tu&#x0364;nde, an de-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0162] Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden §. 5. So wird von den Eltern ſelbſt an- geflammet 1) Der Wolluſt-Sinn. Wann die Kinder in Eſſen und Trin- cken zum Uberfluß und zur Delicateſſe verleitet, zu ſuͤndlichen uͤppigen Geſell- ſchafften und zu weltlichen Spiel-Gela- gen mitgenommen/ zum Muͤßiggang gewoͤhnet und auf unzehliche Art ver- zaͤrtelt und verzogen werden. Und ach, die Wolluſt-Teuffel/ ſo die Luſt im Fleiſch entzuͤnden, und die Jugend Antichri- ſtiſch und Heydniſch machen, ſtuͤrmen nicht nur in denen Staͤdten auf den Gaſſen und in den Haͤu- ſern herum; ſondern durchlauffen auch die Doͤr- fer und Straſſen auf dem Land/ mit ent- ſetzlichem Geraſſel; zumahlen an denen Sonn- und Feyertagen/ an welchen man Dinge be- gehet, deren man ſich auch an denen Werck-Tagen ins Hertz hinein ſchaͤmen ſollte. Dann da muß man ſehen lauter Narrentheidungen treiben, lachen, kegeln, ſpielen, freſſen, ſauffen und andern unnuͤ- tzen Zeitverderb nach des Satans Wunſch und ſo, wie ers am liebſten ſiehet, begehen; eben als ob man nicht ſo faſt unſers Hochgeprieſenen Hey- lands Auferſtehungs- und Sieges-Feſt uͤber Suͤn- de, Welt und Teuffel, als aber Beelzebubs Triumphs-Feſt feyerte. Und diß iſt deſto laͤp- piſcher und unleidlicher an das Land-Volck/ das ja an denen ſechs Werck-Tagen genug Leibes- Ubung haͤtte; mithin ihme beſſer anſtuͤnde, an de- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/162
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/162>, abgerufen am 30.12.2024.