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Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

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Römisches
silius Macedo, der durch den Mord seines grösten Wohl-
thäters/ Käysers Michaels/ den Thron behaubtete; So hatte
über dieses des Photii schisma in gedachten Reich alles in Un-
ordnung gebracht/ und war aller Boßheit Thür und Fenster of-
fen. Jn Spanien war fast alles denen wilden Saracenen
unterthan/ und den Uberrest beherrschte Alphonsus der dritte/
der in denen Historien gar geringen Ruhm hat/ und meistens sei-
nes Brudermords wegen bekannt ist. Jn Engelland/ Dänne-
marck und Schweden war noch das meiste barbarisch/ und in
den grösten Theil von Asien und Africa herrschten die ungläu-
bigen Saracenen. Mit der Clerisey stund es damahls unaus-
sprechlich übel/ weil die meisten Glieder derselben Welt-Leute/
oder Kinder und in geistlichen Dingen gar nicht geübte Perso-
nen waren.

VII.

Bey so gestalten Sachen konte es nun nicht anders als
liederlich und unordentlich zugehen/ und sahe man die reiffsten
Früchte hiervon in Jtalien/ absonderlich zu Rom. Diese gros-
se Mutter der Städte lebte damahls in einer sonderlichen Art der
Freyheit. Die Käyser solten zwar die Oberherrschafft über sie
haben/ und dem Nahmen nach hatten sie auch dieselbe/ aber das
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übrige war ausser der mode worden. Die Päbste wurden
auch vor Oberherrn der Stadt bekennet/ iedoch wurde ihre
Macht von den reichen und mächtigen Römischen Adel sehr ein-
geschränckt/ und besasse mehr das Römische Volck als der
Pabst selbst diejenigen schönen Länder/ so die Päbste von Carls
des Großen Zeiten her an sich gebracht hatten/ nemlich die Land-
schafft umb Rom/ das Perusische/ Toscanische und Campani-
sche Hertzogthum/ nebst dem Exarchat. Jnsonderheit waren
damahls unter denen Großen zu Rom zwey überwiegende fa-
ction
en/ derer eine die Freyheit Jtaliens suchte/ und der Herr-
schafft des Carolinischen Stammes den garaus drohete/ zu
welcher sich die Lombardischen Adelichen Geschlechter hielten;
die andre aber war gut Carolinisch/ und wolte lieber die alte
Herrschafft behalten. Zu der ersten gehörten als Häupter

die

Roͤmiſches
ſilius Macedo, der durch den Mord ſeines groͤſten Wohl-
thaͤters/ Kaͤyſers Michaels/ den Thron behaubtete; So hatte
uͤber dieſes des Photii ſchisma in gedachten Reich alles in Un-
ordnung gebracht/ und war aller Boßheit Thuͤr und Fenſter of-
fen. Jn Spanien war faſt alles denen wilden Saracenen
unterthan/ und den Uberreſt beherrſchte Alphonſus der dritte/
der in denen Hiſtorien gar geringen Ruhm hat/ und meiſtens ſei-
nes Brudermords wegen bekannt iſt. Jn Engelland/ Daͤnne-
marck und Schweden war noch das meiſte barbariſch/ und in
den groͤſten Theil von Aſien und Africa herrſchten die unglaͤu-
bigen Saracenen. Mit der Cleriſey ſtund es damahls unaus-
ſprechlich uͤbel/ weil die meiſten Glieder derſelben Welt-Leute/
oder Kinder und in geiſtlichen Dingen gar nicht geuͤbte Perſo-
nen waren.

VII.

Bey ſo geſtalten Sachen konte es nun nicht anders als
liederlich und unordentlich zugehen/ und ſahe man die reiffſten
Fruͤchte hiervon in Jtalien/ abſonderlich zu Rom. Dieſe groſ-
ſe Mutter der Staͤdte lebte damahls in einer ſonderlichen Art der
Freyheit. Die Kaͤyſer ſolten zwar die Oberherrſchafft uͤber ſie
haben/ und dem Nahmen nach hatten ſie auch dieſelbe/ aber das
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uͤbrige war auſſer der mode worden. Die Paͤbſte wurden
auch vor Oberherrn der Stadt bekennet/ iedoch wurde ihre
Macht von den reichen und maͤchtigen Roͤmiſchen Adel ſehr ein-
geſchraͤnckt/ und beſaſſe mehr das Roͤmiſche Volck als der
Pabſt ſelbſt diejenigen ſchoͤnen Laͤnder/ ſo die Paͤbſte von Carls
des Großen Zeiten her an ſich gebracht hatten/ nemlich die Land-
ſchafft umb Rom/ das Peruſiſche/ Toſcaniſche und Campani-
ſche Hertzogthum/ nebſt dem Exarchat. Jnſonderheit waren
damahls unter denen Großen zu Rom zwey uͤberwiegende fa-
ction
en/ derer eine die Freyheit Jtaliens ſuchte/ und der Herr-
ſchafft des Caroliniſchen Stammes den garaus drohete/ zu
welcher ſich die Lombardiſchen Adelichen Geſchlechter hielten;
die andre aber war gut Caroliniſch/ und wolte lieber die alte
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[8/0018] Roͤmiſches ſilius Macedo, der durch den Mord ſeines groͤſten Wohl- thaͤters/ Kaͤyſers Michaels/ den Thron behaubtete; So hatte uͤber dieſes des Photii ſchisma in gedachten Reich alles in Un- ordnung gebracht/ und war aller Boßheit Thuͤr und Fenſter of- fen. Jn Spanien war faſt alles denen wilden Saracenen unterthan/ und den Uberreſt beherrſchte Alphonſus der dritte/ der in denen Hiſtorien gar geringen Ruhm hat/ und meiſtens ſei- nes Brudermords wegen bekannt iſt. Jn Engelland/ Daͤnne- marck und Schweden war noch das meiſte barbariſch/ und in den groͤſten Theil von Aſien und Africa herrſchten die unglaͤu- bigen Saracenen. Mit der Cleriſey ſtund es damahls unaus- ſprechlich uͤbel/ weil die meiſten Glieder derſelben Welt-Leute/ oder Kinder und in geiſtlichen Dingen gar nicht geuͤbte Perſo- nen waren. VII. Bey ſo geſtalten Sachen konte es nun nicht anders als liederlich und unordentlich zugehen/ und ſahe man die reiffſten Fruͤchte hiervon in Jtalien/ abſonderlich zu Rom. Dieſe groſ- ſe Mutter der Staͤdte lebte damahls in einer ſonderlichen Art der Freyheit. Die Kaͤyſer ſolten zwar die Oberherrſchafft uͤber ſie haben/ und dem Nahmen nach hatten ſie auch dieſelbe/ aber das uͤbrige war auſſer der mode worden. Die Paͤbſte wurden auch vor Oberherrn der Stadt bekennet/ iedoch wurde ihre Macht von den reichen und maͤchtigen Roͤmiſchen Adel ſehr ein- geſchraͤnckt/ und beſaſſe mehr das Roͤmiſche Volck als der Pabſt ſelbſt diejenigen ſchoͤnen Laͤnder/ ſo die Paͤbſte von Carls des Großen Zeiten her an ſich gebracht hatten/ nemlich die Land- ſchafft umb Rom/ das Peruſiſche/ Toſcaniſche und Campani- ſche Hertzogthum/ nebſt dem Exarchat. Jnſonderheit waren damahls unter denen Großen zu Rom zwey uͤberwiegende fa- ctionen/ derer eine die Freyheit Jtaliens ſuchte/ und der Herr- ſchafft des Caroliniſchen Stammes den garaus drohete/ zu welcher ſich die Lombardiſchen Adelichen Geſchlechter hielten; die andre aber war gut Caroliniſch/ und wolte lieber die alte Herrſchafft behalten. Zu der erſten gehoͤrten als Haͤupter die Sigon. L. IV. pag. 90.

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Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/18>, abgerufen am 21.11.2024.