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Löhe, Wilhelm: Eine protestantische Missionspredigt von der Abendmahlszucht. Nürnberg, 1853.

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in der Welt - zur Ausnahme geworden ist, daß jemand seine Seele davon bringt; wo die Gottlosen im Interesse der Zuchtlosigkeit die Beßeren, so zu sagen, in die Zucht nehmen, die Frommen mit Hohn und Schrecken niederhalten, daß sie es auch nicht mehr wagen, das Haupt aufzuheben und den Mund aufzuthun, sondern mit gebrochener Kraft unter der Masse stehen und froh sein müßen, wenn ihnen nicht die ganze Reinigkeit ihrer Absicht, ihr Wille, ihr Leumund beschmitzt und sie als die "Heillosesten und Schlechtesten" hingestellt werden: da ists nicht am Ort und an der Zeit, Christi gerechte Worte vom Netz und Acker und hochzeitlichen Kleide zur Decke zu nehmen; da muß man andere Worte Christi reden laßen, den Donner des heutigen Textes predigen und aufschreien zum Gott der Erbarmung, daß es anders werde. - Ach, Weh und Jammer! Gott helfe, sonst gibt es keine Hilfe! So hat ja der Sauerteig durchgedrungen, ein solcher Geist der Zuchtlosigkeit und Unzucht in Betreff aller Gebote ist herrschend geworden, daß auch die wenigen Versuche treuer, züchtigender Bruderliebe nicht gerathen können; so bewältigt und gebunden ist die Liebe selber, daß oft ihre wohlgemeintesten Erweisungen verkümmern, zu Zerrbildern und Carricaturen der Bruderliebe werden, daß sich an ihnen Muth und Eifer zum Guten vollends bricht und verliert. - Ach, und wagen es einfache Christen, die nicht Pfarrer sind, die züchtigende Liebe zu üben: wie viel schaden dann selbst Pfarrer, wenn sie, vielleicht beleidigt durch den gerechten Vorwurf, der für sie in der Liebesäußerung von Gemeindegliedern liegt, von pharisäischem und Amts-Hochmuth aufgebläht, die armen Stümper und Humpler der Bruderliebe verkennen, mit plumpen Füßen auf ihre Werke treten, statt sich demüthig mit ihnen zu vereinigen und mit den armen Lahmen und Krüppeln JEsu den heiligen Kampf gegen das Böse zu wagen und sich mit ihnen selbst reinigen, heiligen und vollenden zu laßen! --

in der Welt – zur Ausnahme geworden ist, daß jemand seine Seele davon bringt; wo die Gottlosen im Interesse der Zuchtlosigkeit die Beßeren, so zu sagen, in die Zucht nehmen, die Frommen mit Hohn und Schrecken niederhalten, daß sie es auch nicht mehr wagen, das Haupt aufzuheben und den Mund aufzuthun, sondern mit gebrochener Kraft unter der Masse stehen und froh sein müßen, wenn ihnen nicht die ganze Reinigkeit ihrer Absicht, ihr Wille, ihr Leumund beschmitzt und sie als die „Heillosesten und Schlechtesten“ hingestellt werden: da ists nicht am Ort und an der Zeit, Christi gerechte Worte vom Netz und Acker und hochzeitlichen Kleide zur Decke zu nehmen; da muß man andere Worte Christi reden laßen, den Donner des heutigen Textes predigen und aufschreien zum Gott der Erbarmung, daß es anders werde. – Ach, Weh und Jammer! Gott helfe, sonst gibt es keine Hilfe! So hat ja der Sauerteig durchgedrungen, ein solcher Geist der Zuchtlosigkeit und Unzucht in Betreff aller Gebote ist herrschend geworden, daß auch die wenigen Versuche treuer, züchtigender Bruderliebe nicht gerathen können; so bewältigt und gebunden ist die Liebe selber, daß oft ihre wohlgemeintesten Erweisungen verkümmern, zu Zerrbildern und Carricaturen der Bruderliebe werden, daß sich an ihnen Muth und Eifer zum Guten vollends bricht und verliert. – Ach, und wagen es einfache Christen, die nicht Pfarrer sind, die züchtigende Liebe zu üben: wie viel schaden dann selbst Pfarrer, wenn sie, vielleicht beleidigt durch den gerechten Vorwurf, der für sie in der Liebesäußerung von Gemeindegliedern liegt, von pharisäischem und Amts-Hochmuth aufgebläht, die armen Stümper und Humpler der Bruderliebe verkennen, mit plumpen Füßen auf ihre Werke treten, statt sich demüthig mit ihnen zu vereinigen und mit den armen Lahmen und Krüppeln JEsu den heiligen Kampf gegen das Böse zu wagen und sich mit ihnen selbst reinigen, heiligen und vollenden zu laßen! ––

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[15/0015] in der Welt – zur Ausnahme geworden ist, daß jemand seine Seele davon bringt; wo die Gottlosen im Interesse der Zuchtlosigkeit die Beßeren, so zu sagen, in die Zucht nehmen, die Frommen mit Hohn und Schrecken niederhalten, daß sie es auch nicht mehr wagen, das Haupt aufzuheben und den Mund aufzuthun, sondern mit gebrochener Kraft unter der Masse stehen und froh sein müßen, wenn ihnen nicht die ganze Reinigkeit ihrer Absicht, ihr Wille, ihr Leumund beschmitzt und sie als die „Heillosesten und Schlechtesten“ hingestellt werden: da ists nicht am Ort und an der Zeit, Christi gerechte Worte vom Netz und Acker und hochzeitlichen Kleide zur Decke zu nehmen; da muß man andere Worte Christi reden laßen, den Donner des heutigen Textes predigen und aufschreien zum Gott der Erbarmung, daß es anders werde. – Ach, Weh und Jammer! Gott helfe, sonst gibt es keine Hilfe! So hat ja der Sauerteig durchgedrungen, ein solcher Geist der Zuchtlosigkeit und Unzucht in Betreff aller Gebote ist herrschend geworden, daß auch die wenigen Versuche treuer, züchtigender Bruderliebe nicht gerathen können; so bewältigt und gebunden ist die Liebe selber, daß oft ihre wohlgemeintesten Erweisungen verkümmern, zu Zerrbildern und Carricaturen der Bruderliebe werden, daß sich an ihnen Muth und Eifer zum Guten vollends bricht und verliert. – Ach, und wagen es einfache Christen, die nicht Pfarrer sind, die züchtigende Liebe zu üben: wie viel schaden dann selbst Pfarrer, wenn sie, vielleicht beleidigt durch den gerechten Vorwurf, der für sie in der Liebesäußerung von Gemeindegliedern liegt, von pharisäischem und Amts-Hochmuth aufgebläht, die armen Stümper und Humpler der Bruderliebe verkennen, mit plumpen Füßen auf ihre Werke treten, statt sich demüthig mit ihnen zu vereinigen und mit den armen Lahmen und Krüppeln JEsu den heiligen Kampf gegen das Böse zu wagen und sich mit ihnen selbst reinigen, heiligen und vollenden zu laßen! ––

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Zitationshilfe: Löhe, Wilhelm: Eine protestantische Missionspredigt von der Abendmahlszucht. Nürnberg, 1853, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loehe_abendmahlszucht_1853/15>, abgerufen am 26.04.2024.