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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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II. Buch.
Der völkerrechtliche Verkehr der Staaten
im allgemeinen.


1. Abschnitt. Die Organe des Verkehrs.
§ 12. Das Staatsoberhaupt.
I.

Das völkerrechtliche Organ, durch welches der Staat als Subjekt
des Völkerrechts rechtlich-relevante Handlungen vornimmt, ist das
Staatsoberhaupt.

Das Staatsoberhaupt ist nicht selbst völkerrechtliches Rechts-
subjekt; aber seine Handlungen berechtigen und verpflichten völker-
rechtlich den Staat. Es ist kraft seiner Stellung, ohne dass es
eines weiteren Auftrags bedarf, der Vertreter seines Staates, die
Verkörperung der Staatsgewalt. Es schliesst die Verträge, erklärt
den Krieg, schickt und empfängt die Gesandten (jus repraesentationis
omnimodo).

1. Das Staatsoberhaupt wird durch die innere Verfassung jedes
Staates bestimmt. Die völkerrechtliche Vertretungsbefugnis ruht also
auf staatsrechtlicher Grundlage.

Insoweit also ist die Eigenart der Staatsverfassung auch von
völkerrechtlicher Bedeutung. Jene kann monarchisch oder republi-
kanisch sein: dann besitzt dort der Monarch, hier der Präsident
die Vertretungsbefugnis. Die Verfassung kann einer einzelnen Person
oder einer Mehrheit von Personen die völkerrechtliche Vertretung
übertragen; so hat in der Schweiz der Bundesrat das Recht des
Vertragsabschlusses. Ist für den minderjährigen oder geisteskranken

II. Buch.
Der völkerrechtliche Verkehr der Staaten
im allgemeinen.


1. Abschnitt. Die Organe des Verkehrs.
§ 12. Das Staatsoberhaupt.
I.

Das völkerrechtliche Organ, durch welches der Staat als Subjekt
des Völkerrechts rechtlich-relevante Handlungen vornimmt, ist das
Staatsoberhaupt.

Das Staatsoberhaupt ist nicht selbst völkerrechtliches Rechts-
subjekt; aber seine Handlungen berechtigen und verpflichten völker-
rechtlich den Staat. Es ist kraft seiner Stellung, ohne daſs es
eines weiteren Auftrags bedarf, der Vertreter seines Staates, die
Verkörperung der Staatsgewalt. Es schlieſst die Verträge, erklärt
den Krieg, schickt und empfängt die Gesandten (jus repraesentationis
omnimodo).

1. Das Staatsoberhaupt wird durch die innere Verfassung jedes
Staates bestimmt. Die völkerrechtliche Vertretungsbefugnis ruht also
auf staatsrechtlicher Grundlage.

Insoweit also ist die Eigenart der Staatsverfassung auch von
völkerrechtlicher Bedeutung. Jene kann monarchisch oder republi-
kanisch sein: dann besitzt dort der Monarch, hier der Präsident
die Vertretungsbefugnis. Die Verfassung kann einer einzelnen Person
oder einer Mehrheit von Personen die völkerrechtliche Vertretung
übertragen; so hat in der Schweiz der Bundesrat das Recht des
Vertragsabschlusses. Ist für den minderjährigen oder geisteskranken

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[[66]/0088] II. Buch. Der völkerrechtliche Verkehr der Staaten im allgemeinen. 1. Abschnitt. Die Organe des Verkehrs. § 12. Das Staatsoberhaupt. I. Das völkerrechtliche Organ, durch welches der Staat als Subjekt des Völkerrechts rechtlich-relevante Handlungen vornimmt, ist das Staatsoberhaupt. Das Staatsoberhaupt ist nicht selbst völkerrechtliches Rechts- subjekt; aber seine Handlungen berechtigen und verpflichten völker- rechtlich den Staat. Es ist kraft seiner Stellung, ohne daſs es eines weiteren Auftrags bedarf, der Vertreter seines Staates, die Verkörperung der Staatsgewalt. Es schlieſst die Verträge, erklärt den Krieg, schickt und empfängt die Gesandten (jus repraesentationis omnimodo). 1. Das Staatsoberhaupt wird durch die innere Verfassung jedes Staates bestimmt. Die völkerrechtliche Vertretungsbefugnis ruht also auf staatsrechtlicher Grundlage. Insoweit also ist die Eigenart der Staatsverfassung auch von völkerrechtlicher Bedeutung. Jene kann monarchisch oder republi- kanisch sein: dann besitzt dort der Monarch, hier der Präsident die Vertretungsbefugnis. Die Verfassung kann einer einzelnen Person oder einer Mehrheit von Personen die völkerrechtliche Vertretung übertragen; so hat in der Schweiz der Bundesrat das Recht des Vertragsabschlusses. Ist für den minderjährigen oder geisteskranken

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. [66]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/88>, abgerufen am 21.11.2024.