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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Erstes Buch. I. Delikte gegen Leib und Leben.
und Leben, und obgleich strafwürdiger wie dieser, nach posi-
tivem Rechte nicht strafbar.

2. Der Gesetzgeber hat sich nicht damit begnügt, den
Zweikampf selbst unter Strafe zu stellen, sondern bedroht
auch gewisse Vorbereitungshandlungen, nämlich die Her-
ausforderung
zum Zweikampf und die Annahme einer
solchen, mit Strafe; und zwar regelmäßig (StGB. §. 201)
mit Festungshaft bis zu 6 Monaten; wenn aber bei der
Herausforderung die Absicht, daß einer von beiden Teilen
das Leben verlieren soll, entweder ausgesprochen ist oder aus
der gewählten Art des Zweikampfes erhellt (StGB. §. 202),
mit Festungshaft von 2 Monaten bis zu 2 Jahren.

Die Natur dieser delicta sui generis als Vorbereitungs-
handlungen schließt die Möglichkeit eines strafbaren Ver-
suches
derselben aus (vgl. oben §. 33 Note 4), gestattet
aber die strafbare Teilnahme dritter Personen (vgl. oben
§. 37 I 2 c). Einen Fall der Teilnahme hebt der Gesetz-
geber besonders hervor, indem er (in §. 203) diejenigen,
welche den Auftrag zu einer Herausforderung übernehmen
und ausrichten (die Kartellträger) mit Festungshaft bis
6 Monaten bedroht.

Die Strafe der Herausforderung und der Annahme der-
selben, sowie die Strafe der Kartellträger fällt weg
(StGB. §. 204), wenn die Parteien den Zweikampf vor
dessen Beginn freiwillig aufgegeben haben. Entgegen der
allgemeinen Regel (vgl. oben §. 37 III 3), daß Straf-
aufhebungsgründe nur demjenigen zu Gute kommen, in dessen
Person sie sich ereignen, wirkt hier die "thätige Reue" der
Hauptthäter zu Gunsten aller Beteiligten.

Kommt der Zweikampf wirklich zu Stande, so wird da-
durch nach dem oben §. 40 II c Gesagten die Strafbarkeit

Erſtes Buch. I. Delikte gegen Leib und Leben.
und Leben, und obgleich ſtrafwürdiger wie dieſer, nach poſi-
tivem Rechte nicht ſtrafbar.

2. Der Geſetzgeber hat ſich nicht damit begnügt, den
Zweikampf ſelbſt unter Strafe zu ſtellen, ſondern bedroht
auch gewiſſe Vorbereitungshandlungen, nämlich die Her-
ausforderung
zum Zweikampf und die Annahme einer
ſolchen, mit Strafe; und zwar regelmäßig (StGB. §. 201)
mit Feſtungshaft bis zu 6 Monaten; wenn aber bei der
Herausforderung die Abſicht, daß einer von beiden Teilen
das Leben verlieren ſoll, entweder ausgeſprochen iſt oder aus
der gewählten Art des Zweikampfes erhellt (StGB. §. 202),
mit Feſtungshaft von 2 Monaten bis zu 2 Jahren.

Die Natur dieſer delicta sui generis als Vorbereitungs-
handlungen ſchließt die Möglichkeit eines ſtrafbaren Ver-
ſuches
derſelben aus (vgl. oben §. 33 Note 4), geſtattet
aber die ſtrafbare Teilnahme dritter Perſonen (vgl. oben
§. 37 I 2 c). Einen Fall der Teilnahme hebt der Geſetz-
geber beſonders hervor, indem er (in §. 203) diejenigen,
welche den Auftrag zu einer Herausforderung übernehmen
und ausrichten (die Kartellträger) mit Feſtungshaft bis
6 Monaten bedroht.

Die Strafe der Herausforderung und der Annahme der-
ſelben, ſowie die Strafe der Kartellträger fällt weg
(StGB. §. 204), wenn die Parteien den Zweikampf vor
deſſen Beginn freiwillig aufgegeben haben. Entgegen der
allgemeinen Regel (vgl. oben §. 37 III 3), daß Straf-
aufhebungsgründe nur demjenigen zu Gute kommen, in deſſen
Perſon ſie ſich ereignen, wirkt hier die „thätige Reue“ der
Hauptthäter zu Gunſten aller Beteiligten.

Kommt der Zweikampf wirklich zu Stande, ſo wird da-
durch nach dem oben §. 40 II c Geſagten die Strafbarkeit

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[248/0274] Erſtes Buch. I. Delikte gegen Leib und Leben. und Leben, und obgleich ſtrafwürdiger wie dieſer, nach poſi- tivem Rechte nicht ſtrafbar. 2. Der Geſetzgeber hat ſich nicht damit begnügt, den Zweikampf ſelbſt unter Strafe zu ſtellen, ſondern bedroht auch gewiſſe Vorbereitungshandlungen, nämlich die Her- ausforderung zum Zweikampf und die Annahme einer ſolchen, mit Strafe; und zwar regelmäßig (StGB. §. 201) mit Feſtungshaft bis zu 6 Monaten; wenn aber bei der Herausforderung die Abſicht, daß einer von beiden Teilen das Leben verlieren ſoll, entweder ausgeſprochen iſt oder aus der gewählten Art des Zweikampfes erhellt (StGB. §. 202), mit Feſtungshaft von 2 Monaten bis zu 2 Jahren. Die Natur dieſer delicta sui generis als Vorbereitungs- handlungen ſchließt die Möglichkeit eines ſtrafbaren Ver- ſuches derſelben aus (vgl. oben §. 33 Note 4), geſtattet aber die ſtrafbare Teilnahme dritter Perſonen (vgl. oben §. 37 I 2 c). Einen Fall der Teilnahme hebt der Geſetz- geber beſonders hervor, indem er (in §. 203) diejenigen, welche den Auftrag zu einer Herausforderung übernehmen und ausrichten (die Kartellträger) mit Feſtungshaft bis 6 Monaten bedroht. Die Strafe der Herausforderung und der Annahme der- ſelben, ſowie die Strafe der Kartellträger fällt weg (StGB. §. 204), wenn die Parteien den Zweikampf vor deſſen Beginn freiwillig aufgegeben haben. Entgegen der allgemeinen Regel (vgl. oben §. 37 III 3), daß Straf- aufhebungsgründe nur demjenigen zu Gute kommen, in deſſen Perſon ſie ſich ereignen, wirkt hier die „thätige Reue“ der Hauptthäter zu Gunſten aller Beteiligten. Kommt der Zweikampf wirklich zu Stande, ſo wird da- durch nach dem oben §. 40 II c Geſagten die Strafbarkeit

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/274>, abgerufen am 26.04.2024.