Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Buch.
Strafbare Handlungen gegen Rechtsgüter
des einzelnen Staatsbürgers.
I. Gegen Leib und Leben.
1.
§. 60. Die Tötung.1

I. Die vorsätzliche Tötung und zwar:

1. Mord (StGB. §. 211), wenn die Tötung mit Ueber-
legung
ausgeführt worden, d. h. wenn der Tötungsvorsatz
überlegter Vorsatz (oben §. 28 VI) war.2 Strafe:
Der Tod.

2. Todschlag (StGB. §. 212), wenn die Tötung nicht
mit Ueberlegung ausgeführt worden, der Tötungsvorsatz
also ein nicht überlegter war. Strafe: Zuchthaus von
5--15 Jahren.

Privilegiert ist der Todschlag (StGB. §. 213), wenn
der Thäter ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem
Angehörigen (StGB. §. 52 Abs. 2) zugefügte Mißhandlung oder
schwere Beleidigung von dem Getöteten zum Zorne gereizt
und hiedurch auf der Stelle (d. h. in continenti, so lange
die durch die Kränkung hervorgerufene Gemütsbewegung

1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 367
Note 2.
2 [Spaltenumbruch] Die entgegengesetzte Ansicht,
welche zwischen Ueberlegung beim[Spaltenumbruch] Beschließen u. Ueberlegung beim
Ausführen unterscheidet, beruht
auf einem psychologischen Irr-
tum.
Erſtes Buch.
Strafbare Handlungen gegen Rechtsgüter
des einzelnen Staatsbürgers.
I. Gegen Leib und Leben.
1.
§. 60. Die Tötung.1

I. Die vorſätzliche Tötung und zwar:

1. Mord (StGB. §. 211), wenn die Tötung mit Ueber-
legung
ausgeführt worden, d. h. wenn der Tötungsvorſatz
überlegter Vorſatz (oben §. 28 VI) war.2 Strafe:
Der Tod.

2. Todſchlag (StGB. §. 212), wenn die Tötung nicht
mit Ueberlegung ausgeführt worden, der Tötungsvorſatz
alſo ein nicht überlegter war. Strafe: Zuchthaus von
5—15 Jahren.

Privilegiert iſt der Todſchlag (StGB. §. 213), wenn
der Thäter ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem
Angehörigen (StGB. §. 52 Abſ. 2) zugefügte Mißhandlung oder
ſchwere Beleidigung von dem Getöteten zum Zorne gereizt
und hiedurch auf der Stelle (d. h. in continenti, ſo lange
die durch die Kränkung hervorgerufene Gemütsbewegung

1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 367
Note 2.
2 [Spaltenumbruch] Die entgegengeſetzte Anſicht,
welche zwiſchen Ueberlegung beim[Spaltenumbruch] Beſchließen u. Ueberlegung beim
Ausführen unterſcheidet, beruht
auf einem pſychologiſchen Irr-
tum.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0259" n="[233]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.<lb/>
Strafbare Handlungen gegen Rechtsgüter<lb/>
des einzelnen Staatsbürgers.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">I.</hi> Gegen Leib und Leben.</head><lb/>
            <div n="4">
              <head>1.<lb/><hi rendition="#b">§. 60. Die Tötung.</hi><note place="foot" n="1"><cb/>
Lit. bei <hi rendition="#g">Meyer</hi> S. 367<lb/>
Note 2.</note></head><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Die vor&#x017F;ätzliche Tötung</hi> und zwar:</p><lb/>
              <p>1. <hi rendition="#g">Mord</hi> (StGB. §. 211), wenn die Tötung <hi rendition="#g">mit Ueber-<lb/>
legung</hi> ausgeführt worden, d. h. wenn der Tötungsvor&#x017F;atz<lb/>
überlegter Vor&#x017F;atz (oben §. 28 <hi rendition="#aq">VI</hi>) war.<note place="foot" n="2"><cb/>
Die entgegenge&#x017F;etzte An&#x017F;icht,<lb/>
welche zwi&#x017F;chen Ueberlegung beim<cb/>
Be&#x017F;chließen u. Ueberlegung beim<lb/>
Ausführen unter&#x017F;cheidet, beruht<lb/>
auf einem p&#x017F;ychologi&#x017F;chen Irr-<lb/>
tum.</note> <hi rendition="#g">Strafe</hi>:<lb/>
Der Tod.</p><lb/>
              <p>2. <hi rendition="#g">Tod&#x017F;chlag</hi> (StGB. §. 212), wenn die Tötung nicht<lb/>
mit Ueberlegung ausgeführt worden, der Tötungsvor&#x017F;atz<lb/>
al&#x017F;o ein nicht überlegter war. <hi rendition="#g">Strafe</hi>: Zuchthaus von<lb/>
5&#x2014;15 Jahren.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Privilegiert</hi> i&#x017F;t der Tod&#x017F;chlag (StGB. §. 213), wenn<lb/>
der Thäter ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem<lb/>
Angehörigen (StGB. §. 52 Ab&#x017F;. 2) zugefügte Mißhandlung oder<lb/>
&#x017F;chwere Beleidigung von dem Getöteten zum Zorne gereizt<lb/>
und hiedurch auf der Stelle (d. h. in <hi rendition="#aq">continenti,</hi> &#x017F;o lange<lb/>
die durch die Kränkung hervorgerufene Gemütsbewegung<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[233]/0259] Erſtes Buch. Strafbare Handlungen gegen Rechtsgüter des einzelnen Staatsbürgers. I. Gegen Leib und Leben. 1. §. 60. Die Tötung. 1 I. Die vorſätzliche Tötung und zwar: 1. Mord (StGB. §. 211), wenn die Tötung mit Ueber- legung ausgeführt worden, d. h. wenn der Tötungsvorſatz überlegter Vorſatz (oben §. 28 VI) war. 2 Strafe: Der Tod. 2. Todſchlag (StGB. §. 212), wenn die Tötung nicht mit Ueberlegung ausgeführt worden, der Tötungsvorſatz alſo ein nicht überlegter war. Strafe: Zuchthaus von 5—15 Jahren. Privilegiert iſt der Todſchlag (StGB. §. 213), wenn der Thäter ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen (StGB. §. 52 Abſ. 2) zugefügte Mißhandlung oder ſchwere Beleidigung von dem Getöteten zum Zorne gereizt und hiedurch auf der Stelle (d. h. in continenti, ſo lange die durch die Kränkung hervorgerufene Gemütsbewegung 1 Lit. bei Meyer S. 367 Note 2. 2 Die entgegengeſetzte Anſicht, welche zwiſchen Ueberlegung beim Beſchließen u. Ueberlegung beim Ausführen unterſcheidet, beruht auf einem pſychologiſchen Irr- tum.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/259
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. [233]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/259>, abgerufen am 22.12.2024.