I. Die Geldstrafe ist die einzige Vermögens-Hauptstrafe im Strafensystem der Reichsgesetzgebung. Sie hat hier reiche -- vielleicht zu reiche -- Verwendung gefunden. Sehen wir von den Fällen ab, in welchen Geldstrafe neben Frei- heitsstrafe cumulativ angedroht, in welchen sie also Neben- strafe ist, so tritt sie uns bei den einzelnen Delikten bald als ausschließlich, bald als mit der Freiheitsstrafe alternierend und zwar bald an erster bald an zweiter Stelle angedrohte Strafe entgegen.
II. Der Mindestbetrag der Geldstrafe ist bei Ver- brechen und Vergehen drei Mark, bei Uebertretungen eine Mark.
Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist im allgemeinen Teile des StGB.'s nicht angegeben; im besonderen Teile übersteigt er 6000 Mark nicht, nur in dem durch das Wucher- gesetz vom 24. Mai 1880 eingefügten §. 302 d kann bis auf 15 000 Mark erkannt werden. Weit höher reicht die Geld- strafe in den Nebengesetzen, wo sie in zahlreichen Fällen als Vielfaches oder quoter Teil der hinterzogenen Abgaben, des defraudirten Portos usw. auftritt. Außer zahlreichen Zoll- und Steuergesetzen seien als Beispiele erwähnt: Gesetz betr. die Inhaberpapiere mit Prämien vom 8. Juni 1871 §. 6: Geldstrafe, welche dem 5. Teile des Nennwertes der den Gegenstand der Zuwiderhandlung bildenden Papiere gleich- kommt, mindestens aber 100 Thaler betragen soll;
Bankgesetz vom 14. März 1875 §. 55: Geldstrafe, welche
1 Lit. bei Binding Grundriß S. 129. Dazu Kronecker GA. XXVII u. XXXVIII.
Die Geldſtrafe. §. 47.
3. §. 47. Die Geldſtrafe.1
I. Die Geldſtrafe iſt die einzige Vermögens-Hauptſtrafe im Strafenſyſtem der Reichsgeſetzgebung. Sie hat hier reiche — vielleicht zu reiche — Verwendung gefunden. Sehen wir von den Fällen ab, in welchen Geldſtrafe neben Frei- heitsſtrafe cumulativ angedroht, in welchen ſie alſo Neben- ſtrafe iſt, ſo tritt ſie uns bei den einzelnen Delikten bald als ausſchließlich, bald als mit der Freiheitsſtrafe alternierend und zwar bald an erſter bald an zweiter Stelle angedrohte Strafe entgegen.
II. Der Mindeſtbetrag der Geldſtrafe iſt bei Ver- brechen und Vergehen drei Mark, bei Uebertretungen eine Mark.
Der Höchſtbetrag der Geldſtrafe iſt im allgemeinen Teile des StGB.’s nicht angegeben; im beſonderen Teile überſteigt er 6000 Mark nicht, nur in dem durch das Wucher- geſetz vom 24. Mai 1880 eingefügten §. 302 d kann bis auf 15 000 Mark erkannt werden. Weit höher reicht die Geld- ſtrafe in den Nebengeſetzen, wo ſie in zahlreichen Fällen als Vielfaches oder quoter Teil der hinterzogenen Abgaben, des defraudirten Portos uſw. auftritt. Außer zahlreichen Zoll- und Steuergeſetzen ſeien als Beiſpiele erwähnt: Geſetz betr. die Inhaberpapiere mit Prämien vom 8. Juni 1871 §. 6: Geldſtrafe, welche dem 5. Teile des Nennwertes der den Gegenſtand der Zuwiderhandlung bildenden Papiere gleich- kommt, mindeſtens aber 100 Thaler betragen ſoll;
Bankgeſetz vom 14. März 1875 §. 55: Geldſtrafe, welche
1 Lit. bei Binding Grundriß S. 129. Dazu Kronecker GA. XXVII u. XXXVIII.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0217"n="191"/><fwplace="top"type="header">Die Geldſtrafe. §. 47.</fw><lb/><divn="5"><head>3.<lb/><hirendition="#b">§. 47. Die Geldſtrafe.</hi><noteplace="foot"n="1">Lit. bei <hirendition="#g">Binding</hi> Grundriß S. 129. Dazu <hirendition="#g">Kronecker</hi><lb/>
GA. <hirendition="#aq">XXVII</hi> u. <hirendition="#aq">XXXVIII.</hi></note></head><lb/><p><hirendition="#aq">I.</hi> Die Geldſtrafe iſt die einzige Vermögens-Hauptſtrafe<lb/>
im Strafenſyſtem der Reichsgeſetzgebung. Sie hat hier<lb/>
reiche — vielleicht zu reiche — Verwendung gefunden. Sehen<lb/>
wir von den Fällen ab, in welchen Geldſtrafe <hirendition="#g">neben</hi> Frei-<lb/>
heitsſtrafe cumulativ angedroht, in welchen ſie alſo <hirendition="#g">Neben-</hi><lb/>ſtrafe iſt, ſo tritt ſie uns bei den einzelnen Delikten bald als<lb/>
ausſchließlich, bald als <hirendition="#g">mit</hi> der Freiheitsſtrafe <hirendition="#g">alternierend</hi><lb/>
und zwar bald an erſter bald an zweiter Stelle angedrohte<lb/>
Strafe entgegen.</p><lb/><p><hirendition="#aq">II.</hi> Der <hirendition="#g">Mindeſtbetrag</hi> der Geldſtrafe iſt bei Ver-<lb/>
brechen und Vergehen drei Mark, bei Uebertretungen eine<lb/>
Mark.</p><lb/><p>Der <hirendition="#g">Höchſtbetrag</hi> der Geldſtrafe iſt im allgemeinen<lb/>
Teile des StGB.’s nicht angegeben; im beſonderen Teile<lb/>
überſteigt er 6000 Mark nicht, nur in dem durch das Wucher-<lb/>
geſetz vom 24. Mai 1880 eingefügten §. 302 <hirendition="#aq">d</hi> kann bis auf<lb/>
15 000 Mark erkannt werden. Weit höher reicht die Geld-<lb/>ſtrafe in den Nebengeſetzen, wo ſie in zahlreichen Fällen als<lb/>
Vielfaches oder quoter Teil der hinterzogenen Abgaben, des<lb/>
defraudirten Portos uſw. auftritt. Außer zahlreichen Zoll-<lb/>
und Steuergeſetzen ſeien als Beiſpiele erwähnt: Geſetz betr.<lb/>
die Inhaberpapiere mit Prämien vom 8. Juni 1871 §. 6:<lb/>
Geldſtrafe, welche dem 5. Teile des Nennwertes der den<lb/>
Gegenſtand der Zuwiderhandlung bildenden Papiere gleich-<lb/>
kommt, mindeſtens aber 100 Thaler betragen ſoll;</p><lb/><p>Bankgeſetz vom 14. März 1875 §. 55: Geldſtrafe, welche<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[191/0217]
Die Geldſtrafe. §. 47.
3.
§. 47. Die Geldſtrafe. 1
I. Die Geldſtrafe iſt die einzige Vermögens-Hauptſtrafe
im Strafenſyſtem der Reichsgeſetzgebung. Sie hat hier
reiche — vielleicht zu reiche — Verwendung gefunden. Sehen
wir von den Fällen ab, in welchen Geldſtrafe neben Frei-
heitsſtrafe cumulativ angedroht, in welchen ſie alſo Neben-
ſtrafe iſt, ſo tritt ſie uns bei den einzelnen Delikten bald als
ausſchließlich, bald als mit der Freiheitsſtrafe alternierend
und zwar bald an erſter bald an zweiter Stelle angedrohte
Strafe entgegen.
II. Der Mindeſtbetrag der Geldſtrafe iſt bei Ver-
brechen und Vergehen drei Mark, bei Uebertretungen eine
Mark.
Der Höchſtbetrag der Geldſtrafe iſt im allgemeinen
Teile des StGB.’s nicht angegeben; im beſonderen Teile
überſteigt er 6000 Mark nicht, nur in dem durch das Wucher-
geſetz vom 24. Mai 1880 eingefügten §. 302 d kann bis auf
15 000 Mark erkannt werden. Weit höher reicht die Geld-
ſtrafe in den Nebengeſetzen, wo ſie in zahlreichen Fällen als
Vielfaches oder quoter Teil der hinterzogenen Abgaben, des
defraudirten Portos uſw. auftritt. Außer zahlreichen Zoll-
und Steuergeſetzen ſeien als Beiſpiele erwähnt: Geſetz betr.
die Inhaberpapiere mit Prämien vom 8. Juni 1871 §. 6:
Geldſtrafe, welche dem 5. Teile des Nennwertes der den
Gegenſtand der Zuwiderhandlung bildenden Papiere gleich-
kommt, mindeſtens aber 100 Thaler betragen ſoll;
Bankgeſetz vom 14. März 1875 §. 55: Geldſtrafe, welche
1 Lit. bei Binding Grundriß S. 129. Dazu Kronecker
GA. XXVII u. XXXVIII.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/217>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.