Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

besitzt die schwach gewölbte Fläche nicht, und aus diesem
Grunde treten bei ihr alle jene Vorteile auf, welche bei der
ebenen Fläche fälschlich gemutmasst und vergeblich zu er-
reichen gesucht wurden.

Es ist nach Einsichtnahme dieser Luftwiderstandsverhält-
nisse auf den ersten Blick zu erkennen, dass die gewölbten
Flügelformen wohl geeignet sind, durch Vorwärtsfliegen ganz
bedeutend an Fliegearbeit zu sparen. Bevor jedoch näher auf
die Grösse dieser Arbeitsersparnis eingegangen wird, soll eine
theoretische Betrachtung über die Entstehung dieser für die
Flugtechnik sowohl als für die gesamte fliegende Tierwelt
gleich wichtigen Eigenschaften des Luftwiderstandes voraus-
geschickt werden.


25. Unterschied in den Luftwiderstandserscheinungen der
ebenen und gewölbten Flächen.

Durch das Experiment lässt sich die Überlegenheit der
hohlen Flügelform gegen ebene Flügel mit Rücksicht auf ihre
Verwendbarkeit beim Fliegen ziffermässig ermitteln. Es ist
aber nötig, dass wir uns das Wesen dieser Erscheinung bei
der Wichtigkeit derselben in allen Fragen der Flugtechnik
möglichst klar vor Augen führen.

Denken wir uns zu diesem Zweck in Fig. 30 zwei gleich
grosse Flächen, von denen die obere einen ebenen, die untere
einen schwach gewölbten Querschnitt hat, durch einen gleich-
mässigen horizontalen Luftstrom getroffen. Ob die Flächen
in ruhender Luft bewegt werden, oder die Luft mit derselben
Geschwindigkeit die ruhenden Flächen trifft, ist im Grunde
genommen mit denselben Luftwiderstandswirkungen verknüpft.
Es ist die Luft hier als bewegt gedacht, um die Wege der
Luftteilchen besser andeuten zu können, und ein deutlicheres
Bild von dem Vorgang in der Luft zu erhalten.

besitzt die schwach gewölbte Fläche nicht, und aus diesem
Grunde treten bei ihr alle jene Vorteile auf, welche bei der
ebenen Fläche fälschlich gemutmaſst und vergeblich zu er-
reichen gesucht wurden.

Es ist nach Einsichtnahme dieser Luftwiderstandsverhält-
nisse auf den ersten Blick zu erkennen, daſs die gewölbten
Flügelformen wohl geeignet sind, durch Vorwärtsfliegen ganz
bedeutend an Fliegearbeit zu sparen. Bevor jedoch näher auf
die Gröſse dieser Arbeitsersparnis eingegangen wird, soll eine
theoretische Betrachtung über die Entstehung dieser für die
Flugtechnik sowohl als für die gesamte fliegende Tierwelt
gleich wichtigen Eigenschaften des Luftwiderstandes voraus-
geschickt werden.


25. Unterschied in den Luftwiderstandserscheinungen der
ebenen und gewölbten Flächen.

Durch das Experiment läſst sich die Überlegenheit der
hohlen Flügelform gegen ebene Flügel mit Rücksicht auf ihre
Verwendbarkeit beim Fliegen ziffermäſsig ermitteln. Es ist
aber nötig, daſs wir uns das Wesen dieser Erscheinung bei
der Wichtigkeit derselben in allen Fragen der Flugtechnik
möglichst klar vor Augen führen.

Denken wir uns zu diesem Zweck in Fig. 30 zwei gleich
groſse Flächen, von denen die obere einen ebenen, die untere
einen schwach gewölbten Querschnitt hat, durch einen gleich-
mäſsigen horizontalen Luftstrom getroffen. Ob die Flächen
in ruhender Luft bewegt werden, oder die Luft mit derselben
Geschwindigkeit die ruhenden Flächen trifft, ist im Grunde
genommen mit denselben Luftwiderstandswirkungen verknüpft.
Es ist die Luft hier als bewegt gedacht, um die Wege der
Luftteilchen besser andeuten zu können, und ein deutlicheres
Bild von dem Vorgang in der Luft zu erhalten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0096" n="80"/>
besitzt die schwach gewölbte Fläche nicht, und aus diesem<lb/>
Grunde treten bei ihr alle jene Vorteile auf, welche bei der<lb/>
ebenen Fläche fälschlich gemutma&#x017F;st und vergeblich zu er-<lb/>
reichen gesucht wurden.</p><lb/>
        <p>Es ist nach Einsichtnahme dieser Luftwiderstandsverhält-<lb/>
nisse auf den ersten Blick zu erkennen, da&#x017F;s die gewölbten<lb/>
Flügelformen wohl geeignet sind, durch Vorwärtsfliegen ganz<lb/>
bedeutend an Fliegearbeit zu sparen. Bevor jedoch näher auf<lb/>
die Grö&#x017F;se dieser Arbeitsersparnis eingegangen wird, soll eine<lb/>
theoretische Betrachtung über die Entstehung dieser für die<lb/>
Flugtechnik sowohl als für die gesamte fliegende Tierwelt<lb/>
gleich wichtigen Eigenschaften des Luftwiderstandes voraus-<lb/>
geschickt werden.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">25. Unterschied in den Luftwiderstandserscheinungen der<lb/>
ebenen und gewölbten Flächen.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Durch das Experiment lä&#x017F;st sich die Überlegenheit der<lb/>
hohlen Flügelform gegen ebene Flügel mit Rücksicht auf ihre<lb/>
Verwendbarkeit beim Fliegen ziffermä&#x017F;sig ermitteln. Es ist<lb/>
aber nötig, da&#x017F;s wir uns das Wesen dieser Erscheinung bei<lb/>
der Wichtigkeit derselben in allen Fragen der Flugtechnik<lb/>
möglichst klar vor Augen führen.</p><lb/>
        <p>Denken wir uns zu diesem Zweck in Fig. 30 zwei gleich<lb/>
gro&#x017F;se Flächen, von denen die obere einen ebenen, die untere<lb/>
einen schwach gewölbten Querschnitt hat, durch einen gleich-<lb/>&#x017F;sigen horizontalen Luftstrom getroffen. Ob die Flächen<lb/>
in ruhender Luft bewegt werden, oder die Luft mit derselben<lb/>
Geschwindigkeit die ruhenden Flächen trifft, ist im Grunde<lb/>
genommen mit denselben Luftwiderstandswirkungen verknüpft.<lb/>
Es ist die Luft hier als bewegt gedacht, um die Wege der<lb/>
Luftteilchen besser andeuten zu können, und ein deutlicheres<lb/>
Bild von dem Vorgang in der Luft zu erhalten.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0096] besitzt die schwach gewölbte Fläche nicht, und aus diesem Grunde treten bei ihr alle jene Vorteile auf, welche bei der ebenen Fläche fälschlich gemutmaſst und vergeblich zu er- reichen gesucht wurden. Es ist nach Einsichtnahme dieser Luftwiderstandsverhält- nisse auf den ersten Blick zu erkennen, daſs die gewölbten Flügelformen wohl geeignet sind, durch Vorwärtsfliegen ganz bedeutend an Fliegearbeit zu sparen. Bevor jedoch näher auf die Gröſse dieser Arbeitsersparnis eingegangen wird, soll eine theoretische Betrachtung über die Entstehung dieser für die Flugtechnik sowohl als für die gesamte fliegende Tierwelt gleich wichtigen Eigenschaften des Luftwiderstandes voraus- geschickt werden. 25. Unterschied in den Luftwiderstandserscheinungen der ebenen und gewölbten Flächen. Durch das Experiment läſst sich die Überlegenheit der hohlen Flügelform gegen ebene Flügel mit Rücksicht auf ihre Verwendbarkeit beim Fliegen ziffermäſsig ermitteln. Es ist aber nötig, daſs wir uns das Wesen dieser Erscheinung bei der Wichtigkeit derselben in allen Fragen der Flugtechnik möglichst klar vor Augen führen. Denken wir uns zu diesem Zweck in Fig. 30 zwei gleich groſse Flächen, von denen die obere einen ebenen, die untere einen schwach gewölbten Querschnitt hat, durch einen gleich- mäſsigen horizontalen Luftstrom getroffen. Ob die Flächen in ruhender Luft bewegt werden, oder die Luft mit derselben Geschwindigkeit die ruhenden Flächen trifft, ist im Grunde genommen mit denselben Luftwiderstandswirkungen verknüpft. Es ist die Luft hier als bewegt gedacht, um die Wege der Luftteilchen besser andeuten zu können, und ein deutlicheres Bild von dem Vorgang in der Luft zu erhalten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/96
Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/96>, abgerufen am 20.11.2024.