Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

An diesem Centrum würde für den Vogel der Luftwider-
stand fühlbar werden, wenn der Vogelflügel ein vollkommen
starres Organ, ein starrer Hebel wäre, was er aber in der
That nicht ist. Der Vogel würde in diesem Centrum den
eigentlichen Stützpunkt, auf dem er ruht, fühlen. Obwohl
dies nun wörtlich genommen nicht der Fall sein wird, so
ergiebt sich durch das Herunterschlagen der Flügel für den
Vogel doch dieselbe Anstrengung, als wenn er mit dem
als Hebel gedachten Flügel eine Kraft überwinden müsste,
welche gleich dem Luftwiderstand wäre und in seinem Centrum
angriffe.

Für die eigentliche Flügelgeschwindigkeit, welche für den
Vogel in betreff seiner Muskelthätigkeit fühlbar wird, haben
wir mithin die Geschwindigkeit desjenigen Flügelpunktes an-
zusehen, in welchem das Centrum des unter seinem Flügel
wirkenden Luftwiderstandes liegt. Für die Beanspruchung
des Flügels im Punkte a bildet P x l das Kraftmoment, nach
dem die Festigkeit der am meisten beanspruchten Flügelstelle
zu berechnen wäre.


7. Über den Kraftaufwand zur Flügelbewegung.

Der Vogel fühlt den Widerstand, den seine Flügel in der
Luft erfahren, er überwindet diesen Luftwiderstand, und darin
besteht im wesentlichen der Kraftaufwand oder die Arbeits-
leistung des fliegenden Vogels. Der zu überwindende Luft-
widerstand wird namentlich beim Herunterschlagen der Flügel
vorhanden sein.

Die sekundliche Arbeitsleistung des Vogels beim Flügel-
schlag ist ein Produkt aus der überwundenen Kraft und der
Wegstrecke, auf welcher diese Kraft in der Sekunde zu über-
winden ist, also der von den Flügeln erzeugte Luftwiderstand
multipliziert mit der sekundlichen Geschwindigkeit des Luft-
widerstandscentrums.

An diesem Centrum würde für den Vogel der Luftwider-
stand fühlbar werden, wenn der Vogelflügel ein vollkommen
starres Organ, ein starrer Hebel wäre, was er aber in der
That nicht ist. Der Vogel würde in diesem Centrum den
eigentlichen Stützpunkt, auf dem er ruht, fühlen. Obwohl
dies nun wörtlich genommen nicht der Fall sein wird, so
ergiebt sich durch das Herunterschlagen der Flügel für den
Vogel doch dieselbe Anstrengung, als wenn er mit dem
als Hebel gedachten Flügel eine Kraft überwinden müſste,
welche gleich dem Luftwiderstand wäre und in seinem Centrum
angriffe.

Für die eigentliche Flügelgeschwindigkeit, welche für den
Vogel in betreff seiner Muskelthätigkeit fühlbar wird, haben
wir mithin die Geschwindigkeit desjenigen Flügelpunktes an-
zusehen, in welchem das Centrum des unter seinem Flügel
wirkenden Luftwiderstandes liegt. Für die Beanspruchung
des Flügels im Punkte a bildet P × l das Kraftmoment, nach
dem die Festigkeit der am meisten beanspruchten Flügelstelle
zu berechnen wäre.


7. Über den Kraftaufwand zur Flügelbewegung.

Der Vogel fühlt den Widerstand, den seine Flügel in der
Luft erfahren, er überwindet diesen Luftwiderstand, und darin
besteht im wesentlichen der Kraftaufwand oder die Arbeits-
leistung des fliegenden Vogels. Der zu überwindende Luft-
widerstand wird namentlich beim Herunterschlagen der Flügel
vorhanden sein.

Die sekundliche Arbeitsleistung des Vogels beim Flügel-
schlag ist ein Produkt aus der überwundenen Kraft und der
Wegstrecke, auf welcher diese Kraft in der Sekunde zu über-
winden ist, also der von den Flügeln erzeugte Luftwiderstand
multipliziert mit der sekundlichen Geschwindigkeit des Luft-
widerstandscentrums.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0036" n="20"/>
        <p>An diesem Centrum würde für den Vogel der Luftwider-<lb/>
stand fühlbar werden, wenn der Vogelflügel ein vollkommen<lb/>
starres Organ, ein starrer Hebel wäre, was er aber in der<lb/>
That nicht ist. Der Vogel würde in diesem Centrum den<lb/>
eigentlichen Stützpunkt, auf dem er ruht, fühlen. Obwohl<lb/>
dies nun wörtlich genommen nicht der Fall sein wird, so<lb/>
ergiebt sich durch das Herunterschlagen der Flügel für den<lb/>
Vogel doch <hi rendition="#g">dieselbe Anstrengung</hi>, als wenn er mit dem<lb/>
als <hi rendition="#g">Hebel</hi> gedachten Flügel eine Kraft überwinden mü&#x017F;ste,<lb/>
welche gleich dem Luftwiderstand wäre und in seinem Centrum<lb/>
angriffe.</p><lb/>
        <p>Für die eigentliche Flügelgeschwindigkeit, welche für den<lb/>
Vogel in betreff seiner Muskelthätigkeit fühlbar wird, haben<lb/>
wir mithin die Geschwindigkeit desjenigen Flügelpunktes an-<lb/>
zusehen, in welchem das Centrum des unter seinem Flügel<lb/>
wirkenden Luftwiderstandes liegt. Für die Beanspruchung<lb/>
des Flügels im Punkte <hi rendition="#i">a</hi> bildet <hi rendition="#i">P × l</hi> das Kraftmoment, nach<lb/>
dem die Festigkeit der am meisten beanspruchten Flügelstelle<lb/>
zu berechnen wäre.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">7. Über den Kraftaufwand zur Flügelbewegung.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Der Vogel fühlt den Widerstand, den seine Flügel in der<lb/>
Luft erfahren, er überwindet diesen Luftwiderstand, und darin<lb/>
besteht im wesentlichen der Kraftaufwand oder die Arbeits-<lb/>
leistung des fliegenden Vogels. Der zu überwindende Luft-<lb/>
widerstand wird namentlich beim Herunterschlagen der Flügel<lb/>
vorhanden sein.</p><lb/>
        <p>Die sekundliche Arbeitsleistung des Vogels beim Flügel-<lb/>
schlag ist ein Produkt aus der überwundenen Kraft und der<lb/>
Wegstrecke, auf welcher diese Kraft in der Sekunde zu über-<lb/>
winden ist, also der von den Flügeln erzeugte Luftwiderstand<lb/>
multipliziert mit der sekundlichen Geschwindigkeit des Luft-<lb/>
widerstandscentrums.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0036] An diesem Centrum würde für den Vogel der Luftwider- stand fühlbar werden, wenn der Vogelflügel ein vollkommen starres Organ, ein starrer Hebel wäre, was er aber in der That nicht ist. Der Vogel würde in diesem Centrum den eigentlichen Stützpunkt, auf dem er ruht, fühlen. Obwohl dies nun wörtlich genommen nicht der Fall sein wird, so ergiebt sich durch das Herunterschlagen der Flügel für den Vogel doch dieselbe Anstrengung, als wenn er mit dem als Hebel gedachten Flügel eine Kraft überwinden müſste, welche gleich dem Luftwiderstand wäre und in seinem Centrum angriffe. Für die eigentliche Flügelgeschwindigkeit, welche für den Vogel in betreff seiner Muskelthätigkeit fühlbar wird, haben wir mithin die Geschwindigkeit desjenigen Flügelpunktes an- zusehen, in welchem das Centrum des unter seinem Flügel wirkenden Luftwiderstandes liegt. Für die Beanspruchung des Flügels im Punkte a bildet P × l das Kraftmoment, nach dem die Festigkeit der am meisten beanspruchten Flügelstelle zu berechnen wäre. 7. Über den Kraftaufwand zur Flügelbewegung. Der Vogel fühlt den Widerstand, den seine Flügel in der Luft erfahren, er überwindet diesen Luftwiderstand, und darin besteht im wesentlichen der Kraftaufwand oder die Arbeits- leistung des fliegenden Vogels. Der zu überwindende Luft- widerstand wird namentlich beim Herunterschlagen der Flügel vorhanden sein. Die sekundliche Arbeitsleistung des Vogels beim Flügel- schlag ist ein Produkt aus der überwundenen Kraft und der Wegstrecke, auf welcher diese Kraft in der Sekunde zu über- winden ist, also der von den Flügeln erzeugte Luftwiderstand multipliziert mit der sekundlichen Geschwindigkeit des Luft- widerstandscentrums.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/36
Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/36>, abgerufen am 22.12.2024.