Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

Es haben also die gewölbten Flächen die Eigenschaft,
dass dieselben, horizontal gelagert und unter gewissen Winkeln
schräg abwärts bewegt, selbständig die horizontale Ge-
schwindigkeit zu vergrössern streben.

Hieraus erklärt sich unter anderem auch das labile Ver-
halten schwach gewölbter Fallschirme.

Leichte, aus schwach gewölbten Flächen bestehende Kör-
per beschreiben beim freien Fallen in der Luft sehr eigentüm-
liche Linien und selbst jedes von unserem Schreibtische glei-
tende Löschblatt mahnt uns durch sein labiles Verhalten an
besondere den gewölbten Flächen innewohnende Eigenschaften.

Die treibende Komponente ist nach den Diagrammen
Fig. 2 auf Tafel II, III und IV am grössten, wenn die Flächen
annähernd in der Richtung der Tangente zur Vorderkante be-
wegt werden. Dies ist aber derjenige Fall, in welchem voraus-
sichtlich die erzeugte Wellenbildung am vollkommensten wird,
und die im Abschnitt 25 und in Fig. 30 zur Darstellung
gebrachte Anschauung am vollkommensten zutrifft.

Es geht hieraus ferner hervor, dass sich zum besonders
schnellen Fliegen ein nur wenig gewölbter Flügel eignet, weil
die Tangente der Vorderkante bei diesem auf einen absoluten
Flügelweg deutet, der einer sehr grossen Fluggeschwindigkeit
entspricht.


30. Über die Arbeit beim Vorwärtsfliegen mit gewölbten
Flügeln.

Wenn nun eine horizontal ausgebreitete, etwas nach oben
gewölbte Fläche bei horizontaler Bewegung schon einen nam-
haften Auftrieb erfährt, wenn ferner diese Auftriebe bei Be-
wegung unter spitzeren Winkeln zum Horizont bedeutend
grösser sind als bei ebenen Flächen, und wenn dann noch
bei gewissen spitzen Winkeln die bei ebenen Flächen auftre-
tenden hemmenden Komponenten bei der gewölbten Fläche

Es haben also die gewölbten Flächen die Eigenschaft,
daſs dieselben, horizontal gelagert und unter gewissen Winkeln
schräg abwärts bewegt, selbständig die horizontale Ge-
schwindigkeit zu vergröſsern streben.

Hieraus erklärt sich unter anderem auch das labile Ver-
halten schwach gewölbter Fallschirme.

Leichte, aus schwach gewölbten Flächen bestehende Kör-
per beschreiben beim freien Fallen in der Luft sehr eigentüm-
liche Linien und selbst jedes von unserem Schreibtische glei-
tende Löschblatt mahnt uns durch sein labiles Verhalten an
besondere den gewölbten Flächen innewohnende Eigenschaften.

Die treibende Komponente ist nach den Diagrammen
Fig. 2 auf Tafel II, III und IV am gröſsten, wenn die Flächen
annähernd in der Richtung der Tangente zur Vorderkante be-
wegt werden. Dies ist aber derjenige Fall, in welchem voraus-
sichtlich die erzeugte Wellenbildung am vollkommensten wird,
und die im Abschnitt 25 und in Fig. 30 zur Darstellung
gebrachte Anschauung am vollkommensten zutrifft.

Es geht hieraus ferner hervor, daſs sich zum besonders
schnellen Fliegen ein nur wenig gewölbter Flügel eignet, weil
die Tangente der Vorderkante bei diesem auf einen absoluten
Flügelweg deutet, der einer sehr groſsen Fluggeschwindigkeit
entspricht.


30. Über die Arbeit beim Vorwärtsfliegen mit gewölbten
Flügeln.

Wenn nun eine horizontal ausgebreitete, etwas nach oben
gewölbte Fläche bei horizontaler Bewegung schon einen nam-
haften Auftrieb erfährt, wenn ferner diese Auftriebe bei Be-
wegung unter spitzeren Winkeln zum Horizont bedeutend
gröſser sind als bei ebenen Flächen, und wenn dann noch
bei gewissen spitzen Winkeln die bei ebenen Flächen auftre-
tenden hemmenden Komponenten bei der gewölbten Fläche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0116" n="100"/>
        <p>Es haben also die gewölbten Flächen die Eigenschaft,<lb/>
da&#x017F;s dieselben, horizontal gelagert und unter gewissen Winkeln<lb/>
schräg abwärts bewegt, <hi rendition="#g">selbständig</hi> die horizontale Ge-<lb/>
schwindigkeit zu vergrö&#x017F;sern streben.</p><lb/>
        <p>Hieraus erklärt sich unter anderem auch das labile Ver-<lb/>
halten schwach gewölbter Fallschirme.</p><lb/>
        <p>Leichte, aus schwach gewölbten Flächen bestehende Kör-<lb/>
per beschreiben beim freien Fallen in der Luft sehr eigentüm-<lb/>
liche Linien und selbst jedes von unserem Schreibtische glei-<lb/>
tende Löschblatt mahnt uns durch sein labiles Verhalten an<lb/>
besondere den gewölbten Flächen innewohnende Eigenschaften.</p><lb/>
        <p>Die treibende Komponente ist nach den Diagrammen<lb/>
Fig. 2 auf Tafel II, III und IV am grö&#x017F;sten, wenn die Flächen<lb/>
annähernd in der Richtung der Tangente zur Vorderkante be-<lb/>
wegt werden. Dies ist aber derjenige Fall, in welchem voraus-<lb/>
sichtlich die erzeugte Wellenbildung am vollkommensten wird,<lb/>
und die im Abschnitt 25 und in Fig. 30 zur Darstellung<lb/>
gebrachte Anschauung am vollkommensten zutrifft.</p><lb/>
        <p>Es geht hieraus ferner hervor, da&#x017F;s sich zum besonders<lb/>
schnellen Fliegen ein nur wenig gewölbter Flügel eignet, weil<lb/>
die Tangente der Vorderkante bei diesem auf einen absoluten<lb/>
Flügelweg deutet, der einer sehr gro&#x017F;sen Fluggeschwindigkeit<lb/>
entspricht.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">30. Über die Arbeit beim Vorwärtsfliegen mit gewölbten<lb/>
Flügeln.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Wenn nun eine horizontal ausgebreitete, etwas nach oben<lb/>
gewölbte Fläche bei horizontaler Bewegung schon einen nam-<lb/>
haften Auftrieb erfährt, wenn ferner diese Auftriebe bei Be-<lb/>
wegung unter spitzeren Winkeln zum Horizont bedeutend<lb/>
grö&#x017F;ser sind als bei ebenen Flächen, und wenn dann noch<lb/>
bei gewissen spitzen Winkeln die bei ebenen Flächen auftre-<lb/>
tenden hemmenden Komponenten bei der gewölbten Fläche<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0116] Es haben also die gewölbten Flächen die Eigenschaft, daſs dieselben, horizontal gelagert und unter gewissen Winkeln schräg abwärts bewegt, selbständig die horizontale Ge- schwindigkeit zu vergröſsern streben. Hieraus erklärt sich unter anderem auch das labile Ver- halten schwach gewölbter Fallschirme. Leichte, aus schwach gewölbten Flächen bestehende Kör- per beschreiben beim freien Fallen in der Luft sehr eigentüm- liche Linien und selbst jedes von unserem Schreibtische glei- tende Löschblatt mahnt uns durch sein labiles Verhalten an besondere den gewölbten Flächen innewohnende Eigenschaften. Die treibende Komponente ist nach den Diagrammen Fig. 2 auf Tafel II, III und IV am gröſsten, wenn die Flächen annähernd in der Richtung der Tangente zur Vorderkante be- wegt werden. Dies ist aber derjenige Fall, in welchem voraus- sichtlich die erzeugte Wellenbildung am vollkommensten wird, und die im Abschnitt 25 und in Fig. 30 zur Darstellung gebrachte Anschauung am vollkommensten zutrifft. Es geht hieraus ferner hervor, daſs sich zum besonders schnellen Fliegen ein nur wenig gewölbter Flügel eignet, weil die Tangente der Vorderkante bei diesem auf einen absoluten Flügelweg deutet, der einer sehr groſsen Fluggeschwindigkeit entspricht. 30. Über die Arbeit beim Vorwärtsfliegen mit gewölbten Flügeln. Wenn nun eine horizontal ausgebreitete, etwas nach oben gewölbte Fläche bei horizontaler Bewegung schon einen nam- haften Auftrieb erfährt, wenn ferner diese Auftriebe bei Be- wegung unter spitzeren Winkeln zum Horizont bedeutend gröſser sind als bei ebenen Flächen, und wenn dann noch bei gewissen spitzen Winkeln die bei ebenen Flächen auftre- tenden hemmenden Komponenten bei der gewölbten Fläche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/116
Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/116>, abgerufen am 22.12.2024.