Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Die Sonne siegt, Allendlich schmiegt Und lachend wiegt sie sich in meinen Armen. Zum Himmel auf die Lerche fliegt. Liebeslied. Dem Fremden gilt dein Evoe, Du möchtest ihn tausendmal segnen. Deine Augen sind ein gefrorner See, Wenn sie den meinen begegnen. Der fremde Mann ist kein Don Juan, Er liebt dich zu sentimentalisch, Und weil er dich nicht heirathen kann, So denkt er viel zu moralisch. Mein schönes Kind, du thust mir leid, Doch das soll anders werden. Ich liebe dich, und es kommt eine Zeit, Dann vergessen wir Himmel und Erden. Glaubst du, daß ich wie ein junger Fant Stumm will und kläglich verzichten? Ich bin deiner Hoheit kein Trabant, Mit nichten, Madonna, mit nichten. Ob kühn, ob bedachtsam, ich weiß es noch nicht, Wie den Angriff ich soll planen. Doch ehe der Herbststurm die Zweige bricht, Verneigen sich tief deine Fahnen. Die Sonne ſiegt, Allendlich ſchmiegt Und lachend wiegt ſie ſich in meinen Armen. Zum Himmel auf die Lerche fliegt. Liebeslied. Dem Fremden gilt dein Evoe, Du möchteſt ihn tauſendmal ſegnen. Deine Augen ſind ein gefrorner See, Wenn ſie den meinen begegnen. Der fremde Mann iſt kein Don Juan, Er liebt dich zu ſentimentaliſch, Und weil er dich nicht heirathen kann, So denkt er viel zu moraliſch. Mein ſchönes Kind, du thuſt mir leid, Doch das ſoll anders werden. Ich liebe dich, und es kommt eine Zeit, Dann vergeſſen wir Himmel und Erden. Glaubſt du, daß ich wie ein junger Fant Stumm will und kläglich verzichten? Ich bin deiner Hoheit kein Trabant, Mit nichten, Madonna, mit nichten. Ob kühn, ob bedachtſam, ich weiß es noch nicht, Wie den Angriff ich ſoll planen. Doch ehe der Herbſtſturm die Zweige bricht, Verneigen ſich tief deine Fahnen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb n="42" facs="#f0050"/> <lg n="4"> <l>Die Sonne ſiegt,</l><lb/> <l>Allendlich ſchmiegt</l><lb/> <l>Und lachend wiegt ſie ſich in meinen Armen.</l><lb/> <l>Zum Himmel auf die Lerche fliegt.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Liebeslied.</hi> </head><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>em Fremden gilt dein Evoe,</l><lb/> <l>Du möchteſt ihn tauſendmal ſegnen.</l><lb/> <l>Deine Augen ſind ein gefrorner See,</l><lb/> <l>Wenn ſie den meinen begegnen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Der fremde Mann iſt kein Don Juan,</l><lb/> <l>Er liebt dich zu ſentimentaliſch,</l><lb/> <l>Und weil er dich nicht heirathen kann,</l><lb/> <l>So denkt er viel zu moraliſch.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Mein ſchönes Kind, du thuſt mir leid,</l><lb/> <l>Doch das ſoll anders werden.</l><lb/> <l>Ich liebe dich, und es kommt eine Zeit,</l><lb/> <l>Dann vergeſſen wir Himmel und Erden.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Glaubſt du, daß ich wie ein junger Fant</l><lb/> <l>Stumm will und kläglich verzichten?</l><lb/> <l>Ich bin deiner Hoheit kein Trabant,</l><lb/> <l>Mit nichten, Madonna, mit nichten.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ob kühn, ob bedachtſam, ich weiß es noch nicht,</l><lb/> <l>Wie den Angriff ich ſoll planen.</l><lb/> <l>Doch ehe der Herbſtſturm die Zweige bricht,</l><lb/> <l>Verneigen ſich tief deine Fahnen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [42/0050]
Die Sonne ſiegt,
Allendlich ſchmiegt
Und lachend wiegt ſie ſich in meinen Armen.
Zum Himmel auf die Lerche fliegt.
Liebeslied.
Dem Fremden gilt dein Evoe,
Du möchteſt ihn tauſendmal ſegnen.
Deine Augen ſind ein gefrorner See,
Wenn ſie den meinen begegnen.
Der fremde Mann iſt kein Don Juan,
Er liebt dich zu ſentimentaliſch,
Und weil er dich nicht heirathen kann,
So denkt er viel zu moraliſch.
Mein ſchönes Kind, du thuſt mir leid,
Doch das ſoll anders werden.
Ich liebe dich, und es kommt eine Zeit,
Dann vergeſſen wir Himmel und Erden.
Glaubſt du, daß ich wie ein junger Fant
Stumm will und kläglich verzichten?
Ich bin deiner Hoheit kein Trabant,
Mit nichten, Madonna, mit nichten.
Ob kühn, ob bedachtſam, ich weiß es noch nicht,
Wie den Angriff ich ſoll planen.
Doch ehe der Herbſtſturm die Zweige bricht,
Verneigen ſich tief deine Fahnen.
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Zitationshilfe: | Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/50>, abgerufen am 04.03.2025. |