Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Und brachte heim mit schnellem Fuß Dem Vater diesen letzten Gruß, Der klang nicht froh. Es schrieb hinein die Zitterhand: "Kolin. Mein Sohn verscharrt im Sand, Wer weiß wo." Und der gesungen dieses Lied, Und der es liest, im Leben zieht Noch frisch und froh. Doch einst bin ich, und bist auch du, Verscharrt im Sand, in ewiger Ruh, Wer weiß wo. Inschrift. Nach raschem Ritt im Regen waren wir Auf einem Gottesacker angekommen Und abgesessen. Ungesehen, konnten Nach allen Seiten frei wir uns bewegen Und vorpreschen, die Feldwachen zu trösten. Nur wenig Kreuze. Rasch band das Piquet Die Halfter an die winzigen Todeszeichen. Ich selber lehnte bald den müden Kopf Auf eines Grabes Hügel und schlief ein.... Hell wieherte im Nebeldunst mein Wallach Und sprengte jäh die weichen Sclavenketten, Die unbewußt und traumlos mich umwanden. Noch schlafend lagen um mich die Dragoner, Bedeckt mit Reif die Mäntel und die Bärte, Die Pferde standen mit gesenkten Mähnen. Und brachte heim mit ſchnellem Fuß Dem Vater dieſen letzten Gruß, Der klang nicht froh. Es ſchrieb hinein die Zitterhand: „Kolin. Mein Sohn verſcharrt im Sand, Wer weiß wo.“ Und der geſungen dieſes Lied, Und der es lieſt, im Leben zieht Noch friſch und froh. Doch einſt bin ich, und biſt auch du, Verſcharrt im Sand, in ewiger Ruh, Wer weiß wo. Inſchrift. Nach raſchem Ritt im Regen waren wir Auf einem Gottesacker angekommen Und abgeſeſſen. Ungeſehen, konnten Nach allen Seiten frei wir uns bewegen Und vorpreſchen, die Feldwachen zu tröſten. Nur wenig Kreuze. Raſch band das Piquet Die Halfter an die winzigen Todeszeichen. Ich ſelber lehnte bald den müden Kopf Auf eines Grabes Hügel und ſchlief ein.... Hell wieherte im Nebeldunſt mein Wallach Und ſprengte jäh die weichen Sclavenketten, Die unbewußt und traumlos mich umwanden. Noch ſchlafend lagen um mich die Dragoner, Bedeckt mit Reif die Mäntel und die Bärte, Die Pferde ſtanden mit geſenkten Mähnen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0036" n="28"/> <lg n="4"> <l>Und brachte heim mit ſchnellem Fuß</l><lb/> <l>Dem Vater dieſen letzten Gruß,</l><lb/> <l>Der klang nicht froh.</l><lb/> <l>Es ſchrieb hinein die Zitterhand:</l><lb/> <l>„Kolin. Mein Sohn verſcharrt im Sand,</l><lb/> <l>Wer weiß wo.“</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und der geſungen dieſes Lied,</l><lb/> <l>Und der es lieſt, im Leben zieht</l><lb/> <l>Noch friſch und froh.</l><lb/> <l>Doch einſt bin ich, und biſt auch du,</l><lb/> <l>Verſcharrt im Sand, in ewiger Ruh,</l><lb/> <l>Wer weiß wo.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Inſchrift.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">N</hi>ach raſchem Ritt im Regen waren wir</l><lb/> <l>Auf einem Gottesacker angekommen</l><lb/> <l>Und abgeſeſſen. Ungeſehen, konnten</l><lb/> <l>Nach allen Seiten frei wir uns bewegen</l><lb/> <l>Und vorpreſchen, die Feldwachen zu tröſten.</l><lb/> <l>Nur wenig Kreuze. Raſch band das Piquet</l><lb/> <l>Die Halfter an die winzigen Todeszeichen.</l><lb/> <l>Ich ſelber lehnte bald den müden Kopf</l><lb/> <l>Auf eines Grabes Hügel und ſchlief ein....</l><lb/> <l>Hell wieherte im Nebeldunſt mein Wallach</l><lb/> <l>Und ſprengte jäh die weichen Sclavenketten,</l><lb/> <l>Die unbewußt und traumlos mich umwanden.</l><lb/> <l>Noch ſchlafend lagen um mich die Dragoner,</l><lb/> <l>Bedeckt mit Reif die Mäntel und die Bärte,</l><lb/> <l>Die Pferde ſtanden mit geſenkten Mähnen.</l><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [28/0036]
Und brachte heim mit ſchnellem Fuß
Dem Vater dieſen letzten Gruß,
Der klang nicht froh.
Es ſchrieb hinein die Zitterhand:
„Kolin. Mein Sohn verſcharrt im Sand,
Wer weiß wo.“
Und der geſungen dieſes Lied,
Und der es lieſt, im Leben zieht
Noch friſch und froh.
Doch einſt bin ich, und biſt auch du,
Verſcharrt im Sand, in ewiger Ruh,
Wer weiß wo.
Inſchrift.
Nach raſchem Ritt im Regen waren wir
Auf einem Gottesacker angekommen
Und abgeſeſſen. Ungeſehen, konnten
Nach allen Seiten frei wir uns bewegen
Und vorpreſchen, die Feldwachen zu tröſten.
Nur wenig Kreuze. Raſch band das Piquet
Die Halfter an die winzigen Todeszeichen.
Ich ſelber lehnte bald den müden Kopf
Auf eines Grabes Hügel und ſchlief ein....
Hell wieherte im Nebeldunſt mein Wallach
Und ſprengte jäh die weichen Sclavenketten,
Die unbewußt und traumlos mich umwanden.
Noch ſchlafend lagen um mich die Dragoner,
Bedeckt mit Reif die Mäntel und die Bärte,
Die Pferde ſtanden mit geſenkten Mähnen.
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