Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Die Füße beider sind fest mit dicken Tauen umschnürt, Um aller Heiligen willen, wo kommen die beiden her? Hundert Vermutungen wurden in mir wach; hundert Die Sonne ging unter, so wundervoll, wie wir es nimmer Und die Flut kam und dann tritt wieder die Ebbe ein, Verloren. I. Die erste Schlacht war geschlagen. Der Sieger lagerte Abseits der eigentlichen Wahlstatt, dunkelte, in helles Die Füße beider ſind feſt mit dicken Tauen umſchnürt, Um aller Heiligen willen, wo kommen die beiden her? Hundert Vermutungen wurden in mir wach; hundert Die Sonne ging unter, ſo wundervoll, wie wir es nimmer Und die Flut kam und dann tritt wieder die Ebbe ein, Verloren. I. Die erſte Schlacht war geſchlagen. Der Sieger lagerte Abſeits der eigentlichen Wahlſtatt, dunkelte, in helles <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="139" facs="#f0147"/> <p>Die Füße beider ſind feſt mit dicken Tauen umſchnürt,<lb/> und dieſe durch mehrere Löcher im Brett gezogen und auf<lb/> der Rückſeite ſtark verknotet.</p><lb/> <p>Um aller Heiligen willen, wo kommen die beiden her?<lb/> Das iſt klar, daß ſie nicht lange im Waſſer gelegen haben.<lb/> Die Flut hat ſie dann an unſern Strand geſpült.</p><lb/> <p>Hundert Vermutungen wurden in mir wach; hundert<lb/> phantaſtiſche Bilder drängten ſich in mir …</p><lb/> <p>Die Sonne ging unter, ſo wundervoll, wie wir es nimmer<lb/> auf dem Feſtlande, auf der Oſtſee ſehen. Zwiſchen ſchwam-<lb/> migen, dunklen Wolkenmaſſen ſchoſſen tauſend Lichter.</p><lb/> <p>Und die Flut kam und dann tritt wieder die Ebbe ein,<lb/> und dann kommt wieder die Flut, und dann wieder die Ebbe,<lb/> u. ſ. w u. ſ. w.</p> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Verloren.</hi> </head><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">I.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>ie erſte Schlacht war geſchlagen. Der Sieger lagerte<lb/> auf dem Gefechtsfelde. Der Rauch zahlreicher Bivouacsfeuer<lb/> ſtieg zum wolkenloſen Frühlingsnachthimmel empor. In<lb/> der Ferne, bei den Feldwachen und Patrouillen, fielen ein-<lb/> zelne Schüſſe.</p><lb/> <p>Abſeits der eigentlichen Wahlſtatt, dunkelte, in helles<lb/> Mondlicht getaucht, ein Wäldchen. Inmitten deſſelben ſtand<lb/> ein einſtöckiges, jagdſchloßartiges Haus. Vor dieſem breitete<lb/> ſich ein großer Raſenplatz, von zwei Kieswegen umarmt.<lb/> Am andern Ende des freien Raumes, gerade der Front des<lb/> Gebäudes gegenüber, trat, wie eben aus dem Walde kommend,<lb/> die Diana von Verſailles, auf breitem Sandſteinſockel, hervor.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0147]
Die Füße beider ſind feſt mit dicken Tauen umſchnürt,
und dieſe durch mehrere Löcher im Brett gezogen und auf
der Rückſeite ſtark verknotet.
Um aller Heiligen willen, wo kommen die beiden her?
Das iſt klar, daß ſie nicht lange im Waſſer gelegen haben.
Die Flut hat ſie dann an unſern Strand geſpült.
Hundert Vermutungen wurden in mir wach; hundert
phantaſtiſche Bilder drängten ſich in mir …
Die Sonne ging unter, ſo wundervoll, wie wir es nimmer
auf dem Feſtlande, auf der Oſtſee ſehen. Zwiſchen ſchwam-
migen, dunklen Wolkenmaſſen ſchoſſen tauſend Lichter.
Und die Flut kam und dann tritt wieder die Ebbe ein,
und dann kommt wieder die Flut, und dann wieder die Ebbe,
u. ſ. w u. ſ. w.
Verloren.
I.
Die erſte Schlacht war geſchlagen. Der Sieger lagerte
auf dem Gefechtsfelde. Der Rauch zahlreicher Bivouacsfeuer
ſtieg zum wolkenloſen Frühlingsnachthimmel empor. In
der Ferne, bei den Feldwachen und Patrouillen, fielen ein-
zelne Schüſſe.
Abſeits der eigentlichen Wahlſtatt, dunkelte, in helles
Mondlicht getaucht, ein Wäldchen. Inmitten deſſelben ſtand
ein einſtöckiges, jagdſchloßartiges Haus. Vor dieſem breitete
ſich ein großer Raſenplatz, von zwei Kieswegen umarmt.
Am andern Ende des freien Raumes, gerade der Front des
Gebäudes gegenüber, trat, wie eben aus dem Walde kommend,
die Diana von Verſailles, auf breitem Sandſteinſockel, hervor.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/147 |
Zitationshilfe: | Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/147>, abgerufen am 04.03.2025. |