dern in dem Pflanzenfibrin, -Albumin und -Casein noch über- dies unser Blut, aus dem sich die übrigen Bestandtheile des Körpers entwickeln.
Der fleischessende Mensch athmet wie das fleischfressende Thier auf Kosten der Materien, die durch die Umsetzung seiner Organe entstanden sind, und ähnlich wie der Löwe, der Tiger, die Hyäne in den Kasten unserer Menagerien durch unaufhör- liche Bewegung den Umsatz ihrer Gebilde beschleunigen müssen, um den zur Respiration nöthigen Stoff zu erzeugen, muß sich der Indianer, des nämlichen Zweckes wegen, den größten An- strengungen und mühevollsten Beschwerden unterziehen; er muß Kraft verbrauchen, lediglich um Stoff zum Athmen zu schaffen.
Die Cultur ist die Oekonomie der Kraft; die Wissenschaft lehrt uns die einfachsten Mittel erkennen, um mit dem gering- sten Aufwand von Kraft den größten Effect zu erzielen, und mit gegebenen Mitteln ein Maximum von Kraft hervorzu- bringen. Eine jede unnütze Kraftäußerung, eine jede Kraft- verschwendung in der Agricultur, in der Industrie und der Wissenschaft, so wie im Staate, characterisirt die Rohheit oder den Mangel an Cultur.
XV.
Die Vergleichung der Zusammensetzung des Urins der fleisch- und pflanzenfressenden Thiere zeigt auf eine evidente Weise, daß der Act der Umsetzung der Gebilde in beiden in der Zeit und Form verschieden ist.
Reſpiration und Ernährung.
dern in dem Pflanzenfibrin, -Albumin und -Caſein noch über- dies unſer Blut, aus dem ſich die übrigen Beſtandtheile des Körpers entwickeln.
Der fleiſcheſſende Menſch athmet wie das fleiſchfreſſende Thier auf Koſten der Materien, die durch die Umſetzung ſeiner Organe entſtanden ſind, und ähnlich wie der Löwe, der Tiger, die Hyäne in den Kaſten unſerer Menagerien durch unaufhör- liche Bewegung den Umſatz ihrer Gebilde beſchleunigen müſſen, um den zur Reſpiration nöthigen Stoff zu erzeugen, muß ſich der Indianer, des nämlichen Zweckes wegen, den größten An- ſtrengungen und mühevollſten Beſchwerden unterziehen; er muß Kraft verbrauchen, lediglich um Stoff zum Athmen zu ſchaffen.
Die Cultur iſt die Oekonomie der Kraft; die Wiſſenſchaft lehrt uns die einfachſten Mittel erkennen, um mit dem gering- ſten Aufwand von Kraft den größten Effect zu erzielen, und mit gegebenen Mitteln ein Maximum von Kraft hervorzu- bringen. Eine jede unnütze Kraftäußerung, eine jede Kraft- verſchwendung in der Agricultur, in der Induſtrie und der Wiſſenſchaft, ſo wie im Staate, characteriſirt die Rohheit oder den Mangel an Cultur.
XV.
Die Vergleichung der Zuſammenſetzung des Urins der fleiſch- und pflanzenfreſſenden Thiere zeigt auf eine evidente Weiſe, daß der Act der Umſetzung der Gebilde in beiden in der Zeit und Form verſchieden iſt.
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Reſpiration und Ernährung.
dern in dem Pflanzenfibrin, -Albumin und -Caſein noch über-
dies unſer Blut, aus dem ſich die übrigen Beſtandtheile des
Körpers entwickeln.
Der fleiſcheſſende Menſch athmet wie das fleiſchfreſſende
Thier auf Koſten der Materien, die durch die Umſetzung ſeiner
Organe entſtanden ſind, und ähnlich wie der Löwe, der Tiger,
die Hyäne in den Kaſten unſerer Menagerien durch unaufhör-
liche Bewegung den Umſatz ihrer Gebilde beſchleunigen müſſen,
um den zur Reſpiration nöthigen Stoff zu erzeugen, muß ſich
der Indianer, des nämlichen Zweckes wegen, den größten An-
ſtrengungen und mühevollſten Beſchwerden unterziehen; er muß
Kraft verbrauchen, lediglich um Stoff zum Athmen zu ſchaffen.
Die Cultur iſt die Oekonomie der Kraft; die Wiſſenſchaft
lehrt uns die einfachſten Mittel erkennen, um mit dem gering-
ſten Aufwand von Kraft den größten Effect zu erzielen, und
mit gegebenen Mitteln ein Maximum von Kraft hervorzu-
bringen. Eine jede unnütze Kraftäußerung, eine jede Kraft-
verſchwendung in der Agricultur, in der Induſtrie und der
Wiſſenſchaft, ſo wie im Staate, characteriſirt die Rohheit
oder den Mangel an Cultur.
XV.
Die Vergleichung der Zuſammenſetzung des Urins der
fleiſch- und pflanzenfreſſenden Thiere zeigt auf eine evidente
Weiſe, daß der Act der Umſetzung der Gebilde in beiden in
der Zeit und Form verſchieden iſt.
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/103>, abgerufen am 21.02.2025.
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