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Leupold, Jacob: Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften. Leipzig, 1724.

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Cap. XX. von der Krafft des Wassers. Tab. LVI.
§. 441.

Weil diese Wissenschafft bey Wasser-Künsten, absonderlich Druck-Wercken,
höchst-nöthig und unentbehrlich, denen meisten Kunst-Meistern aber solches un-
wissend ist, so will ein Exempel auf ein Druck-Werck geben.

Solches ist in Profil Fig. VII. entworffen, und A B C D in Cylinder oder
Stieffel 6 Zoll weit, so auf einen Fuß Höhe über 10 Pfund Wasser hält, E F eine Röhre,
darinnen es steiget, und nur eines Zolls weit, aber 5 Fuß hoch ist. Wenn ihr nun wissen wol-
let, wie viel Krafft ihr auf den Kolben G ohne die Friction nöthig habt, das Wasser in F
die 5 Fuß hoch hinauf zu treiben durch den Kolben G, so verfahret also: Erstlich findet ihr,
nach der vorstehenden Tabelle, daß ein Stiefel 1 Zoll weit und 1 Fuß hoch, etwas über 8 Loth
1 Qventl. Wasser hat; wir wollen aber auf den halben Fuß, an der 6 Zoll ietzo nur 4 Loth,
wegen Deutlichkeit, nehmen, also wird auch auf 6 Zoll Höhe in der Steig-Röhre E F et-
wa 4 Loth Wasser seyn, so daß es auf alle 5 Fuß bey ein Pfund und etliche Loth beträget, ge-
setzt es wäre auch 2 Pfund, so wird der unerfahrne Kunst-Meister vermeynen, wenn er zwey
oder drey Pfund (und was noch zur Friction nöthig) Krafft an Kolben anwendete, oder so
viel Gewicht auf die Kolben-Stange G a leget, würde es das Wasser bis in F treiben können,
alleine die Probe wird weisen, daß er über 46 Pfund haben muß.

§. 442.

Weil nach vorhergehenden Experimenten ihr das Wasser in der Röhren E F eben
so starck als im Stieffel A B oder als eine Röhre von 6 Zoll weit rechnen müsset, also
sind von H bis J auf 6 Zoll bey 4 Pfund 21 Loth, bis K 9 Pfund 10 Loth, bis L
13 Pfund 31 Loth, und so fort, bis in S 46 Pfund 18 Loth Widerstand, da doch nicht viel mehr
als etwa 1 Pfund Wasser würcklich in der Röhre H F ist. Hieraus lernet, woher es öff-
ters kommet, daß bey Wasser-Künsten und Druck-Wercken weder Stiefel noch Röhren halten
wollen, weil die Stiefel so weit und das Wasser so hoch steigen muß. Denn wenn in einem
6-zolligen Stiefel das Wasser durch ein Druck-Werck oder Feuer-Spritze nur 40 Ellen hoch
steigen oder treiben soll, so wird der Kolben von mehr als von 373 Pfund Gewalt zurück ge-
halten, da doch nicht viel über 3 Pfund in der Steig-Röhre zum Gegen-Gewicht stehet. Sol-
te es aber 100 Ellen hoch seyn, würde 934 Pfund erfodert, und in der Steig-Röhre noch nicht
26 Pfund seyn.

§. 443.

Eben diese Bewandnis hat es auch bey denen Kolben-Künsten in Bergwercken, da
man das Wasser nach der Weite der Kolben-Röhre durchaus bis zum Ausguß in einer Weite
zu rechnen, ohneracht die Kolben-Röhre meist nicht weniger als 1 Fuß in Diametro hat, die
Aufsätz- und Ausguß-Röhren nur 6 Zoll, daher allemahl wenigstens noch einmahl so viel Krafft
als Wasser vorhanden, nöthig ist.

§. 444.

Hierbey muß anführen, wie ich unlängst gesehen, daß eine vornehme Person sich vor-
genommen höltzerne Feuer-Spritzen machen zu lassen, die wohlfeil und von sehr guten Ef-
fect
seyn solten. Die gantze Spritze, Stieffel, Kolben, Röhre, und dergleichen, war von
Holtze, und welches sonderlich zu mercken: der viereckigte Stieffel war bey 1 Fuß weit. Wol-
len wir rechnen auf 1 Cubic-Fuß Wasser 48 Pfund, nach Leipziger Zoll, so müste auf dem
Kolben 26 Centner Krafft appliciret werden, wenn das Wasser nur 30 Ellen hoch, so doch
wenig ist, steigen oder spritzen solte, welches die Machine, wenn sie auch von Metall wäre,
nicht ausstehen würde, geschweige denn von schwachen Holtz. Daraus zu sehen, wie leicht sich
einer vergehen kan, wenn er keine Fundamenta hat. Es gieng auch diese Spritze bey der

Probe
Cap. XX. von der Krafft des Waſſers. Tab. LVI.
§. 441.

Weil dieſe Wiſſenſchafft bey Waſſer-Kuͤnſten, abſonderlich Druck-Wercken,
hoͤchſt-noͤthig und unentbehrlich, denen meiſten Kunſt-Meiſtern aber ſolches un-
wiſſend iſt, ſo will ein Exempel auf ein Druck-Werck geben.

Solches iſt in Profil Fig. VII. entworffen, und A B C D in Cylinder oder
Stieffel 6 Zoll weit, ſo auf einen Fuß Hoͤhe uͤber 10 Pfund Waſſer haͤlt, E F eine Roͤhre,
darinnen es ſteiget, und nur eines Zolls weit, aber 5 Fuß hoch iſt. Wenn ihr nun wiſſen wol-
let, wie viel Krafft ihr auf den Kolben G ohne die Friction noͤthig habt, das Waſſer in F
die 5 Fuß hoch hinauf zu treiben durch den Kolben G, ſo verfahret alſo: Erſtlich findet ihr,
nach der vorſtehenden Tabelle, daß ein Stiefel 1 Zoll weit und 1 Fuß hoch, etwas uͤber 8 Loth
1 Qventl. Waſſer hat; wir wollen aber auf den halben Fuß, an der 6 Zoll ietzo nur 4 Loth,
wegen Deutlichkeit, nehmen, alſo wird auch auf 6 Zoll Hoͤhe in der Steig-Roͤhre E F et-
wa 4 Loth Waſſer ſeyn, ſo daß es auf alle 5 Fuß bey ein Pfund und etliche Loth betraͤget, ge-
ſetzt es waͤre auch 2 Pfund, ſo wird der unerfahrne Kunſt-Meiſter vermeynen, wenn er zwey
oder drey Pfund (und was noch zur Friction noͤthig) Krafft an Kolben anwendete, oder ſo
viel Gewicht auf die Kolben-Stange G a leget, wuͤrde es das Waſſer bis in F treiben koͤnnen,
alleine die Probe wird weiſen, daß er uͤber 46 Pfund haben muß.

§. 442.

Weil nach vorhergehenden Experimenten ihr das Waſſer in der Roͤhren E F eben
ſo ſtarck als im Stieffel A B oder als eine Roͤhre von 6 Zoll weit rechnen muͤſſet, alſo
ſind von H bis J auf 6 Zoll bey 4 Pfund 21 Loth, bis K 9 Pfund 10 Loth, bis L
13 Pfund 31 Loth, und ſo fort, bis in S 46 Pfund 18 Loth Widerſtand, da doch nicht viel mehr
als etwa 1 Pfund Waſſer wuͤrcklich in der Roͤhre H F iſt. Hieraus lernet, woher es oͤff-
ters kommet, daß bey Waſſer-Kuͤnſten und Druck-Wercken weder Stiefel noch Roͤhren halten
wollen, weil die Stiefel ſo weit und das Waſſer ſo hoch ſteigen muß. Denn wenn in einem
6-zolligen Stiefel das Waſſer durch ein Druck-Werck oder Feuer-Spritze nur 40 Ellen hoch
ſteigen oder treiben ſoll, ſo wird der Kolben von mehr als von 373 Pfund Gewalt zuruͤck ge-
halten, da doch nicht viel uͤber 3 Pfund in der Steig-Roͤhre zum Gegen-Gewicht ſtehet. Sol-
te es aber 100 Ellen hoch ſeyn, wuͤrde 934 Pfund erfodert, und in der Steig-Roͤhre noch nicht
26 Pfund ſeyn.

§. 443.

Eben dieſe Bewandnis hat es auch bey denen Kolben-Kuͤnſten in Bergwercken, da
man das Waſſer nach der Weite der Kolben-Roͤhre durchaus bis zum Ausguß in einer Weite
zu rechnen, ohneracht die Kolben-Roͤhre meiſt nicht weniger als 1 Fuß in Diametro hat, die
Aufſaͤtz- und Ausguß-Roͤhren nur 6 Zoll, daher allemahl wenigſtens noch einmahl ſo viel Krafft
als Waſſer vorhanden, noͤthig iſt.

§. 444.

Hierbey muß anfuͤhren, wie ich unlaͤngſt geſehen, daß eine vornehme Perſon ſich vor-
genommen hoͤltzerne Feuer-Spritzen machen zu laſſen, die wohlfeil und von ſehr guten Ef-
fect
ſeyn ſolten. Die gantze Spritze, Stieffel, Kolben, Roͤhre, und dergleichen, war von
Holtze, und welches ſonderlich zu mercken: der viereckigte Stieffel war bey 1 Fuß weit. Wol-
len wir rechnen auf 1 Cubic-Fuß Waſſer 48 Pfund, nach Leipziger Zoll, ſo muͤſte auf dem
Kolben 26 Centner Krafft appliciret werden, wenn das Waſſer nur 30 Ellen hoch, ſo doch
wenig iſt, ſteigen oder ſpritzen ſolte, welches die Machine, wenn ſie auch von Metall waͤre,
nicht ausſtehen wuͤrde, geſchweige denn von ſchwachen Holtz. Daraus zu ſehen, wie leicht ſich
einer vergehen kan, wenn er keine Fundamenta hat. Es gieng auch dieſe Spritze bey der

Probe
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[171/0191] Cap. XX. von der Krafft des Waſſers. Tab. LVI. §. 441. Weil dieſe Wiſſenſchafft bey Waſſer-Kuͤnſten, abſonderlich Druck-Wercken, hoͤchſt-noͤthig und unentbehrlich, denen meiſten Kunſt-Meiſtern aber ſolches un- wiſſend iſt, ſo will ein Exempel auf ein Druck-Werck geben. Solches iſt in Profil Fig. VII. entworffen, und A B C D in Cylinder oder Stieffel 6 Zoll weit, ſo auf einen Fuß Hoͤhe uͤber 10 Pfund Waſſer haͤlt, E F eine Roͤhre, darinnen es ſteiget, und nur eines Zolls weit, aber 5 Fuß hoch iſt. Wenn ihr nun wiſſen wol- let, wie viel Krafft ihr auf den Kolben G ohne die Friction noͤthig habt, das Waſſer in F die 5 Fuß hoch hinauf zu treiben durch den Kolben G, ſo verfahret alſo: Erſtlich findet ihr, nach der vorſtehenden Tabelle, daß ein Stiefel 1 Zoll weit und 1 Fuß hoch, etwas uͤber 8 Loth 1 Qventl. Waſſer hat; wir wollen aber auf den halben Fuß, an der 6 Zoll ietzo nur 4 Loth, wegen Deutlichkeit, nehmen, alſo wird auch auf 6 Zoll Hoͤhe in der Steig-Roͤhre E F et- wa 4 Loth Waſſer ſeyn, ſo daß es auf alle 5 Fuß bey ein Pfund und etliche Loth betraͤget, ge- ſetzt es waͤre auch 2 Pfund, ſo wird der unerfahrne Kunſt-Meiſter vermeynen, wenn er zwey oder drey Pfund (und was noch zur Friction noͤthig) Krafft an Kolben anwendete, oder ſo viel Gewicht auf die Kolben-Stange G a leget, wuͤrde es das Waſſer bis in F treiben koͤnnen, alleine die Probe wird weiſen, daß er uͤber 46 Pfund haben muß. §. 442. Weil nach vorhergehenden Experimenten ihr das Waſſer in der Roͤhren E F eben ſo ſtarck als im Stieffel A B oder als eine Roͤhre von 6 Zoll weit rechnen muͤſſet, alſo ſind von H bis J auf 6 Zoll bey 4 Pfund 21 Loth, bis K 9 Pfund 10 Loth, bis L 13 Pfund 31 Loth, und ſo fort, bis in S 46 Pfund 18 Loth Widerſtand, da doch nicht viel mehr als etwa 1 Pfund Waſſer wuͤrcklich in der Roͤhre H F iſt. Hieraus lernet, woher es oͤff- ters kommet, daß bey Waſſer-Kuͤnſten und Druck-Wercken weder Stiefel noch Roͤhren halten wollen, weil die Stiefel ſo weit und das Waſſer ſo hoch ſteigen muß. Denn wenn in einem 6-zolligen Stiefel das Waſſer durch ein Druck-Werck oder Feuer-Spritze nur 40 Ellen hoch ſteigen oder treiben ſoll, ſo wird der Kolben von mehr als von 373 Pfund Gewalt zuruͤck ge- halten, da doch nicht viel uͤber 3 Pfund in der Steig-Roͤhre zum Gegen-Gewicht ſtehet. Sol- te es aber 100 Ellen hoch ſeyn, wuͤrde 934 Pfund erfodert, und in der Steig-Roͤhre noch nicht 26 Pfund ſeyn. §. 443. Eben dieſe Bewandnis hat es auch bey denen Kolben-Kuͤnſten in Bergwercken, da man das Waſſer nach der Weite der Kolben-Roͤhre durchaus bis zum Ausguß in einer Weite zu rechnen, ohneracht die Kolben-Roͤhre meiſt nicht weniger als 1 Fuß in Diametro hat, die Aufſaͤtz- und Ausguß-Roͤhren nur 6 Zoll, daher allemahl wenigſtens noch einmahl ſo viel Krafft als Waſſer vorhanden, noͤthig iſt. §. 444. Hierbey muß anfuͤhren, wie ich unlaͤngſt geſehen, daß eine vornehme Perſon ſich vor- genommen hoͤltzerne Feuer-Spritzen machen zu laſſen, die wohlfeil und von ſehr guten Ef- fect ſeyn ſolten. Die gantze Spritze, Stieffel, Kolben, Roͤhre, und dergleichen, war von Holtze, und welches ſonderlich zu mercken: der viereckigte Stieffel war bey 1 Fuß weit. Wol- len wir rechnen auf 1 Cubic-Fuß Waſſer 48 Pfund, nach Leipziger Zoll, ſo muͤſte auf dem Kolben 26 Centner Krafft appliciret werden, wenn das Waſſer nur 30 Ellen hoch, ſo doch wenig iſt, ſteigen oder ſpritzen ſolte, welches die Machine, wenn ſie auch von Metall waͤre, nicht ausſtehen wuͤrde, geſchweige denn von ſchwachen Holtz. Daraus zu ſehen, wie leicht ſich einer vergehen kan, wenn er keine Fundamenta hat. Es gieng auch dieſe Spritze bey der Probe

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Zitationshilfe: Leupold, Jacob: Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften. Leipzig, 1724, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leupold_theatrum_1724/191>, abgerufen am 25.11.2024.