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Leupold, Jacob: Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften. Leipzig, 1724.

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Cap. XX. von der Krafft des Wassers. Tab. LVI.
physicalische und mechanische Wissenschafften, Speculationes und Experi-
menta,
weil da vieles auch auf die Probe ankommet. Es finden sich aber
diese Stücke bey vielen nicht beysammen, entweder es fehlen die mathemati-
schen und physicalischen Wissenschafften; oder es fehlet die Mechanic, oder
Zeit, Gelegenheit und Unkosten
.
Zum 2.) Weil die Gelehrten sich eine geraume Zeit wenig um diese Dinge bey der
Mechanic bekümmert, worzu Ursache giebet, daß sie niemahlen oder selten
Gelegenheit haben, dergleichen zu sehen, zu untersuchen, oder auch selbsten zu
practiciren
.
Zum 3.) Weil diese mechanische Arbeit meist eintzig und allein die so genannten
Kunst-Meister, Müller, und ihres gleichen verrichtet, die weiter nichts, als
was sie etwa aus der Erfahrung gelernet, gewust, und in Ermangelung derer
nöthigen Fundamente, nicht weiter kommen können
.
Und weil 4.) ein jeder, nicht nur von diesen Leuthen, sondern auch andern Künst-
lern, die hierinnen was gefunden, es als eine Geheimniß und aus Neid bey
sich behalten, auch mit sich ersterben lassen
.
§. 407.

Wer Mühlen und Kunst-Wercke bauen will, die durch die Gewalt des Wassers
sollen getrieben werden, muß vor allen Dingen die Schwehre, Schnelligkeit und Krafft,
die es durch die Höhe des Strohms selbst und den Fall bekömmet, wissen, wie es horizon-
tal, perpendicular,
und auf dem Plano inclinato, oder schreg-liegenden Fläche, stehet,
lauffet, und seine Schnelligkeit vermehret.

Absonderlich ist zu untersuchen und zu wissen nöthig dessen Krafft bey den Wasser-
Rädern
, so wohl über- als unter-schlechtig, wie auch bey den horizontalen Rädern.

§. 408.

Wenn das Wasser eine Machine bewegen soll, so muß es durch dessen Fall oder Stoß
geschehen, denn ohne den Fall ist das Wasser gleichsam todt oder vielmehr krafftloß; und da-
hero je höher das Wasser zu fallen hat, je mehr Krafft es ausüben kan. Es wird aber durch
den Fall nicht nur verstanden, wenn das Wasser perpendicular herab fället, als auf ein
überschlächtiges Rad sondern auch wenn solches auf einem Plano inclinato herab lauffet, als
wie bey denen unterschlächtigen Rädern, oder nur gar wie es in dem ordentlichen Strohm oder
Wasser-Strasse fortlauffet, und gleichwohl einige Gewalt thut, wie an denen Schiff-Mühlen.

§. 409.

Inzwischen ist alle Berechnung nach der Höhe des Falls, und nach der Schwehre des
Wassers anzustellen, derowegegen müsset ihr zum allerersten bekümmert seyn, wie schwehr
das Wasser ist, und dieses muß vermittelst eines gewissen Maases und Gewichtes erlanget wer-
den. Solch Maas ist entweder Cylindrisch oder Cubisch; durch den Cylinder wird ver-
standen, wenn man eine runde und gleichweite Röhre nimmet, solche voll Wasser giesset,
das Wasser wieget, und die Röhre mit einem Maasstab ausmisset, wie weit und tieff solche ist;
das Cubic-Maas ist, wenn man einen Kasten machet von Holtz, besser aber von Metall,
der entweder einen gantzen oder halben Fuß weit, lang und tieff ist, und dessen Wasser ausmis-
set oder wieget.

§. 410.

Ein Cubus ist ein regulairer Cörper, oder gleichseitiger und viereckigter Würffel, der
6 gleich-grosse Seiten oder Flächen hat, also ein Cubic-Fuß Wasser ist ein Gefässe, so 12

Zoll
Cap. XX. von der Krafft des Waſſers. Tab. LVI.
phyſicaliſche und mechaniſche Wiſſenſchafften, Speculationes und Experi-
menta,
weil da vieles auch auf die Probe ankommet. Es finden ſich aber
dieſe Stuͤcke bey vielen nicht beyſammen, entweder es fehlen die mathemati-
ſchen und phyſicaliſchen Wiſſenſchafften; oder es fehlet die Mechanic, oder
Zeit, Gelegenheit und Unkoſten
.
Zum 2.) Weil die Gelehrten ſich eine geraume Zeit wenig um dieſe Dinge bey der
Mechanic bekuͤmmert, worzu Urſache giebet, daß ſie niemahlen oder ſelten
Gelegenheit haben, dergleichen zu ſehen, zu unterſuchen, oder auch ſelbſten zu
practiciren
.
Zum 3.) Weil dieſe mechaniſche Arbeit meiſt eintzig und allein die ſo genannten
Kunſt-Meiſter, Muͤller, und ihres gleichen verrichtet, die weiter nichts, als
was ſie etwa aus der Erfahrung gelernet, gewuſt, und in Ermangelung derer
noͤthigen Fundamente, nicht weiter kommen koͤnnen
.
Und weil 4.) ein jeder, nicht nur von dieſen Leuthen, ſondern auch andern Kuͤnſt-
lern, die hierinnen was gefunden, es als eine Geheimniß und aus Neid bey
ſich behalten, auch mit ſich erſterben laſſen
.
§. 407.

Wer Muͤhlen und Kunſt-Wercke bauen will, die durch die Gewalt des Waſſers
ſollen getrieben werden, muß vor allen Dingen die Schwehre, Schnelligkeit und Krafft,
die es durch die Hoͤhe des Strohms ſelbſt und den Fall bekoͤmmet, wiſſen, wie es horizon-
tal, perpendicular,
und auf dem Plano inclinato, oder ſchreg-liegenden Flaͤche, ſtehet,
lauffet, und ſeine Schnelligkeit vermehret.

Abſonderlich iſt zu unterſuchen und zu wiſſen noͤthig deſſen Krafft bey den Waſſer-
Raͤdern
, ſo wohl uͤber- als unter-ſchlechtig, wie auch bey den horizontalen Raͤdern.

§. 408.

Wenn das Waſſer eine Machine bewegen ſoll, ſo muß es durch deſſen Fall oder Stoß
geſchehen, denn ohne den Fall iſt das Waſſer gleichſam todt oder vielmehr krafftloß; und da-
hero je hoͤher das Waſſer zu fallen hat, je mehr Krafft es ausuͤben kan. Es wird aber durch
den Fall nicht nur verſtanden, wenn das Waſſer perpendicular herab faͤllet, als auf ein
uͤberſchlaͤchtiges Rad ſondern auch wenn ſolches auf einem Plano inclinato herab lauffet, als
wie bey denen unterſchlaͤchtigen Raͤdern, oder nur gar wie es in dem ordentlichen Strohm oder
Waſſer-Straſſe fortlauffet, und gleichwohl einige Gewalt thut, wie an denen Schiff-Muͤhlen.

§. 409.

Inzwiſchen iſt alle Berechnung nach der Hoͤhe des Falls, und nach der Schwehre des
Waſſers anzuſtellen, derowegegen muͤſſet ihr zum allererſten bekuͤmmert ſeyn, wie ſchwehr
das Waſſer iſt, und dieſes muß vermittelſt eines gewiſſen Maaſes und Gewichtes erlanget wer-
den. Solch Maas iſt entweder Cylindriſch oder Cubiſch; durch den Cylinder wird ver-
ſtanden, wenn man eine runde und gleichweite Roͤhre nimmet, ſolche voll Waſſer gieſſet,
das Waſſer wieget, und die Roͤhre mit einem Maasſtab ausmiſſet, wie weit und tieff ſolche iſt;
das Cubic-Maas iſt, wenn man einen Kaſten machet von Holtz, beſſer aber von Metall,
der entweder einen gantzen oder halben Fuß weit, lang und tieff iſt, und deſſen Waſſer ausmiſ-
ſet oder wieget.

§. 410.

Ein Cubus iſt ein regulairer Coͤrper, oder gleichſeitiger und viereckigter Wuͤrffel, der
6 gleich-groſſe Seiten oder Flaͤchen hat, alſo ein Cubic-Fuß Waſſer iſt ein Gefaͤſſe, ſo 12

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[163/0183] Cap. XX. von der Krafft des Waſſers. Tab. LVI. phyſicaliſche und mechaniſche Wiſſenſchafften, Speculationes und Experi- menta, weil da vieles auch auf die Probe ankommet. Es finden ſich aber dieſe Stuͤcke bey vielen nicht beyſammen, entweder es fehlen die mathemati- ſchen und phyſicaliſchen Wiſſenſchafften; oder es fehlet die Mechanic, oder Zeit, Gelegenheit und Unkoſten. Zum 2.) Weil die Gelehrten ſich eine geraume Zeit wenig um dieſe Dinge bey der Mechanic bekuͤmmert, worzu Urſache giebet, daß ſie niemahlen oder ſelten Gelegenheit haben, dergleichen zu ſehen, zu unterſuchen, oder auch ſelbſten zu practiciren. Zum 3.) Weil dieſe mechaniſche Arbeit meiſt eintzig und allein die ſo genannten Kunſt-Meiſter, Muͤller, und ihres gleichen verrichtet, die weiter nichts, als was ſie etwa aus der Erfahrung gelernet, gewuſt, und in Ermangelung derer noͤthigen Fundamente, nicht weiter kommen koͤnnen. Und weil 4.) ein jeder, nicht nur von dieſen Leuthen, ſondern auch andern Kuͤnſt- lern, die hierinnen was gefunden, es als eine Geheimniß und aus Neid bey ſich behalten, auch mit ſich erſterben laſſen. §. 407. Wer Muͤhlen und Kunſt-Wercke bauen will, die durch die Gewalt des Waſſers ſollen getrieben werden, muß vor allen Dingen die Schwehre, Schnelligkeit und Krafft, die es durch die Hoͤhe des Strohms ſelbſt und den Fall bekoͤmmet, wiſſen, wie es horizon- tal, perpendicular, und auf dem Plano inclinato, oder ſchreg-liegenden Flaͤche, ſtehet, lauffet, und ſeine Schnelligkeit vermehret. Abſonderlich iſt zu unterſuchen und zu wiſſen noͤthig deſſen Krafft bey den Waſſer- Raͤdern, ſo wohl uͤber- als unter-ſchlechtig, wie auch bey den horizontalen Raͤdern. §. 408. Wenn das Waſſer eine Machine bewegen ſoll, ſo muß es durch deſſen Fall oder Stoß geſchehen, denn ohne den Fall iſt das Waſſer gleichſam todt oder vielmehr krafftloß; und da- hero je hoͤher das Waſſer zu fallen hat, je mehr Krafft es ausuͤben kan. Es wird aber durch den Fall nicht nur verſtanden, wenn das Waſſer perpendicular herab faͤllet, als auf ein uͤberſchlaͤchtiges Rad ſondern auch wenn ſolches auf einem Plano inclinato herab lauffet, als wie bey denen unterſchlaͤchtigen Raͤdern, oder nur gar wie es in dem ordentlichen Strohm oder Waſſer-Straſſe fortlauffet, und gleichwohl einige Gewalt thut, wie an denen Schiff-Muͤhlen. §. 409. Inzwiſchen iſt alle Berechnung nach der Hoͤhe des Falls, und nach der Schwehre des Waſſers anzuſtellen, derowegegen muͤſſet ihr zum allererſten bekuͤmmert ſeyn, wie ſchwehr das Waſſer iſt, und dieſes muß vermittelſt eines gewiſſen Maaſes und Gewichtes erlanget wer- den. Solch Maas iſt entweder Cylindriſch oder Cubiſch; durch den Cylinder wird ver- ſtanden, wenn man eine runde und gleichweite Roͤhre nimmet, ſolche voll Waſſer gieſſet, das Waſſer wieget, und die Roͤhre mit einem Maasſtab ausmiſſet, wie weit und tieff ſolche iſt; das Cubic-Maas iſt, wenn man einen Kaſten machet von Holtz, beſſer aber von Metall, der entweder einen gantzen oder halben Fuß weit, lang und tieff iſt, und deſſen Waſſer ausmiſ- ſet oder wieget. §. 410. Ein Cubus iſt ein regulairer Coͤrper, oder gleichſeitiger und viereckigter Wuͤrffel, der 6 gleich-groſſe Seiten oder Flaͤchen hat, alſo ein Cubic-Fuß Waſſer iſt ein Gefaͤſſe, ſo 12 Zoll

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Zitationshilfe: Leupold, Jacob: Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften. Leipzig, 1724, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leupold_theatrum_1724/183>, abgerufen am 25.11.2024.