Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschichte des dritten Bischof Alberts, achtes Jahr,
1205nigen andern, vorbesagtes Schloß Holme, es voraus zu besetzen, damit die Li-
ven
nicht nachgehends Russen und Heiden zusammen rufen und den Christen
sich widersetzen könten. Die Aeltesten aber aus Holme nahm der Bischof nachher
mit sich nach Deutschland, damit sie, wenn sie den Wandel der Christen da-
selbst sähen und hörten, lernten gläubig werden, die sie immer ungläubig gewesen
waren.

f) Von diesen kan Bangert über Arnold von Lübek l. 6. c. 20. nachgelesen werden.
Siehe Anno 1186. n. 6.
g) Der Bischof bedient sich seines Sieges mit Mäßigung. Er schenket nicht nur den Ge-
fangenen das Leben, sondern auch die Freyheit, da er sie doch dem Völkerrechte nach zu
Knechten machen können, §. 3 & 4. T. de jur. person. ja er schickt sie nach Sachsen,
um sie zu einer gesittetern Lebensart zu gewöhnen. Härter war Karl der Grosse: und
noch grausamer die ersten Kreutzfahrer nach dem gelobten Lande. Denn jener wolte
Anno 1282 bey Verden 4500 Sachsen auf einem Flecke und an einem Tage den Kopf
abgeschlagen wissen: diese liessen 8000 Türken vor den Mauren der Stadt Acra
über die Klinge springen, wie Gottfried von Cöln meldet bey dem Jahr 1191.
h) Das Wort Coggones braucht unser Verfasser ein und das andre mal, für Lastschiffe.
§. 10.

Die Rigischen dachten nach diesem an alle Beleidigungen, so ihnen die noch
heidnischen Einwohner von Thoreida zugefüget, wie auch an den so oftmals
von jenen gebrochnen Frieden, und riefen die Semgallen zu Hülfe, um an ih-
ren Feinden sich zu rächen. Es hatten aber die Semgallen eine beständige Feind-
schaft gegen die von Thoreida; daher freueten sie sich und stiessen alsbald unter
ihrem Fürsten Westhard, etwan 3000 Mann stark, zu den Rigischen. Als
sie an die Coiwa i) kamen, theilten sie ihre Armee, und gaben dem Landesältesten
Caupo, der Heerführer war, die Helfte: (denn nachdem er von Rom kam,
war er sehr gläubig und beständig geworden, hatte aber wegen der Verfolgung von
den Liven, seine Zuflucht in die Stadt genommen, die Deutsche Sprache ge-
lernet, und fast*) über ein ganzes Jahr bey den Christen sich aufgehalten.) Die
andre Helfte det Armee fertigten sie nach dem Schlosse des Dabrel k) ab. Caupo
rückte mit seinem Heere gegen sein Schloß, in welchem seine noch heidnischen Ver-
wandten und Freunde sich befanden. Wie nun diese die Armee schnel und unver-
hoft ankommen sahen, übernahm sie die Furcht, und nur wenige aus ihnen stiegen
auf die Wälle das Schloß zu vertheidigen. Die meisten sprungen hinten über das
Schloß und nahmen die Flucht nach Wäldern und Gebirgen. Die Christen
aber wagten einen tapfern Sturm, und erstiegen es endlich beherzt, schlugen die Fein-
de, jagten sie vom Walle herunter, und eroberten das Schloß. Sie verfolgten
die Heiden von allen Seiten im Schlosse, machten ungefähr funfzig von ihnen nie-
der; die übrigen waren mit der Flucht entkommen. Also schlepten sie alle Sachen
nebst vieler Beute weg, und steckten das Schloß in Brand. Als aber die auf der
andern Seite der Coiwe stehenden Liven in dem Schlosse Dabrels Rauch und
Feuer aufsteigen und des Caupo Schloß brennen sahen, waren sie in Sorgen, es
möchte ihnen und ihrem Schlosse auch so gehen: daher kamen sie mit einander ins
Schloß, stiegen auf den Wall, erwarteten ihre Feinde, und thaten bey deren An-
kunft eine tapfere Gegenwehr. Denn Dabrel ihr Landesältester sprach ihnen
einen Muth ein, und machte sie beherzt, wie ehmals die Philister sagten: So seyd
nun getrost und Männer, ihr Philister, und streitet, daß ihr nicht den Hebräern
dienen müsset, 1 B. Sam. 4, 9. Die Pilger aber stürmten mit den Sem-
gallen
das Schloß den ganzen Tag, und konten es nicht einbekommen; und ob
gleich einige auf der andern Seite es mit wenigen andern zu ersteigen suchten: so
musten sie doch fünfe**) der ihrigen, so von den Liven getödtet wurden, im Stich
lassen. Doch da sie befanden, das Schloß sey veste und nicht zu erobern, zogen

sie
*) An stat, fere per totum annum, lese ich, super totum annum, üben ein ganzes Jahr.
**) Für cum suis sociis list die Revelsche Abschrift: Quinque e suis.

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, achtes Jahr,
1205nigen andern, vorbeſagtes Schloß Holme, es voraus zu beſetzen, damit die Li-
ven
nicht nachgehends Ruſſen und Heiden zuſammen rufen und den Chriſten
ſich widerſetzen koͤnten. Die Aelteſten aber aus Holme nahm der Biſchof nachher
mit ſich nach Deutſchland, damit ſie, wenn ſie den Wandel der Chriſten da-
ſelbſt ſaͤhen und hoͤrten, lernten glaͤubig werden, die ſie immer unglaͤubig geweſen
waren.

f) Von dieſen kan Bangert uͤber Arnold von Luͤbek l. 6. c. 20. nachgeleſen werden.
Siehe Anno 1186. n. 6.
g) Der Biſchof bedient ſich ſeines Sieges mit Maͤßigung. Er ſchenket nicht nur den Ge-
fangenen das Leben, ſondern auch die Freyheit, da er ſie doch dem Voͤlkerrechte nach zu
Knechten machen koͤnnen, §. 3 & 4. T. de jur. perſon. ja er ſchickt ſie nach Sachſen,
um ſie zu einer geſittetern Lebensart zu gewoͤhnen. Haͤrter war Karl der Groſſe: und
noch grauſamer die erſten Kreutzfahrer nach dem gelobten Lande. Denn jener wolte
Anno 1282 bey Verden 4500 Sachſen auf einem Flecke und an einem Tage den Kopf
abgeſchlagen wiſſen: dieſe lieſſen 8000 Tuͤrken vor den Mauren der Stadt Acra
uͤber die Klinge ſpringen, wie Gottfried von Coͤln meldet bey dem Jahr 1191.
h) Das Wort Coggones braucht unſer Verfaſſer ein und das andre mal, fuͤr Laſtſchiffe.
§. 10.

Die Rigiſchen dachten nach dieſem an alle Beleidigungen, ſo ihnen die noch
heidniſchen Einwohner von Thoreida zugefuͤget, wie auch an den ſo oftmals
von jenen gebrochnen Frieden, und riefen die Semgallen zu Huͤlfe, um an ih-
ren Feinden ſich zu raͤchen. Es hatten aber die Semgallen eine beſtaͤndige Feind-
ſchaft gegen die von Thoreida; daher freueten ſie ſich und ſtieſſen alsbald unter
ihrem Fuͤrſten Weſthard, etwan 3000 Mann ſtark, zu den Rigiſchen. Als
ſie an die Coiwa i) kamen, theilten ſie ihre Armee, und gaben dem Landesaͤlteſten
Caupo, der Heerfuͤhrer war, die Helfte: (denn nachdem er von Rom kam,
war er ſehr glaͤubig und beſtaͤndig geworden, hatte aber wegen der Verfolgung von
den Liven, ſeine Zuflucht in die Stadt genommen, die Deutſche Sprache ge-
lernet, und faſt*) uͤber ein ganzes Jahr bey den Chriſten ſich aufgehalten.) Die
andre Helfte det Armee fertigten ſie nach dem Schloſſe des Dabrel k) ab. Caupo
ruͤckte mit ſeinem Heere gegen ſein Schloß, in welchem ſeine noch heidniſchen Ver-
wandten und Freunde ſich befanden. Wie nun dieſe die Armee ſchnel und unver-
hoft ankommen ſahen, uͤbernahm ſie die Furcht, und nur wenige aus ihnen ſtiegen
auf die Waͤlle das Schloß zu vertheidigen. Die meiſten ſprungen hinten uͤber das
Schloß und nahmen die Flucht nach Waͤldern und Gebirgen. Die Chriſten
aber wagten einen tapfern Sturm, und erſtiegen es endlich beherzt, ſchlugen die Fein-
de, jagten ſie vom Walle herunter, und eroberten das Schloß. Sie verfolgten
die Heiden von allen Seiten im Schloſſe, machten ungefaͤhr funfzig von ihnen nie-
der; die uͤbrigen waren mit der Flucht entkommen. Alſo ſchlepten ſie alle Sachen
nebſt vieler Beute weg, und ſteckten das Schloß in Brand. Als aber die auf der
andern Seite der Coiwe ſtehenden Liven in dem Schloſſe Dabrels Rauch und
Feuer aufſteigen und des Caupo Schloß brennen ſahen, waren ſie in Sorgen, es
moͤchte ihnen und ihrem Schloſſe auch ſo gehen: daher kamen ſie mit einander ins
Schloß, ſtiegen auf den Wall, erwarteten ihre Feinde, und thaten bey deren An-
kunft eine tapfere Gegenwehr. Denn Dabrel ihr Landesaͤlteſter ſprach ihnen
einen Muth ein, und machte ſie beherzt, wie ehmals die Philiſter ſagten: So ſeyd
nun getroſt und Maͤnner, ihr Philiſter, und ſtreitet, daß ihr nicht den Hebraͤern
dienen muͤſſet, 1 B. Sam. 4, 9. Die Pilger aber ſtuͤrmten mit den Sem-
gallen
das Schloß den ganzen Tag, und konten es nicht einbekommen; und ob
gleich einige auf der andern Seite es mit wenigen andern zu erſteigen ſuchten: ſo
muſten ſie doch fuͤnfe**) der ihrigen, ſo von den Liven getoͤdtet wurden, im Stich
laſſen. Doch da ſie befanden, das Schloß ſey veſte und nicht zu erobern, zogen

ſie
*) An ſtat, fere per totum annum, leſe ich, ſuper totum annum, uͤben ein ganzes Jahr.
**) Fuͤr cum ſuis ſociis liſt die Revelſche Abſchrift: Quinque e ſuis.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0082" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ge&#x017F;chichte des dritten Bi&#x017F;chof Alberts, achtes Jahr,</hi></fw><lb/><note place="left">1205</note>nigen andern, vorbe&#x017F;agtes Schloß <hi rendition="#fr">Holme,</hi> es voraus zu be&#x017F;etzen, damit die <hi rendition="#fr">Li-<lb/>
ven</hi> nicht nachgehends <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;&#x017F;en</hi> und <hi rendition="#fr">Heiden</hi> zu&#x017F;ammen rufen und den <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;ten</hi><lb/>
&#x017F;ich wider&#x017F;etzen ko&#x0364;nten. Die Aelte&#x017F;ten aber aus <hi rendition="#fr">Holme</hi> nahm der Bi&#x017F;chof nachher<lb/>
mit &#x017F;ich nach <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chland,</hi> damit &#x017F;ie, wenn &#x017F;ie den Wandel der <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;ten</hi> da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;a&#x0364;hen und ho&#x0364;rten, lernten gla&#x0364;ubig werden, die &#x017F;ie immer ungla&#x0364;ubig gewe&#x017F;en<lb/>
waren.</p><lb/>
              <note place="end" n="f)">Von die&#x017F;en kan <hi rendition="#fr">Bangert</hi> u&#x0364;ber <hi rendition="#fr">Arnold</hi> von <hi rendition="#fr">Lu&#x0364;bek</hi> <hi rendition="#aq">l. 6. c.</hi> 20. nachgele&#x017F;en werden.<lb/>
Siehe Anno 1186. <hi rendition="#aq">n.</hi> 6.</note><lb/>
              <note place="end" n="g)">Der Bi&#x017F;chof bedient &#x017F;ich &#x017F;eines Sieges mit Ma&#x0364;ßigung. Er &#x017F;chenket nicht nur den Ge-<lb/>
fangenen das Leben, &#x017F;ondern auch die Freyheit, da er &#x017F;ie doch dem Vo&#x0364;lkerrechte nach zu<lb/>
Knechten machen ko&#x0364;nnen, §. 3 &amp; 4. <hi rendition="#aq">T. de jur. per&#x017F;on.</hi> ja er &#x017F;chickt &#x017F;ie nach <hi rendition="#fr">Sach&#x017F;en,</hi><lb/>
um &#x017F;ie zu einer ge&#x017F;ittetern Lebensart zu gewo&#x0364;hnen. Ha&#x0364;rter war <hi rendition="#fr">Karl</hi> der Gro&#x017F;&#x017F;e: und<lb/>
noch grau&#x017F;amer die er&#x017F;ten <hi rendition="#fr">Kreutzfahrer</hi> nach dem gelobten Lande. Denn jener wolte<lb/>
Anno 1282 bey <hi rendition="#fr">Verden</hi> 4500 <hi rendition="#fr">Sach&#x017F;en</hi> auf einem Flecke und an einem Tage den Kopf<lb/>
abge&#x017F;chlagen wi&#x017F;&#x017F;en: die&#x017F;e lie&#x017F;&#x017F;en 8000 <hi rendition="#fr">Tu&#x0364;rken</hi> vor den Mauren der Stadt <hi rendition="#fr">Acra</hi><lb/>
u&#x0364;ber die Klinge &#x017F;pringen, wie <hi rendition="#fr">Gottfried</hi> von <hi rendition="#fr">Co&#x0364;ln</hi> meldet bey dem Jahr 1191.</note><lb/>
              <note place="end" n="h)">Das Wort <hi rendition="#fr">Coggones</hi> braucht un&#x017F;er Verfa&#x017F;&#x017F;er ein und das andre mal, fu&#x0364;r La&#x017F;t&#x017F;chiffe.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 10.</head><lb/>
              <p>Die <hi rendition="#fr">Rigi&#x017F;chen</hi> dachten nach die&#x017F;em an alle Beleidigungen, &#x017F;o ihnen die noch<lb/><hi rendition="#fr">heidni&#x017F;chen</hi> Einwohner von <hi rendition="#fr">Thoreida</hi> zugefu&#x0364;get, wie auch an den &#x017F;o oftmals<lb/>
von jenen gebrochnen Frieden, und riefen die <hi rendition="#fr">Semgallen</hi> zu Hu&#x0364;lfe, um an ih-<lb/>
ren Feinden &#x017F;ich zu ra&#x0364;chen. Es hatten aber die <hi rendition="#fr">Semgallen</hi> eine be&#x017F;ta&#x0364;ndige Feind-<lb/>
&#x017F;chaft gegen die von <hi rendition="#fr">Thoreida;</hi> daher freueten &#x017F;ie &#x017F;ich und &#x017F;tie&#x017F;&#x017F;en alsbald unter<lb/>
ihrem Fu&#x0364;r&#x017F;ten <hi rendition="#fr">We&#x017F;thard,</hi> etwan 3000 Mann &#x017F;tark, zu den <hi rendition="#fr">Rigi&#x017F;chen.</hi> Als<lb/>
&#x017F;ie an die <hi rendition="#fr">Coiwa</hi> <note place="end" n="i)"/> kamen, theilten &#x017F;ie ihre Armee, und gaben dem Landesa&#x0364;lte&#x017F;ten<lb/><hi rendition="#fr">Caupo,</hi> der Heerfu&#x0364;hrer war, die Helfte: (denn nachdem er von <hi rendition="#fr">Rom</hi> kam,<lb/>
war er &#x017F;ehr gla&#x0364;ubig und be&#x017F;ta&#x0364;ndig geworden, hatte aber wegen der Verfolgung von<lb/>
den <hi rendition="#fr">Liven,</hi> &#x017F;eine Zuflucht in die Stadt genommen, die <hi rendition="#fr">Deut&#x017F;che</hi> Sprache ge-<lb/>
lernet, und fa&#x017F;t<note place="foot" n="*)">An &#x017F;tat, <hi rendition="#aq">fere per totum annum,</hi> le&#x017F;e ich, <hi rendition="#aq">&#x017F;uper totum annum,</hi> u&#x0364;ben ein ganzes Jahr.</note> u&#x0364;ber ein ganzes Jahr bey den <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;ten</hi> &#x017F;ich aufgehalten.) Die<lb/>
andre Helfte det Armee fertigten &#x017F;ie nach dem Schlo&#x017F;&#x017F;e des <hi rendition="#fr">Dabrel</hi> <note place="end" n="k)"/> ab. <hi rendition="#fr">Caupo</hi><lb/>
ru&#x0364;ckte mit &#x017F;einem Heere gegen &#x017F;ein Schloß, in welchem &#x017F;eine noch <hi rendition="#fr">heidni&#x017F;chen</hi> Ver-<lb/>
wandten und Freunde &#x017F;ich befanden. Wie nun die&#x017F;e die Armee &#x017F;chnel und unver-<lb/>
hoft ankommen &#x017F;ahen, u&#x0364;bernahm &#x017F;ie die Furcht, und nur wenige aus ihnen &#x017F;tiegen<lb/>
auf die Wa&#x0364;lle das Schloß zu vertheidigen. Die mei&#x017F;ten &#x017F;prungen hinten u&#x0364;ber das<lb/>
Schloß und nahmen die Flucht nach Wa&#x0364;ldern und Gebirgen. Die <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;ten</hi><lb/>
aber wagten einen tapfern Sturm, und er&#x017F;tiegen es endlich beherzt, &#x017F;chlugen die Fein-<lb/>
de, jagten &#x017F;ie vom Walle herunter, und eroberten das Schloß. Sie verfolgten<lb/>
die <hi rendition="#fr">Heiden</hi> von allen Seiten im Schlo&#x017F;&#x017F;e, machten ungefa&#x0364;hr funfzig von ihnen nie-<lb/>
der; die u&#x0364;brigen waren mit der Flucht entkommen. Al&#x017F;o &#x017F;chlepten &#x017F;ie alle Sachen<lb/>
neb&#x017F;t vieler Beute weg, und &#x017F;teckten das Schloß in Brand. Als aber die auf der<lb/>
andern Seite der <hi rendition="#fr">Coiwe</hi> &#x017F;tehenden <hi rendition="#fr">Liven</hi> in dem Schlo&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">Dabrels</hi> Rauch und<lb/>
Feuer auf&#x017F;teigen und des <hi rendition="#fr">Caupo</hi> Schloß brennen &#x017F;ahen, waren &#x017F;ie in Sorgen, es<lb/>
mo&#x0364;chte ihnen und ihrem Schlo&#x017F;&#x017F;e auch &#x017F;o gehen: daher kamen &#x017F;ie mit einander ins<lb/>
Schloß, &#x017F;tiegen auf den Wall, erwarteten ihre Feinde, und thaten bey deren An-<lb/>
kunft eine tapfere Gegenwehr. Denn <hi rendition="#fr">Dabrel</hi> ihr Landesa&#x0364;lte&#x017F;ter &#x017F;prach ihnen<lb/>
einen Muth ein, und machte &#x017F;ie beherzt, wie ehmals die <hi rendition="#fr">Phili&#x017F;ter</hi> &#x017F;agten: So &#x017F;eyd<lb/>
nun getro&#x017F;t und Ma&#x0364;nner, ihr <hi rendition="#fr">Phili&#x017F;ter,</hi> und &#x017F;treitet, daß ihr nicht den <hi rendition="#fr">Hebra&#x0364;ern</hi><lb/>
dienen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, 1 B. Sam. 4, 9. Die Pilger aber &#x017F;tu&#x0364;rmten mit den <hi rendition="#fr">Sem-<lb/>
gallen</hi> das Schloß den ganzen Tag, und konten es nicht einbekommen; und ob<lb/>
gleich einige auf der andern Seite es mit wenigen andern zu er&#x017F;teigen &#x017F;uchten: &#x017F;o<lb/>
mu&#x017F;ten &#x017F;ie doch fu&#x0364;nfe<note place="foot" n="**)">Fu&#x0364;r <hi rendition="#aq">cum &#x017F;uis &#x017F;ociis</hi> li&#x017F;t die <hi rendition="#fr">Revel&#x017F;che</hi> Ab&#x017F;chrift: <hi rendition="#aq">Quinque e &#x017F;uis.</hi></note> der ihrigen, &#x017F;o von den <hi rendition="#fr">Liven</hi> geto&#x0364;dtet wurden, im Stich<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Doch da &#x017F;ie befanden, das Schloß &#x017F;ey ve&#x017F;te und nicht zu erobern, zogen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0082] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, achtes Jahr, nigen andern, vorbeſagtes Schloß Holme, es voraus zu beſetzen, damit die Li- ven nicht nachgehends Ruſſen und Heiden zuſammen rufen und den Chriſten ſich widerſetzen koͤnten. Die Aelteſten aber aus Holme nahm der Biſchof nachher mit ſich nach Deutſchland, damit ſie, wenn ſie den Wandel der Chriſten da- ſelbſt ſaͤhen und hoͤrten, lernten glaͤubig werden, die ſie immer unglaͤubig geweſen waren. 1205 f⁾ Von dieſen kan Bangert uͤber Arnold von Luͤbek l. 6. c. 20. nachgeleſen werden. Siehe Anno 1186. n. 6. g⁾ Der Biſchof bedient ſich ſeines Sieges mit Maͤßigung. Er ſchenket nicht nur den Ge- fangenen das Leben, ſondern auch die Freyheit, da er ſie doch dem Voͤlkerrechte nach zu Knechten machen koͤnnen, §. 3 & 4. T. de jur. perſon. ja er ſchickt ſie nach Sachſen, um ſie zu einer geſittetern Lebensart zu gewoͤhnen. Haͤrter war Karl der Groſſe: und noch grauſamer die erſten Kreutzfahrer nach dem gelobten Lande. Denn jener wolte Anno 1282 bey Verden 4500 Sachſen auf einem Flecke und an einem Tage den Kopf abgeſchlagen wiſſen: dieſe lieſſen 8000 Tuͤrken vor den Mauren der Stadt Acra uͤber die Klinge ſpringen, wie Gottfried von Coͤln meldet bey dem Jahr 1191. h⁾ Das Wort Coggones braucht unſer Verfaſſer ein und das andre mal, fuͤr Laſtſchiffe. §. 10. Die Rigiſchen dachten nach dieſem an alle Beleidigungen, ſo ihnen die noch heidniſchen Einwohner von Thoreida zugefuͤget, wie auch an den ſo oftmals von jenen gebrochnen Frieden, und riefen die Semgallen zu Huͤlfe, um an ih- ren Feinden ſich zu raͤchen. Es hatten aber die Semgallen eine beſtaͤndige Feind- ſchaft gegen die von Thoreida; daher freueten ſie ſich und ſtieſſen alsbald unter ihrem Fuͤrſten Weſthard, etwan 3000 Mann ſtark, zu den Rigiſchen. Als ſie an die Coiwa i⁾ kamen, theilten ſie ihre Armee, und gaben dem Landesaͤlteſten Caupo, der Heerfuͤhrer war, die Helfte: (denn nachdem er von Rom kam, war er ſehr glaͤubig und beſtaͤndig geworden, hatte aber wegen der Verfolgung von den Liven, ſeine Zuflucht in die Stadt genommen, die Deutſche Sprache ge- lernet, und faſt *) uͤber ein ganzes Jahr bey den Chriſten ſich aufgehalten.) Die andre Helfte det Armee fertigten ſie nach dem Schloſſe des Dabrel k⁾ ab. Caupo ruͤckte mit ſeinem Heere gegen ſein Schloß, in welchem ſeine noch heidniſchen Ver- wandten und Freunde ſich befanden. Wie nun dieſe die Armee ſchnel und unver- hoft ankommen ſahen, uͤbernahm ſie die Furcht, und nur wenige aus ihnen ſtiegen auf die Waͤlle das Schloß zu vertheidigen. Die meiſten ſprungen hinten uͤber das Schloß und nahmen die Flucht nach Waͤldern und Gebirgen. Die Chriſten aber wagten einen tapfern Sturm, und erſtiegen es endlich beherzt, ſchlugen die Fein- de, jagten ſie vom Walle herunter, und eroberten das Schloß. Sie verfolgten die Heiden von allen Seiten im Schloſſe, machten ungefaͤhr funfzig von ihnen nie- der; die uͤbrigen waren mit der Flucht entkommen. Alſo ſchlepten ſie alle Sachen nebſt vieler Beute weg, und ſteckten das Schloß in Brand. Als aber die auf der andern Seite der Coiwe ſtehenden Liven in dem Schloſſe Dabrels Rauch und Feuer aufſteigen und des Caupo Schloß brennen ſahen, waren ſie in Sorgen, es moͤchte ihnen und ihrem Schloſſe auch ſo gehen: daher kamen ſie mit einander ins Schloß, ſtiegen auf den Wall, erwarteten ihre Feinde, und thaten bey deren An- kunft eine tapfere Gegenwehr. Denn Dabrel ihr Landesaͤlteſter ſprach ihnen einen Muth ein, und machte ſie beherzt, wie ehmals die Philiſter ſagten: So ſeyd nun getroſt und Maͤnner, ihr Philiſter, und ſtreitet, daß ihr nicht den Hebraͤern dienen muͤſſet, 1 B. Sam. 4, 9. Die Pilger aber ſtuͤrmten mit den Sem- gallen das Schloß den ganzen Tag, und konten es nicht einbekommen; und ob gleich einige auf der andern Seite es mit wenigen andern zu erſteigen ſuchten: ſo muſten ſie doch fuͤnfe **) der ihrigen, ſo von den Liven getoͤdtet wurden, im Stich laſſen. Doch da ſie befanden, das Schloß ſey veſte und nicht zu erobern, zogen ſie *) An ſtat, fere per totum annum, leſe ich, ſuper totum annum, uͤben ein ganzes Jahr. **) Fuͤr cum ſuis ſociis liſt die Revelſche Abſchrift: Quinque e ſuis.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/82
Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/82>, abgerufen am 21.12.2024.