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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, viertes Jahr,
die Stadt, nicht aus Furcht vor dem Kriege, sondern auf den Ruf Christi, um Friede
zu schliessen. Die Christen willigten darein, und jene bestätigten den Frieden mit
Blutvergiessen c), so wie die Weise der Heiden es mit sich brachte.

c) Nemlich, durch Abschlachtung der Opferthiere.
§. 4.

GOtt fügte es so, daß auch die Litthauer um Friede Ansuchung thaten,
und dasselbe Jahr nach Riga kamen, wo sie gleich nach getrofnem Frieden mit
den Christen ein Bündniß und Freundschaft aufrichteten. Den Winter drauf
fuhren sie mit einer starken Armee die Düne hinunter, und wolten nach Sem-
gallien.
Ehe sie aber dieses Land betraten, so vernahmen sie schon, der König
von Plosceke überziehe Litthauen mit seiner Kriegesmacht, daher liessen sie
die Semgallen mit Frieden, und kehrten über Hals und Kopf zurück. Auf
dem Rückwege fanden sie zwey Fischer des Bischofs bey der Rumbel, gingen wie
reissende Wölfe mit ihnen um, und zogen ihnen die Kleider d) aus, welche sie an
hatten. Die Fischer flohen hierauf nackend nach Riga und beklagten sich über das
erlittene Unrecht. Die Pilger aber, die wol handgreiflich sahen, daß die Sa-
che sich so verhalte, nahmen einige Litthauer, die noch in Riga waren, beym
Kopfe, und behielten sie so lange in Arrest, bis den Fischern das entwandte
wieder zu gestellet ward.

d) Um diese Zeiten, wenn man Dlugossen hist. Pol. l. 6 p. 599, und Mechoven l. 3 c.
30 trauen kan, hat man allererst den Namen eines Litthauischen Volks gehöret, der
vorher unbekant gewesen. Sie waren Knechte der Russen, zahlten stat ihres Tributs
Gürtel, Holz zu Gurkenstöpseln und Pelzwerk, und waren aus äusserster Armuth so übel
gekleidet, daß sie eines Rockes halben wol einen Freund todtgeschlagen hätten. Man
schlage auch noch Mechovs Sarmatia libr. 2 c. 2 nach, wo er unter andern erzählet,
wie dieses zerlumpte Volk, so sich bis dahin sonst mit Linnen behelfen müssen, sich hau-
fenweise zur Taufe gedränget, um wollene Kleider zu bekommen, die Jagello für die
Getauften fertig hielte.
Des Bischof Alberts viertes Jahr,
von 1201 bis 1202.
§. 1.
1201

Jm vierten Jahr nach seiner Einweihung überließ der Bischof die Stadt a) ei-
nigen wenigen Fremdlingen, die sich vor das Haus des Herrn (die Kirche) zur
Mauer stelleten; und reisete mit den übrigen Pilgern nach Deutschland.

a) Man muß für ciuitatis*) hier, entweder ciuitatis custodia, oder ciuitas lesen.
§. 2.

Nach seiner Abreise kam dessen Bruder Engelbert, ein Mönch, aus dem
neuen Kloster b), nach angenommenem Beruf mit den erstern Bürgern in Riga an,
und breitete mit dem Bruder Dietrich von Thoreide, mit Alobranden und
den übrigen Brüdern, die in Liefland unter den Ordensgelübden stunden, den
Namen Christi aus, unter Mitwirkung dessen, welcher das Wort seinen Evan-
gelisten in Mund leget.

b) Man merke sich den ersten Bruder des Bischofs, einen Domherrn Augustineror-
dens, aus dem neuen Kloster in Holstein, das nach seiner Verlegung Bordisholm
heisset, in dessen Dom die Durchlauchtigsten Herzoge von Holstein beygesetzet zu werden
pflegen. Von den Einkünften desselben aber wird heut zu Tage die Universität zu Kiel
versorget und unterhalten.
§. 3.

Die Brüder aus dem Kloster Unsrer lieben Frauen in Riga, waren mit
dem Wandel und Orden dieses Mannes wohl zu frieden, und erwählten ihn nicht

lange
*) Jn dem Revelschen Manuscript steht ciuitas, das Rigische hat auch ciuitatis.

Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, viertes Jahr,
die Stadt, nicht aus Furcht vor dem Kriege, ſondern auf den Ruf Chriſti, um Friede
zu ſchlieſſen. Die Chriſten willigten darein, und jene beſtaͤtigten den Frieden mit
Blutvergieſſen c), ſo wie die Weiſe der Heiden es mit ſich brachte.

c) Nemlich, durch Abſchlachtung der Opferthiere.
§. 4.

GOtt fuͤgte es ſo, daß auch die Litthauer um Friede Anſuchung thaten,
und daſſelbe Jahr nach Riga kamen, wo ſie gleich nach getrofnem Frieden mit
den Chriſten ein Buͤndniß und Freundſchaft aufrichteten. Den Winter drauf
fuhren ſie mit einer ſtarken Armee die Duͤne hinunter, und wolten nach Sem-
gallien.
Ehe ſie aber dieſes Land betraten, ſo vernahmen ſie ſchon, der Koͤnig
von Ploſceke uͤberziehe Litthauen mit ſeiner Kriegesmacht, daher lieſſen ſie
die Semgallen mit Frieden, und kehrten uͤber Hals und Kopf zuruͤck. Auf
dem Ruͤckwege fanden ſie zwey Fiſcher des Biſchofs bey der Rumbel, gingen wie
reiſſende Woͤlfe mit ihnen um, und zogen ihnen die Kleider d) aus, welche ſie an
hatten. Die Fiſcher flohen hierauf nackend nach Riga und beklagten ſich uͤber das
erlittene Unrecht. Die Pilger aber, die wol handgreiflich ſahen, daß die Sa-
che ſich ſo verhalte, nahmen einige Litthauer, die noch in Riga waren, beym
Kopfe, und behielten ſie ſo lange in Arreſt, bis den Fiſchern das entwandte
wieder zu geſtellet ward.

d) Um dieſe Zeiten, wenn man Dlugoſſen hiſt. Pol. l. 6 p. 599, und Mechoven l. 3 c.
30 trauen kan, hat man allererſt den Namen eines Litthauiſchen Volks gehoͤret, der
vorher unbekant geweſen. Sie waren Knechte der Ruſſen, zahlten ſtat ihres Tributs
Guͤrtel, Holz zu Gurkenſtoͤpſeln und Pelzwerk, und waren aus aͤuſſerſter Armuth ſo uͤbel
gekleidet, daß ſie eines Rockes halben wol einen Freund todtgeſchlagen haͤtten. Man
ſchlage auch noch Mechovs Sarmatia libr. 2 c. 2 nach, wo er unter andern erzaͤhlet,
wie dieſes zerlumpte Volk, ſo ſich bis dahin ſonſt mit Linnen behelfen muͤſſen, ſich hau-
fenweiſe zur Taufe gedraͤnget, um wollene Kleider zu bekommen, die Jagello fuͤr die
Getauften fertig hielte.
Des Biſchof Alberts viertes Jahr,
von 1201 bis 1202.
§. 1.
1201

Jm vierten Jahr nach ſeiner Einweihung uͤberließ der Biſchof die Stadt a) ei-
nigen wenigen Fremdlingen, die ſich vor das Haus des Herrn (die Kirche) zur
Mauer ſtelleten; und reiſete mit den uͤbrigen Pilgern nach Deutſchland.

a) Man muß fuͤr ciuitatis*) hier, entweder ciuitatis cuſtodia, oder ciuitas leſen.
§. 2.

Nach ſeiner Abreiſe kam deſſen Bruder Engelbert, ein Moͤnch, aus dem
neuen Kloſter b), nach angenommenem Beruf mit den erſtern Buͤrgern in Riga an,
und breitete mit dem Bruder Dietrich von Thoreide, mit Alobranden und
den uͤbrigen Bruͤdern, die in Liefland unter den Ordensgeluͤbden ſtunden, den
Namen Chriſti aus, unter Mitwirkung deſſen, welcher das Wort ſeinen Evan-
geliſten in Mund leget.

b) Man merke ſich den erſten Bruder des Biſchofs, einen Domherrn Auguſtineror-
dens, aus dem neuen Kloſter in Holſtein, das nach ſeiner Verlegung Bordisholm
heiſſet, in deſſen Dom die Durchlauchtigſten Herzoge von Holſtein beygeſetzet zu werden
pflegen. Von den Einkuͤnften deſſelben aber wird heut zu Tage die Univerſitaͤt zu Kiel
verſorget und unterhalten.
§. 3.

Die Bruͤder aus dem Kloſter Unſrer lieben Frauen in Riga, waren mit
dem Wandel und Orden dieſes Mannes wohl zu frieden, und erwaͤhlten ihn nicht

lange
*) Jn dem Revelſchen Manuſcript ſteht ciuitas, das Rigiſche hat auch ciuitatis.
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[30/0062] Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, viertes Jahr, die Stadt, nicht aus Furcht vor dem Kriege, ſondern auf den Ruf Chriſti, um Friede zu ſchlieſſen. Die Chriſten willigten darein, und jene beſtaͤtigten den Frieden mit Blutvergieſſen c⁾ , ſo wie die Weiſe der Heiden es mit ſich brachte. c⁾ Nemlich, durch Abſchlachtung der Opferthiere. §. 4. GOtt fuͤgte es ſo, daß auch die Litthauer um Friede Anſuchung thaten, und daſſelbe Jahr nach Riga kamen, wo ſie gleich nach getrofnem Frieden mit den Chriſten ein Buͤndniß und Freundſchaft aufrichteten. Den Winter drauf fuhren ſie mit einer ſtarken Armee die Duͤne hinunter, und wolten nach Sem- gallien. Ehe ſie aber dieſes Land betraten, ſo vernahmen ſie ſchon, der Koͤnig von Ploſceke uͤberziehe Litthauen mit ſeiner Kriegesmacht, daher lieſſen ſie die Semgallen mit Frieden, und kehrten uͤber Hals und Kopf zuruͤck. Auf dem Ruͤckwege fanden ſie zwey Fiſcher des Biſchofs bey der Rumbel, gingen wie reiſſende Woͤlfe mit ihnen um, und zogen ihnen die Kleider d⁾ aus, welche ſie an hatten. Die Fiſcher flohen hierauf nackend nach Riga und beklagten ſich uͤber das erlittene Unrecht. Die Pilger aber, die wol handgreiflich ſahen, daß die Sa- che ſich ſo verhalte, nahmen einige Litthauer, die noch in Riga waren, beym Kopfe, und behielten ſie ſo lange in Arreſt, bis den Fiſchern das entwandte wieder zu geſtellet ward. d⁾ Um dieſe Zeiten, wenn man Dlugoſſen hiſt. Pol. l. 6 p. 599, und Mechoven l. 3 c. 30 trauen kan, hat man allererſt den Namen eines Litthauiſchen Volks gehoͤret, der vorher unbekant geweſen. Sie waren Knechte der Ruſſen, zahlten ſtat ihres Tributs Guͤrtel, Holz zu Gurkenſtoͤpſeln und Pelzwerk, und waren aus aͤuſſerſter Armuth ſo uͤbel gekleidet, daß ſie eines Rockes halben wol einen Freund todtgeſchlagen haͤtten. Man ſchlage auch noch Mechovs Sarmatia libr. 2 c. 2 nach, wo er unter andern erzaͤhlet, wie dieſes zerlumpte Volk, ſo ſich bis dahin ſonſt mit Linnen behelfen muͤſſen, ſich hau- fenweiſe zur Taufe gedraͤnget, um wollene Kleider zu bekommen, die Jagello fuͤr die Getauften fertig hielte. Des Biſchof Alberts viertes Jahr, von 1201 bis 1202. §. 1. Jm vierten Jahr nach ſeiner Einweihung uͤberließ der Biſchof die Stadt a⁾ ei- nigen wenigen Fremdlingen, die ſich vor das Haus des Herrn (die Kirche) zur Mauer ſtelleten; und reiſete mit den uͤbrigen Pilgern nach Deutſchland. a⁾ Man muß fuͤr ciuitatis *) hier, entweder ciuitatis cuſtodia, oder ciuitas leſen. §. 2. Nach ſeiner Abreiſe kam deſſen Bruder Engelbert, ein Moͤnch, aus dem neuen Kloſter b⁾ , nach angenommenem Beruf mit den erſtern Buͤrgern in Riga an, und breitete mit dem Bruder Dietrich von Thoreide, mit Alobranden und den uͤbrigen Bruͤdern, die in Liefland unter den Ordensgeluͤbden ſtunden, den Namen Chriſti aus, unter Mitwirkung deſſen, welcher das Wort ſeinen Evan- geliſten in Mund leget. b⁾ Man merke ſich den erſten Bruder des Biſchofs, einen Domherrn Auguſtineror- dens, aus dem neuen Kloſter in Holſtein, das nach ſeiner Verlegung Bordisholm heiſſet, in deſſen Dom die Durchlauchtigſten Herzoge von Holſtein beygeſetzet zu werden pflegen. Von den Einkuͤnften deſſelben aber wird heut zu Tage die Univerſitaͤt zu Kiel verſorget und unterhalten. §. 3. Die Bruͤder aus dem Kloſter Unſrer lieben Frauen in Riga, waren mit dem Wandel und Orden dieſes Mannes wohl zu frieden, und erwaͤhlten ihn nicht lange *) Jn dem Revelſchen Manuſcript ſteht ciuitas, das Rigiſche hat auch ciuitatis.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/62>, abgerufen am 21.11.2024.