[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.von 1198 bis 1199. zu dem gegenwärtigen Jahre, andern theils zu dem folgenden Jahre CHristi rechnet,1198wie die dabey gezeichneten Monate oder Festtage es erfordern wollen. Und diese Schwie- rigkeit hat bey mir so viel vermocht, daß ich bey jedes Jahr des Bischofs allezeit 2 Jahre Christi, als in welche die Begebenheiten eines Jahres einfallen, vorauszusetzen und an den Rand zu schreiben für gut befunden, damit ich niemand irre mache. d) Jm Lateinischen steht: Gekrönet ward, das heist, mit der Krone auf dem Haupte sich öffentlich sehen lies, wie die Magdeburgische Chronik des Meibom. tom. 2. p. 330. hat, welches von einem Reichstage zeuget. Die Ursache war, daß des Philipps Neben- kaiser Otto schon damals vor Goslar rücken wolte, wie Gottfried von Cöln beym Jahre 1198 davon Zeuge ist. Die Erhaltung dieser Stadt schien einer Reise nach Sachsen werth zu seyn, auf welcher Philipp auch in Hildesheim einsprach. Denn zu Hildesheim ist 1199 sein Diploma wegen der Grafschaft Stade datiret, bey Lin- denbrog. Scriptor. Septemtr. p. 170. Der Magdeburgische Chronikschreiber ziehet dis, wiewol unrecht, auf die Zeiten des Erzbischofs Alberts, der weit später den Bischofshut bekommen, nachdem er vom Pabst Jnnocentius dem 3ten 1206 bestätiget und 1207 n. 11. eingeweihet worden, wie Raynald um dieses Jahr n. 11. bezeuget. Ein Ungenanter in Menck. tom. 3. p. 117. erzählets in dieser Ordnung: Der König Otto, spricht er, rückte vor Goslar, und verglich sich mit der Stadt auf diese Bedingung, daß, wenn sie innerhalb der bestimten Tage nicht entsetzet würde, sie sich ergeben müste. Es begab sich aber, daß der König Philipp mit der Menge seines tapfern Heers sie mächtig befreyete. Der König Philipp hielt auch ein prächtiges Hoflager zu Mey- deborg, wo er mit seiner Gemahlin in königlichem Staat und gekrönet einherging. Nachher starb auch der Meydeburgische Bischof Ludolf. Die Lüneburgische Chronik stimt damit überein; Eccard. tom. 1. p. 1399. De Koning Otto vor oc to Goslare, unde vordingede de Stat, dat se to ime keren solden bit an enen besche- denen Dach, of men se nicht ne ledegede. Do ledegede se de Koning Philippus mit groter Craft. De Koning Philippus hadde oc enen groten Hof to Maideburch, dar he kronet ging mit sinem Wive - - Des andern Iars darna starf de Bischop Ludolf van Maideborch. §. 5. Man that auch in Gegenwart dieses Königes eine Anfrage, ob die Güter de- e) Ohne *) Einigen Lesern zu gefallen, wollen wir zur Verständlichkeit dieser Stelle beygehende Anmerkung anhän- gen: Als zu Ausgang des 11ten Jahrhunderts ein gewisser Einsiedler, Peter, aus dem gelobten Lande kam, und eine göttliche Offenbarung vorgab, daß die Europäischen Christen denen in Asien wider die Saracenen zu Hülfe kommen solten: so fand dieses Vorgeben desto mehr Glauben, weil die armen Leute ohnedem in ihrer Blindheit sich eine grosse Seligkeit versprachen, wenn sie die heiligen Oerter der Geburtsstadt, des Leidens und des Begräbnisses Christi, aus den Händen der Ungläubigen entrissen; indem man in die Walfarten nach diesen geheiligten Oertern ein grosses Verdienst und eine sonderbare Heiligkeit setzte. Für den Pabst und die Pfaffen war es eine gewünschte Sache, welche hierdurch die Macht der Potentaten schwächen, und im Trüben fischen wolten. Urbanus der andere versprach auf der Kirchenversamlung zu Clermont allen Vergebung der Sünden, welche zu diesem Zuge ins heilige Land sich wolten gebrauchen lassen. Kaiser und Könige, Herzoge und Fürsten, mach- ten sich in 5 unterschiedenen Hauptzügen auf, und ging der erste schon 1096 an. Hier begaben sich 300000 Menschen auf den Weg, die im Wegziehen auf 700000 anwuchsen, Anno 1099 Jerusalem einnahmen, und so viel Blut vergossen, daß die Pferde bis über die Ohren darinne gingen, und die er- schlagenen Körper dadurch fortschwummen. Wie denn auch in den drauf folgenden Scharmützeln über 100000 Saracenen niedergemetzelt wurden. GOTT wieß aber diesen Leuten durch den unglück- lichen Ausgang, daß es sein Werk nicht sey; denn in diesem, wie auch in den übrigen Kreuzzügen ging es so jämmerlich ab, daß nach und nach wol sechs tausend mal tausend Menschen aufgeopfert wurden, und die Barbaren an denen Christen nur desto bitterere Feindseligkeiten verübten. Den Ueberrest der Soldaten, die alle ein Kreuz trugen, mit dem sie sich auf den Mänteln hatten bezeichnen lassen, und da- her nur Kreuzträger genent wurden, nahm der Pabst zu seiner Leibwache an, die er nachgehends gegen die ausschickte, welche nicht gleich nach seiner Pfeife tanzten. Besiehe Arnolds Kirchen- und Ketzer- historie, tom. 1 lib. 11 c. 2 n. 9. 10. Weismann. hist. eccl. saec. 12 §. 14. 15. Cellarii hist. med. saec. 11. 12. 13. Weil nun die armen Leute keine andere Vergebung der Sünden wusten, so traten sie diese weite Reise nach dem gelobten Lande an; vielen also, die nicht im Stande waren, so weit zu wandern, gab der Pabst eben dieselbige Sündenvergebung, wenn sie nach Liefland gegen die Heiden zögen, als denen, so nach Jerusalem wider die Saracenen zu Felde gehen würden. G
von 1198 bis 1199. zu dem gegenwaͤrtigen Jahre, andern theils zu dem folgenden Jahre CHriſti rechnet,1198wie die dabey gezeichneten Monate oder Feſttage es erfordern wollen. Und dieſe Schwie- rigkeit hat bey mir ſo viel vermocht, daß ich bey jedes Jahr des Biſchofs allezeit 2 Jahre Chriſti, als in welche die Begebenheiten eines Jahres einfallen, vorauszuſetzen und an den Rand zu ſchreiben fuͤr gut befunden, damit ich niemand irre mache. d) Jm Lateiniſchen ſteht: Gekroͤnet ward, das heiſt, mit der Krone auf dem Haupte ſich oͤffentlich ſehen lies, wie die Magdeburgiſche Chronik des Meibom. tom. 2. p. 330. hat, welches von einem Reichstage zeuget. Die Urſache war, daß des Philipps Neben- kaiſer Otto ſchon damals vor Goslar ruͤcken wolte, wie Gottfried von Coͤln beym Jahre 1198 davon Zeuge iſt. Die Erhaltung dieſer Stadt ſchien einer Reiſe nach Sachſen werth zu ſeyn, auf welcher Philipp auch in Hildesheim einſprach. Denn zu Hildesheim iſt 1199 ſein Diploma wegen der Grafſchaft Stade datiret, bey Lin- denbrog. Scriptor. Septemtr. p. 170. Der Magdeburgiſche Chronikſchreiber ziehet dis, wiewol unrecht, auf die Zeiten des Erzbiſchofs Alberts, der weit ſpaͤter den Biſchofshut bekommen, nachdem er vom Pabſt Jnnocentius dem 3ten 1206 beſtaͤtiget und 1207 n. 11. eingeweihet worden, wie Raynald um dieſes Jahr n. 11. bezeuget. Ein Ungenanter in Menck. tom. 3. p. 117. erzaͤhlets in dieſer Ordnung: Der Koͤnig Otto, ſpricht er, ruͤckte vor Goslar, und verglich ſich mit der Stadt auf dieſe Bedingung, daß, wenn ſie innerhalb der beſtimten Tage nicht entſetzet wuͤrde, ſie ſich ergeben muͤſte. Es begab ſich aber, daß der Koͤnig Philipp mit der Menge ſeines tapfern Heers ſie maͤchtig befreyete. Der Koͤnig Philipp hielt auch ein praͤchtiges Hoflager zu Mey- deborg, wo er mit ſeiner Gemahlin in koͤniglichem Staat und gekroͤnet einherging. Nachher ſtarb auch der Meydeburgiſche Biſchof Ludolf. Die Luͤneburgiſche Chronik ſtimt damit uͤberein; Eccard. tom. 1. p. 1399. De Koning Otto vor oc to Goslare, unde vordingede de Stat, dat ſe to ime keren ſolden bit an enen beſche- denen Dach, of men ſe nicht ne ledegede. Do ledegede ſe de Koning Philippus mit groter Craft. De Koning Philippus hadde oc enen groten Hof to Maideburch, dar he kronet ging mit ſinem Wive ‒ ‒ Des andern Iars darna ſtarf de Biſchop Ludolf van Maideborch. §. 5. Man that auch in Gegenwart dieſes Koͤniges eine Anfrage, ob die Guͤter de- e) Ohne *) Einigen Leſern zu gefallen, wollen wir zur Verſtaͤndlichkeit dieſer Stelle beygehende Anmerkung anhaͤn- gen: Als zu Ausgang des 11ten Jahrhunderts ein gewiſſer Einſiedler, Peter, aus dem gelobten Lande kam, und eine goͤttliche Offenbarung vorgab, daß die Europaͤiſchen Chriſten denen in Aſien wider die Saracenen zu Huͤlfe kommen ſolten: ſo fand dieſes Vorgeben deſto mehr Glauben, weil die armen Leute ohnedem in ihrer Blindheit ſich eine groſſe Seligkeit verſprachen, wenn ſie die heiligen Oerter der Geburtsſtadt, des Leidens und des Begraͤbniſſes Chriſti, aus den Haͤnden der Unglaͤubigen entriſſen; indem man in die Walfarten nach dieſen geheiligten Oertern ein groſſes Verdienſt und eine ſonderbare Heiligkeit ſetzte. Fuͤr den Pabſt und die Pfaffen war es eine gewuͤnſchte Sache, welche hierdurch die Macht der Potentaten ſchwaͤchen, und im Truͤben fiſchen wolten. Urbanus der andere verſprach auf der Kirchenverſamlung zu Clermont allen Vergebung der Suͤnden, welche zu dieſem Zuge ins heilige Land ſich wolten gebrauchen laſſen. Kaiſer und Koͤnige, Herzoge und Fuͤrſten, mach- ten ſich in 5 unterſchiedenen Hauptzuͤgen auf, und ging der erſte ſchon 1096 an. Hier begaben ſich 300000 Menſchen auf den Weg, die im Wegziehen auf 700000 anwuchſen, Anno 1099 Jeruſalem einnahmen, und ſo viel Blut vergoſſen, daß die Pferde bis uͤber die Ohren darinne gingen, und die er- ſchlagenen Koͤrper dadurch fortſchwummen. Wie denn auch in den drauf folgenden Scharmuͤtzeln uͤber 100000 Saracenen niedergemetzelt wurden. GOTT wieß aber dieſen Leuten durch den ungluͤck- lichen Ausgang, daß es ſein Werk nicht ſey; denn in dieſem, wie auch in den uͤbrigen Kreuzzuͤgen ging es ſo jaͤmmerlich ab, daß nach und nach wol ſechs tauſend mal tauſend Menſchen aufgeopfert wurden, und die Barbaren an denen Chriſten nur deſto bitterere Feindſeligkeiten veruͤbten. Den Ueberreſt der Soldaten, die alle ein Kreuz trugen, mit dem ſie ſich auf den Maͤnteln hatten bezeichnen laſſen, und da- her nur Kreuztraͤger genent wurden, nahm der Pabſt zu ſeiner Leibwache an, die er nachgehends gegen die ausſchickte, welche nicht gleich nach ſeiner Pfeife tanzten. Beſiehe Arnolds Kirchen- und Ketzer- hiſtorie, tom. 1 lib. 11 c. 2 n. 9. 10. Weismann. hiſt. eccl. ſæc. 12 §. 14. 15. Cellarii hiſt. med. ſæc. 11. 12. 13. Weil nun die armen Leute keine andere Vergebung der Suͤnden wuſten, ſo traten ſie dieſe weite Reiſe nach dem gelobten Lande an; vielen alſo, die nicht im Stande waren, ſo weit zu wandern, gab der Pabſt eben dieſelbige Suͤndenvergebung, wenn ſie nach Liefland gegen die Heiden zoͤgen, als denen, ſo nach Jeruſalem wider die Saracenen zu Felde gehen wuͤrden. G
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von 1198 bis 1199.
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zu dem gegenwaͤrtigen Jahre, andern theils zu dem folgenden Jahre CHriſti rechnet,
wie die dabey gezeichneten Monate oder Feſttage es erfordern wollen. Und dieſe Schwie-
rigkeit hat bey mir ſo viel vermocht, daß ich bey jedes Jahr des Biſchofs allezeit 2 Jahre
Chriſti, als in welche die Begebenheiten eines Jahres einfallen, vorauszuſetzen und an
den Rand zu ſchreiben fuͤr gut befunden, damit ich niemand irre mache.
d⁾ Jm Lateiniſchen ſteht: Gekroͤnet ward, das heiſt, mit der Krone auf dem Haupte ſich
oͤffentlich ſehen lies, wie die Magdeburgiſche Chronik des Meibom. tom. 2. p. 330. hat,
welches von einem Reichstage zeuget. Die Urſache war, daß des Philipps Neben-
kaiſer Otto ſchon damals vor Goslar ruͤcken wolte, wie Gottfried von Coͤln beym
Jahre 1198 davon Zeuge iſt. Die Erhaltung dieſer Stadt ſchien einer Reiſe nach
Sachſen werth zu ſeyn, auf welcher Philipp auch in Hildesheim einſprach. Denn
zu Hildesheim iſt 1199 ſein Diploma wegen der Grafſchaft Stade datiret, bey Lin-
denbrog. Scriptor. Septemtr. p. 170. Der Magdeburgiſche Chronikſchreiber
ziehet dis, wiewol unrecht, auf die Zeiten des Erzbiſchofs Alberts, der weit ſpaͤter den
Biſchofshut bekommen, nachdem er vom Pabſt Jnnocentius dem 3ten 1206 beſtaͤtiget
und 1207 n. 11. eingeweihet worden, wie Raynald um dieſes Jahr n. 11. bezeuget. Ein
Ungenanter in Menck. tom. 3. p. 117. erzaͤhlets in dieſer Ordnung: Der Koͤnig Otto,
ſpricht er, ruͤckte vor Goslar, und verglich ſich mit der Stadt auf dieſe Bedingung,
daß, wenn ſie innerhalb der beſtimten Tage nicht entſetzet wuͤrde, ſie ſich ergeben muͤſte.
Es begab ſich aber, daß der Koͤnig Philipp mit der Menge ſeines tapfern Heers ſie
maͤchtig befreyete. Der Koͤnig Philipp hielt auch ein praͤchtiges Hoflager zu Mey-
deborg, wo er mit ſeiner Gemahlin in koͤniglichem Staat und gekroͤnet einherging.
Nachher ſtarb auch der Meydeburgiſche Biſchof Ludolf. Die Luͤneburgiſche
Chronik ſtimt damit uͤberein; Eccard. tom. 1. p. 1399. De Koning Otto vor oc to
Goslare, unde vordingede de Stat, dat ſe to ime keren ſolden bit an enen beſche-
denen Dach, of men ſe nicht ne ledegede. Do ledegede ſe de Koning Philippus
mit groter Craft. De Koning Philippus hadde oc enen groten Hof to Maideburch,
dar he kronet ging mit ſinem Wive ‒ ‒ Des andern Iars darna ſtarf de Biſchop
Ludolf van Maideborch.
§. 5.
Man that auch in Gegenwart dieſes Koͤniges eine Anfrage, ob die Guͤter de-
rer, welche nach Liefland reiſeten, unter des Pabſts Schutz ſtehen ſolten, ſo wie
derer, die nach Jeruſalem walfarten gingen. Es ward aber zum Beſcheide ge-
geben, ſie ſtuͤnden unter dem Schutz des Apoſtoliſchen Stuhls, der auf den Kreuz-
zug nach Liefland eben ſo wol voͤllige Vergebung aller Suͤnden geſetzt habe, als
auf die Walfart nach Jeruſalem *)
e⁾
.
e) Ohne
*) Einigen Leſern zu gefallen, wollen wir zur Verſtaͤndlichkeit dieſer Stelle beygehende Anmerkung anhaͤn-
gen: Als zu Ausgang des 11ten Jahrhunderts ein gewiſſer Einſiedler, Peter, aus dem gelobten
Lande kam, und eine goͤttliche Offenbarung vorgab, daß die Europaͤiſchen Chriſten denen in Aſien
wider die Saracenen zu Huͤlfe kommen ſolten: ſo fand dieſes Vorgeben deſto mehr Glauben, weil
die armen Leute ohnedem in ihrer Blindheit ſich eine groſſe Seligkeit verſprachen, wenn ſie die heiligen
Oerter der Geburtsſtadt, des Leidens und des Begraͤbniſſes Chriſti, aus den Haͤnden der Unglaͤubigen
entriſſen; indem man in die Walfarten nach dieſen geheiligten Oertern ein groſſes Verdienſt und eine
ſonderbare Heiligkeit ſetzte. Fuͤr den Pabſt und die Pfaffen war es eine gewuͤnſchte Sache, welche
hierdurch die Macht der Potentaten ſchwaͤchen, und im Truͤben fiſchen wolten. Urbanus der andere
verſprach auf der Kirchenverſamlung zu Clermont allen Vergebung der Suͤnden, welche zu dieſem
Zuge ins heilige Land ſich wolten gebrauchen laſſen. Kaiſer und Koͤnige, Herzoge und Fuͤrſten, mach-
ten ſich in 5 unterſchiedenen Hauptzuͤgen auf, und ging der erſte ſchon 1096 an. Hier begaben ſich
300000 Menſchen auf den Weg, die im Wegziehen auf 700000 anwuchſen, Anno 1099 Jeruſalem
einnahmen, und ſo viel Blut vergoſſen, daß die Pferde bis uͤber die Ohren darinne gingen, und die er-
ſchlagenen Koͤrper dadurch fortſchwummen. Wie denn auch in den drauf folgenden Scharmuͤtzeln
uͤber 100000 Saracenen niedergemetzelt wurden. GOTT wieß aber dieſen Leuten durch den ungluͤck-
lichen Ausgang, daß es ſein Werk nicht ſey; denn in dieſem, wie auch in den uͤbrigen Kreuzzuͤgen ging
es ſo jaͤmmerlich ab, daß nach und nach wol ſechs tauſend mal tauſend Menſchen aufgeopfert wurden,
und die Barbaren an denen Chriſten nur deſto bitterere Feindſeligkeiten veruͤbten. Den Ueberreſt der
Soldaten, die alle ein Kreuz trugen, mit dem ſie ſich auf den Maͤnteln hatten bezeichnen laſſen, und da-
her nur Kreuztraͤger genent wurden, nahm der Pabſt zu ſeiner Leibwache an, die er nachgehends gegen
die ausſchickte, welche nicht gleich nach ſeiner Pfeife tanzten. Beſiehe Arnolds Kirchen- und Ketzer-
hiſtorie, tom. 1 lib. 11 c. 2 n. 9. 10. Weismann. hiſt. eccl. ſæc. 12 §. 14. 15. Cellarii hiſt. med.
ſæc. 11. 12. 13. Weil nun die armen Leute keine andere Vergebung der Suͤnden wuſten, ſo traten ſie
dieſe weite Reiſe nach dem gelobten Lande an; vielen alſo, die nicht im Stande waren, ſo weit zu
wandern, gab der Pabſt eben dieſelbige Suͤndenvergebung, wenn ſie nach Liefland gegen die Heiden
zoͤgen, als denen, ſo nach Jeruſalem wider die Saracenen zu Felde gehen wuͤrden.
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