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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischofs Alberts, erstes Jahr,
1198seit einigen hundert Jahren von der hochadelichen Familie derer von Münchshausen
besessen wird: welches die Stiftungsbriefe des Klosters Overnkirke bezeugen, und noch
mehrere Lehntafeln, die eines Theils in das Stamregister der Herren von Münch-
hausen
eingesetzet seyn, das sich jezt immer sehen lassen könte. Diese scheinen also
denen Edlen von Apeldern, von denen wir lesen, daß sie alle nach Liefland gegangen
und daselbst ihren steten Rittersitz genommen, auf Belehnung der alten Grafen von
Schaumburg in den Apeldernischen Gütern gefolget zu haben, deren heutiger Be-
sitzer der Hochwolgeborne Herr Hieronymus ist, des Durchlauchtigsten Herzogs zu
Braunschweig Lüneburg, Premierminister. Vielleicht dürften einige dreister seyn
als ich, die denken möchten, unser Albert gehöre deswegen mit seinen Brüdern zur
Münchhausischen Familie selbst, da es an Exempeln solcher nicht fehlet, die aus ei-
ner weitläuftigen Familie entsprossen, und des Unterscheids halben von dem Sitze, den
sie sich ausgelesen, einen neuen Namen angenommen. Weil aber die Namen Engel-
bert
und Rotmar in dieser Familie sich nicht finden, so wil lieber etwas furchtsam
scheinen, als jemand zum Nachtheil der Wahrheit zu schmeicheln scheinen. Doch fin-
den wir ein ander Dorf dieses Namens in dem Bremischen Districte in der Nachbar-
schaft des Schlosses Buxhoveden, welches denen Ländereyen der Familien näher liegt,
wozu der Bischof Albert gehöret hat. Hierüber wollen wir was mehrers sagen bey
Erklärung der genealogischen Tabelle n. 9. Uebrigens wie seinem Vorfahren Bertold
die Einkünfte der 20 Mark aus den Gütern der Kirche zu Bremen angewiesen worden;
also hat Albert die Pfründe, so er ehemals aus selben hatte, auch beybehalten. Denn,
da nach Waldemars Verstossung, die Gescheutesten aus den Collegen den Bischof von
Osnabrüg Gerharden, vom Pabst zu ihrem Erzbischof begehrten; so finde ich, daß
der Liefländische Bischof Albert mit unter den Postulanten gewesen sey, nach Jn-
nocent.
III. libr. 13. ep. 158, in welcher er dieses Ansinnen zugestanden. Albert von
Stade beym Jahre 1211.
§. 2.

Den nächsten Sommer nach seiner Einweihung zog er nach Gothland, und
bezeichnete daselbst bey 500 Mann mit dem Zeichen des Kreuzes, um mit nach
Liefland zu gehen.

§. 3.

Von da reiste er durch Dacien, b) und erhielt von dem König Canutus,
dem Herzog Waldemar und dem Erzbischof Absolon Geschenke.

b) Daß Dacien nach der Schreibart der mitlern Zeiten für Danien oder Dännemark
geschrieben werde, ist was gemeines. Das ist merkwürdiger, daß derjenige Hof, der
zu unsern Zeiten durch ausgesandte Mißionarien an die Malabaren das Heil der Jn-
dianer
sich angelegen seyn läst, schon zu dieser Zeit Alberten, der die Liven zu bekeh-
ren eben abreisen wolte, und dessen Reisegefährten unterstützet; als die gewiß ohne könig-
liche Kosten zu diesem Zuge auf 23 Schiffe kaum Rechnung machen konten. Die Zeit-
bücher sind vol Rühmens von Canut dem jüngern, Könige von Dännemark. Er
war Heinrichs des Löwen Schwiegersohn, und seine Schwester, Helena, war an dieses
Heinrichs Prinz, Wilhelmen vermählet; die die Mutter wurde aller jemaligen Her-
zoge von Braunschweig und Lüneburg, Churfürsten des heiligen Römischen
Reichs, und Könige von Großbritannien, die GOTT erhalten, und zu so viel Kö-
nigen machen wolle, als er, zurück zu rechnen, Herzoge verliehen.
§. 4.

Bey seiner Zurückkunft nach Deutschland, bezeichnete er im Weihnachtsfe-
ste c) noch mehrere zu Magdeburg in Sachsen mit dem Kreuze, wo der König
Philippus mit seiner Gemahlin gekrönet wurde d).

c) Da die Alten ihre Jahre von Weihnachten anzufangen pflegen, so gehet unser Verfasser
davon ab, und fänget sie von der Einweihung des Bischofs an. Weil nun diese in die
andere Helfte des 1198sten Jahres fält, so treffen diese Jahre mit den Jahren nach Chri-
sti Geburt nicht genau überein, indem zum Exempel die Geschichte des ersten Jahrs,
zum theil in das Jahr Christi 1198, zum theil in das Jahr 1199 gehören. Welches
deswegen zu erinnern nöthig geschienen, daß man nicht denke, als ob die Rechnung des
Verfassers nicht zuverläßig sey; welche an sich richtig genug ist, wenn man nur das,
was in diesem oder jenem Jahre des Bischofs sich zugetragen haben sol, eines theils
Geſchichte des dritten Biſchofs Alberts, erſtes Jahr,
1198ſeit einigen hundert Jahren von der hochadelichen Familie derer von Muͤnchshauſen
beſeſſen wird: welches die Stiftungsbriefe des Kloſters Overnkirke bezeugen, und noch
mehrere Lehntafeln, die eines Theils in das Stamregiſter der Herren von Muͤnch-
hauſen
eingeſetzet ſeyn, das ſich jezt immer ſehen laſſen koͤnte. Dieſe ſcheinen alſo
denen Edlen von Apeldern, von denen wir leſen, daß ſie alle nach Liefland gegangen
und daſelbſt ihren ſteten Ritterſitz genommen, auf Belehnung der alten Grafen von
Schaumburg in den Apelderniſchen Guͤtern gefolget zu haben, deren heutiger Be-
ſitzer der Hochwolgeborne Herr Hieronymus iſt, des Durchlauchtigſten Herzogs zu
Braunſchweig Luͤneburg, Premierminiſter. Vielleicht duͤrften einige dreiſter ſeyn
als ich, die denken moͤchten, unſer Albert gehoͤre deswegen mit ſeinen Bruͤdern zur
Muͤnchhauſiſchen Familie ſelbſt, da es an Exempeln ſolcher nicht fehlet, die aus ei-
ner weitlaͤuftigen Familie entſproſſen, und des Unterſcheids halben von dem Sitze, den
ſie ſich ausgeleſen, einen neuen Namen angenommen. Weil aber die Namen Engel-
bert
und Rotmar in dieſer Familie ſich nicht finden, ſo wil lieber etwas furchtſam
ſcheinen, als jemand zum Nachtheil der Wahrheit zu ſchmeicheln ſcheinen. Doch fin-
den wir ein ander Dorf dieſes Namens in dem Bremiſchen Diſtricte in der Nachbar-
ſchaft des Schloſſes Buxhoveden, welches denen Laͤndereyen der Familien naͤher liegt,
wozu der Biſchof Albert gehoͤret hat. Hieruͤber wollen wir was mehrers ſagen bey
Erklaͤrung der genealogiſchen Tabelle n. 9. Uebrigens wie ſeinem Vorfahren Bertold
die Einkuͤnfte der 20 Mark aus den Guͤtern der Kirche zu Bremen angewieſen worden;
alſo hat Albert die Pfruͤnde, ſo er ehemals aus ſelben hatte, auch beybehalten. Denn,
da nach Waldemars Verſtoſſung, die Geſcheuteſten aus den Collegen den Biſchof von
Osnabruͤg Gerharden, vom Pabſt zu ihrem Erzbiſchof begehrten; ſo finde ich, daß
der Lieflaͤndiſche Biſchof Albert mit unter den Poſtulanten geweſen ſey, nach Jn-
nocent.
III. libr. 13. ep. 158, in welcher er dieſes Anſinnen zugeſtanden. Albert von
Stade beym Jahre 1211.
§. 2.

Den naͤchſten Sommer nach ſeiner Einweihung zog er nach Gothland, und
bezeichnete daſelbſt bey 500 Mann mit dem Zeichen des Kreuzes, um mit nach
Liefland zu gehen.

§. 3.

Von da reiſte er durch Dacien, b) und erhielt von dem Koͤnig Canutus,
dem Herzog Waldemar und dem Erzbiſchof Abſolon Geſchenke.

b) Daß Dacien nach der Schreibart der mitlern Zeiten fuͤr Danien oder Daͤnnemark
geſchrieben werde, iſt was gemeines. Das iſt merkwuͤrdiger, daß derjenige Hof, der
zu unſern Zeiten durch ausgeſandte Mißionarien an die Malabaren das Heil der Jn-
dianer
ſich angelegen ſeyn laͤſt, ſchon zu dieſer Zeit Alberten, der die Liven zu bekeh-
ren eben abreiſen wolte, und deſſen Reiſegefaͤhrten unterſtuͤtzet; als die gewiß ohne koͤnig-
liche Koſten zu dieſem Zuge auf 23 Schiffe kaum Rechnung machen konten. Die Zeit-
buͤcher ſind vol Ruͤhmens von Canut dem juͤngern, Koͤnige von Daͤnnemark. Er
war Heinrichs des Loͤwen Schwiegerſohn, und ſeine Schweſter, Helena, war an dieſes
Heinrichs Prinz, Wilhelmen vermaͤhlet; die die Mutter wurde aller jemaligen Her-
zoge von Braunſchweig und Luͤneburg, Churfuͤrſten des heiligen Roͤmiſchen
Reichs, und Koͤnige von Großbritannien, die GOTT erhalten, und zu ſo viel Koͤ-
nigen machen wolle, als er, zuruͤck zu rechnen, Herzoge verliehen.
§. 4.

Bey ſeiner Zuruͤckkunft nach Deutſchland, bezeichnete er im Weihnachtsfe-
ſte c) noch mehrere zu Magdeburg in Sachſen mit dem Kreuze, wo der Koͤnig
Philippus mit ſeiner Gemahlin gekroͤnet wurde d).

c) Da die Alten ihre Jahre von Weihnachten anzufangen pflegen, ſo gehet unſer Verfaſſer
davon ab, und faͤnget ſie von der Einweihung des Biſchofs an. Weil nun dieſe in die
andere Helfte des 1198ſten Jahres faͤlt, ſo treffen dieſe Jahre mit den Jahren nach Chri-
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[24/0056] Geſchichte des dritten Biſchofs Alberts, erſtes Jahr, a⁾ ſeit einigen hundert Jahren von der hochadelichen Familie derer von Muͤnchshauſen beſeſſen wird: welches die Stiftungsbriefe des Kloſters Overnkirke bezeugen, und noch mehrere Lehntafeln, die eines Theils in das Stamregiſter der Herren von Muͤnch- hauſen eingeſetzet ſeyn, das ſich jezt immer ſehen laſſen koͤnte. Dieſe ſcheinen alſo denen Edlen von Apeldern, von denen wir leſen, daß ſie alle nach Liefland gegangen und daſelbſt ihren ſteten Ritterſitz genommen, auf Belehnung der alten Grafen von Schaumburg in den Apelderniſchen Guͤtern gefolget zu haben, deren heutiger Be- ſitzer der Hochwolgeborne Herr Hieronymus iſt, des Durchlauchtigſten Herzogs zu Braunſchweig Luͤneburg, Premierminiſter. Vielleicht duͤrften einige dreiſter ſeyn als ich, die denken moͤchten, unſer Albert gehoͤre deswegen mit ſeinen Bruͤdern zur Muͤnchhauſiſchen Familie ſelbſt, da es an Exempeln ſolcher nicht fehlet, die aus ei- ner weitlaͤuftigen Familie entſproſſen, und des Unterſcheids halben von dem Sitze, den ſie ſich ausgeleſen, einen neuen Namen angenommen. Weil aber die Namen Engel- bert und Rotmar in dieſer Familie ſich nicht finden, ſo wil lieber etwas furchtſam ſcheinen, als jemand zum Nachtheil der Wahrheit zu ſchmeicheln ſcheinen. Doch fin- den wir ein ander Dorf dieſes Namens in dem Bremiſchen Diſtricte in der Nachbar- ſchaft des Schloſſes Buxhoveden, welches denen Laͤndereyen der Familien naͤher liegt, wozu der Biſchof Albert gehoͤret hat. Hieruͤber wollen wir was mehrers ſagen bey Erklaͤrung der genealogiſchen Tabelle n. 9. Uebrigens wie ſeinem Vorfahren Bertold die Einkuͤnfte der 20 Mark aus den Guͤtern der Kirche zu Bremen angewieſen worden; alſo hat Albert die Pfruͤnde, ſo er ehemals aus ſelben hatte, auch beybehalten. Denn, da nach Waldemars Verſtoſſung, die Geſcheuteſten aus den Collegen den Biſchof von Osnabruͤg Gerharden, vom Pabſt zu ihrem Erzbiſchof begehrten; ſo finde ich, daß der Lieflaͤndiſche Biſchof Albert mit unter den Poſtulanten geweſen ſey, nach Jn- nocent. III. libr. 13. ep. 158, in welcher er dieſes Anſinnen zugeſtanden. Albert von Stade beym Jahre 1211. §. 2. Den naͤchſten Sommer nach ſeiner Einweihung zog er nach Gothland, und bezeichnete daſelbſt bey 500 Mann mit dem Zeichen des Kreuzes, um mit nach Liefland zu gehen. §. 3. Von da reiſte er durch Dacien, b⁾ und erhielt von dem Koͤnig Canutus, dem Herzog Waldemar und dem Erzbiſchof Abſolon Geſchenke. b⁾ Daß Dacien nach der Schreibart der mitlern Zeiten fuͤr Danien oder Daͤnnemark geſchrieben werde, iſt was gemeines. Das iſt merkwuͤrdiger, daß derjenige Hof, der zu unſern Zeiten durch ausgeſandte Mißionarien an die Malabaren das Heil der Jn- dianer ſich angelegen ſeyn laͤſt, ſchon zu dieſer Zeit Alberten, der die Liven zu bekeh- ren eben abreiſen wolte, und deſſen Reiſegefaͤhrten unterſtuͤtzet; als die gewiß ohne koͤnig- liche Koſten zu dieſem Zuge auf 23 Schiffe kaum Rechnung machen konten. Die Zeit- buͤcher ſind vol Ruͤhmens von Canut dem juͤngern, Koͤnige von Daͤnnemark. Er war Heinrichs des Loͤwen Schwiegerſohn, und ſeine Schweſter, Helena, war an dieſes Heinrichs Prinz, Wilhelmen vermaͤhlet; die die Mutter wurde aller jemaligen Her- zoge von Braunſchweig und Luͤneburg, Churfuͤrſten des heiligen Roͤmiſchen Reichs, und Koͤnige von Großbritannien, die GOTT erhalten, und zu ſo viel Koͤ- nigen machen wolle, als er, zuruͤck zu rechnen, Herzoge verliehen. §. 4. Bey ſeiner Zuruͤckkunft nach Deutſchland, bezeichnete er im Weihnachtsfe- ſte c⁾ noch mehrere zu Magdeburg in Sachſen mit dem Kreuze, wo der Koͤnig Philippus mit ſeiner Gemahlin gekroͤnet wurde d⁾ . c⁾ Da die Alten ihre Jahre von Weihnachten anzufangen pflegen, ſo gehet unſer Verfaſſer davon ab, und faͤnget ſie von der Einweihung des Biſchofs an. Weil nun dieſe in die andere Helfte des 1198ſten Jahres faͤlt, ſo treffen dieſe Jahre mit den Jahren nach Chri- ſti Geburt nicht genau uͤberein, indem zum Exempel die Geſchichte des erſten Jahrs, zum theil in das Jahr Chriſti 1198, zum theil in das Jahr 1199 gehoͤren. Welches deswegen zu erinnern noͤthig geſchienen, daß man nicht denke, als ob die Rechnung des Verfaſſers nicht zuverlaͤßig ſey; welche an ſich richtig genug iſt, wenn man nur das, was in dieſem oder jenem Jahre des Biſchofs ſich zugetragen haben ſol, eines theils zu

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/56>, abgerufen am 21.12.2024.