[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des andern Bischof Bertolds, 1198d) Hier macht uns der ausgelassene Name das Pabsts, und das Stilschweigen in den Ge- schichten Cälestinus des 3ten, wieder was zu thun. Es schienen auch die Anstalten in Liefland noch nicht von der Wichtigkeit, daß das Ansehen des Pabsts, der mit den Feldzügen in die Morgenländer damals alle Hände vol zu thun hatte, sonderlich nö- thig gewesen, indem sie blos auf den Wink des Erzbischofs von Bremen angefangen worden. Doch ist es Meldens werth, daß Baronius beym Jahre 1195. n. 25. nicht in Abrede ist, daß unter diesem Pabst viele falsche Bullen vom Römischen Hofe ausge- fertiget seyn; und daß er namentlich einen solchen falschen Briefsteller angibt. Dis sage ich nicht zu dem Ende, als wolte ich diese Briefe des Cälestinus III, wenn sie ein- mal an Tag kommen solten, für erdichtet ausgeben, sondern, damit des Baronius offen- herziges Geständniß diejenigen behutsamer mache, welche auf Diplomata so verpicht sind. Denn da wir wissen, daß es zu Rom manchmal so gegangen, warum solten wir nicht glauben, daß es auch ausser Rom geschehen können? Wirklich bestraft Jnnocentius der 3te hier und da dergleichen Betriegereyen, als die zu seiner Zeit sehr im Schwange gingen; sonderlich aber lib. 1. epist. 383, wo er den König in Norwegen beschuldiget, und schreibt: Dieser hat sich nicht gescheuet, eine Bulle unsers Vorfahren, des Pabsts Cälestinus, gottsel. Gedächtnisses, fälschlich nachzumachen, mit der er verschiedene Brie- fe versiegelt. Der aber, dem alles offenbar ist, hat seine Falschheit entdecket,. Dis leh- ret uns hinlänglich, daß auch weit von Rom, und zwar im äussersten Norden, an fal- schen Sigillenschmieden und Verfassern untergeschobener Urkunden, kein Mangel gewesen. §. 4. Der Bischof kam also mit seiner angeworbnen Mannschaft in Liefland an, e) Der Ort an dem Ufer des Dünestroms, der 2 deutsche Meilen von der See liegt, und der nach Aussage unsers Verfassers beym Jahre 1200 n. 1 einen Schifshafen abgeben konte, hatte schon den Namen Rige vor Erbauung der Stadt gleiches Namens; gleich- wie der Ort oder die Gegend von Revel am Finnischen Meerbusen in Esthland den Namen Revel*) ehe geführet, als von den Dänen die Stadt und das Schloß Revel angelegt worden. Siehe beym Jahre 1218 n. 2. §. 5. Unterdessen versamleten sich alle Liven wider ihn, und stunden in ihrem den *) Die gewöhnliche Herleitung des Namens dieser Stadt, entweder vom Rehfal, das ist, von dem Fal
eines gejagten Rehes vom Schloßberge, oder von dem alten adelichen Geschlechte der Revelen, siehe bey Kelch p. 64. Brandis in einem Manuscript von 1226 setzet, ein gelehrter Mann habe es von Regenfal ableiten wollen, weil bey starkem Regen das Wasser mit einem schnellen Fal von Dumberg stürze, oder wie es ihm ein vornehmer Reichsrath erkläret, Refvol, von den vielen Reffen in der See; wobey er doch die Privilegien des Michaelisklosters anführet, in welchen der Ort schon vor Stiftung desselben Revel genennet worden. Der Herr von Lode bemerket, daß Brandis aus Versehen diese Briefschaften 100 Jahr älter macht, indem Lode selbige gleichfals unter Händen gehabt. Thomas Hiärne leitet es auch von dem Dänischen Worte Reff ab, und bezeuget, daß nach alter glaubwürdi- ger Leute Bericht, die beyden Holme, die Carlen genant, bey ihrer Eltern Gedenken noch nicht so hoch gewesen, sondern nur als Reffe in der See gelegen haben. Anderwerts hält ers für so schlim nicht, wenn mans der Erscheinung wegen, die dem König bey Belagerung der Stadt Praag widerfahren seyn sol, an diesem Orte ein Kloster zu errichten, von Reuelatio herzukommen glaubte; und wer könte es un- serm Chronikschreiber also verübeln, wenn er Riga von Rigatio herführet. Geſchichte des andern Biſchof Bertolds, 1198d) Hier macht uns der ausgelaſſene Name das Pabſts, und das Stilſchweigen in den Ge- ſchichten Caͤleſtinus des 3ten, wieder was zu thun. Es ſchienen auch die Anſtalten in Liefland noch nicht von der Wichtigkeit, daß das Anſehen des Pabſts, der mit den Feldzuͤgen in die Morgenlaͤnder damals alle Haͤnde vol zu thun hatte, ſonderlich noͤ- thig geweſen, indem ſie blos auf den Wink des Erzbiſchofs von Bremen angefangen worden. Doch iſt es Meldens werth, daß Baronius beym Jahre 1195. n. 25. nicht in Abrede iſt, daß unter dieſem Pabſt viele falſche Bullen vom Roͤmiſchen Hofe ausge- fertiget ſeyn; und daß er namentlich einen ſolchen falſchen Briefſteller angibt. Dis ſage ich nicht zu dem Ende, als wolte ich dieſe Briefe des Caͤleſtinus III, wenn ſie ein- mal an Tag kommen ſolten, fuͤr erdichtet ausgeben, ſondern, damit des Baronius offen- herziges Geſtaͤndniß diejenigen behutſamer mache, welche auf Diplomata ſo verpicht ſind. Denn da wir wiſſen, daß es zu Rom manchmal ſo gegangen, warum ſolten wir nicht glauben, daß es auch auſſer Rom geſchehen koͤnnen? Wirklich beſtraft Jnnocentius der 3te hier und da dergleichen Betriegereyen, als die zu ſeiner Zeit ſehr im Schwange gingen; ſonderlich aber lib. 1. epiſt. 383, wo er den Koͤnig in Norwegen beſchuldiget, und ſchreibt: Dieſer hat ſich nicht geſcheuet, eine Bulle unſers Vorfahren, des Pabſts Caͤleſtinus, gottſel. Gedaͤchtniſſes, faͤlſchlich nachzumachen, mit der er verſchiedene Brie- fe verſiegelt. Der aber, dem alles offenbar iſt, hat ſeine Falſchheit entdecket,. Dis leh- ret uns hinlaͤnglich, daß auch weit von Rom, und zwar im aͤuſſerſten Norden, an fal- ſchen Sigillenſchmieden und Verfaſſern untergeſchobener Urkunden, kein Mangel geweſen. §. 4. Der Biſchof kam alſo mit ſeiner angeworbnen Mannſchaft in Liefland an, e) Der Ort an dem Ufer des Duͤneſtroms, der 2 deutſche Meilen von der See liegt, und der nach Auſſage unſers Verfaſſers beym Jahre 1200 n. 1 einen Schifshafen abgeben konte, hatte ſchon den Namen Rige vor Erbauung der Stadt gleiches Namens; gleich- wie der Ort oder die Gegend von Revel am Finniſchen Meerbuſen in Eſthland den Namen Revel*) ehe gefuͤhret, als von den Daͤnen die Stadt und das Schloß Revel angelegt worden. Siehe beym Jahre 1218 n. 2. §. 5. Unterdeſſen verſamleten ſich alle Liven wider ihn, und ſtunden in ihrem den *) Die gewoͤhnliche Herleitung des Namens dieſer Stadt, entweder vom Rehfal, das iſt, von dem Fal
eines gejagten Rehes vom Schloßberge, oder von dem alten adelichen Geſchlechte der Revelen, ſiehe bey Kelch p. 64. Brandis in einem Manuſcript von 1226 ſetzet, ein gelehrter Mann habe es von Regenfal ableiten wollen, weil bey ſtarkem Regen das Waſſer mit einem ſchnellen Fal von Dumberg ſtuͤrze, oder wie es ihm ein vornehmer Reichsrath erklaͤret, Refvol, von den vielen Reffen in der See; wobey er doch die Privilegien des Michaeliskloſters anfuͤhret, in welchen der Ort ſchon vor Stiftung deſſelben Revel genennet worden. Der Herr von Lode bemerket, daß Brandis aus Verſehen dieſe Briefſchaften 100 Jahr aͤlter macht, indem Lode ſelbige gleichfals unter Haͤnden gehabt. Thomas Hiaͤrne leitet es auch von dem Daͤniſchen Worte Reff ab, und bezeuget, daß nach alter glaubwuͤrdi- ger Leute Bericht, die beyden Holme, die Carlen genant, bey ihrer Eltern Gedenken noch nicht ſo hoch geweſen, ſondern nur als Reffe in der See gelegen haben. Anderwerts haͤlt ers fuͤr ſo ſchlim nicht, wenn mans der Erſcheinung wegen, die dem Koͤnig bey Belagerung der Stadt Praag widerfahren ſeyn ſol, an dieſem Orte ein Kloſter zu errichten, von Reuelatio herzukommen glaubte; und wer koͤnte es un- ſerm Chronikſchreiber alſo veruͤbeln, wenn er Riga von Rigatio herfuͤhret. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0050" n="18"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Geſchichte des andern Biſchof Bertolds,</hi> </fw><lb/> <note place="left">1198</note> <note place="end" n="d)">Hier macht uns der ausgelaſſene Name das Pabſts, und das Stilſchweigen in den Ge-<lb/> ſchichten <hi rendition="#fr">Caͤleſtinus</hi> des 3ten, wieder was zu thun. 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Geſchichte des andern Biſchof Bertolds,
d⁾ Hier macht uns der ausgelaſſene Name das Pabſts, und das Stilſchweigen in den Ge-
ſchichten Caͤleſtinus des 3ten, wieder was zu thun. Es ſchienen auch die Anſtalten in
Liefland noch nicht von der Wichtigkeit, daß das Anſehen des Pabſts, der mit den
Feldzuͤgen in die Morgenlaͤnder damals alle Haͤnde vol zu thun hatte, ſonderlich noͤ-
thig geweſen, indem ſie blos auf den Wink des Erzbiſchofs von Bremen angefangen
worden. Doch iſt es Meldens werth, daß Baronius beym Jahre 1195. n. 25. nicht in
Abrede iſt, daß unter dieſem Pabſt viele falſche Bullen vom Roͤmiſchen Hofe ausge-
fertiget ſeyn; und daß er namentlich einen ſolchen falſchen Briefſteller angibt. Dis
ſage ich nicht zu dem Ende, als wolte ich dieſe Briefe des Caͤleſtinus III, wenn ſie ein-
mal an Tag kommen ſolten, fuͤr erdichtet ausgeben, ſondern, damit des Baronius offen-
herziges Geſtaͤndniß diejenigen behutſamer mache, welche auf Diplomata ſo verpicht ſind.
Denn da wir wiſſen, daß es zu Rom manchmal ſo gegangen, warum ſolten wir nicht
glauben, daß es auch auſſer Rom geſchehen koͤnnen? Wirklich beſtraft Jnnocentius
der 3te hier und da dergleichen Betriegereyen, als die zu ſeiner Zeit ſehr im Schwange
gingen; ſonderlich aber lib. 1. epiſt. 383, wo er den Koͤnig in Norwegen beſchuldiget,
und ſchreibt: Dieſer hat ſich nicht geſcheuet, eine Bulle unſers Vorfahren, des Pabſts
Caͤleſtinus, gottſel. Gedaͤchtniſſes, faͤlſchlich nachzumachen, mit der er verſchiedene Brie-
fe verſiegelt. Der aber, dem alles offenbar iſt, hat ſeine Falſchheit entdecket,. Dis leh-
ret uns hinlaͤnglich, daß auch weit von Rom, und zwar im aͤuſſerſten Norden, an fal-
ſchen Sigillenſchmieden und Verfaſſern untergeſchobener Urkunden, kein Mangel geweſen.
§. 4.
Der Biſchof kam alſo mit ſeiner angeworbnen Mannſchaft in Liefland an,
und als er vor das Schloß Holm ruͤckte, welches mitten im Strome liegt, fertigte
er einen Abgeordneten an die Liven uͤber das Waſſer ab, zu fragen, ob es ihr Ernſt
ſey, den Glauben anzunehmen, und uͤber dem angenommenen veſt zu halten. Sie
hingegen lieſſen ſich oͤffentlich vernehmen, ſie wolten weder was vom Glauben wiſſen
noch darob halten. Der Biſchof aber, weil er die Schiffe zuruͤck gelaſſen, konte
ihnen nicht beykommen; daher kehrte er mit der Armee nach dem Ort Rige
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und uͤberſchlug mit ſeinen Leuten, was er weiter thun ſolte.
e⁾ Der Ort an dem Ufer des Duͤneſtroms, der 2 deutſche Meilen von der See liegt, und
der nach Auſſage unſers Verfaſſers beym Jahre 1200 n. 1 einen Schifshafen abgeben
konte, hatte ſchon den Namen Rige vor Erbauung der Stadt gleiches Namens; gleich-
wie der Ort oder die Gegend von Revel am Finniſchen Meerbuſen in Eſthland den
Namen Revel *) ehe gefuͤhret, als von den Daͤnen die Stadt und das Schloß Revel
angelegt worden. Siehe beym Jahre 1218 n. 2.
§. 5.
Unterdeſſen verſamleten ſich alle Liven wider ihn, und ſtunden in ihrem
Lager hinter dem Berg Rige Schlachtfertig. Doch ſchickten ſie einen Deputirten
an den Biſchof und lieſſen fragen, warum eine Armee gegen ſie im Anzuge begrif-
fen ſey? Der Biſchof ließ ihnen zur Antwort melden, es geſchaͤhe deswegen, daß
ſie ſo ofte den Glauben verlaſſen und zum Heidenthum zuruͤckgegangen, als die
Hunde zum Geſpieenen. Die Lieflaͤnder erwiederten: Dieſe Beſchuldigung wol-
len wir unſers Orts ſchon aus dem Wege raͤumen. Laß du nur die Armee nach
Hauſe, und ziehe du mit deinen Leuten nach deinen Bisthum in Friede; die welche
den
*) Die gewoͤhnliche Herleitung des Namens dieſer Stadt, entweder vom Rehfal, das iſt, von dem Fal
eines gejagten Rehes vom Schloßberge, oder von dem alten adelichen Geſchlechte der Revelen, ſiehe
bey Kelch p. 64. Brandis in einem Manuſcript von 1226 ſetzet, ein gelehrter Mann habe es von
Regenfal ableiten wollen, weil bey ſtarkem Regen das Waſſer mit einem ſchnellen Fal von Dumberg
ſtuͤrze, oder wie es ihm ein vornehmer Reichsrath erklaͤret, Refvol, von den vielen Reffen in der See;
wobey er doch die Privilegien des Michaeliskloſters anfuͤhret, in welchen der Ort ſchon vor Stiftung
deſſelben Revel genennet worden. Der Herr von Lode bemerket, daß Brandis aus Verſehen dieſe
Briefſchaften 100 Jahr aͤlter macht, indem Lode ſelbige gleichfals unter Haͤnden gehabt. Thomas
Hiaͤrne leitet es auch von dem Daͤniſchen Worte Reff ab, und bezeuget, daß nach alter glaubwuͤrdi-
ger Leute Bericht, die beyden Holme, die Carlen genant, bey ihrer Eltern Gedenken noch nicht ſo hoch
geweſen, ſondern nur als Reffe in der See gelegen haben. Anderwerts haͤlt ers fuͤr ſo ſchlim nicht,
wenn mans der Erſcheinung wegen, die dem Koͤnig bey Belagerung der Stadt Praag widerfahren ſeyn
ſol, an dieſem Orte ein Kloſter zu errichten, von Reuelatio herzukommen glaubte; und wer koͤnte es un-
ſerm Chronikſchreiber alſo veruͤbeln, wenn er Riga von Rigatio herfuͤhret.
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