[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des ersten Bischofs, Meinhards, von 1184 bis 1196. §. 1. Die Vorsehung GOttes, so an Rahab und an Babylon,1184 §. 2. Es lebte ein Mann von einem unsträflichen Wandel, ein ehrwürdiger Greis a) und Priester aus dem Orden des heiligen Augustinus in dem Kloster Sige- a) §. 5. heist dieser Mann Meinhard*). Wie sein Zuname geheissen, woher er gebür- tig, und ob er aus adlicher oder bürgerlicher Familie gewesen, ist unbekant. Denn die Alten melden nichts davon, und selbst die Neuern, wie es doch sonst meistentheils ge- schiehet, bringen hier weder einige Muthmassungen noch Fabeln an: so gewiß ein selten Exempel ihrer Behutsamkeit ist. b) Es sind in Deutschland zu der Zeit 2 Klöster fast gleiches Namens bekannt gewesen. Das eine lag im Erzbisthum Cölln an dem Siegflus, davon es die Benennung hat. Das andere im Bremischen Stifte jenseit der Elbe, unten am Schlosse Sigeberg in Wagrien. Jenes erbauete der Erzbischof von Cölln Anno, zur Zeit Kaiser Heinrichs des 4ten, und setzte aus dem Kloster Frudelle, im Gebiet Canavese, zum Bisthum Jvrea gehörig, (worinne vormals der König Ardoinus sein Alter zuge- bracht,) Benedictinermönche dahin, und zwar solche, die eine strengere Ordensregel beobachteten, als die andern damals in Deutschland zu haben schienen. Siehe Lam- berten von Schafnaburg beym Jahr 1075 und beym Jahre 1070 zu Ende. Des Hn. Martene Collect. ampliss. tom. I. p. 978. Dieses ward nach Erbauung des Schlos- ses Sigeberg auf einem Berge, sonst der Aelberg genant, auf Kosten des Kaisers Lotharius aufgebauet, der den Vicelinus darüber setzte, welcher kurz vorher das benachbarte neue Kloster nach der Regel des heil. Augustinus angeleget, nach der auch *) Jn dem Revelschen Manuscript steht der Name Meinhard dabey. A 2
Geſchichte des erſten Biſchofs, Meinhards, von 1184 bis 1196. §. 1. Die Vorſehung GOttes, ſo an Rahab und an Babylon,1184 §. 2. Es lebte ein Mann von einem unſtraͤflichen Wandel, ein ehrwuͤrdiger Greis a) und Prieſter aus dem Orden des heiligen Auguſtinus in dem Kloſter Sige- a) §. 5. heiſt dieſer Mann Meinhard*). Wie ſein Zuname geheiſſen, woher er gebuͤr- tig, und ob er aus adlicher oder buͤrgerlicher Familie geweſen, iſt unbekant. Denn die Alten melden nichts davon, und ſelbſt die Neuern, wie es doch ſonſt meiſtentheils ge- ſchiehet, bringen hier weder einige Muthmaſſungen noch Fabeln an: ſo gewiß ein ſelten Exempel ihrer Behutſamkeit iſt. b) Es ſind in Deutſchland zu der Zeit 2 Kloͤſter faſt gleiches Namens bekannt geweſen. Das eine lag im Erzbisthum Coͤlln an dem Siegflus, davon es die Benennung hat. Das andere im Bremiſchen Stifte jenſeit der Elbe, unten am Schloſſe Sigeberg in Wagrien. Jenes erbauete der Erzbiſchof von Coͤlln Anno, zur Zeit Kaiſer Heinrichs des 4ten, und ſetzte aus dem Kloſter Frudelle, im Gebiet Canaveſe, zum Bisthum Jvrea gehoͤrig, (worinne vormals der Koͤnig Ardoinus ſein Alter zuge- bracht,) Benedictinermoͤnche dahin, und zwar ſolche, die eine ſtrengere Ordensregel beobachteten, als die andern damals in Deutſchland zu haben ſchienen. Siehe Lam- berten von Schafnaburg beym Jahr 1075 und beym Jahre 1070 zu Ende. Des Hn. Martene Collect. ampliſſ. tom. I. p. 978. Dieſes ward nach Erbauung des Schloſ- ſes Sigeberg auf einem Berge, ſonſt der Aelberg genant, auf Koſten des Kaiſers Lotharius aufgebauet, der den Vicelinus daruͤber ſetzte, welcher kurz vorher das benachbarte neue Kloſter nach der Regel des heil. Auguſtinus angeleget, nach der auch *) Jn dem Revelſchen Manuſcript ſteht der Name Meinhard dabey. A 2
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Geſchichte
des erſten Biſchofs, Meinhards,
von 1184 bis 1196.
§. 1.
Die Vorſehung GOttes, ſo an Rahab und an Babylon,
das heiſt, an das verwirte Heidenthum dachte, hat die ab-
goͤttiſchen Liven in unſern jetzigen Tagen aus dem Schlaf
der Abgoͤtterey und der Suͤnde ſolchergeſtalt durch das
Feuer ihrer Liebe aufgewecket.
1184
§. 2.
Es lebte ein Mann von einem unſtraͤflichen Wandel, ein ehrwuͤrdiger Greis
a⁾
und Prieſter aus dem Orden des heiligen Auguſtinus in dem Kloſter Sige-
berg
b⁾
. Dieſer kam blos um Chriſti willen, und nur Predigens halber mit ei-
ner Geſelſchaft von Kaufleuten nach Liefland
c⁾
. Denn es pflegten die deut-
ſchen
d⁾
Kaufleute, die kurz vorher mit den Liven Bekantſchaft gemacht hatten,
auf der Duͤne oft nach Liefland zu ſchiffen.
a⁾ §. 5. heiſt dieſer Mann Meinhard *). Wie ſein Zuname geheiſſen, woher er gebuͤr-
tig, und ob er aus adlicher oder buͤrgerlicher Familie geweſen, iſt unbekant. Denn
die Alten melden nichts davon, und ſelbſt die Neuern, wie es doch ſonſt meiſtentheils ge-
ſchiehet, bringen hier weder einige Muthmaſſungen noch Fabeln an: ſo gewiß ein ſelten
Exempel ihrer Behutſamkeit iſt.
b⁾ Es ſind in Deutſchland zu der Zeit 2 Kloͤſter faſt gleiches Namens bekannt geweſen.
Das eine lag im Erzbisthum Coͤlln an dem Siegflus, davon es die Benennung hat.
Das andere im Bremiſchen Stifte jenſeit der Elbe, unten am Schloſſe Sigeberg
in Wagrien. Jenes erbauete der Erzbiſchof von Coͤlln Anno, zur Zeit Kaiſer
Heinrichs des 4ten, und ſetzte aus dem Kloſter Frudelle, im Gebiet Canaveſe, zum
Bisthum Jvrea gehoͤrig, (worinne vormals der Koͤnig Ardoinus ſein Alter zuge-
bracht,) Benedictinermoͤnche dahin, und zwar ſolche, die eine ſtrengere Ordensregel
beobachteten, als die andern damals in Deutſchland zu haben ſchienen. Siehe Lam-
berten von Schafnaburg beym Jahr 1075 und beym Jahre 1070 zu Ende. Des
Hn. Martene Collect. ampliſſ. tom. I. p. 978. Dieſes ward nach Erbauung des Schloſ-
ſes Sigeberg auf einem Berge, ſonſt der Aelberg genant, auf Koſten des Kaiſers
Lotharius aufgebauet, der den Vicelinus daruͤber ſetzte, welcher kurz vorher das
benachbarte neue Kloſter nach der Regel des heil. Auguſtinus angeleget, nach der auch
das
*) Jn dem Revelſchen Manuſcript ſteht der Name Meinhard dabey.
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