[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.von 1220 bis 1221. [Spaltenumbruch]
Knechten in allen Schlössern, die so wol omnibus castris tam Unganniae quam1220 §. 6. Die aus Ungannien aber brachen mitten im Winter mit der Armee auf bey x) Also war Jngermannland als ein Stück des alten Holmgardischen Reichs schon da- mals unter Rußischer Botmäßigkeit, weil das Königreich Neugarden ein Rußisches Reich ist. Ja eben dieselben Grenzen haben damals Rußland von Esthland abge- sondert, wornach man sich nachher viele Jahrhunderte hindurch gerichtet; nemlich Narva disseits des Stroms und Jvanogrod, so jenseit gelegen. Not. Aus einer alten Notiz ersehe, daß in diesem Jahr das St. Georgen-Hospital von dem Bischof Albert in Riga gestiftet sey. Des Bischof Alberts vier und zwanzigstes Jahr, vom Jahr Christi 1221 bis 1222. §. 1. Das vier und zwanzigste Jahr des Bischofs trat nun ein, und das Land ge-1221 Der Y y
von 1220 bis 1221. [Spaltenumbruch]
Knechten in allen Schloͤſſern, die ſo wol omnibus caſtris tam Unganniæ quam1220 §. 6. Die aus Ungannien aber brachen mitten im Winter mit der Armee auf bey x) Alſo war Jngermannland als ein Stuͤck des alten Holmgardiſchen Reichs ſchon da- mals unter Rußiſcher Botmaͤßigkeit, weil das Koͤnigreich Neugarden ein Rußiſches Reich iſt. Ja eben dieſelben Grenzen haben damals Rußland von Eſthland abge- ſondert, wornach man ſich nachher viele Jahrhunderte hindurch gerichtet; nemlich Narva diſſeits des Stroms und Jvanogrod, ſo jenſeit gelegen. Not. Aus einer alten Notiz erſehe, daß in dieſem Jahr das St. Georgen-Hoſpital von dem Biſchof Albert in Riga geſtiftet ſey. Des Biſchof Alberts vier und zwanzigſtes Jahr, vom Jahr Chriſti 1221 bis 1222. §. 1. Das vier und zwanzigſte Jahr des Biſchofs trat nun ein, und das Land ge-1221 Der Y y
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von 1220 bis 1221.
Knechten in allen Schloͤſſern, die ſo wol
Ungannien als Saccala, die Advo-
caturen, und nahmen den Tribut ein;
dem Biſchof verwahrten ſie ſein Antheil,
und haben alle Schloͤſſer erbauet, mach-
ten ſie treflich veſte, gruben Brunnen
innerhalb denſelben, und fuͤlten die Ve-
ſtungen mit Gewehr und Steinſchleudern
an. Aus Furcht vor den Ruſſen jag-
ten ſie auch die Eſthen in die Schloͤſſer
und blieben mit ihnen beyſammen.
omnibus caſtris tam Unganniæ quam
Sacculæ procurantes Aduocatias, et
congregantes tributa, et Epiſcopo
ſuam partem conſeruantes, et ædifi-
cauerunt caſtra omnia, et firmiſſime
muniuerunt, et ciſternas infra fodien-
tes armis et baliſtis repleuerunt, et
propter timorem Ruthenorum Eſtones
in caſtra compellentes, ſimul cum eis
commanſerunt.
1220
§. 6.
Die aus Ungannien aber brachen mitten im Winter mit der Armee auf bey
einem ſehr tiefen Schnee, zogen Wirland vorbey, gingen uͤber die Narwa,
pluͤnderten das benachbarte Land, und entfuͤhrten Gefangene und Beute. Nach
ihrem Ruͤckmarſch nahmen die von Saccala denſelben Weg, paßirten die Nar-
wa, ruͤckten einen ſehr abgelegenen Weg weiter vorwerts in ein Land, ſo Jnga-
rien hieß, und ein Stuͤck des Reichs Nogardien war
x⁾
. Sie fanden da das
Land voller Leute, indem ſie durch keinen Bericht voraus gewarnet worden, und
ſchlugen die Jngarer mit einer alzu harten Plage, brachten die Mannsbilder und
viel Volk um, nahmen noch mehr von beyderley Geſchlechte gefangen, und ſchlach-
teten Schafe, Ochſen und vieles Vieh ab, weil ſie nicht alles mit nehmen konten.
Alſo kehrten ſie mit reicher Beute nach Hauſe, und ganz Eſth-und Liefland
war mit Gefangenen angefuͤllet. Die Ruſſen bekamen alſo ſchon dieſes Jahr al-
les Ungluͤck gedoppelt und dreyfach wieder, was ſie den Liven angethan hatten.
x⁾ Alſo war Jngermannland als ein Stuͤck des alten Holmgardiſchen Reichs ſchon da-
mals unter Rußiſcher Botmaͤßigkeit, weil das Koͤnigreich Neugarden ein Rußiſches
Reich iſt. Ja eben dieſelben Grenzen haben damals Rußland von Eſthland abge-
ſondert, wornach man ſich nachher viele Jahrhunderte hindurch gerichtet; nemlich
Narva diſſeits des Stroms und Jvanogrod, ſo jenſeit gelegen.
Not. Aus einer alten Notiz erſehe, daß in dieſem Jahr das St. Georgen-Hoſpital von
dem Biſchof Albert in Riga geſtiftet ſey.
Des Biſchof Alberts vier und zwanzigſtes Jahr,
vom Jahr Chriſti 1221 bis 1222.
§. 1.
Das vier und zwanzigſte Jahr des Biſchofs trat nun ein, und das Land ge-
noß noch keinen ruhigen Frieden. Daſſelbige Jahr waren die Tartern
im Lande der heidniſchen Valven
a⁾
, die von einigen Parther ge-
nant werden. Dieſe eſſen kein Brod, ſondern das rohe Fleiſch ihrer Thiere. Mit
dieſen kriegten die Tartern, bezwungen ſie auch, und ſchlugen alle mit der Schaͤrfe
des Schwerdts; etliche entflohen zu den Ruſſen und ſuchten bey ihnen Huͤlfe. Und
dieſe Nachricht erſchol durch ganz Rußland, daß ſie wider die Tartern fechten
ſolten. Es machten ſich alſo die Koͤnige in ganz Rußland gegen die Tartern auf,
ſie vermochten aber nicht mit ihnen zu fechten, ſondern flohen vor ihnen. Es blieb auch
der Groskoͤnig Myſceslaus von Kyowa
b⁾
, mit vierzig tauſend Mann, die ihm
beyſtunden. Der andre Koͤnig hingegen, aus Galacien
c⁾
, Myſceslaus entwiſchte
auf der Flucht
d⁾
. Von andern Koͤnigen blieben in demſelben Krieg bey funfzig. Sie
ſetzten ihnen ganzer ſechs Tage nach und erſchlugen von ihnen uͤberhaupt mehr als hun-
dert tauſend Mann, deren Anzahl GOtt allein bekant iſt; die uͤbrigen entflohen.
Der
1221
Y y
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