[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des dritten Bischof Alberts, vierzehntes Jahr, 1211recht froh würden. Nachdem der Friede mit den Esthen geschlossen, ließ dasSterben so wol in Riga als in Lief- und Esthland nach, doch aber nicht das Kriegen. Denn einige treulose Liven, die noch Blutdürstige Kinder waren, zerrissen die Brüste ihrer Mutter der Kirche, und berathschlagten sich auf alle Weise, wie sie die Brüder der Ritterschaft, die in Sigewalde sich befanden, mit List griffen und hintergingen, damit sie nach deren Verjagung, des Bischofs Familie mit andern Deutschen desto leichter aus dem Lande treiben könten. a) Siehe wegen des Worts poenae die Geschichte Meinhards not. k) Not. eine alte geschriebene Nachricht führet von diesem Jahre den Stiftungsbrief der Rigischen Domkirche an, daran sich doch keine Siegel befunden. §. 2. Jnzwischen schickte der König von Plosceke hin, ließ den Bischof vor sich Unsrer *) Diese Bekehrungsart beschämet den ehmaligen Religionszwang der römischen Kirche nicht wenig, weil
selbst rechtschaffene und vernünftige Männer im Pabstthum gegen die unvernünftige Bekehrungssucht und die ungereimten Zwangsmittel ihrer Glaubensgenossen geeifert haben. Man sehe hier artige Nachrichten nach in Arnolds Kirchenhistorie tom. 1. lib. 9. cap. 1. §. 5. 6. 7. Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, vierzehntes Jahr, 1211recht froh wuͤrden. Nachdem der Friede mit den Eſthen geſchloſſen, ließ dasSterben ſo wol in Riga als in Lief- und Eſthland nach, doch aber nicht das Kriegen. Denn einige treuloſe Liven, die noch Blutduͤrſtige Kinder waren, zerriſſen die Bruͤſte ihrer Mutter der Kirche, und berathſchlagten ſich auf alle Weiſe, wie ſie die Bruͤder der Ritterſchaft, die in Sigewalde ſich befanden, mit Liſt griffen und hintergingen, damit ſie nach deren Verjagung, des Biſchofs Familie mit andern Deutſchen deſto leichter aus dem Lande treiben koͤnten. a) Siehe wegen des Worts pœnæ die Geſchichte Meinhards not. k) Not. eine alte geſchriebene Nachricht fuͤhret von dieſem Jahre den Stiftungsbrief der Rigiſchen Domkirche an, daran ſich doch keine Siegel befunden. §. 2. Jnzwiſchen ſchickte der Koͤnig von Ploſceke hin, ließ den Biſchof vor ſich Unſrer *) Dieſe Bekehrungsart beſchaͤmet den ehmaligen Religionszwang der roͤmiſchen Kirche nicht wenig, weil
ſelbſt rechtſchaffene und vernuͤnftige Maͤnner im Pabſtthum gegen die unvernuͤnftige Bekehrungsſucht und die ungereimten Zwangsmittel ihrer Glaubensgenoſſen geeifert haben. Man ſehe hier artige Nachrichten nach in Arnolds Kirchenhiſtorie tom. 1. lib. 9. cap. 1. §. 5. 6. 7. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0130" n="98"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, vierzehntes Jahr,</hi></fw><lb/><note place="left">1211</note>recht froh wuͤrden. Nachdem der Friede mit den <hi rendition="#fr">Eſthen</hi> geſchloſſen, ließ das<lb/> Sterben ſo wol in <hi rendition="#fr">Riga</hi> als in <hi rendition="#fr">Lief- und Eſthland</hi> nach, doch aber nicht das<lb/> Kriegen. 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Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, vierzehntes Jahr,
recht froh wuͤrden. Nachdem der Friede mit den Eſthen geſchloſſen, ließ das
Sterben ſo wol in Riga als in Lief- und Eſthland nach, doch aber nicht das
Kriegen. Denn einige treuloſe Liven, die noch Blutduͤrſtige Kinder waren,
zerriſſen die Bruͤſte ihrer Mutter der Kirche, und berathſchlagten ſich auf alle
Weiſe, wie ſie die Bruͤder der Ritterſchaft, die in Sigewalde ſich befanden,
mit Liſt griffen und hintergingen, damit ſie nach deren Verjagung, des Biſchofs
Familie mit andern Deutſchen deſto leichter aus dem Lande treiben koͤnten.
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a⁾ Siehe wegen des Worts pœnæ die Geſchichte Meinhards not. k)
Not. eine alte geſchriebene Nachricht fuͤhret von dieſem Jahre den Stiftungsbrief der
Rigiſchen Domkirche an, daran ſich doch keine Siegel befunden.
§. 2.
Jnzwiſchen ſchickte der Koͤnig von Ploſceke hin, ließ den Biſchof vor ſich
rufen, und Zeit und Ort beſtimmen, er moͤchte doch vor ſeiner Majeſtaͤt bey
Gercike ſich einfinden, und wegen der ihm ehmals zinsbaren Liven ſich erklaͤren,
damit ſie auf gepflogene Unterredung denen Kaufleuten auf der Duͤne eine ſichere
Farth verſchaffen und durch Erneurung des Friedens den Litthauern deſto leich-
tern Widerſtand thun koͤnten. Der Biſchof nahm alle ſeine Maͤnner mit ſich,
wie auch den Koͤnig Woldemar mit den Ordensbruͤdern und Landesaͤlteſten der
Liven und Letten, zog dem Koͤnig entgegen und mit ihm die Kaufleute auf ihren
Schiffen. Alle legten ihre Ruͤſtung an, um vor dem Aufpaſſen der Litthauer
von allen Seiten der Duͤne, ſicher zu ſeyn. Und da ſie zum Koͤnige gelangten,
fingen ſie an mit ihm, von dem, was recht waͤre, zu handeln. Der Koͤnig ſprach
dem Biſchof bald mit Schmeicheleyen, bald mit harten Drohworten zu, und bat ihn,
mit der Taufe der Liven ſich nicht weiter zu thun zu machen, ſagte dabey, es ſtuͤnde
bey ihm, ſeine Knechte, die Liven, entweder zu taufen, oder ungetauft zu laſſen.
Denn es pflegen die Koͤnige der Ruſſen es ſo zu machen, daß ſie die bezwungenen
Voͤlker nicht zum Chriſtlichen Glauben zwingen *), ſondern nur unter ihr Joch brin-
gen, damit ſie Tribut und Geld zahlen. Der Biſchof aber hielt dafuͤr, er muͤſſe
GOtt mehr gehorchen, denn den Menſchen, mehr dem Koͤnige des Himmels als
dem der Erden, ſo wie er in ſeinem Evangelio ſelbſt geboten, wenn er ſpricht:
Gehet hin, und lehret alle Heiden, und taͤufet ſie im Namen des
Vaters und des Sohnes und des heiligen Geiſtes; und daher blieb er
beſtaͤndig dabey, er wolle weder von ſeinem Vorhaben abſtehen, noch das vom
Pabſt ihm aufgetragene Predigtamt verabſaͤumen. Doch war er nicht entgegen,
daß man dem Koͤnig Tribut geben ſolte, nachdem, was der HErr in ſeinem Evan-
gelio weiter ſagt: Gebt dem Kaiſer, was des Kaiſers iſt, und GOtte,
was GOttes iſt. Weil der Biſchof ja ſelbſt oftmals, da ſich das Blat
wandte, dieſen Schoß dem Koͤnige fuͤr die Liven bezahlet hatte. Die Liven
aber, wolten nicht zween Herren dienen, und lagen dem Biſchof allezeit in Ohren,
daß er ſie von dem Joch der Ruſſen voͤllig frey machen ſolte. Der Koͤnig hinge-
gen, der mit den rechtmaͤßigen Gruͤnden ſeines Vortrags nicht zufrieden war, ward
zuletzt unwillig, und drohete, alle Schloͤſſer in Liefland ſo wol als Riga ſelbſt
in die Aſche zu legen, ließ auch ſeine Truppen aus dem Schloſſe ruͤcken, und that,
als wolle er mit den Deutſchen anbinden. Er ſtelte wirklich alle ſeine Leute aufs
Feld in Schlachtordnung nebſt ſeinen Bogenſchuͤtzen, und fing an auf ſie los zuge-
hen. Daher zogen alle Maͤnner des Biſchofs mit dem Koͤnig Woldemar den
Bruͤdern der Ritterſchaft, und den Kaufleuten in voller Ruͤſtung dem Koͤnig be-
herzt entgegen. Da ſie auf einander los gingen, trat der Probſt bey der Kirche
Unſrer
*) Dieſe Bekehrungsart beſchaͤmet den ehmaligen Religionszwang der roͤmiſchen Kirche nicht wenig, weil
ſelbſt rechtſchaffene und vernuͤnftige Maͤnner im Pabſtthum gegen die unvernuͤnftige Bekehrungsſucht
und die ungereimten Zwangsmittel ihrer Glaubensgenoſſen geeifert haben. Man ſehe hier artige
Nachrichten nach in Arnolds Kirchenhiſtorie tom. 1. lib. 9. cap. 1. §. 5. 6. 7.
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