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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.

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Geschichte des dritten Bischof Alberts, dreyzehntes Jahr,
§. 5.
1210

Nun kamen die Liven, so sich nach vielem Kriegsungemach so wol über die
Ankunft der Bischöfe, als wegen des Sieges über ihre Feinde freueten, von der
Düne und von Thoreida und allen Grenzen Lieflandes zusammen, fielen
den Bischöfen zu Füssen und baten, daß die Abgaben an die Christen und son-
derlich der Zehnden ihnen erleichtert würde, versprachen auch, so wol in Krie-
gen gegen die Heiden, als in allen Angelegenheiten der Christenheit eine
ewige Treue. Die Bischöfe sagten zu ihrem Vortrag Ja, und gaben dem
Bischof von Riga an die Hand, in wie weit er in ihr Begehren willigen möch-
te, damit er sie allezeit auf seiner Seite behielte. Dieser selbst wünschte seine
Leute mit väterlicher Liebe zu hegen, überschlug dabey, wie wichtige Kriege von
den herumliegenden Völkern noch zu drohen schienen, und verordnete auf ihr Er-
suchen, daß stat des Zehnden von jedem Pferde l) ein gewisses Maß so achtzehn
Finger breit ausmachte, jährlich solle abgegeben werden, bestätigte es ihnen auch
auf diese Art, daß vier Bischöfe ihnen darüber Brief und Siegel gaben, doch
nur in so weit, daß, wenn sie einmal ihrer Pflicht vergessen, oder sich in die Be-
rathschlagungen der Heiden einlassen, und das Sacrament der heiligen Taufe
mit heidnischen Cäremonien besudeln solten, sie gehalten wären, nachher den
Zehnden und die andern Gefälle an die Christenheit volständig abzutragen.

l) Für Equus (Pferd) muß allerdings Vncus (Haken) gelesen werden. Es scheinet der
Abschreiber habe dieses ihm unbekante Wort Haken, in ein ihm bekanters, nemlich
Pferd, verwandelt. Denn die Preussen und Liefländer nennen eine gewisse Abmes-
sung ihrer Aecker einen Haken; und geben es auf Lateinisch mit dem Worte Vncus:
welches mit dem deutschen Worte Haken genau übereinkomt. Also befindet sich in der
Samlung der Preußischen Privilegien, die zu Braunsberg 1616 ans Licht getreten,
aus dem ersten Diploma von Anno 1233 eine Stelle: Wir wollen, daß von jedem Pol-
nischen Pfluge, der Hake genent wird, ein Lof Weizen - - jährlich dem Bischof der
Diöces stat des Zehnden entrichtet werde. Und in dem Vertrag zwischen den Deut-
schen
Ordensbrüdern und zwischen den Neubekehrten in Preussen, der auf Vermitte-
lung des päbstlichen Gesandten getroffen worden, geloben die Neubekehrten an, sie
wolten zum Unterhalt eines jeden Kirchenältesten acht Hufen (mansos) Landes geben,
vier nemlich von flachem Felde, und vier aus dem Busche, und den Zehnden von zwan-
zig Haken, zwey Ochsen, ein Pferd, und eine Kuh. Friderich Menius in Prodrom.
Jur. & Regim. Liuon. p.
7. schreibet, man habe eine Verordnung, nach welcher aus-
gemacht sey, wie lang und breit ein Liefländischer Haken seyn solle *).
§. 6.

Wie dis also eingerichtet worde, ließ der Bischof Albert drey Bischöfe in
Liefland, übertrug dem vierten, der damals eingeweihet war, seine Stelle, und
reiste wieder nach Deutschland; um Pilger wie auch andre aufs künftige Jahr
unentbehrliche Dinge zu besorgen, damit nicht die Kirche in Liefland dereinst
Gefahr liefe, wenn keine Pilger mehr da wären.

§. 7.

Mitlerweile brachten die von Saccala und Ungannien, so noch mit heiler
Haut davon gekommen, ein grosses Heer auf die Beine, fielen in die Provinzen
der Letten ein, suchten sie in allen Schlupfwinkeln der Wälder auf, und hieben

viele
*) Vncus ein Haken, so nante man anfänglich wegen seines Haupttheils einen Pflug, hernach ein Stück
Landes, so viel nemlich zwey Pferde in einem Tage umackern konten. Gewöhnlich wirds durch
ganz Liefland und Preussen ein Haken genant. Aus den Extractis & transsumtis nonnullorum
vet. privileg. Rigens.
befindet sich eine Verordnung de anno 1232: Mansus continet triginta juge-
ra agrorum, qui
Morgen dicuntur: Jugerum, ager, quadraginta in longum & decem men-
suras virgarum in latum habebit.
D. i. ein mansus (Haken Landes) hält dreysig Morgen
Landes: ein Morgen Landes sol vierzig Ruthen in der Länge und zehn Ruthen in der Breite
haben.
Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, dreyzehntes Jahr,
§. 5.
1210

Nun kamen die Liven, ſo ſich nach vielem Kriegsungemach ſo wol uͤber die
Ankunft der Biſchoͤfe, als wegen des Sieges uͤber ihre Feinde freueten, von der
Duͤne und von Thoreida und allen Grenzen Lieflandes zuſammen, fielen
den Biſchoͤfen zu Fuͤſſen und baten, daß die Abgaben an die Chriſten und ſon-
derlich der Zehnden ihnen erleichtert wuͤrde, verſprachen auch, ſo wol in Krie-
gen gegen die Heiden, als in allen Angelegenheiten der Chriſtenheit eine
ewige Treue. Die Biſchoͤfe ſagten zu ihrem Vortrag Ja, und gaben dem
Biſchof von Riga an die Hand, in wie weit er in ihr Begehren willigen moͤch-
te, damit er ſie allezeit auf ſeiner Seite behielte. Dieſer ſelbſt wuͤnſchte ſeine
Leute mit vaͤterlicher Liebe zu hegen, uͤberſchlug dabey, wie wichtige Kriege von
den herumliegenden Voͤlkern noch zu drohen ſchienen, und verordnete auf ihr Er-
ſuchen, daß ſtat des Zehnden von jedem Pferde l) ein gewiſſes Maß ſo achtzehn
Finger breit ausmachte, jaͤhrlich ſolle abgegeben werden, beſtaͤtigte es ihnen auch
auf dieſe Art, daß vier Biſchoͤfe ihnen daruͤber Brief und Siegel gaben, doch
nur in ſo weit, daß, wenn ſie einmal ihrer Pflicht vergeſſen, oder ſich in die Be-
rathſchlagungen der Heiden einlaſſen, und das Sacrament der heiligen Taufe
mit heidniſchen Caͤremonien beſudeln ſolten, ſie gehalten waͤren, nachher den
Zehnden und die andern Gefaͤlle an die Chriſtenheit volſtaͤndig abzutragen.

l) Fuͤr Equus (Pferd) muß allerdings Vncus (Haken) geleſen werden. Es ſcheinet der
Abſchreiber habe dieſes ihm unbekante Wort Haken, in ein ihm bekanters, nemlich
Pferd, verwandelt. Denn die Preuſſen und Lieflaͤnder nennen eine gewiſſe Abmeſ-
ſung ihrer Aecker einen Haken; und geben es auf Lateiniſch mit dem Worte Vncus:
welches mit dem deutſchen Worte Haken genau uͤbereinkomt. Alſo befindet ſich in der
Samlung der Preußiſchen Privilegien, die zu Braunsberg 1616 ans Licht getreten,
aus dem erſten Diploma von Anno 1233 eine Stelle: Wir wollen, daß von jedem Pol-
niſchen Pfluge, der Hake genent wird, ein Lof Weizen ‒ ‒ jaͤhrlich dem Biſchof der
Dioͤces ſtat des Zehnden entrichtet werde. Und in dem Vertrag zwiſchen den Deut-
ſchen
Ordensbruͤdern und zwiſchen den Neubekehrten in Preuſſen, der auf Vermitte-
lung des paͤbſtlichen Geſandten getroffen worden, geloben die Neubekehrten an, ſie
wolten zum Unterhalt eines jeden Kirchenaͤlteſten acht Hufen (manſos) Landes geben,
vier nemlich von flachem Felde, und vier aus dem Buſche, und den Zehnden von zwan-
zig Haken, zwey Ochſen, ein Pferd, und eine Kuh. Friderich Menius in Prodrom.
Jur. & Regim. Liuon. p.
7. ſchreibet, man habe eine Verordnung, nach welcher aus-
gemacht ſey, wie lang und breit ein Lieflaͤndiſcher Haken ſeyn ſolle *).
§. 6.

Wie dis alſo eingerichtet worde, ließ der Biſchof Albert drey Biſchoͤfe in
Liefland, uͤbertrug dem vierten, der damals eingeweihet war, ſeine Stelle, und
reiſte wieder nach Deutſchland; um Pilger wie auch andre aufs kuͤnftige Jahr
unentbehrliche Dinge zu beſorgen, damit nicht die Kirche in Liefland dereinſt
Gefahr liefe, wenn keine Pilger mehr da waͤren.

§. 7.

Mitlerweile brachten die von Saccala und Ungannien, ſo noch mit heiler
Haut davon gekommen, ein groſſes Heer auf die Beine, fielen in die Provinzen
der Letten ein, ſuchten ſie in allen Schlupfwinkeln der Waͤlder auf, und hieben

viele
*) Vncus ein Haken, ſo nante man anfaͤnglich wegen ſeines Haupttheils einen Pflug, hernach ein Stuͤck
Landes, ſo viel nemlich zwey Pferde in einem Tage umackern konten. Gewoͤhnlich wirds durch
ganz Liefland und Preuſſen ein Haken genant. Aus den Extractis & tranſſumtis nonnullorum
vet. privileg. Rigenſ.
befindet ſich eine Verordnung de anno 1232: Manſus continet triginta juge-
ra agrorum, qui
Morgen dicuntur: Jugerum, ager, quadraginta in longum & decem men-
ſuras virgarum in latum habebit.
D. i. ein manſus (Haken Landes) haͤlt dreyſig Morgen
Landes: ein Morgen Landes ſol vierzig Ruthen in der Laͤnge und zehn Ruthen in der Breite
haben.
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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik01_1747/124>, abgerufen am 03.12.2024.