Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite
XVI.
Der Geitzige.

Ich Unglücklicher! klagte ein Geitzhals seinem
Nachbar. Man hat mir den Schatz, den ich in
meinem Garten vergraben hatte, diese Nacht ent-
wendet, und einen verdammten Stein an dessen
Stelle gelegt.

Du würdest, antwortete ihm der Nachbar,
deinen Schatz doch nicht genutzt haben. Bilde dir
also ein, der Stein sey dein Schatz; und du bist
nichts ärmer.

Wäre ich auch schon nichts ärmer, erwiederte
der Geitzhals; ist ein andrer nicht um so viel rei-
cher? Ein andrer um so viel reicher! Ich möchte
rasend werden.



XVII. Der
D 4
XVI.
Der Geitzige.

Ich Unglücklicher! klagte ein Geitzhals ſeinem
Nachbar. Man hat mir den Schatz, den ich in
meinem Garten vergraben hatte, dieſe Nacht ent-
wendet, und einen verdammten Stein an deſſen
Stelle gelegt.

Du würdeſt, antwortete ihm der Nachbar,
deinen Schatz doch nicht genutzt haben. Bilde dir
alſo ein, der Stein ſey dein Schatz; und du biſt
nichts ärmer.

Wäre ich auch ſchon nichts ärmer, erwiederte
der Geitzhals; iſt ein andrer nicht um ſo viel rei-
cher? Ein andrer um ſo viel reicher! Ich möchte
raſend werden.



XVII. Der
D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0075" n="55"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XVI.</hi></hi><lb/>
Der <hi rendition="#fr">Geitzige.</hi></head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">I</hi>ch Unglücklicher! klagte ein Geitzhals &#x017F;einem<lb/>
Nachbar. Man hat mir den Schatz, den ich in<lb/>
meinem Garten vergraben hatte, die&#x017F;e Nacht ent-<lb/>
wendet, und einen verdammten Stein an de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Stelle gelegt.</p><lb/>
          <p>Du würde&#x017F;t, antwortete ihm der Nachbar,<lb/>
deinen Schatz doch nicht genutzt haben. Bilde dir<lb/>
al&#x017F;o ein, der Stein &#x017F;ey dein Schatz; und du bi&#x017F;t<lb/>
nichts ärmer.</p><lb/>
          <p>Wäre ich auch &#x017F;chon nichts ärmer, erwiederte<lb/>
der Geitzhals; i&#x017F;t ein andrer nicht um &#x017F;o viel rei-<lb/>
cher? Ein andrer um &#x017F;o viel reicher! Ich möchte<lb/>
ra&#x017F;end werden.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">D 4</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">XVII.</hi> Der</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0075] XVI. Der Geitzige. Ich Unglücklicher! klagte ein Geitzhals ſeinem Nachbar. Man hat mir den Schatz, den ich in meinem Garten vergraben hatte, dieſe Nacht ent- wendet, und einen verdammten Stein an deſſen Stelle gelegt. Du würdeſt, antwortete ihm der Nachbar, deinen Schatz doch nicht genutzt haben. Bilde dir alſo ein, der Stein ſey dein Schatz; und du biſt nichts ärmer. Wäre ich auch ſchon nichts ärmer, erwiederte der Geitzhals; iſt ein andrer nicht um ſo viel rei- cher? Ein andrer um ſo viel reicher! Ich möchte raſend werden. XVII. Der D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/75
Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/75>, abgerufen am 03.12.2024.