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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.

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XVIII.
Der Strauß.

Itzt will ich fliegen; rief der gigantische Strauß,
und das ganze Volk der Vögel stand in ernster Er-
wartung um ihn versammelt. Itzt will ich fliegen,
rief er nochmals; breitete die gewaltigen Fittige weit
aus, und schoß, gleich einem Schiffe mit aufgespann-
ten Segeln, auf dem Boden dahin, ohne ihn mit
einem Tritte zu verlieren.

Sehet da, ein poetisches Bild jener unpoetischen
Köpfe, die in den ersten Zeilen ihrer ungeheuren
Oden, mit stolzen Schwingen prahlen, sich über
Wolken und Sterne zu erheben drohen, und dem
Staube doch immer getreu bleiben!



XIX. Der
XVIII.
Der Strauß.

Itzt will ich fliegen; rief der gigantiſche Strauß,
und das ganze Volk der Vögel ſtand in ernſter Er-
wartung um ihn verſammelt. Itzt will ich fliegen,
rief er nochmals; breitete die gewaltigen Fittige weit
aus, und ſchoß, gleich einem Schiffe mit aufgeſpann-
ten Segeln, auf dem Boden dahin, ohne ihn mit
einem Tritte zu verlieren.

Sehet da, ein poetiſches Bild jener unpoetiſchen
Köpfe, die in den erſten Zeilen ihrer ungeheuren
Oden, mit ſtolzen Schwingen prahlen, ſich über
Wolken und Sterne zu erheben drohen, und dem
Staube doch immer getreu bleiben!



XIX. Der
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[22/0042] XVIII. Der Strauß. Itzt will ich fliegen; rief der gigantiſche Strauß, und das ganze Volk der Vögel ſtand in ernſter Er- wartung um ihn verſammelt. Itzt will ich fliegen, rief er nochmals; breitete die gewaltigen Fittige weit aus, und ſchoß, gleich einem Schiffe mit aufgeſpann- ten Segeln, auf dem Boden dahin, ohne ihn mit einem Tritte zu verlieren. Sehet da, ein poetiſches Bild jener unpoetiſchen Köpfe, die in den erſten Zeilen ihrer ungeheuren Oden, mit ſtolzen Schwingen prahlen, ſich über Wolken und Sterne zu erheben drohen, und dem Staube doch immer getreu bleiben! XIX. Der

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/42>, abgerufen am 21.12.2024.