Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite


ich bitte dich, und, mein liebes Kind! daß es
nur ja Leute von guter Reputation seyn.
Mot. Simson, Herr! und das war ein
Mann von gar guter Aufführung, denn er
führte die Stadtthore auf seinem Rücken weg.
Armado. O wohl qualificirter Simson!
ich bin berühmt im Rappier, wie du im Thor-
tragen. Wer war Simsons Liebste, mein theu-
rer Mot?
Mot. Es war ein Weibsbild.
Arm. Von welcher Complexion?
Mot. Von allen vieren.
Arm. Von welcher?
Mot. Von der meergrünen.
Arm. Jn der That, grün ist die Farbe der
Liebe: aber eine Liebste von der Farbe ist nicht
angenehm. Vielleicht liebt' er sie wegen ihres
Witzes.
Mot. So war es: sie hatt' einen grünen
Witz.
Armado. Meine Liebste ist ohne Flecken,
weiß und roth.
Mot. Unter den Farben sind oft die be-
flecktesten Gedanken verborgen.
Arm. Wie das, mein Sohn! wie das?
Mot. Meines Vaters Verstand und mei-
ner Mutter Zunge steht mir bey.
Arm. Schöne Anrufung eines Kindes!
Sehr pathetisch und sehr ästhetisch.
Mot.


ich bitte dich, und, mein liebes Kind! daß es
nur ja Leute von guter Reputation ſeyn.
Mot. Simſon, Herr! und das war ein
Mann von gar guter Auffuͤhrung, denn er
fuͤhrte die Stadtthore auf ſeinem Ruͤcken weg.
Armado. O wohl qualificirter Simſon!
ich bin beruͤhmt im Rappier, wie du im Thor-
tragen. Wer war Simſons Liebſte, mein theu-
rer Mot?
Mot. Es war ein Weibsbild.
Arm. Von welcher Complexion?
Mot. Von allen vieren.
Arm. Von welcher?
Mot. Von der meergruͤnen.
Arm. Jn der That, gruͤn iſt die Farbe der
Liebe: aber eine Liebſte von der Farbe iſt nicht
angenehm. Vielleicht liebt’ er ſie wegen ihres
Witzes.
Mot. So war es: ſie hatt’ einen gruͤnen
Witz.
Armado. Meine Liebſte iſt ohne Flecken,
weiß und roth.
Mot. Unter den Farben ſind oft die be-
fleckteſten Gedanken verborgen.
Arm. Wie das, mein Sohn! wie das?
Mot. Meines Vaters Verſtand und mei-
ner Mutter Zunge ſteht mir bey.
Arm. Schoͤne Anrufung eines Kindes!
Sehr pathetiſch und ſehr aͤſthetiſch.
Mot.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp>
              <p><pb facs="#f0080" n="74"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ich bitte dich, und, mein liebes Kind! daß es<lb/>
nur ja Leute von guter Reputation &#x017F;eyn.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Mot</hi>.</speaker>
              <p>Sim&#x017F;on, Herr! und das war ein<lb/>
Mann von gar guter Auffu&#x0364;hrung, denn er<lb/>
fu&#x0364;hrte die Stadtthore auf &#x017F;einem Ru&#x0364;cken weg.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Armado</hi>.</speaker>
              <p>O wohl qualificirter Sim&#x017F;on!<lb/>
ich bin beru&#x0364;hmt im Rappier, wie du im Thor-<lb/>
tragen. Wer war Sim&#x017F;ons Lieb&#x017F;te, mein theu-<lb/>
rer Mot?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Mot</hi>.</speaker>
              <p>Es war ein Weibsbild.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Arm</hi>.</speaker>
              <p>Von welcher Complexion?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Mot</hi>.</speaker>
              <p>Von allen vieren.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Arm</hi>.</speaker>
              <p>Von welcher?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Mot</hi>.</speaker>
              <p>Von der meergru&#x0364;nen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Arm</hi>.</speaker>
              <p>Jn der That, gru&#x0364;n i&#x017F;t die Farbe der<lb/>
Liebe: aber eine Lieb&#x017F;te von der Farbe i&#x017F;t nicht<lb/>
angenehm. Vielleicht liebt&#x2019; er &#x017F;ie wegen ihres<lb/>
Witzes.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Mot</hi>.</speaker>
              <p>So war es: &#x017F;ie hatt&#x2019; einen gru&#x0364;nen<lb/>
Witz.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Armado</hi>.</speaker>
              <p>Meine Lieb&#x017F;te i&#x017F;t ohne Flecken,<lb/>
weiß und roth.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Mot</hi>.</speaker>
              <p>Unter den Farben &#x017F;ind oft die be-<lb/>
fleckte&#x017F;ten Gedanken verborgen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Arm</hi>.</speaker>
              <p>Wie das, mein Sohn! wie das?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Mot</hi>.</speaker>
              <p>Meines Vaters Ver&#x017F;tand und mei-<lb/>
ner Mutter Zunge &#x017F;teht mir bey.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Arm</hi>.</speaker>
              <p>Scho&#x0364;ne Anrufung eines Kindes!<lb/>
Sehr patheti&#x017F;ch und &#x017F;ehr a&#x0364;&#x017F;theti&#x017F;ch.</p>
            </sp><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">Mot</hi>.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0080] ich bitte dich, und, mein liebes Kind! daß es nur ja Leute von guter Reputation ſeyn. Mot. Simſon, Herr! und das war ein Mann von gar guter Auffuͤhrung, denn er fuͤhrte die Stadtthore auf ſeinem Ruͤcken weg. Armado. O wohl qualificirter Simſon! ich bin beruͤhmt im Rappier, wie du im Thor- tragen. Wer war Simſons Liebſte, mein theu- rer Mot? Mot. Es war ein Weibsbild. Arm. Von welcher Complexion? Mot. Von allen vieren. Arm. Von welcher? Mot. Von der meergruͤnen. Arm. Jn der That, gruͤn iſt die Farbe der Liebe: aber eine Liebſte von der Farbe iſt nicht angenehm. Vielleicht liebt’ er ſie wegen ihres Witzes. Mot. So war es: ſie hatt’ einen gruͤnen Witz. Armado. Meine Liebſte iſt ohne Flecken, weiß und roth. Mot. Unter den Farben ſind oft die be- fleckteſten Gedanken verborgen. Arm. Wie das, mein Sohn! wie das? Mot. Meines Vaters Verſtand und mei- ner Mutter Zunge ſteht mir bey. Arm. Schoͤne Anrufung eines Kindes! Sehr pathetiſch und ſehr aͤſthetiſch. Mot.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/80
Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/80>, abgerufen am 26.04.2024.