Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.An Seneca. Durch's enge Thal Nachts irret ein Wanderer, Dumpf braust der Waldstrom, drängt an die Klippenwand Den Pfad, der mühsam durch Gesträuch und Bodenentragende Wurzeln fortkriecht. Der laute Sturmwind kämpft mit dem Föhrenwald; Der Felsensohn trozt seiner Gewalt; nun stürzt Zornschnaubend sich der Rückgeworfne In das Getümmel des Wogenkampfes. Erstorben sind am Himmel die Lichter rings, Der Sturm entfacht auf seltne Momente nur Der Asche des Gewölkes einen Funken, der spärlich herunterdämmert. Die Nacht ist wild, mit wachsender Macht empört
Sturm sich und Strom; der Wanderer bebt, und weilt, Und zaget vorwärts, zu verschlingen Droht ihn der schwellenden Wogen Andrang. An Seneca. Durch's enge Thal Nachts irret ein Wanderer, Dumpf brauſt der Waldſtrom, draͤngt an die Klippenwand Den Pfad, der muͤhſam durch Geſtraͤuch und Bodenentragende Wurzeln fortkriecht. Der laute Sturmwind kaͤmpft mit dem Foͤhrenwald; Der Felſenſohn trozt ſeiner Gewalt; nun ſtuͤrzt Zornſchnaubend ſich der Ruͤckgeworfne In das Getuͤmmel des Wogenkampfes. Erſtorben ſind am Himmel die Lichter rings, Der Sturm entfacht auf ſeltne Momente nur Der Aſche des Gewoͤlkes einen Funken, der ſpaͤrlich herunterdaͤmmert. Die Nacht iſt wild, mit wachſender Macht empoͤrt
Sturm ſich und Strom; der Wanderer bebt, und weilt, Und zaget vorwaͤrts, zu verſchlingen Droht ihn der ſchwellenden Wogen Andrang. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0234" n="220"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">An Seneca</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>urch's enge Thal Nachts irret ein Wanderer,</l><lb/> <l>Dumpf brauſt der Waldſtrom, draͤngt an die Klippenwand</l><lb/> <l>Den Pfad, der muͤhſam durch Geſtraͤuch und</l><lb/> <l>Bodenentragende Wurzeln fortkriecht.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Der laute Sturmwind kaͤmpft mit dem Foͤhrenwald;</l><lb/> <l>Der Felſenſohn trozt ſeiner Gewalt; nun ſtuͤrzt</l><lb/> <l>Zornſchnaubend ſich der Ruͤckgeworfne</l><lb/> <l>In das Getuͤmmel des Wogenkampfes.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Erſtorben ſind am Himmel die Lichter rings,</l><lb/> <l>Der Sturm entfacht auf ſeltne Momente nur</l><lb/> <l>Der Aſche des Gewoͤlkes einen</l><lb/> <l>Funken, der ſpaͤrlich herunterdaͤmmert.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Die Nacht iſt wild, mit wachſender Macht empoͤrt</l><lb/> <l>Sturm ſich und Strom; der Wanderer bebt, und weilt,</l><lb/> <l>Und zaget vorwaͤrts, zu verſchlingen</l><lb/> <l>Droht ihn der ſchwellenden Wogen Andrang.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [220/0234]
An Seneca.
Durch's enge Thal Nachts irret ein Wanderer,
Dumpf brauſt der Waldſtrom, draͤngt an die Klippenwand
Den Pfad, der muͤhſam durch Geſtraͤuch und
Bodenentragende Wurzeln fortkriecht.
Der laute Sturmwind kaͤmpft mit dem Foͤhrenwald;
Der Felſenſohn trozt ſeiner Gewalt; nun ſtuͤrzt
Zornſchnaubend ſich der Ruͤckgeworfne
In das Getuͤmmel des Wogenkampfes.
Erſtorben ſind am Himmel die Lichter rings,
Der Sturm entfacht auf ſeltne Momente nur
Der Aſche des Gewoͤlkes einen
Funken, der ſpaͤrlich herunterdaͤmmert.
Die Nacht iſt wild, mit wachſender Macht empoͤrt
Sturm ſich und Strom; der Wanderer bebt, und weilt,
Und zaget vorwaͤrts, zu verſchlingen
Droht ihn der ſchwellenden Wogen Andrang.
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