Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Glauben. Wissen. Handeln. Ein allegorischer Traum. Schon ist der Berge Purpurgluth verglommen, Und zitternd flieht des Tages lezter Strahl Der Nacht schon aus dem Wege. Sey willkommen, O Dunkelheit, im ernsten Eichenthal! -- Hier zünd' ich Nachts mein Herz zum hellen Feuer Des Schmerzes an, und starre stumm hinein; Und schwillt die Flamme, wird sie ungeheuer, Ich steh' dabei, und starre stumm hinein; Gelockt vom Scheine, schwirren dann in Schaaren, Wie Mücken auf der Lüfte lauer Fluth, Erinnerungen her aus fernen Jahren, Und werfen dürre Reiser in die Glut. Sie singen mir, um's Feuer dicht gekauert, Viel längst verklungne Melodieen vor, Wie einst gejubelt ich, und wie getrauert, Und wie der Seele Frieden ich verlor. Sie singen mir von meinen Jugendträumen, Wie mir das Leben einst so hold, so traut, Glauben. Wissen. Handeln. Ein allegoriſcher Traum. Schon iſt der Berge Purpurgluth verglommen, Und zitternd flieht des Tages lezter Strahl Der Nacht ſchon aus dem Wege. Sey willkommen, O Dunkelheit, im ernſten Eichenthal! — Hier zuͤnd' ich Nachts mein Herz zum hellen Feuer Des Schmerzes an, und ſtarre ſtumm hinein; Und ſchwillt die Flamme, wird ſie ungeheuer, Ich ſteh' dabei, und ſtarre ſtumm hinein; Gelockt vom Scheine, ſchwirren dann in Schaaren, Wie Muͤcken auf der Luͤfte lauer Fluth, Erinnerungen her aus fernen Jahren, Und werfen duͤrre Reiſer in die Glut. Sie ſingen mir, um's Feuer dicht gekauert, Viel laͤngſt verklungne Melodieen vor, Wie einſt gejubelt ich, und wie getrauert, Und wie der Seele Frieden ich verlor. Sie ſingen mir von meinen Jugendtraͤumen, Wie mir das Leben einſt ſo hold, ſo traut, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0186" n="172"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Glauben. Wissen. Handeln.</hi><lb/> </head> <p><hi rendition="#g">Ein allegoriſcher Traum</hi>.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">S</hi>chon iſt der Berge Purpurgluth verglommen,</l><lb/> <l>Und zitternd flieht des Tages lezter Strahl</l><lb/> <l>Der Nacht ſchon aus dem Wege. Sey willkommen,</l><lb/> <l>O Dunkelheit, im ernſten Eichenthal! —</l><lb/> <l>Hier zuͤnd' ich Nachts mein Herz zum hellen Feuer</l><lb/> <l>Des Schmerzes an, und ſtarre ſtumm hinein;</l><lb/> <l>Und ſchwillt die Flamme, wird ſie ungeheuer,</l><lb/> <l>Ich ſteh' dabei, und ſtarre ſtumm hinein;</l><lb/> <l>Gelockt vom Scheine, ſchwirren dann in Schaaren,</l><lb/> <l>Wie Muͤcken auf der Luͤfte lauer Fluth,</l><lb/> <l>Erinnerungen her aus fernen Jahren,</l><lb/> <l>Und werfen duͤrre Reiſer in die Glut.</l><lb/> <l>Sie ſingen mir, um's Feuer dicht gekauert,</l><lb/> <l>Viel laͤngſt verklungne Melodieen vor,</l><lb/> <l>Wie einſt gejubelt ich, und wie getrauert,</l><lb/> <l>Und wie der Seele Frieden ich verlor.</l><lb/> <l>Sie ſingen mir von meinen Jugendtraͤumen,</l><lb/> <l>Wie mir das Leben einſt ſo hold, ſo traut,</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [172/0186]
Glauben. Wissen. Handeln.
Ein allegoriſcher Traum.
Schon iſt der Berge Purpurgluth verglommen,
Und zitternd flieht des Tages lezter Strahl
Der Nacht ſchon aus dem Wege. Sey willkommen,
O Dunkelheit, im ernſten Eichenthal! —
Hier zuͤnd' ich Nachts mein Herz zum hellen Feuer
Des Schmerzes an, und ſtarre ſtumm hinein;
Und ſchwillt die Flamme, wird ſie ungeheuer,
Ich ſteh' dabei, und ſtarre ſtumm hinein;
Gelockt vom Scheine, ſchwirren dann in Schaaren,
Wie Muͤcken auf der Luͤfte lauer Fluth,
Erinnerungen her aus fernen Jahren,
Und werfen duͤrre Reiſer in die Glut.
Sie ſingen mir, um's Feuer dicht gekauert,
Viel laͤngſt verklungne Melodieen vor,
Wie einſt gejubelt ich, und wie getrauert,
Und wie der Seele Frieden ich verlor.
Sie ſingen mir von meinen Jugendtraͤumen,
Wie mir das Leben einſt ſo hold, ſo traut,
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