Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Das Herz. Scheitert unsre Brust an Klippen, Hingeschellt von Sturmeswuth, Trinkt mit aufgerissnen Lippen Unsre Wunde Schmerzensfluth; Schöpft das Herz dann hastig bange Aus der Brust den Thränenguß, Weil es sonst vom Wellendrange Ueberfluthet sterben muß; Dann wird auch der Sturm beschworen, Helle wird die Finsterniß, Es vertünchen milde Horen An der Brust den Wundenriß. Aber ist das Herz ein zages,
Wenn die Brust die Woge trinkt; Starrt es ob des Klippenschlages Störrisch, müßig -- und versinkt. Das Herz. Scheitert unſre Bruſt an Klippen, Hingeſchellt von Sturmeswuth, Trinkt mit aufgeriſſnen Lippen Unſre Wunde Schmerzensfluth; Schoͤpft das Herz dann haſtig bange Aus der Bruſt den Thraͤnenguß, Weil es ſonſt vom Wellendrange Ueberfluthet ſterben muß; Dann wird auch der Sturm beſchworen, Helle wird die Finſterniß, Es vertuͤnchen milde Horen An der Bruſt den Wundenriß. Aber iſt das Herz ein zages,
Wenn die Bruſt die Woge trinkt; Starrt es ob des Klippenſchlages Stoͤrriſch, muͤßig — und verſinkt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0147" n="133"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Das Herz</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">S</hi>cheitert unſre Bruſt an Klippen,</l><lb/> <l>Hingeſchellt von Sturmeswuth,</l><lb/> <l>Trinkt mit aufgeriſſnen Lippen</l><lb/> <l>Unſre Wunde Schmerzensfluth;</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Schoͤpft das Herz dann haſtig bange</l><lb/> <l>Aus der Bruſt den Thraͤnenguß,</l><lb/> <l>Weil es ſonſt vom Wellendrange</l><lb/> <l>Ueberfluthet ſterben muß;</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Dann wird auch der Sturm beſchworen,</l><lb/> <l>Helle wird die Finſterniß,</l><lb/> <l>Es vertuͤnchen milde Horen</l><lb/> <l>An der Bruſt den Wundenriß.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Aber iſt das Herz ein zages,</l><lb/> <l>Wenn die Bruſt die Woge trinkt;</l><lb/> <l>Starrt es ob des Klippenſchlages</l><lb/> <l>Stoͤrriſch, muͤßig — und verſinkt.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [133/0147]
Das Herz.
Scheitert unſre Bruſt an Klippen,
Hingeſchellt von Sturmeswuth,
Trinkt mit aufgeriſſnen Lippen
Unſre Wunde Schmerzensfluth;
Schoͤpft das Herz dann haſtig bange
Aus der Bruſt den Thraͤnenguß,
Weil es ſonſt vom Wellendrange
Ueberfluthet ſterben muß;
Dann wird auch der Sturm beſchworen,
Helle wird die Finſterniß,
Es vertuͤnchen milde Horen
An der Bruſt den Wundenriß.
Aber iſt das Herz ein zages,
Wenn die Bruſt die Woge trinkt;
Starrt es ob des Klippenſchlages
Stoͤrriſch, muͤßig — und verſinkt.
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Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/147>, abgerufen am 22.07.2024. |