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Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

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Unmögliches.

Bevor mein Blick den Zauber noch getrunken,
Der, wie die Farbenpracht am Demant glüht,
Dich tausendfach, doch immer neu, umblüht;
Horcht' ich dem Freund, in Ahnungen versunken.
Wir seh'n des Berges Haupt in Purpur prangen,
Wenn schon die Sonne sank und Dämmerung
Den Hain umflort: so strahlt' Erinnerung
An dich, Geliebte, von des Freundes Wangen;
Begeistert taucht' er in des Busens Tiefen
Den Pinsel, und er malte warm und mild
Dem sel'gen Horcher dein entzückend Bild,
Gefühle weckend, die seit lange schliefen.
Doch wie's dem Dichter nimmer will gelingen,
Des Busens Drang ins enge Wort zu zwingen,
Hinüber uns in seine Welt zu singen:
So hat der Freund vergebens dich gemalt,
Sie nicht erreicht, die göttliche Gestalt,
Und deiner Seele stille Allgewalt.

Lenau's Gedichte. 9
Unmögliches.

Bevor mein Blick den Zauber noch getrunken,
Der, wie die Farbenpracht am Demant gluͤht,
Dich tauſendfach, doch immer neu, umbluͤht;
Horcht' ich dem Freund, in Ahnungen verſunken.
Wir ſeh'n des Berges Haupt in Purpur prangen,
Wenn ſchon die Sonne ſank und Daͤmmerung
Den Hain umflort: ſo ſtrahlt' Erinnerung
An dich, Geliebte, von des Freundes Wangen;
Begeiſtert taucht' er in des Buſens Tiefen
Den Pinſel, und er malte warm und mild
Dem ſel'gen Horcher dein entzuͤckend Bild,
Gefuͤhle weckend, die ſeit lange ſchliefen.
Doch wie's dem Dichter nimmer will gelingen,
Des Buſens Drang ins enge Wort zu zwingen,
Hinuͤber uns in ſeine Welt zu ſingen:
So hat der Freund vergebens dich gemalt,
Sie nicht erreicht, die goͤttliche Geſtalt,
Und deiner Seele ſtille Allgewalt.

Lenau's Gedichte. 9
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[129/0143] Unmögliches. Bevor mein Blick den Zauber noch getrunken, Der, wie die Farbenpracht am Demant gluͤht, Dich tauſendfach, doch immer neu, umbluͤht; Horcht' ich dem Freund, in Ahnungen verſunken. Wir ſeh'n des Berges Haupt in Purpur prangen, Wenn ſchon die Sonne ſank und Daͤmmerung Den Hain umflort: ſo ſtrahlt' Erinnerung An dich, Geliebte, von des Freundes Wangen; Begeiſtert taucht' er in des Buſens Tiefen Den Pinſel, und er malte warm und mild Dem ſel'gen Horcher dein entzuͤckend Bild, Gefuͤhle weckend, die ſeit lange ſchliefen. Doch wie's dem Dichter nimmer will gelingen, Des Buſens Drang ins enge Wort zu zwingen, Hinuͤber uns in ſeine Welt zu ſingen: So hat der Freund vergebens dich gemalt, Sie nicht erreicht, die goͤttliche Geſtalt, Und deiner Seele ſtille Allgewalt. Lenau's Gedichte. 9

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Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/143>, abgerufen am 22.12.2024.