Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
An die Hoffnung.

Hoffnung! laß allein mich wallen,
Gaukle nicht um meine Bahn!
Deine Sterne sind gefallen,
Und mich täuscht kein holder Wahn!
Dieser streckt nach einer Krone
Seine Hand verwegen aus;
Doch ihn stoßt der Tod mit Hohne
In sein enges, kühles Haus.
Und ein Andrer hat errungen,
Was der Erste nur gewollt;
Hat die höchste Höh' erschwungen:
Throne wanken, wenn er grollt.
Hoffnung! o warum entzündest
Du sein Herz zum stolzen Plan,
Da du schmeichelnd ihm verkündest
Einen Welttheil unterthan?!
An die Hoffnung.

Hoffnung! laß allein mich wallen,
Gaukle nicht um meine Bahn!
Deine Sterne ſind gefallen,
Und mich taͤuſcht kein holder Wahn!
Dieſer ſtreckt nach einer Krone
Seine Hand verwegen aus;
Doch ihn ſtoßt der Tod mit Hohne
In ſein enges, kuͤhles Haus.
Und ein Andrer hat errungen,
Was der Erſte nur gewollt;
Hat die hoͤchſte Hoͤh' erſchwungen:
Throne wanken, wenn er grollt.
Hoffnung! o warum entzuͤndeſt
Du ſein Herz zum ſtolzen Plan,
Da du ſchmeichelnd ihm verkuͤndeſt
Einen Welttheil unterthan?!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0139" n="125"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An die Hoffnung.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">H</hi>offnung! laß allein mich wallen,</l><lb/>
              <l>Gaukle nicht um meine Bahn!</l><lb/>
              <l>Deine Sterne &#x017F;ind gefallen,</l><lb/>
              <l>Und mich ta&#x0364;u&#x017F;cht kein holder Wahn!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Die&#x017F;er &#x017F;treckt nach einer Krone</l><lb/>
              <l>Seine Hand verwegen aus;</l><lb/>
              <l>Doch ihn &#x017F;toßt der Tod mit Hohne</l><lb/>
              <l>In &#x017F;ein enges, ku&#x0364;hles Haus.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Und ein Andrer hat errungen,</l><lb/>
              <l>Was der Er&#x017F;te nur gewollt;</l><lb/>
              <l>Hat die ho&#x0364;ch&#x017F;te Ho&#x0364;h' er&#x017F;chwungen:</l><lb/>
              <l>Throne wanken, wenn er grollt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Hoffnung! o warum entzu&#x0364;nde&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Du &#x017F;ein Herz zum &#x017F;tolzen Plan,</l><lb/>
              <l>Da du &#x017F;chmeichelnd ihm verku&#x0364;nde&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Einen Welttheil unterthan?!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0139] An die Hoffnung. Hoffnung! laß allein mich wallen, Gaukle nicht um meine Bahn! Deine Sterne ſind gefallen, Und mich taͤuſcht kein holder Wahn! Dieſer ſtreckt nach einer Krone Seine Hand verwegen aus; Doch ihn ſtoßt der Tod mit Hohne In ſein enges, kuͤhles Haus. Und ein Andrer hat errungen, Was der Erſte nur gewollt; Hat die hoͤchſte Hoͤh' erſchwungen: Throne wanken, wenn er grollt. Hoffnung! o warum entzuͤndeſt Du ſein Herz zum ſtolzen Plan, Da du ſchmeichelnd ihm verkuͤndeſt Einen Welttheil unterthan?!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/139
Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/139>, abgerufen am 22.12.2024.