Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
[Beginn Spaltensatz]
Zingiber.

Zingiber, Zingibel, Zinziber, Longibel, Gingiber.

frantzösisch, Gingembre.

teutsch, Ingber.

Ist eine lange Wurtzel, des Daumens breit und knotig, halb rund und etwas platt, theilet sich in seinen Sprossen als wie eine Pfote, sieht aussenher grauröthl innewendig weiß, hat einen scharffen, beissenden, etwas würtzhaftigen Geschmack. Er wird uns ausgetrocknet aus den Antilleninseln überbracht, woselbst er jetzo auch gebauet wird: ursprünglich aber kommet er aus Indien. Das Gewächs, das ihn bringet, ist eine Gattung kleines Schilffes oder Rohrs, dessen Blätter groß, lang und grüne sind, die Blüten röthlicht und mit grün vermischet; treibt aus der Mitten als wie eine grüne Spitze, die eine Kolbe ziemlich gut vorstellet: das hat auch ein und andere Botanicos veranlasset, diesem Gewächs den Titel Arundo humilis clavata, frantzösisch, petit Roseau a fleur de massue, kleines Rohr mit Blüten wie die Kolben. Seine Wurtzel, die in dem Lande herum kriechet und sich sehr weit ausbreitet, vermehret sich trefflich. Die sie sammlen, lassen allezeit einige Stücken in der Erde stecken, damit sie sich aufs neue mehren möge: sie wird auf der Stelle an der Sonne getreuget, oder auch beym Ofen, daß sie sich besser halten lasse. Man soll sie nehmen, wann sie frisch, dick und fein völlig ist, recht trocken, weder wurmig noch zerfressen; sie soll auch sonsten so beschaffen seyn, wie oben schon erwähnt. Sie wird unter die so genannten Epices gemischt, insonderheit, wann der Pfeffer theuer ist. Sie führet viel scharffes Saltz und Oel.

Sie zertreibet und machet dünne, eröffnet, stärcket den Magen, macht guten Appetit, befördert die Dauung, schafft Lust zum Beyschlaf, widerstehet den bösen Feuchtigkeiten in dem Leibe. Bevor sie gebrauchet wird, muß ihr die Schale abgenommen werden.

Die den Ingber bauen, machen die frisch aus der Erde gezogene Wurtzel ein mit Zucker, wann sie dieselbige zuvor in Wasser eingeweicht, damit ihr eines Theils die grosse Schärffe benommen werde, hernach versenden sie den eingemachten Ingber nach unterschiedenen Landen, der muß nun dicke seyn und weichlicht, goldgelbe sehen und annehmlich schmecken. Der Syrup oder Saft davon soll weiß und gnug gekochet seyn.

Er hilfft die Dauung befördern, treibet die Winde, stärcket die Lebenstheile, ist gut zu dem Scorbut, die Wärme bey alten Leuten wiederum zu erwecken. Man brauchet jedesmahl ein Stücke als der halbe Finger lang. Die über See reisen, brauchen dieses eingemachte insgemein.

Zingiber kommt von dem griechischen Worte ziggiberi, welches eben auch soviel bedeutet: und dieses griechische Wort soll von dem indianischen Worte [Spaltenumbruch] Zengebil entstanden seyn, das heisset gleichfals Ingber.

Zoophytum.

Zoophytum. Planta animalis.

frantzösisch, Zoophyte.

Diesen Titel haben die alten Botanici allerhand Gewächsen beygeleget, von denen sie geglaubet, daß sie sowol von eines Thieres, als von eines Gewächses Art etwas an sich hätten, z.E. den Schwämmen, der Seefeder; weil sie sich in dem Wasser, in welchem sie zu wachsen pflegen, bewegen, als ob sie Thiere wären: doch diese Bewegung kan sie darum nicht so gleich zum Thiere machen; sondern sie kommt vielmehr daher, daß ihre Löchlein dergestalt geordnet sind, daß das Wasser, so hineingetrungen, trachtet wiederum heraus zu kommen, dadurch werden dann ihre Zäserlein zusammengetrucket und erschüttert und also dieses Zittern verursachet.

Das beruffenste Zoophytum, von dem auch die berühmtesten Botanici geschrieben haben, ist eine Art Melonen, Agnus Scythicus, das Scythische Lam, oder Borametz genannt. Diese Melone soll, der Sage nach, wie ein Lamm formirt, und durch einen Stengel oder Stiel vest an dem Boden angewachsen seyn, und dieser dient ihr an Statt eines Nabels. Wann sie zunimmt und grösser wird, so verändert sie den Platz, soviel der Stiel zulassen will, und macht daß alles Gras muß unter ihr verdorren. Dem wird noch beygefügt, wann sie nun reiff geworden, so verdorre der Stiel, und werde mit einer rauchen Haut oder einer krausen Wolle, die wie nur gebohrner Lämmer Wolle weich, gantz überzogen: welche Haut als wie ander Peltzwerck zugerichtet werden kan. Dieses Gewächse findet sich unfern von Samara bey dem Wolgafluß, und mag vielleicht eine Art Schwämme seyn.

Zoophyton kommt von zoon, animal, ein Thier, und phuten, planta, ein Gewächse, Pflantze, als ob man wolte sagen, Thiergewächs.

Wer als ein rechter Physicus und ohne Vorurtheil die Pflantzen, welche Zoophyta betitelt werden, will untersuchen, der wird erkennen, daß sie wahrhafte pure Pflantzen sind und gar nichts nicht von eines Thieres Art und Natur an sich haben: dannenhero kan ich auch nicht glauben, daß es wircklich und in der That ein recht wahrhaftes Zoophytum giebet.

Zopissa.

Zopissa, Apochyma.

teutsch, Schiffpech.

Ist eine Gattung Goudran oder schwartzes Pech, das von den Schiffen abgekratzet wird, wann sie sind lange Zeit in See gewesen. Dieses Pech ist nach und nach von dem Seesaltze durchtrungen und durchbeitzet worden, und dieses hat ihm also seine Kraft ertheilet.

Der Goudran ist ein Gemenge von schwartzen Peche und Glaspeche, Unschlitt und Theer, so unter einander geschmoltzen worden. Die Seeleute brauchen ihn die Schiffe zu calfatern, oder die Fugen an denenselben zu verstopfen, damit kein Wasser dadurch tringen möge.

Das Schiffpech, aufgelegt, zertheilt und trocknet.

Zopissa kommt von zeo, ferveo, ich bin heiß, und pissa, pix, Pech, als ob es solte heissen, gesotten Pech.

[Ende Spaltensatz]
[Beginn Spaltensatz]
Zingiber.

Zingiber, Zingibel, Zinziber, Longibel, Gingiber.

frantzösisch, Gingembre.

teutsch, Ingber.

Ist eine lange Wurtzel, des Daumens breit und knotig, halb rund und etwas platt, theilet sich in seinen Sprossen als wie eine Pfote, sieht aussenher grauröthl innewendig weiß, hat einen scharffen, beissenden, etwas würtzhaftigen Geschmack. Er wird uns ausgetrocknet aus den Antilleninseln überbracht, woselbst er jetzo auch gebauet wird: ursprünglich aber kommet er aus Indien. Das Gewächs, das ihn bringet, ist eine Gattung kleines Schilffes oder Rohrs, dessen Blätter groß, lang und grüne sind, die Blüten röthlicht und mit grün vermischet; treibt aus der Mitten als wie eine grüne Spitze, die eine Kolbe ziemlich gut vorstellet: das hat auch ein und andere Botanicos veranlasset, diesem Gewächs den Titel Arundo humilis clavata, frantzösisch, petit Roseau à fleur de massue, kleines Rohr mit Blüten wie die Kolben. Seine Wurtzel, die in dem Lande herum kriechet und sich sehr weit ausbreitet, vermehret sich trefflich. Die sie sammlen, lassen allezeit einige Stücken in der Erde stecken, damit sie sich aufs neue mehren möge: sie wird auf der Stelle an der Sonne getreuget, oder auch beym Ofen, daß sie sich besser halten lasse. Man soll sie nehmen, wann sie frisch, dick und fein völlig ist, recht trocken, weder wurmig noch zerfressen; sie soll auch sonsten so beschaffen seyn, wie oben schon erwähnt. Sie wird unter die so genannten Epices gemischt, insonderheit, wann der Pfeffer theuer ist. Sie führet viel scharffes Saltz und Oel.

Sie zertreibet und machet dünne, eröffnet, stärcket den Magen, macht guten Appetit, befördert die Dauung, schafft Lust zum Beyschlaf, widerstehet den bösen Feuchtigkeiten in dem Leibe. Bevor sie gebrauchet wird, muß ihr die Schale abgenommen werden.

Die den Ingber bauen, machen die frisch aus der Erde gezogene Wurtzel ein mit Zucker, wann sie dieselbige zuvor in Wasser eingeweicht, damit ihr eines Theils die grosse Schärffe benommen werde, hernach versenden sie den eingemachten Ingber nach unterschiedenen Landen, der muß nun dicke seyn und weichlicht, goldgelbe sehen und annehmlich schmecken. Der Syrup oder Saft davon soll weiß und gnug gekochet seyn.

Er hilfft die Dauung befördern, treibet die Winde, stärcket die Lebenstheile, ist gut zu dem Scorbut, die Wärme bey alten Leuten wiederum zu erwecken. Man brauchet jedesmahl ein Stücke als der halbe Finger lang. Die über See reisen, brauchen dieses eingemachte insgemein.

Zingiber kommt von dem griechischen Worte ζιγγἰβερι, welches eben auch soviel bedeutet: und dieses griechische Wort soll von dem indianischen Worte [Spaltenumbruch] Zengebil entstanden seyn, das heisset gleichfals Ingber.

Zoophytum.

Zoophytum. Planta animalis.

frantzösisch, Zoophyte.

Diesen Titel haben die alten Botanici allerhand Gewächsen beygeleget, von denen sie geglaubet, daß sie sowol von eines Thieres, als von eines Gewächses Art etwas an sich hätten, z.E. den Schwämmen, der Seefeder; weil sie sich in dem Wasser, in welchem sie zu wachsen pflegen, bewegen, als ob sie Thiere wären: doch diese Bewegung kan sie darum nicht so gleich zum Thiere machen; sondern sie kommt vielmehr daher, daß ihre Löchlein dergestalt geordnet sind, daß das Wasser, so hineingetrungen, trachtet wiederum heraus zu kommen, dadurch werden dann ihre Zäserlein zusammengetrucket und erschüttert und also dieses Zittern verursachet.

Das beruffenste Zoophytum, von dem auch die berühmtesten Botanici geschrieben haben, ist eine Art Melonen, Agnus Scythicus, das Scythische Lam̅, oder Borametz genannt. Diese Melone soll, der Sage nach, wie ein Lamm formirt, und durch einen Stengel oder Stiel vest an dem Boden angewachsen seyn, und dieser dient ihr an Statt eines Nabels. Wann sie zunimmt und grösser wird, so verändert sie den Platz, soviel der Stiel zulassen will, und macht daß alles Gras muß unter ihr verdorren. Dem wird noch beygefügt, wann sie nun reiff geworden, so verdorre der Stiel, und werde mit einer rauchen Haut oder einer krausen Wolle, die wie nur gebohrner Lämmer Wolle weich, gantz überzogen: welche Haut als wie ander Peltzwerck zugerichtet werden kan. Dieses Gewächse findet sich unfern von Samara bey dem Wolgafluß, und mag vielleicht eine Art Schwämme seyn.

Zoophyton kommt von ζῶον, animal, ein Thier, und φυτὲν, planta, ein Gewächse, Pflantze, als ob man wolte sagen, Thiergewächs.

Wer als ein rechter Physicus und ohne Vorurtheil die Pflantzen, welche Zoophyta betitelt werden, will untersuchen, der wird erkennen, daß sie wahrhafte pure Pflantzen sind und gar nichts nicht von eines Thieres Art und Natur an sich haben: dannenhero kan ich auch nicht glauben, daß es wircklich und in der That ein recht wahrhaftes Zoophytum giebet.

Zopissa.

Zopissa, Apochyma.

teutsch, Schiffpech.

Ist eine Gattung Goudran oder schwartzes Pech, das von den Schiffen abgekratzet wird, wann sie sind lange Zeit in See gewesen. Dieses Pech ist nach und nach von dem Seesaltze durchtrungen und durchbeitzet worden, und dieses hat ihm also seine Kraft ertheilet.

Der Goudran ist ein Gemenge von schwartzen Peche und Glaspeche, Unschlitt und Theer, so unter einander geschmoltzen worden. Die Seeleute brauchen ihn die Schiffe zu calfatern, oder die Fugen an denenselben zu verstopfen, damit kein Wasser dadurch tringen möge.

Das Schiffpech, aufgelegt, zertheilt und trocknet.

Zopissa kommt von ζέω, ferveo, ich bin heiß, und πίσσα, pix, Pech, als ob es solte heissen, gesotten Pech.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0632"/>
        <cb type="start"/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Zingiber.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Zingiber, Zingibel, Zinziber, Longibel, Gingiber.</hi> </hi> </p><lb/>
          <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Gingembre.</hi></hi></p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">Ingber.</hi></p><lb/>
          <p>Ist eine lange Wurtzel, des Daumens breit und knotig, halb rund und etwas platt, theilet sich in seinen Sprossen als wie eine Pfote, sieht aussenher grauröthl innewendig weiß, hat einen scharffen, beissenden, etwas würtzhaftigen Geschmack. Er wird uns ausgetrocknet aus den <hi rendition="#fr">Antilleninseln</hi> überbracht, woselbst er jetzo auch gebauet wird: ursprünglich aber kommet er aus Indien. Das Gewächs, das ihn bringet, ist eine Gattung kleines Schilffes oder Rohrs, dessen Blätter groß, lang und grüne sind, die Blüten röthlicht und mit grün vermischet; treibt aus der Mitten als wie eine grüne Spitze, die eine Kolbe ziemlich gut vorstellet: das hat auch ein und andere <hi rendition="#i">Botanicos</hi> veranlasset, diesem Gewächs den Titel <hi rendition="#i">Arundo humilis clavata,</hi> frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">petit Roseau à fleur de massue</hi></hi>, kleines Rohr mit Blüten wie die Kolben. Seine Wurtzel, die in dem Lande herum kriechet und sich sehr weit ausbreitet, vermehret sich trefflich. Die sie sammlen, lassen allezeit einige Stücken in der Erde stecken, damit sie sich aufs neue mehren möge: sie wird auf der Stelle an der Sonne getreuget, oder auch beym Ofen, daß sie sich besser halten lasse. Man soll sie nehmen, wann sie frisch, dick und fein völlig ist, recht trocken, weder wurmig noch zerfressen; sie soll auch sonsten so beschaffen seyn, wie oben schon erwähnt. Sie wird unter die so genannten <hi rendition="#i">Epices</hi> gemischt, insonderheit, wann der Pfeffer theuer ist. Sie führet viel scharffes Saltz und Oel.</p><lb/>
          <p>Sie zertreibet und machet dünne, eröffnet, stärcket den Magen, macht guten Appetit, befördert die Dauung, schafft Lust zum Beyschlaf, widerstehet den bösen Feuchtigkeiten in dem Leibe. Bevor sie gebrauchet wird, muß ihr die Schale abgenommen werden.</p><lb/>
          <p>Die den Ingber bauen, machen die frisch aus der Erde gezogene Wurtzel ein mit Zucker, wann sie dieselbige zuvor in Wasser eingeweicht, damit ihr eines Theils die grosse Schärffe benommen werde, hernach versenden sie den eingemachten Ingber nach unterschiedenen Landen, der muß nun dicke seyn und weichlicht, goldgelbe sehen und annehmlich schmecken. Der Syrup oder Saft davon soll weiß und gnug gekochet seyn.</p><lb/>
          <p>Er hilfft die Dauung befördern, treibet die Winde, stärcket die Lebenstheile, ist gut zu dem Scorbut, die Wärme bey alten Leuten wiederum zu erwecken. Man brauchet jedesmahl ein Stücke als der halbe Finger lang. Die über See reisen, brauchen dieses eingemachte insgemein.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Zingiber</hi> kommt von dem griechischen Worte <hi rendition="#i">&#x03B6;&#x03B9;&#x03B3;&#x03B3;&#x1F30;&#x03B2;&#x03B5;&#x03C1;&#x03B9;,</hi> welches eben auch soviel bedeutet: und dieses griechische Wort soll von dem indianischen Worte <cb/> <hi rendition="#i">Zengebil</hi> entstanden seyn, das heisset gleichfals Ingber.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Zoophytum.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Zoophytum</hi>. <hi rendition="#i">Planta animalis.</hi></hi> </p><lb/>
          <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Zoophyte.</hi></hi></p><lb/>
          <p>Diesen Titel haben die alten <hi rendition="#i">Botanici</hi> allerhand Gewächsen beygeleget, von denen sie geglaubet, daß sie sowol von eines Thieres, als von eines Gewächses Art etwas an sich hätten, z.E. den Schwämmen, der Seefeder; weil sie sich in dem Wasser, in welchem sie zu wachsen pflegen, bewegen, als ob sie Thiere wären: doch diese Bewegung kan sie darum nicht so gleich zum Thiere machen; sondern sie kommt vielmehr daher, daß ihre Löchlein dergestalt geordnet sind, daß das Wasser, so hineingetrungen, trachtet wiederum heraus zu kommen, dadurch werden dann ihre Zäserlein zusammengetrucket und erschüttert und also dieses Zittern verursachet.</p><lb/>
          <p>Das beruffenste <hi rendition="#i">Zoophytum,</hi> von dem auch die berühmtesten <hi rendition="#i">Botanici</hi> geschrieben haben, ist eine Art Melonen, <hi rendition="#i">Agnus Scythicus,</hi> <hi rendition="#fr">das Scythische Lam&#x0305;,</hi> oder <hi rendition="#i">Borametz</hi> genannt. Diese Melone soll, der Sage nach, wie ein Lamm formirt, und durch einen Stengel oder Stiel vest an dem Boden angewachsen seyn, und dieser dient ihr an Statt eines Nabels. Wann sie zunimmt und grösser wird, so verändert sie den Platz, soviel der Stiel zulassen will, und macht daß alles Gras muß unter ihr verdorren. Dem wird noch beygefügt, wann sie nun reiff geworden, so verdorre der Stiel, und werde mit einer rauchen Haut oder einer krausen Wolle, die wie nur gebohrner Lämmer Wolle weich, gantz überzogen: welche Haut als wie ander Peltzwerck zugerichtet werden kan. Dieses Gewächse findet sich unfern von <hi rendition="#fr">Samara</hi> bey dem <hi rendition="#fr">Wolgafluß,</hi> und mag vielleicht eine Art Schwämme seyn.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Zoophyton</hi> kommt von <hi rendition="#i">&#x03B6;&#x1FF6;&#x03BF;&#x03BD;, animal,</hi> ein <hi rendition="#fr">Thier,</hi> und <hi rendition="#i">&#x03C6;&#x03C5;&#x03C4;&#x1F72;&#x03BD;, planta,</hi> <hi rendition="#fr">ein Gewächse, Pflantze,</hi> als ob man wolte sagen, Thiergewächs.</p><lb/>
          <p>Wer als ein rechter <hi rendition="#i">Physicus</hi> und ohne Vorurtheil die Pflantzen, welche <hi rendition="#i">Zoophyta</hi> betitelt werden, will untersuchen, der wird erkennen, daß sie wahrhafte pure Pflantzen sind und gar nichts nicht von eines Thieres Art und Natur an sich haben: dannenhero kan ich auch nicht glauben, daß es wircklich und in der That ein recht wahrhaftes <hi rendition="#i">Zoophytum</hi> giebet.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Zopissa.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Zopissa</hi>, <hi rendition="#i">Apochyma.</hi></hi> </p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">Schiffpech.</hi></p><lb/>
          <p>Ist eine Gattung <hi rendition="#i">Goudran</hi> oder schwartzes Pech, das von den Schiffen abgekratzet wird, wann sie sind lange Zeit in See gewesen. Dieses Pech ist nach und nach von dem Seesaltze durchtrungen und durchbeitzet worden, und dieses hat ihm also seine Kraft ertheilet.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#i">Goudran</hi> ist ein Gemenge von schwartzen Peche und Glaspeche, Unschlitt und Theer, so unter einander geschmoltzen worden. Die Seeleute brauchen ihn die Schiffe zu calfatern, oder die Fugen an denenselben zu verstopfen, damit kein Wasser dadurch tringen möge.</p><lb/>
          <p>Das Schiffpech, aufgelegt, zertheilt und trocknet.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Zopissa kommt von &#x03B6;&#x1F73;&#x03C9;, ferveo,</hi><hi rendition="#fr">ich bin heiß,</hi> und <hi rendition="#i">&#x03C0;&#x1F77;&#x03C3;&#x03C3;&#x03B1;, pix,</hi> <hi rendition="#fr">Pech,</hi> als ob es solte heissen, gesotten Pech. </p><lb/>
          <cb type="end"/>
        </div>
      </div>
    </body>
    <back>
</back>
  </text>
</TEI>
[0632] Zingiber. Zingiber, Zingibel, Zinziber, Longibel, Gingiber. frantzösisch, Gingembre. teutsch, Ingber. Ist eine lange Wurtzel, des Daumens breit und knotig, halb rund und etwas platt, theilet sich in seinen Sprossen als wie eine Pfote, sieht aussenher grauröthl innewendig weiß, hat einen scharffen, beissenden, etwas würtzhaftigen Geschmack. Er wird uns ausgetrocknet aus den Antilleninseln überbracht, woselbst er jetzo auch gebauet wird: ursprünglich aber kommet er aus Indien. Das Gewächs, das ihn bringet, ist eine Gattung kleines Schilffes oder Rohrs, dessen Blätter groß, lang und grüne sind, die Blüten röthlicht und mit grün vermischet; treibt aus der Mitten als wie eine grüne Spitze, die eine Kolbe ziemlich gut vorstellet: das hat auch ein und andere Botanicos veranlasset, diesem Gewächs den Titel Arundo humilis clavata, frantzösisch, petit Roseau à fleur de massue, kleines Rohr mit Blüten wie die Kolben. Seine Wurtzel, die in dem Lande herum kriechet und sich sehr weit ausbreitet, vermehret sich trefflich. Die sie sammlen, lassen allezeit einige Stücken in der Erde stecken, damit sie sich aufs neue mehren möge: sie wird auf der Stelle an der Sonne getreuget, oder auch beym Ofen, daß sie sich besser halten lasse. Man soll sie nehmen, wann sie frisch, dick und fein völlig ist, recht trocken, weder wurmig noch zerfressen; sie soll auch sonsten so beschaffen seyn, wie oben schon erwähnt. Sie wird unter die so genannten Epices gemischt, insonderheit, wann der Pfeffer theuer ist. Sie führet viel scharffes Saltz und Oel. Sie zertreibet und machet dünne, eröffnet, stärcket den Magen, macht guten Appetit, befördert die Dauung, schafft Lust zum Beyschlaf, widerstehet den bösen Feuchtigkeiten in dem Leibe. Bevor sie gebrauchet wird, muß ihr die Schale abgenommen werden. Die den Ingber bauen, machen die frisch aus der Erde gezogene Wurtzel ein mit Zucker, wann sie dieselbige zuvor in Wasser eingeweicht, damit ihr eines Theils die grosse Schärffe benommen werde, hernach versenden sie den eingemachten Ingber nach unterschiedenen Landen, der muß nun dicke seyn und weichlicht, goldgelbe sehen und annehmlich schmecken. Der Syrup oder Saft davon soll weiß und gnug gekochet seyn. Er hilfft die Dauung befördern, treibet die Winde, stärcket die Lebenstheile, ist gut zu dem Scorbut, die Wärme bey alten Leuten wiederum zu erwecken. Man brauchet jedesmahl ein Stücke als der halbe Finger lang. Die über See reisen, brauchen dieses eingemachte insgemein. Zingiber kommt von dem griechischen Worte ζιγγἰβερι, welches eben auch soviel bedeutet: und dieses griechische Wort soll von dem indianischen Worte Zengebil entstanden seyn, das heisset gleichfals Ingber. Zoophytum. Zoophytum. Planta animalis. frantzösisch, Zoophyte. Diesen Titel haben die alten Botanici allerhand Gewächsen beygeleget, von denen sie geglaubet, daß sie sowol von eines Thieres, als von eines Gewächses Art etwas an sich hätten, z.E. den Schwämmen, der Seefeder; weil sie sich in dem Wasser, in welchem sie zu wachsen pflegen, bewegen, als ob sie Thiere wären: doch diese Bewegung kan sie darum nicht so gleich zum Thiere machen; sondern sie kommt vielmehr daher, daß ihre Löchlein dergestalt geordnet sind, daß das Wasser, so hineingetrungen, trachtet wiederum heraus zu kommen, dadurch werden dann ihre Zäserlein zusammengetrucket und erschüttert und also dieses Zittern verursachet. Das beruffenste Zoophytum, von dem auch die berühmtesten Botanici geschrieben haben, ist eine Art Melonen, Agnus Scythicus, das Scythische Lam̅, oder Borametz genannt. Diese Melone soll, der Sage nach, wie ein Lamm formirt, und durch einen Stengel oder Stiel vest an dem Boden angewachsen seyn, und dieser dient ihr an Statt eines Nabels. Wann sie zunimmt und grösser wird, so verändert sie den Platz, soviel der Stiel zulassen will, und macht daß alles Gras muß unter ihr verdorren. Dem wird noch beygefügt, wann sie nun reiff geworden, so verdorre der Stiel, und werde mit einer rauchen Haut oder einer krausen Wolle, die wie nur gebohrner Lämmer Wolle weich, gantz überzogen: welche Haut als wie ander Peltzwerck zugerichtet werden kan. Dieses Gewächse findet sich unfern von Samara bey dem Wolgafluß, und mag vielleicht eine Art Schwämme seyn. Zoophyton kommt von ζῶον, animal, ein Thier, und φυτὲν, planta, ein Gewächse, Pflantze, als ob man wolte sagen, Thiergewächs. Wer als ein rechter Physicus und ohne Vorurtheil die Pflantzen, welche Zoophyta betitelt werden, will untersuchen, der wird erkennen, daß sie wahrhafte pure Pflantzen sind und gar nichts nicht von eines Thieres Art und Natur an sich haben: dannenhero kan ich auch nicht glauben, daß es wircklich und in der That ein recht wahrhaftes Zoophytum giebet. Zopissa. Zopissa, Apochyma. teutsch, Schiffpech. Ist eine Gattung Goudran oder schwartzes Pech, das von den Schiffen abgekratzet wird, wann sie sind lange Zeit in See gewesen. Dieses Pech ist nach und nach von dem Seesaltze durchtrungen und durchbeitzet worden, und dieses hat ihm also seine Kraft ertheilet. Der Goudran ist ein Gemenge von schwartzen Peche und Glaspeche, Unschlitt und Theer, so unter einander geschmoltzen worden. Die Seeleute brauchen ihn die Schiffe zu calfatern, oder die Fugen an denenselben zu verstopfen, damit kein Wasser dadurch tringen möge. Das Schiffpech, aufgelegt, zertheilt und trocknet. Zopissa kommt von ζέω, ferveo, ich bin heiß, und πίσσα, pix, Pech, als ob es solte heissen, gesotten Pech.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-02-19T20:05:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-02-19T20:05:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/632
Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/632>, abgerufen am 30.12.2024.