Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] lindert und heilet das Podagra, macht einen offenen Leib, vertrocknet die Krätze: er wird innerlich und äusserlich gebraucht. Wann er noch gantz frisch ist, läst man fünff bis sechs Untzen auf einmahl einnehmen.

Urogallus.

Urogallus, J. Jonst.

Tetraon, Aristotel.

teutsch, Auerhan.

Ist ein Fasangeschlechte, oder ein Vogel, davon es zwey Arten giebet, grosse und kleine. Die erste ist so groß als wie ein calecutischer Han; hat einen schwartzen Kopf, einen kurtzen Schnabel; der Hals ist balde eines Schuhes lang, die Federn sehen schwärtzlicht und röthlicht.

Die andere wird genannt Phasianus montanus, frantzösisch, Faisan de montagne, teutsch, Berghan, und ist viel kleiner als der andre.

Diese Vögel halten sich in mitternächtigen Landen auf: der Sage nach, sollen sie sich im Winter zwey bis drey Monat lang unter dem Schnee verstecket halten. Sie sind sehr gut zu essen.

Ihr Fett erweichet, zertheilet, stärcket, ist den Nerven gut.

Urogallus kommt von uro, ich brenne, und gallus, der Han, weil dieser Vogel, der als wie ein Han aussiehet, dermassen hitzig ist, daß er, gleichwie man sagt, viel Monat lang unter dem Schnee, ohne seine Ungelegenheit, ausdauern kan.

Ursus.

Ursus, frantzösisch, Ours, teutsch, Bär, ist ein grosses, vierfüßiges, wildes, ungestalt und grämisches, grausam und blutbegieriges Thier, gemeiniglich so groß als wie ein Esel, wiewol es auch noch grössre giebet. Sein Leib ist sehr dick und plump, beweget sich langweilig. Sein Fell ist dick und mit häßlichen Haar besetzt. Seine Schnautze ist lang, die Zähne haben Kerben, die Augen sind lebhaftig, die Schenckel dicke, die Füsse oder Branten sehen als wie Hände, die Zehen sind mit krummen, starcken Nägeln besetzt. Dieses Thier ist gar phlegmatischer Natur, hat dannoch überaus viele Stärcke. Es findet sich in Polen, in Teutschland, in Litthauen, in Norwegen und in andern gegen Nord gelegenen Landen. Es hält sich im Gebürge auf, und nähret sich mit Kräutern, Früchten und mit Wurtzeln: frist aber auch wol Thiere, wann es sie kan erhaschen. Es schläft viel Wochen durch und wacht nicht auf. Es ist sehr geil und sonderlich dem Weibesvolcke gefährlich, dann es verfolget sie bis in das Bette, darüber einige für Furcht und Schrecken des Todes gewesen. Es führt viel flüchtig Saltz und Oel.

Sein Schmaltz macht dünne, zertheilet, erweichet, zertreibet, stärcket: es ist gut zu Flüssen, zu Brüchen, zum Hüftweh, zu Quetsuren: die schadhaften Theile werden damit gerieben.

Seine Galle dient zur schweren Noth, zur Engbrüstigkeit; wann zwey bis zehen Tropfen auf einmahl genommen werden. Aeusserlich wird sie auch zur Reinigung alter Schäden gebrauchet.

Ursus kommt von urere, brennen, weil dieses Thier so geil und brünstig ist.

Urtica.

Urtica, frantzösisch, Ortie, teutsch, Nessel, [Spaltenumbruch] Brennnessel, ist ein Kraut, davon uns drey Hauptsorten zu Gesichte kommen.

Die erste wird genannt

Urtica major, Brunf. Fuch.

Urtica urens maxima, C.B. Pit. Tournef.

Urtica major vulgaris, J.B. Raji Hist.

Urtica major vulgaris & media sylvestris, Park.

frantzösisch, grande Ortie.

teutsch, grosse Nessel.

Die treibet Stengel auf drey Schuh hoch, die sind viereckigt, steiff, mit stachlichten Haaren oder Borsten besetzet, hol und ästig, die Blätter stehen dran einander gegen über, sind länglicht, breit als wie Melisse, spitzig, am Rande ausgezackt, mit spitzigen und brennenden Borsten besetzet und sitzen an Stielen. Die Blüten wachsen auf den Spitzen der Stengel und der Zweige, zwischen den Blättern und den Stengeln aus den Winckeln heraus, stehen vier und viere gleichsam übers Creutze bey einander an jedem Paare Blätter: jedwede ist aus einem Hauffen Fäserlein zusammengesetzet, welche in einem grasgrünen und vielblätterigen Blumenkelche stehen: diese Blüten hinterlassen keine Frucht.

Die Nesseln werden in Männlein und Weiblein eingetheilt: jene tragen auf den Stöcken, die nicht zu blühen pflegen, spitzige Hülsen, in Form der Piqueneisen, welche brennen, wann man sie anrühret, und in einer jeden steckt ein breites, ovalrundes Samenkorn: die andern bringen eitel Blüten, keine Früchte.

Die Nesselwurtzel ist zaserig, kreucht weit und breit herum und siehet gelblicht.

Bisweilen sehen dieses Krautes Stengel und Wurtzel roth; und wird alsdann Urtica rubra, rothe Nessel, betitelt.

Die andre Sorte heist

Urtica minor, Ger. Raji Hist.

Urtica minor annua, J. B.

Urtica minor urens, C.B. Pit. Tournef.

Urtica urens minima, Dod.

frantzösisch, petite Ortie.

teutsch, kleine Nessel.

Die treibet Stengel, einen halben, auch wol einen gantzen Schuh hoch, die sind so ziemlich dick, viereckigt, hart und ästig, stechend, und nicht so gerade, wie die an der vorhergehenden. Die Blätter wachsen gleichsam Paarweise einander gegen über, sind kürtzer und stumpfer als wie die an den ersten Art, zackig und brennen starck, wann man sie nur angreifft, braungrün von Farbe und sitzen an langen Stielen. Blüte und Samen sehen wie die an der grossen aus. Die Wurtzel ist gantz schlecht, ziemlich dicke, weiß und voller Zasern.

Die dritte wird genannt

Urtica prima, Matth. Lac.

Urtica urens prima, Dod.

Urtica Romana, Ger. Park.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] lindert und heilet das Podagra, macht einen offenen Leib, vertrocknet die Krätze: er wird innerlich und äusserlich gebraucht. Wann er noch gantz frisch ist, läst man fünff bis sechs Untzen auf einmahl einnehmen.

Urogallus.

Urogallus, J. Jonst.

Tetraon, Aristotel.

teutsch, Auerhan.

Ist ein Fasangeschlechte, oder ein Vogel, davon es zwey Arten giebet, grosse und kleine. Die erste ist so groß als wie ein calecutischer Han; hat einen schwartzen Kopf, einen kurtzen Schnabel; der Hals ist balde eines Schuhes lang, die Federn sehen schwärtzlicht und röthlicht.

Die andere wird genannt Phasianus montanus, frantzösisch, Faisan de montagne, teutsch, Berghan, und ist viel kleiner als der andre.

Diese Vögel halten sich in mitternächtigen Landen auf: der Sage nach, sollen sie sich im Winter zwey bis drey Monat lang unter dem Schnee verstecket halten. Sie sind sehr gut zu essen.

Ihr Fett erweichet, zertheilet, stärcket, ist den Nerven gut.

Urogallus kommt von uro, ich brenne, und gallus, der Han, weil dieser Vogel, der als wie ein Han aussiehet, dermassen hitzig ist, daß er, gleichwie man sagt, viel Monat lang unter dem Schnee, ohne seine Ungelegenheit, ausdauern kan.

Ursus.

Ursus, frantzösisch, Ours, teutsch, Bär, ist ein grosses, vierfüßiges, wildes, ungestalt und grämisches, grausam und blutbegieriges Thier, gemeiniglich so groß als wie ein Esel, wiewol es auch noch grössre giebet. Sein Leib ist sehr dick und plump, beweget sich langweilig. Sein Fell ist dick und mit häßlichen Haar besetzt. Seine Schnautze ist lang, die Zähne haben Kerben, die Augen sind lebhaftig, die Schenckel dicke, die Füsse oder Branten sehen als wie Hände, die Zehen sind mit krummen, starcken Nägeln besetzt. Dieses Thier ist gar phlegmatischer Natur, hat dannoch überaus viele Stärcke. Es findet sich in Polen, in Teutschland, in Litthauen, in Norwegen und in andern gegen Nord gelegenen Landen. Es hält sich im Gebürge auf, und nähret sich mit Kräutern, Früchten und mit Wurtzeln: frist aber auch wol Thiere, wann es sie kan erhaschen. Es schläft viel Wochen durch und wacht nicht auf. Es ist sehr geil und sonderlich dem Weibesvolcke gefährlich, dann es verfolget sie bis in das Bette, darüber einige für Furcht und Schrecken des Todes gewesen. Es führt viel flüchtig Saltz und Oel.

Sein Schmaltz macht dünne, zertheilet, erweichet, zertreibet, stärcket: es ist gut zu Flüssen, zu Brüchen, zum Hüftweh, zu Quetsuren: die schadhaften Theile werden damit gerieben.

Seine Galle dient zur schweren Noth, zur Engbrüstigkeit; wann zwey bis zehen Tropfen auf einmahl genommen werden. Aeusserlich wird sie auch zur Reinigung alter Schäden gebrauchet.

Ursus kommt von urere, brennen, weil dieses Thier so geil und brünstig ist.

Urtica.

Urtica, frantzösisch, Ortie, teutsch, Nessel, [Spaltenumbruch] Brennnessel, ist ein Kraut, davon uns drey Hauptsorten zu Gesichte kommen.

Die erste wird genannt

Urtica major, Brunf. Fuch.

Urtica urens maxima, C.B. Pit. Tournef.

Urtica major vulgaris, J.B. Raji Hist.

Urtica major vulgaris & media sylvestris, Park.

frantzösisch, grande Ortie.

teutsch, grosse Nessel.

Die treibet Stengel auf drey Schuh hoch, die sind viereckigt, steiff, mit stachlichten Haaren oder Borsten besetzet, hol und ästig, die Blätter stehen dran einander gegen über, sind länglicht, breit als wie Melisse, spitzig, am Rande ausgezackt, mit spitzigen und brennenden Borsten besetzet und sitzen an Stielen. Die Blüten wachsen auf den Spitzen der Stengel und der Zweige, zwischen den Blättern und den Stengeln aus den Winckeln heraus, stehen vier und viere gleichsam übers Creutze bey einander an jedem Paare Blätter: jedwede ist aus einem Hauffen Fäserlein zusammengesetzet, welche in einem grasgrünen und vielblätterigen Blumenkelche stehen: diese Blüten hinterlassen keine Frucht.

Die Nesseln werden in Männlein und Weiblein eingetheilt: jene tragen auf den Stöcken, die nicht zu blühen pflegen, spitzige Hülsen, in Form der Piqueneisen, welche brennen, wann man sie anrühret, und in einer jeden steckt ein breites, ovalrundes Samenkorn: die andern bringen eitel Blüten, keine Früchte.

Die Nesselwurtzel ist zaserig, kreucht weit und breit herum und siehet gelblicht.

Bisweilen sehen dieses Krautes Stengel und Wurtzel roth; und wird alsdann Urtica rubra, rothe Nessel, betitelt.

Die andre Sorte heist

Urtica minor, Ger. Raji Hist.

Urtica minor annua, J. B.

Urtica minor urens, C.B. Pit. Tournef.

Urtica urens minima, Dod.

frantzösisch, petite Ortie.

teutsch, kleine Nessel.

Die treibet Stengel, einen halben, auch wol einen gantzen Schuh hoch, die sind so ziemlich dick, viereckigt, hart und ästig, stechend, und nicht so gerade, wie die an der vorhergehenden. Die Blätter wachsen gleichsam Paarweise einander gegen über, sind kürtzer und stumpfer als wie die an den ersten Art, zackig und brennen starck, wann man sie nur angreifft, braungrün von Farbe und sitzen an langen Stielen. Blüte und Samen sehen wie die an der grossen aus. Die Wurtzel ist gantz schlecht, ziemlich dicke, weiß und voller Zasern.

Die dritte wird genannt

Urtica prima, Matth. Lac.

Urtica urens prima, Dod.

Urtica Romana, Ger. Park.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="lexiconEntry">
          <p><pb facs="#f0622"/><cb type="start"/>
lindert und heilet das Podagra, macht einen offenen Leib, vertrocknet die Krätze: er wird innerlich und äusserlich gebraucht. Wann er noch gantz frisch ist, läst man fünff bis sechs Untzen auf einmahl einnehmen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Urogallus.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urogallus</hi>, J. Jonst.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Tetraon</hi>, Aristotel.</hi> </p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">Auerhan.</hi></p><lb/>
          <p>Ist ein Fasangeschlechte, oder ein Vogel, davon es zwey Arten giebet, grosse und kleine. Die erste ist so groß als wie ein calecutischer Han; hat einen schwartzen Kopf, einen kurtzen Schnabel; der Hals ist balde eines Schuhes lang, die Federn sehen schwärtzlicht und röthlicht.</p><lb/>
          <p>Die andere wird genannt <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Phasianus montanus</hi></hi>, frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Faisan de montagne</hi></hi>, teutsch, <hi rendition="#fr">Berghan,</hi> und ist viel kleiner als der andre.</p><lb/>
          <p>Diese Vögel halten sich in mitternächtigen Landen auf: der Sage nach, sollen sie sich im Winter zwey bis drey Monat lang unter dem Schnee verstecket halten. Sie sind sehr gut zu essen.</p><lb/>
          <p>Ihr Fett erweichet, zertheilet, stärcket, ist den Nerven gut.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Urogallus</hi> kommt von <hi rendition="#i">uro,</hi> <hi rendition="#fr">ich brenne,</hi> und <hi rendition="#i">gallus,</hi> der <hi rendition="#fr">Han,</hi> weil dieser Vogel, der als wie ein Han aussiehet, dermassen hitzig ist, daß er, gleichwie man sagt, viel Monat lang unter dem Schnee, ohne seine Ungelegenheit, ausdauern kan.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Ursus.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Ursus</hi></hi>, frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Ours</hi></hi>, teutsch, <hi rendition="#fr">Bär,</hi> ist ein grosses, vierfüßiges, wildes, ungestalt und grämisches, grausam und blutbegieriges Thier, gemeiniglich so groß als wie ein Esel, wiewol es auch noch grössre giebet. Sein Leib ist sehr dick und plump, beweget sich langweilig. Sein Fell ist dick und mit häßlichen Haar besetzt. Seine Schnautze ist lang, die Zähne haben Kerben, die Augen sind lebhaftig, die Schenckel dicke, die Füsse oder Branten sehen als wie Hände, die Zehen sind mit krummen, starcken Nägeln besetzt. Dieses Thier ist gar phlegmatischer Natur, hat dannoch überaus viele Stärcke. Es findet sich in <hi rendition="#fr">Polen,</hi> in <hi rendition="#fr">Teutschland,</hi> in <hi rendition="#fr">Litthauen,</hi> in <hi rendition="#fr">Norwegen</hi> und in andern gegen Nord gelegenen Landen. Es hält sich im Gebürge auf, und nähret sich mit Kräutern, Früchten und mit Wurtzeln: frist aber auch wol Thiere, wann es sie kan erhaschen. Es schläft viel Wochen durch und wacht nicht auf. Es ist sehr geil und sonderlich dem Weibesvolcke gefährlich, dann es verfolget sie bis in das Bette, darüber einige für Furcht und Schrecken des Todes gewesen. Es führt viel flüchtig Saltz und Oel.</p><lb/>
          <p>Sein Schmaltz macht dünne, zertheilet, erweichet, zertreibet, stärcket: es ist gut zu Flüssen, zu Brüchen, zum Hüftweh, zu Quetsuren: die schadhaften Theile werden damit gerieben.</p><lb/>
          <p>Seine Galle dient zur schweren Noth, zur Engbrüstigkeit; wann zwey bis zehen Tropfen auf einmahl genommen werden. Aeusserlich wird sie auch zur Reinigung alter Schäden gebrauchet.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Ursus</hi> kommt von <hi rendition="#i">urere,</hi> <hi rendition="#fr">brennen,</hi> weil dieses Thier so geil und brünstig ist.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Urtica.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Urtica</hi></hi>, frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Ortie</hi></hi>, teutsch, <hi rendition="#fr">Nessel, <cb/>
Brennnessel,</hi> ist ein Kraut, davon uns drey Hauptsorten zu Gesichte kommen.</p><lb/>
          <p>Die erste wird genannt</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica major</hi>, Brunf. Fuch.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica urens maxima</hi>, C.B. Pit. Tournef.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica major vulgaris</hi>, J.B. Raji Hist.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica major vulgaris &amp; media sylvestris</hi>, Park.</hi> </p><lb/>
          <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">grande Ortie.</hi></hi></p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">grosse Nessel.</hi></p><lb/>
          <p>Die treibet Stengel auf drey Schuh hoch, die sind viereckigt, steiff, mit stachlichten Haaren oder Borsten besetzet, hol und ästig, die Blätter stehen dran einander gegen über, sind länglicht, breit als wie Melisse, spitzig, am Rande ausgezackt, mit spitzigen und brennenden Borsten besetzet und sitzen an Stielen. Die Blüten wachsen auf den Spitzen der Stengel und der Zweige, zwischen den Blättern und den Stengeln aus den Winckeln heraus, stehen vier und viere gleichsam übers Creutze bey einander an jedem Paare Blätter: jedwede ist aus einem Hauffen Fäserlein zusammengesetzet, welche in einem grasgrünen und vielblätterigen Blumenkelche stehen: diese Blüten hinterlassen keine Frucht.</p><lb/>
          <p>Die Nesseln werden in Männlein und Weiblein eingetheilt: jene tragen auf den Stöcken, die nicht zu blühen pflegen, spitzige Hülsen, in Form der Piqueneisen, welche brennen, wann man sie anrühret, und in einer jeden steckt ein breites, ovalrundes Samenkorn: die andern bringen eitel Blüten, keine Früchte.</p><lb/>
          <p>Die Nesselwurtzel ist zaserig, kreucht weit und breit herum und siehet gelblicht.</p><lb/>
          <p>Bisweilen sehen dieses Krautes Stengel und Wurtzel roth; und wird alsdann <hi rendition="#i">Urtica rubra,</hi> <hi rendition="#fr">rothe Nessel,</hi> betitelt.</p><lb/>
          <p>Die andre Sorte heist</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica minor</hi>, Ger. Raji Hist.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica minor annua</hi>, J. B.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica minor urens</hi>, C.B. Pit. Tournef.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica urens minima</hi>, Dod.</hi> </p><lb/>
          <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">petite Ortie.</hi></hi></p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">kleine Nessel.</hi></p><lb/>
          <p>Die treibet Stengel, einen halben, auch wol einen gantzen Schuh hoch, die sind so ziemlich dick, viereckigt, hart und ästig, stechend, und nicht so gerade, wie die an der vorhergehenden. Die Blätter wachsen gleichsam Paarweise einander gegen über, sind kürtzer und stumpfer als wie die an den ersten Art, zackig und brennen starck, wann man sie nur angreifft, braungrün von Farbe und sitzen an langen Stielen. Blüte und Samen sehen wie die an der grossen aus. Die Wurtzel ist gantz schlecht, ziemlich dicke, weiß und voller Zasern.</p><lb/>
          <p>Die dritte wird genannt</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica prima</hi>, Matth. Lac.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica urens prima</hi>, Dod.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Urtica Romana</hi>, Ger. Park.</hi> </p>
          <cb type="end"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0622] lindert und heilet das Podagra, macht einen offenen Leib, vertrocknet die Krätze: er wird innerlich und äusserlich gebraucht. Wann er noch gantz frisch ist, läst man fünff bis sechs Untzen auf einmahl einnehmen. Urogallus. Urogallus, J. Jonst. Tetraon, Aristotel. teutsch, Auerhan. Ist ein Fasangeschlechte, oder ein Vogel, davon es zwey Arten giebet, grosse und kleine. Die erste ist so groß als wie ein calecutischer Han; hat einen schwartzen Kopf, einen kurtzen Schnabel; der Hals ist balde eines Schuhes lang, die Federn sehen schwärtzlicht und röthlicht. Die andere wird genannt Phasianus montanus, frantzösisch, Faisan de montagne, teutsch, Berghan, und ist viel kleiner als der andre. Diese Vögel halten sich in mitternächtigen Landen auf: der Sage nach, sollen sie sich im Winter zwey bis drey Monat lang unter dem Schnee verstecket halten. Sie sind sehr gut zu essen. Ihr Fett erweichet, zertheilet, stärcket, ist den Nerven gut. Urogallus kommt von uro, ich brenne, und gallus, der Han, weil dieser Vogel, der als wie ein Han aussiehet, dermassen hitzig ist, daß er, gleichwie man sagt, viel Monat lang unter dem Schnee, ohne seine Ungelegenheit, ausdauern kan. Ursus. Ursus, frantzösisch, Ours, teutsch, Bär, ist ein grosses, vierfüßiges, wildes, ungestalt und grämisches, grausam und blutbegieriges Thier, gemeiniglich so groß als wie ein Esel, wiewol es auch noch grössre giebet. Sein Leib ist sehr dick und plump, beweget sich langweilig. Sein Fell ist dick und mit häßlichen Haar besetzt. Seine Schnautze ist lang, die Zähne haben Kerben, die Augen sind lebhaftig, die Schenckel dicke, die Füsse oder Branten sehen als wie Hände, die Zehen sind mit krummen, starcken Nägeln besetzt. Dieses Thier ist gar phlegmatischer Natur, hat dannoch überaus viele Stärcke. Es findet sich in Polen, in Teutschland, in Litthauen, in Norwegen und in andern gegen Nord gelegenen Landen. Es hält sich im Gebürge auf, und nähret sich mit Kräutern, Früchten und mit Wurtzeln: frist aber auch wol Thiere, wann es sie kan erhaschen. Es schläft viel Wochen durch und wacht nicht auf. Es ist sehr geil und sonderlich dem Weibesvolcke gefährlich, dann es verfolget sie bis in das Bette, darüber einige für Furcht und Schrecken des Todes gewesen. Es führt viel flüchtig Saltz und Oel. Sein Schmaltz macht dünne, zertheilet, erweichet, zertreibet, stärcket: es ist gut zu Flüssen, zu Brüchen, zum Hüftweh, zu Quetsuren: die schadhaften Theile werden damit gerieben. Seine Galle dient zur schweren Noth, zur Engbrüstigkeit; wann zwey bis zehen Tropfen auf einmahl genommen werden. Aeusserlich wird sie auch zur Reinigung alter Schäden gebrauchet. Ursus kommt von urere, brennen, weil dieses Thier so geil und brünstig ist. Urtica. Urtica, frantzösisch, Ortie, teutsch, Nessel, Brennnessel, ist ein Kraut, davon uns drey Hauptsorten zu Gesichte kommen. Die erste wird genannt Urtica major, Brunf. Fuch. Urtica urens maxima, C.B. Pit. Tournef. Urtica major vulgaris, J.B. Raji Hist. Urtica major vulgaris & media sylvestris, Park. frantzösisch, grande Ortie. teutsch, grosse Nessel. Die treibet Stengel auf drey Schuh hoch, die sind viereckigt, steiff, mit stachlichten Haaren oder Borsten besetzet, hol und ästig, die Blätter stehen dran einander gegen über, sind länglicht, breit als wie Melisse, spitzig, am Rande ausgezackt, mit spitzigen und brennenden Borsten besetzet und sitzen an Stielen. Die Blüten wachsen auf den Spitzen der Stengel und der Zweige, zwischen den Blättern und den Stengeln aus den Winckeln heraus, stehen vier und viere gleichsam übers Creutze bey einander an jedem Paare Blätter: jedwede ist aus einem Hauffen Fäserlein zusammengesetzet, welche in einem grasgrünen und vielblätterigen Blumenkelche stehen: diese Blüten hinterlassen keine Frucht. Die Nesseln werden in Männlein und Weiblein eingetheilt: jene tragen auf den Stöcken, die nicht zu blühen pflegen, spitzige Hülsen, in Form der Piqueneisen, welche brennen, wann man sie anrühret, und in einer jeden steckt ein breites, ovalrundes Samenkorn: die andern bringen eitel Blüten, keine Früchte. Die Nesselwurtzel ist zaserig, kreucht weit und breit herum und siehet gelblicht. Bisweilen sehen dieses Krautes Stengel und Wurtzel roth; und wird alsdann Urtica rubra, rothe Nessel, betitelt. Die andre Sorte heist Urtica minor, Ger. Raji Hist. Urtica minor annua, J. B. Urtica minor urens, C.B. Pit. Tournef. Urtica urens minima, Dod. frantzösisch, petite Ortie. teutsch, kleine Nessel. Die treibet Stengel, einen halben, auch wol einen gantzen Schuh hoch, die sind so ziemlich dick, viereckigt, hart und ästig, stechend, und nicht so gerade, wie die an der vorhergehenden. Die Blätter wachsen gleichsam Paarweise einander gegen über, sind kürtzer und stumpfer als wie die an den ersten Art, zackig und brennen starck, wann man sie nur angreifft, braungrün von Farbe und sitzen an langen Stielen. Blüte und Samen sehen wie die an der grossen aus. Die Wurtzel ist gantz schlecht, ziemlich dicke, weiß und voller Zasern. Die dritte wird genannt Urtica prima, Matth. Lac. Urtica urens prima, Dod. Urtica Romana, Ger. Park.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-02-19T20:05:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-02-19T20:05:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/622
Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/622>, abgerufen am 21.11.2024.