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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz]

Viscum baccis albis, C.B. Pit. Tournef.

Viscus, Brunf.

Viscum vulgare, Park.

Viscus querceus & aliarum arborum, J.B. Raji Hist.

frantzösisch, Guy.

teutsch, Mistel.

Ist ein Gewächs an einem Baume, oder ein Kraut, das auf dem Stamme oder auf den stärcksten Aesten vieler Bäume wächset, z.E. auf Eichen, auf Aepfel- und Birnbäumen, auf Weiden, auf Pappelbäumen, auf Mispel- und Quittensträuchen, auf Kastanienbäumen, auf Schlöhenbüschen, auf Vogelbeerbäumen, auf Haselstauden, auf wilden Rosen- und Weißdornsträuchen. Der auf der Eiche wächst, wird zu der Artzeney am dienlichsten erachtet.

Auf lateinisch wird er Viscum quercinum, seu Lignum sancta crucis, frantzösisch, Guy de Chene, teutsch, Eichenmistel, genennet, und ist als wie ein Strauch, der ungefehr zwey Schuh hoch wird: sein Stamm ist insgemein des Fingers dicke, hart und holtzig, dicht und schwer, auswendig bräunlichtroth, inwendig gelblicht weiß. Er treibet einen Hauffen kleine, holtzige Zweiglein, die lassen sich beugen, wie man will, schlingen sich oftmahls durch und in einander, und sind mit einer grünen Schale bedecket. Die Blätter stehen gegen einander über, sind länglicht, dick und hart, den grossen Buchsbaumblättern nicht unähnlich, jedoch ein wenig länger, voll Adern nach der Länge, am Ende rund, und gelblicht oder bleich von Farbe. Die Blüten wachsen an den Knoten seiner Stengel, sind klein und gelblicht, wie kleine Becken, mit vier Kerben formiret. Diese Blüten hinterlassen keine Frucht, sondern die Früchte sind auf andern Aesten, jedoch an eben einem Mistelstamme zu befinden, auch manchmahl wol auf andern Sträuchen, die gar nicht blühen. Diese Früchte sind kleine, runde, oder ovalrunde, weiche Beeren, weiß und gläntzend, den weissen Johannisbeeren nicht ungleich, voll schleimigen Saftes, daraus die Alten Leim zu machen pflegten. Mitten in der Frucht befindet sich ein kleines Samenkorn, das ist gar breit und insgemein wie ein Hertze ausgekerbet. Der Mistel hat keine merckliche Wurtzel, sondern dieselbige ist in des Baumes Substantz und Wesen verborgen: er bleibet Winters und Sommers grüne.

In dem Holtze zu Vincennes, und an andern Orten in Franckreich mehr, giebt es zuweilen Eichen, welche Mistel tragen: er wächset aber häuffiger in Italien, bevoraus zwischen Rom und Loretto, allwo eine einige Eiche gar leichtlich einen Schubekarn voll geben könte. Die alten heidnischen Pfaffen versammleten sich unter solchen Eichen, die voller Mistel hiengen und verrichteten daselbst ihr Gebet, verehrten auch den Mistel als ein heilig Kraut.

Das Holtz vom Eichenmistel wird oftermahls zur Artzeney gebraucht. Man soll es nehmen, wann es dicke und fein völlig ist, hart und schwer, das auch noch, wann es seyn kan, an einem Stücke eichnem Holtze sitzet, damit man mag versichert seyn, daß er von einer Eiche sey gekommen; dann, bey den Kauffleuten wird gar ofters gemeiner Mistel an statt des eichenen verkaufft. Er führt viel Oel und sal essentiale oder volatile.

[Spaltenumbruch]

Er wird innerlich gebraucht, zu Stärckung des Hauptes, wider das bose Wesen, wider den Schlag und Lähmung der Glieder, wider die Schlafsucht, wider das Zucken in den Gliedern, wider die Würmer. Er wird auch unter äusserliche Mittel genommen, z.E. unter die Pflaster und Salben, zum stärcken, die Beulen hinter den Ohren und andere dergleichen Geschwulst zu zeitigen, auch zum zertheilen.

Der Mistel von andern Bäumen hat zwar fast eben solche Kraft als wie der eichene Mistel, doch ist sie nicht so starck.

Die Mistelbeeren sind scharff und bitter, ihr Leim dienet die Geschwüre zeitig zu machen und zur Eyterung zu bringen. Eingeben soll man sie niemahlen nicht: dann, sie werden für ein Gift gehalten, purgiren unter sich mit grosser Heftigkeit und entzünden die Gedärmeinwendig, wofern den Alten zu glauben: ich habe keinen Versuch mit ihnen angestellt.

Der Mistel ist darum Viscum oder Viscus, das heist Leim, genennet worden, weil seine Frucht mit Leim erfüllet ist.

Visnaga.

Visnaga, J.B. Raji Hist.

Visnaga Gingidium appellatum, Park.

Gingidium umbella longa, C. B.

Gingidium Hispanicum, Ger.

Ist ein Kraut, das ungefehr zwey Fuß hoch wird. Sein Stengel ist der Dille zu vergleichen. Seine Blätter sind gantz zart zerschnitten. Die Blüten sitzen auf den langen, hart und steiffen Kronen, und sehen weiß. Der Samen ist so klein, als wie der Eppichsamen und schmeckt gar scharff. Dieses Kraut wird in Franckreich in den Gärten gezogen: in Türckey aber ist es gantz gemein, und von daher bringt man uns die trocknen Kronen, die an Statt der Zahnstocher zu gebrauchen.

Man muß diejenigen auslesen, welche dick und gantz glatt sind, gelblicht und von ziemlich lieblichen Geschmack. Dieses Kraut führet viel Oel und Sal essentiale.

Es eröffnet, dienet zum Stein und zum Gries, den Urin und der Weiber Reinigung zu treiben.

Vitis.

Vitis vinifera.

frantzösisch, Vigne.

teutsch, Weinstock.

Ist ein Strauch, dessen Stamm gewunden und gedrehet, mit einer hin und wieder aufgerissenen, röthlichten Schale überzogen ist, treibt einen Hauffen lange Rancken, an welchen Gäblein zu befinden, welche fortkriechen und sich um die dabey stehenden Gewächse und Gelender schlingen. Die Blätter sind schön, groß und breit, bey nahe rund, zerschnitten, grün und gleissend, etwas rauhe anzufühlen. Die Blüten sind klein, jedwede besteht gemeiniglich aus fünff [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz]

Viscum baccis albis, C.B. Pit. Tournef.

Viscus, Brunf.

Viscum vulgare, Park.

Viscus querceus & aliarum arborum, J.B. Raji Hist.

frantzösisch, Guy.

teutsch, Mistel.

Ist ein Gewächs an einem Baume, oder ein Kraut, das auf dem Stamme oder auf den stärcksten Aesten vieler Bäume wächset, z.E. auf Eichen, auf Aepfel- und Birnbäumen, auf Weiden, auf Pappelbäumen, auf Mispel- und Quittensträuchen, auf Kastanienbäumen, auf Schlöhenbüschen, auf Vogelbeerbäumen, auf Haselstauden, auf wilden Rosen- und Weißdornsträuchen. Der auf der Eiche wächst, wird zu der Artzeney am dienlichsten erachtet.

Auf lateinisch wird er Viscum quercinum, seu Lignum sancta crucis, frantzösisch, Guy de Chêne, teutsch, Eichenmistel, genennet, und ist als wie ein Strauch, der ungefehr zwey Schuh hoch wird: sein Stamm ist insgemein des Fingers dicke, hart und holtzig, dicht und schwer, auswendig bräunlichtroth, inwendig gelblicht weiß. Er treibet einen Hauffen kleine, holtzige Zweiglein, die lassen sich beugen, wie man will, schlingen sich oftmahls durch und in einander, und sind mit einer grünen Schale bedecket. Die Blätter stehen gegen einander über, sind länglicht, dick und hart, den grossen Buchsbaumblättern nicht unähnlich, jedoch ein wenig länger, voll Adern nach der Länge, am Ende rund, und gelblicht oder bleich von Farbe. Die Blüten wachsen an den Knoten seiner Stengel, sind klein und gelblicht, wie kleine Becken, mit vier Kerben formiret. Diese Blüten hinterlassen keine Frucht, sondern die Früchte sind auf andern Aesten, jedoch an eben einem Mistelstamme zu befinden, auch manchmahl wol auf andern Sträuchen, die gar nicht blühen. Diese Früchte sind kleine, runde, oder ovalrunde, weiche Beeren, weiß und gläntzend, den weissen Johannisbeeren nicht ungleich, voll schleimigen Saftes, daraus die Alten Leim zu machen pflegten. Mitten in der Frucht befindet sich ein kleines Samenkorn, das ist gar breit und insgemein wie ein Hertze ausgekerbet. Der Mistel hat keine merckliche Wurtzel, sondern dieselbige ist in des Baumes Substantz und Wesen verborgen: er bleibet Winters und Sommers grüne.

In dem Holtze zu Vincennes, und an andern Orten in Franckreich mehr, giebt es zuweilen Eichen, welche Mistel tragen: er wächset aber häuffiger in Italien, bevoraus zwischen Rom und Loretto, allwo eine einige Eiche gar leichtlich einen Schubekarn voll geben könte. Die alten heidnischen Pfaffen versammleten sich unter solchen Eichen, die voller Mistel hiengen und verrichteten daselbst ihr Gebet, verehrten auch den Mistel als ein heilig Kraut.

Das Holtz vom Eichenmistel wird oftermahls zur Artzeney gebraucht. Man soll es nehmen, wann es dicke und fein völlig ist, hart und schwer, das auch noch, wann es seyn kan, an einem Stücke eichnem Holtze sitzet, damit man mag versichert seyn, daß er von einer Eiche sey gekommen; dann, bey den Kauffleuten wird gar ofters gemeiner Mistel an statt des eichenen verkaufft. Er führt viel Oel und sal essentiale oder volatile.

[Spaltenumbruch]

Er wird innerlich gebraucht, zu Stärckung des Hauptes, wider das bose Wesen, wider den Schlag und Lähmung der Glieder, wider die Schlafsucht, wider das Zucken in den Gliedern, wider die Würmer. Er wird auch unter äusserliche Mittel genommen, z.E. unter die Pflaster und Salben, zum stärcken, die Beulen hinter den Ohren und andere dergleichen Geschwulst zu zeitigen, auch zum zertheilen.

Der Mistel von andern Bäumen hat zwar fast eben solche Kraft als wie der eichene Mistel, doch ist sie nicht so starck.

Die Mistelbeeren sind scharff und bitter, ihr Leim dienet die Geschwüre zeitig zu machen und zur Eyterung zu bringen. Eingeben soll man sie niemahlen nicht: dann, sie werden für ein Gift gehalten, purgiren unter sich mit grosser Heftigkeit und entzünden die Gedärmeinwendig, wofern den Alten zu glauben: ich habe keinen Versuch mit ihnen angestellt.

Der Mistel ist darum Viscum oder Viscus, das heist Leim, genennet worden, weil seine Frucht mit Leim erfüllet ist.

Visnaga.

Visnaga, J.B. Raji Hist.

Visnaga Gingidium appellatum, Park.

Gingidium umbella longa, C. B.

Gingidium Hispanicum, Ger.

Ist ein Kraut, das ungefehr zwey Fuß hoch wird. Sein Stengel ist der Dille zu vergleichen. Seine Blätter sind gantz zart zerschnitten. Die Blüten sitzen auf den langen, hart und steiffen Kronen, und sehen weiß. Der Samen ist so klein, als wie der Eppichsamen und schmeckt gar scharff. Dieses Kraut wird in Franckreich in den Gärten gezogen: in Türckey aber ist es gantz gemein, und von daher bringt man uns die trocknen Kronen, die an Statt der Zahnstocher zu gebrauchen.

Man muß diejenigen auslesen, welche dick und gantz glatt sind, gelblicht und von ziemlich lieblichen Geschmack. Dieses Kraut führet viel Oel und Sal essentiale.

Es eröffnet, dienet zum Stein und zum Gries, den Urin und der Weiber Reinigung zu treiben.

Vitis.

Vitis vinifera.

frantzösisch, Vigne.

teutsch, Weinstock.

Ist ein Strauch, dessen Stamm gewunden und gedrehet, mit einer hin und wieder aufgerissenen, röthlichten Schale überzogen ist, treibt einen Hauffen lange Rancken, an welchen Gäblein zu befinden, welche fortkriechen und sich um die dabey stehenden Gewächse und Gelender schlingen. Die Blätter sind schön, groß und breit, bey nahe rund, zerschnitten, grün und gleissend, etwas rauhe anzufühlen. Die Blüten sind klein, jedwede besteht gemeiniglich aus fünff [Ende Spaltensatz]

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[0616] Viscum baccis albis, C.B. Pit. Tournef. Viscus, Brunf. Viscum vulgare, Park. Viscus querceus & aliarum arborum, J.B. Raji Hist. frantzösisch, Guy. teutsch, Mistel. Ist ein Gewächs an einem Baume, oder ein Kraut, das auf dem Stamme oder auf den stärcksten Aesten vieler Bäume wächset, z.E. auf Eichen, auf Aepfel- und Birnbäumen, auf Weiden, auf Pappelbäumen, auf Mispel- und Quittensträuchen, auf Kastanienbäumen, auf Schlöhenbüschen, auf Vogelbeerbäumen, auf Haselstauden, auf wilden Rosen- und Weißdornsträuchen. Der auf der Eiche wächst, wird zu der Artzeney am dienlichsten erachtet. Auf lateinisch wird er Viscum quercinum, seu Lignum sancta crucis, frantzösisch, Guy de Chêne, teutsch, Eichenmistel, genennet, und ist als wie ein Strauch, der ungefehr zwey Schuh hoch wird: sein Stamm ist insgemein des Fingers dicke, hart und holtzig, dicht und schwer, auswendig bräunlichtroth, inwendig gelblicht weiß. 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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/616>, abgerufen am 21.11.2024.