Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] oder sublimiret worden. Es giebet zwey Arten Zinnober, einen natürlichen, lateinisch Cinnabaris mineralis, frantzösisch, Cinabre mineral, teutsch, mineralischer oder natürlich gewachsener Zinnober genannt, und einen durch Kunst bereiteten, welcher auf lateinisch Cinnabaris factitia, frantzösisch, Cinabre artificiel, teutsch, durch Kunst bereiterer Zinnober, oder nur schlecht weg Cinabaris, Cinabre, Zinnober genennet wird. Der natürliche wird gantz und gar vollkommen bereitet, in den Quecksilberschachten, wie rothe, schwer und gläntzende Steine, in Spanien, in Hungarn, in Teutschland, in Franckreich und an vielen andern Orten noch mehr in der Welt gefunden. Doch wird der Spanische für den besten gehalten. Man muß denjenigen erwehlen, welcher am schwersten, und am reinsten, gantz roth und gläntzend ist: dann, je höher er an Farbe ist, je mehr Quecksilber hält er in sich. Der natürliche Zinnober wird durch das unterirdische Feuer, fast eben auf die Weise, wie der durch die Kunst bereitete, aufgeführet oder sublimiret. Dieweil er aber unterm sublimiren mit Erde, auf die er getroffen, sich vermischet, deshalben ist er weder so schwer, noch so rein und schön, als wie der durch die Kunst bereitete, und hält auch nicht so viel Quecksilber.

Der durch die Kunst bereitete Zinnober wird von drey Theilen rohen Mercurii u. einem Theile Schwefel gemacht, welche mit einander vermischet, und durchs Gradfeuer in einem Sublimirgefässe aufgeführet werden. Diesen soll man erwehlen, wann es feine schöne Steine oder Stücken sind, die sehr gewichtig und gläntzend, feine lange und schöne reine Spiesse haben, nebst einer braunrothen Farbe. Ein jedes Pfund Cinnober beschliesset vierzehen Untzen Quecksilber in zwey Untzen Schwefel: gleichwie ich solches anderswo durch die revification des Quecksilbers aus dem Zinnober erwiesen habe. Wann der durch Kunst bereitete Cinnober eine gute Zeitlang auf einem Reibesteine ist gerieben worden, so wird ein gantz subtiles, zartes Pulver draus, welches eine der schönsten rothen Farben hat, als immermehr zu finden: und das wird auf frantzösisch Vermillon genannt: es dienet zum mahlen, und damit wird das spanische Wachs oder das Siegelwachs gefärbet.

Die Cinnober Arten werden wider das böse Wesen gebrauchet, auch wider die Engbrüstigkeit: man kan sie innerlich von zwey Gran bis zu einem Scrupel brauchen. Aeusserlich werden sie unter die Salben und Schmieren genommen wider die Schwinden und Flechten, desgleichen zum räuchern, wann man will saliviren machen.

Cinnabaris ist ein indianisches Wort, und bedeutet soviel als Drachen- und Elephantenblut. Dieser Name aber ist ihm darum ertheilet worden, dieweil er eine solche Farbe hat, wie diese Arten Blut.

Cinnamomum.

Cinnamomum sive Canella, frantzösisch Canelle, teutsch, Zimmt, ist eine ziemlich dünne, gleiche Rinde, lang und nach der Länge aufgerollt, von Farbe braun oder gelb und röthlicht, von trefflich lieblichem Geruch, eines süssen, scharffen, würtzhaften u. überaus angenehmen Geschmacks. Der Zimmt wird von den Aesten des Zimmtbaums gezogen, welcher frantz. [Spaltenumbruch] Canelier genannt wird, und so hoch als eine Weide wächst, und Blätter träget, welche an Gestalt dem indianischen Blatte, das wir Malabathrum zu nennen pflegen, ähnlich sehen. Seine Blüten sehen als wie kleine Kelchlein oder Becherlein, sind weiß u. wohlriechend: darauf folgen die Früchte in Grösse und Gestalt der Oliven, die sind anfangs grün, werden aber schwartz, wann sie reiffen. Dieser Baum wächst auf der Insel Ceylon, mittagwärts in Indien gelegen. Reisende berichten, wie daß es gantze Wälder voll, zwölff Meilen lang, von solchen Bäumen gäbe, die tragen des Jahrs zweymahl. Die Frucht fiele ab und auf die Erde, schlüge aus und würde so geschwind zu einem Zimmtbaume, daß, wann die Einwohner die Wege durch diese Wälder nicht mit allem Fleisse reine hielten, dieselbigen von wegen Menge dieser Bäume in wenig Jahresfrist gestopft seyn würden, daß niemand dadurch kommen könte. Das Holtz hat weder Geschmack noch Geruch: die vornehmste und beste Kraft steckt in der Schale oder Rinde, welche aussen graulicht ist, und innewendig gelblicht, wann sie annoch frisch. Wann sie von dem Baume abgezogen worden, wird sie mit leichter Mühe in zwey Theil getheilt, und nur die unterste davon, als die beste, behalten. Solchergestalt ist der Zimmt die andere Rinde: die legen sie in die Sonne, daß sie treugen kan, da rollt sie zusammen, so wie wir sie zu sehen kriegen, und überkommt durch innerliche fermentation ihren Geruch und Geschmack; dann sie hat weder den einen noch den andern, wann sie erst von dem Baume abgenommen worden. Doch müssen sie dabey genau in Obacht nehmen, damit die Sonne nicht zu heiß drauf scheine, sonst würde sie schwartz werden, und einen guten Theil ihrer flüchtigen und besten Theilgen verliehren. Hingegen, wann das Wetter gar zu feucht, würde sie zu langsam trocknen, eine graue Farbe bekommen und bey weiten nicht so kräftig seyn, weil die principia nicht sattsam exaltiret: dannenhero gehöret eine gantz gemässigte Wärme darzu. Man soll dieselbige erwehlen, wann es feine schöne, dünn und zarte Rinden sind, die hoch von Farbe, starck von Geruch und scharff von Geschmacke sind.

Man sagt, wenn der Baum seiner Rinde beraubet worden, und würde drey Jahr hindurch in Ruhe gelassen, so bekäme er eine neue Schale, die eben also gut. Der Zimmt führet viel kräftiges, starckes Oel und flüchtig Saltz.

Er dienet das Hirn zu stärken, das Hertz und den Magen; widerstehet dem Gift, treibt die Winde und die Blähungen, hilfft zur Verdauung, befördert auch der Weiber Reinigung und Niederkunft.

Bisweilen findet sich bey den Droguisten oder Specereyenhändlern die Rinde, welche von dem Stamme des Zimmetbaumes ist geschälet worden, [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] oder sublimiret worden. Es giebet zwey Arten Zinnober, einen natürlichen, lateinisch Cinnabaris mineralis, frantzösisch, Cinabre mineral, teutsch, mineralischer oder natürlich gewachsener Zinnober genannt, und einen durch Kunst bereiteten, welcher auf lateinisch Cinnabaris factitia, frantzösisch, Cinabre artificiel, teutsch, durch Kunst bereiterer Zinnober, oder nur schlecht weg Cinabaris, Cinabre, Zinnober genennet wird. Der natürliche wird gantz und gar vollkommen bereitet, in den Quecksilberschachten, wie rothe, schwer und gläntzende Steine, in Spanien, in Hungarn, in Teutschland, in Franckreich und an vielen andern Orten noch mehr in der Welt gefunden. Doch wird der Spanische für den besten gehalten. Man muß denjenigen erwehlen, welcher am schwersten, und am reinsten, gantz roth und gläntzend ist: dann, je höher er an Farbe ist, je mehr Quecksilber hält er in sich. Der natürliche Zinnober wird durch das unterirdische Feuer, fast eben auf die Weise, wie der durch die Kunst bereitete, aufgeführet oder sublimiret. Dieweil er aber unterm sublimiren mit Erde, auf die er getroffen, sich vermischet, deshalben ist er weder so schwer, noch so rein und schön, als wie der durch die Kunst bereitete, und hält auch nicht so viel Quecksilber.

Der durch die Kunst bereitete Zinnober wird von drey Theilen rohen Mercurii u. einem Theile Schwefel gemacht, welche mit einander vermischet, und durchs Gradfeuer in einem Sublimirgefässe aufgeführet werden. Diesen soll man erwehlen, wann es feine schöne Steine oder Stücken sind, die sehr gewichtig und gläntzend, feine lange und schöne reine Spiesse haben, nebst einer braunrothen Farbe. Ein jedes Pfund Cinnober beschliesset vierzehen Untzen Quecksilber in zwey Untzen Schwefel: gleichwie ich solches anderswo durch die revification des Quecksilbers aus dem Zinnober erwiesen habe. Wann der durch Kunst bereitete Cinnober eine gute Zeitlang auf einem Reibesteine ist gerieben worden, so wird ein gantz subtiles, zartes Pulver draus, welches eine der schönsten rothen Farben hat, als immermehr zu finden: und das wird auf frantzösisch Vermillon genannt: es dienet zum mahlen, und damit wird das spanische Wachs oder das Siegelwachs gefärbet.

Die Cinnober Arten werden wider das böse Wesen gebrauchet, auch wider die Engbrüstigkeit: man kan sie innerlich von zwey Gran bis zu einem Scrupel brauchen. Aeusserlich werden sie unter die Salben und Schmieren genommen wider die Schwinden und Flechten, desgleichen zum räuchern, wann man will saliviren machen.

Cinnabaris ist ein indianisches Wort, und bedeutet soviel als Drachen- und Elephantenblut. Dieser Name aber ist ihm darum ertheilet worden, dieweil er eine solche Farbe hat, wie diese Arten Blut.

Cinnamomum.

Cinnamomum sive Canella, frantzösisch Canelle, teutsch, Zimmt, ist eine ziemlich dünne, gleiche Rinde, lang und nach der Länge aufgerollt, von Farbe braun oder gelb und röthlicht, von trefflich lieblichem Geruch, eines süssen, scharffen, würtzhaften u. überaus angenehmen Geschmacks. Der Zimmt wird von den Aesten des Zimmtbaums gezogen, welcher frantz. [Spaltenumbruch] Canelier genañt wird, und so hoch als eine Weide wächst, und Blätter träget, welche an Gestalt dem indianischen Blatte, das wir Malabathrum zu nennen pflegen, ähnlich sehen. Seine Blüten sehen als wie kleine Kelchlein oder Becherlein, sind weiß u. wohlriechend: darauf folgen die Früchte in Grösse und Gestalt der Oliven, die sind anfangs grün, werden aber schwartz, wann sie reiffen. Dieser Baum wächst auf der Insel Ceylon, mittagwärts in Indien gelegen. Reisende berichten, wie daß es gantze Wälder voll, zwölff Meilen lang, von solchen Bäumen gäbe, die tragen des Jahrs zweymahl. Die Frucht fiele ab und auf die Erde, schlüge aus und würde so geschwind zu einem Zimmtbaume, daß, wann die Einwohner die Wege durch diese Wälder nicht mit allem Fleisse reine hielten, dieselbigen von wegen Menge dieser Bäume in wenig Jahresfrist gestopft seyn würden, daß niemand dadurch kommen könte. Das Holtz hat weder Geschmack noch Geruch: die vornehmste und beste Kraft steckt in der Schale oder Rinde, welche aussen graulicht ist, und innewendig gelblicht, wann sie annoch frisch. Wann sie von dem Baume abgezogen worden, wird sie mit leichter Mühe in zwey Theil getheilt, und nur die unterste davon, als die beste, behalten. Solchergestalt ist der Zimmt die andere Rinde: die legen sie in die Sonne, daß sie treugen kan, da rollt sie zusammen, so wie wir sie zu sehen kriegen, und überkommt durch innerliche fermentation ihren Geruch und Geschmack; dann sie hat weder den einen noch den andern, wann sie erst von dem Baume abgenommen worden. Doch müssen sie dabey genau in Obacht nehmen, damit die Sonne nicht zu heiß drauf scheine, sonst würde sie schwartz werden, und einen guten Theil ihrer flüchtigen und besten Theilgen verliehren. Hingegen, wann das Wetter gar zu feucht, würde sie zu langsam trocknen, eine graue Farbe bekommen und bey weiten nicht so kräftig seyn, weil die principia nicht sattsam exaltiret: dannenhero gehöret eine gantz gemässigte Wärme darzu. Man soll dieselbige erwehlen, wann es feine schöne, dünn und zarte Rinden sind, die hoch von Farbe, starck von Geruch und scharff von Geschmacke sind.

Man sagt, wenn der Baum seiner Rinde beraubet worden, und würde drey Jahr hindurch in Ruhe gelassen, so bekäme er eine neue Schale, die eben also gut. Der Zimmt führet viel kräftiges, starckes Oel und flüchtig Saltz.

Er dienet das Hirn zu stärken, das Hertz und den Magen; widerstehet dem Gift, treibt die Winde und die Blähungen, hilfft zur Verdauung, befördert auch der Weiber Reinigung und Niederkunft.

Bisweilen findet sich bey den Droguisten oder Specereyenhändlern die Rinde, welche von dem Stamme des Zimmetbaumes ist geschälet worden, [Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="lexiconEntry">
          <p><pb facs="#f0177"/><cb type="start"/>
oder <hi rendition="#i">sublimi</hi>ret worden. Es giebet zwey Arten Zinnober, einen natürlichen, lateinisch <hi rendition="#i">Cinnabaris mineralis,</hi> frantzösisch, <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Cinabre mineral</hi>,</hi> teutsch, <hi rendition="#fr">mineralischer oder natürlich gewachsener Zinnober</hi> genannt, und einen durch Kunst bereiteten, welcher auf lateinisch <hi rendition="#i">Cinnabaris factitia,</hi> frantzösisch, <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Cinabre artificiel</hi>,</hi> teutsch, <hi rendition="#fr">durch Kunst bereiterer Zinnober,</hi> oder nur schlecht weg <hi rendition="#i">Cinabaris, <hi rendition="#g">Cinabre</hi>,</hi> <hi rendition="#fr">Zinnober</hi> genennet wird. Der natürliche wird gantz und gar vollkommen bereitet, in den Quecksilberschachten, wie rothe, schwer und gläntzende Steine, in Spanien, in Hungarn, in Teutschland, in Franckreich und an vielen andern Orten noch mehr in der Welt gefunden. Doch wird der Spanische für den besten gehalten. Man muß denjenigen erwehlen, welcher am schwersten, und am reinsten, gantz roth und gläntzend ist: dann, je höher er an Farbe ist, je mehr Quecksilber hält er in sich. Der natürliche Zinnober wird durch das unterirdische Feuer, fast eben auf die Weise, wie der durch die Kunst bereitete, aufgeführet oder <hi rendition="#i">sublimi</hi>ret. Dieweil er aber unterm <hi rendition="#i">sublimi</hi>ren mit Erde, auf die er getroffen, sich vermischet, deshalben ist er weder so schwer, noch so rein und schön, als wie der durch die Kunst bereitete, und hält auch nicht so viel Quecksilber.</p><lb/>
          <p>Der durch die Kunst bereitete Zinnober wird von drey Theilen rohen <hi rendition="#i">Mercurii</hi> u. einem Theile Schwefel gemacht, welche mit einander vermischet, und durchs Gradfeuer in einem Sublimirgefässe aufgeführet werden. Diesen soll man erwehlen, wann es feine schöne Steine oder Stücken sind, die sehr gewichtig und gläntzend, feine lange und schöne reine Spiesse haben, nebst einer braunrothen Farbe. Ein jedes Pfund Cinnober beschliesset vierzehen Untzen Quecksilber in zwey Untzen Schwefel: gleichwie ich solches anderswo durch die <hi rendition="#i">revification</hi> des Quecksilbers aus dem Zinnober erwiesen habe. Wann der durch Kunst bereitete Cinnober eine gute Zeitlang auf einem Reibesteine ist gerieben worden, so wird ein gantz subtiles, zartes Pulver draus, welches eine der schönsten rothen Farben hat, als immermehr zu finden: und das wird auf frantzösisch <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Vermillon</hi></hi> genannt: es dienet zum mahlen, und damit wird das spanische Wachs oder das Siegelwachs gefärbet.</p><lb/>
          <p>Die Cinnober Arten werden wider das böse Wesen gebrauchet, auch wider die Engbrüstigkeit: man kan sie innerlich von zwey Gran bis zu einem Scrupel brauchen. Aeusserlich werden sie unter die Salben und Schmieren genommen wider die Schwinden und Flechten, desgleichen zum räuchern, wann man will <hi rendition="#i">salivi</hi>ren machen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Cinnabaris</hi> ist ein indianisches Wort, und bedeutet soviel als Drachen- und Elephantenblut. Dieser Name aber ist ihm darum ertheilet worden, dieweil er eine solche Farbe hat, wie diese Arten Blut.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Cinnamomum.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Cinnamomum sive Canella,</hi></hi> frantzösisch <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Canelle</hi>,</hi> teutsch, <hi rendition="#fr">Zimmt,</hi> ist eine ziemlich dünne, gleiche Rinde, lang und nach der Länge aufgerollt, von Farbe braun oder gelb und röthlicht, von trefflich lieblichem Geruch, eines süssen, scharffen, würtzhaften u. überaus angenehmen Geschmacks. Der Zimmt wird von den <hi rendition="#fr">Aesten des Zimmtbaums</hi> gezogen, welcher frantz. <cb/> <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Canelier</hi></hi> genañt wird, und so hoch als eine Weide wächst, und Blätter träget, welche an Gestalt dem indianischen Blatte, das wir <hi rendition="#i">Malabathrum</hi> zu nennen pflegen, ähnlich sehen. Seine Blüten sehen als wie kleine Kelchlein oder Becherlein, sind weiß u. wohlriechend: darauf folgen die Früchte in Grösse und Gestalt der Oliven, die sind anfangs grün, werden aber schwartz, wann sie reiffen. Dieser Baum wächst auf der Insel Ceylon, mittagwärts in Indien gelegen. Reisende berichten, wie daß es gantze Wälder voll, zwölff Meilen lang, von solchen Bäumen gäbe, die tragen des Jahrs zweymahl. Die Frucht fiele ab und auf die Erde, schlüge aus und würde so geschwind zu einem Zimmtbaume, daß, wann die Einwohner die Wege durch diese Wälder nicht mit allem Fleisse reine hielten, dieselbigen von wegen Menge dieser Bäume in wenig Jahresfrist gestopft seyn würden, daß niemand dadurch kommen könte. Das Holtz hat weder Geschmack noch Geruch: die vornehmste und beste Kraft steckt in der Schale oder Rinde, welche aussen graulicht ist, und innewendig gelblicht, wann sie annoch frisch. Wann sie von dem Baume abgezogen worden, wird sie mit leichter Mühe in zwey Theil getheilt, und nur die unterste davon, als die beste, behalten. Solchergestalt ist der Zimmt die andere Rinde: die legen sie in die Sonne, daß sie treugen kan, da rollt sie zusammen, so wie wir sie zu sehen kriegen, und überkommt durch innerliche <hi rendition="#i">fermentation</hi> ihren Geruch und Geschmack; dann sie hat weder den einen noch den andern, wann sie erst von dem Baume abgenommen worden. Doch müssen sie dabey genau in Obacht nehmen, damit die Sonne nicht zu heiß drauf scheine, sonst würde sie schwartz werden, und einen guten Theil ihrer flüchtigen und besten Theilgen verliehren. Hingegen, wann das Wetter gar zu feucht, würde sie zu langsam trocknen, eine graue Farbe bekommen und bey weiten nicht so kräftig seyn, weil die <hi rendition="#i">principia</hi> nicht sattsam <hi rendition="#i">exalti</hi>ret: dannenhero gehöret eine gantz gemässigte Wärme darzu. Man soll dieselbige erwehlen, wann es feine schöne, dünn und zarte Rinden sind, die hoch von Farbe, starck von Geruch und scharff von Geschmacke sind.</p><lb/>
          <p>Man sagt, wenn der Baum seiner Rinde beraubet worden, und würde drey Jahr hindurch in Ruhe gelassen, so bekäme er eine neue Schale, die eben also gut. Der Zimmt führet viel kräftiges, starckes Oel und flüchtig Saltz.</p><lb/>
          <p>Er dienet das Hirn zu stärken, das Hertz und den Magen; widerstehet dem Gift, treibt die Winde und die Blähungen, hilfft zur Verdauung, befördert auch der Weiber Reinigung und Niederkunft.</p><lb/>
          <p>Bisweilen findet sich bey den Droguisten oder Specereyenhändlern die Rinde, welche von dem Stamme des Zimmetbaumes ist geschälet worden, <cb type="end"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0177] oder sublimiret worden. Es giebet zwey Arten Zinnober, einen natürlichen, lateinisch Cinnabaris mineralis, frantzösisch, Cinabre mineral, teutsch, mineralischer oder natürlich gewachsener Zinnober genannt, und einen durch Kunst bereiteten, welcher auf lateinisch Cinnabaris factitia, frantzösisch, Cinabre artificiel, teutsch, durch Kunst bereiterer Zinnober, oder nur schlecht weg Cinabaris, Cinabre, Zinnober genennet wird. Der natürliche wird gantz und gar vollkommen bereitet, in den Quecksilberschachten, wie rothe, schwer und gläntzende Steine, in Spanien, in Hungarn, in Teutschland, in Franckreich und an vielen andern Orten noch mehr in der Welt gefunden. Doch wird der Spanische für den besten gehalten. Man muß denjenigen erwehlen, welcher am schwersten, und am reinsten, gantz roth und gläntzend ist: dann, je höher er an Farbe ist, je mehr Quecksilber hält er in sich. Der natürliche Zinnober wird durch das unterirdische Feuer, fast eben auf die Weise, wie der durch die Kunst bereitete, aufgeführet oder sublimiret. Dieweil er aber unterm sublimiren mit Erde, auf die er getroffen, sich vermischet, deshalben ist er weder so schwer, noch so rein und schön, als wie der durch die Kunst bereitete, und hält auch nicht so viel Quecksilber. Der durch die Kunst bereitete Zinnober wird von drey Theilen rohen Mercurii u. einem Theile Schwefel gemacht, welche mit einander vermischet, und durchs Gradfeuer in einem Sublimirgefässe aufgeführet werden. Diesen soll man erwehlen, wann es feine schöne Steine oder Stücken sind, die sehr gewichtig und gläntzend, feine lange und schöne reine Spiesse haben, nebst einer braunrothen Farbe. Ein jedes Pfund Cinnober beschliesset vierzehen Untzen Quecksilber in zwey Untzen Schwefel: gleichwie ich solches anderswo durch die revification des Quecksilbers aus dem Zinnober erwiesen habe. Wann der durch Kunst bereitete Cinnober eine gute Zeitlang auf einem Reibesteine ist gerieben worden, so wird ein gantz subtiles, zartes Pulver draus, welches eine der schönsten rothen Farben hat, als immermehr zu finden: und das wird auf frantzösisch Vermillon genannt: es dienet zum mahlen, und damit wird das spanische Wachs oder das Siegelwachs gefärbet. Die Cinnober Arten werden wider das böse Wesen gebrauchet, auch wider die Engbrüstigkeit: man kan sie innerlich von zwey Gran bis zu einem Scrupel brauchen. Aeusserlich werden sie unter die Salben und Schmieren genommen wider die Schwinden und Flechten, desgleichen zum räuchern, wann man will saliviren machen. Cinnabaris ist ein indianisches Wort, und bedeutet soviel als Drachen- und Elephantenblut. Dieser Name aber ist ihm darum ertheilet worden, dieweil er eine solche Farbe hat, wie diese Arten Blut. Cinnamomum. Cinnamomum sive Canella, frantzösisch Canelle, teutsch, Zimmt, ist eine ziemlich dünne, gleiche Rinde, lang und nach der Länge aufgerollt, von Farbe braun oder gelb und röthlicht, von trefflich lieblichem Geruch, eines süssen, scharffen, würtzhaften u. überaus angenehmen Geschmacks. Der Zimmt wird von den Aesten des Zimmtbaums gezogen, welcher frantz. Canelier genañt wird, und so hoch als eine Weide wächst, und Blätter träget, welche an Gestalt dem indianischen Blatte, das wir Malabathrum zu nennen pflegen, ähnlich sehen. Seine Blüten sehen als wie kleine Kelchlein oder Becherlein, sind weiß u. wohlriechend: darauf folgen die Früchte in Grösse und Gestalt der Oliven, die sind anfangs grün, werden aber schwartz, wann sie reiffen. Dieser Baum wächst auf der Insel Ceylon, mittagwärts in Indien gelegen. Reisende berichten, wie daß es gantze Wälder voll, zwölff Meilen lang, von solchen Bäumen gäbe, die tragen des Jahrs zweymahl. Die Frucht fiele ab und auf die Erde, schlüge aus und würde so geschwind zu einem Zimmtbaume, daß, wann die Einwohner die Wege durch diese Wälder nicht mit allem Fleisse reine hielten, dieselbigen von wegen Menge dieser Bäume in wenig Jahresfrist gestopft seyn würden, daß niemand dadurch kommen könte. Das Holtz hat weder Geschmack noch Geruch: die vornehmste und beste Kraft steckt in der Schale oder Rinde, welche aussen graulicht ist, und innewendig gelblicht, wann sie annoch frisch. Wann sie von dem Baume abgezogen worden, wird sie mit leichter Mühe in zwey Theil getheilt, und nur die unterste davon, als die beste, behalten. Solchergestalt ist der Zimmt die andere Rinde: die legen sie in die Sonne, daß sie treugen kan, da rollt sie zusammen, so wie wir sie zu sehen kriegen, und überkommt durch innerliche fermentation ihren Geruch und Geschmack; dann sie hat weder den einen noch den andern, wann sie erst von dem Baume abgenommen worden. Doch müssen sie dabey genau in Obacht nehmen, damit die Sonne nicht zu heiß drauf scheine, sonst würde sie schwartz werden, und einen guten Theil ihrer flüchtigen und besten Theilgen verliehren. Hingegen, wann das Wetter gar zu feucht, würde sie zu langsam trocknen, eine graue Farbe bekommen und bey weiten nicht so kräftig seyn, weil die principia nicht sattsam exaltiret: dannenhero gehöret eine gantz gemässigte Wärme darzu. Man soll dieselbige erwehlen, wann es feine schöne, dünn und zarte Rinden sind, die hoch von Farbe, starck von Geruch und scharff von Geschmacke sind. Man sagt, wenn der Baum seiner Rinde beraubet worden, und würde drey Jahr hindurch in Ruhe gelassen, so bekäme er eine neue Schale, die eben also gut. Der Zimmt führet viel kräftiges, starckes Oel und flüchtig Saltz. Er dienet das Hirn zu stärken, das Hertz und den Magen; widerstehet dem Gift, treibt die Winde und die Blähungen, hilfft zur Verdauung, befördert auch der Weiber Reinigung und Niederkunft. Bisweilen findet sich bey den Droguisten oder Specereyenhändlern die Rinde, welche von dem Stamme des Zimmetbaumes ist geschälet worden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-02-19T20:05:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-02-19T20:05:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/177
Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/177>, abgerufen am 21.11.2024.